Im Übrigen erklärten uns die Schulen, dass die Absolventinnen und Absolventen keine Probleme hätten, vermittelt zu werden. Im Gegenteil: Die Einrichtungen wenden sich schon vor Abschluss der Kurse an die Schulen und reißen ihnen mit Angeboten im Grunde die Absolventen aus den Händen.
- Damit haben Sie Recht, Frau Elsner-Solar. Einige drücken sich, obwohl sie die Fachkräfte brauchen, davor, Praktikumsplätze anzubieten, weil sie glauben, sie bekämen diese Fachkräfte für lau. Dies muss die Politik klären. Das ist unsere Aufgabe.
Seit Jahren müssen die Heime mit immer weniger Personal eine immer schwierigere Pflege von immer älteren pflegebedürftigen und verwirrten Heimbewohnern leisten. Dies führt dazu, dass 80 % der Berufsanfänger in der Altenpflege nach fünf Jahren den Beruf, den sie eigentlich lieben, wieder aufgeben. Auch ein angemessener Personalschlüssel ist Voraussetzung für humane Arbeitsbedingungen in der Pflege und damit für ausreichendes und motiviertes Personal heute und in der Zukunft. Den Personalschlüssel sollten wir uns im Fachausschuss noch einmal ansehen.
Lassen Sie mich nun noch einige Bemerkungen zur Riester‘schen Greencard für die Pflege machen. Es ist eine Schande für Deutschland, dass wir unsere älteren Menschen nicht von unseren eigenen Leuten pflegen lassen können. Aber die Realität ist nun einmal so, wie sie ist. Das Thema ausländische Pflegekräfte wird in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. Ich möchte Sie bitten, einmal nach Bayern zu schauen, denn von dort können wir etwas lernen.
- hören Sie gut zu; Sie können wirklich noch etwas lernen -, indem sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden. Doch welche Zukunftsperspektiven haben sie selbst, und welche Auswirkung hat die angestrebte Neuregelung auf den Mangel an Pflegekräften in den Einrichtungen in Deutschland? Zur Verbesserung der Situation in der Altenpflege wird diese Maßnahme nicht führen, wohl aber die, die die bayerische Sozialministerin Christa Stewens eingeführt hat. Danach dürfen Krankenschwestern und Pfleger aus Slowenien und Kroatien z. B. ihr Praktikum in Altenpflegeheimen absolvieren, um zur Pflege alter Menschen befähigt und als Fachkraft im Sinne des Heimgesetzes anerkannt zu werden. Bislang - das wissen Sie - war dieses Praktikum nur in Krankenhäusern möglich. Mit der Altenpflege hat das aber nichts oder wenig zu tun. Neben einem angeleiteten Praktikum werden die Krankenschwestern aus Slowenien und Kroatien verpflichtet, an vier Tagen im Monat Fortbildungsveranstaltungen zu besu
chen. Besonderer Wert wird auf Lerninhalte wie Pflegeplanung und Qualitätssicherung gelegt. Hohe Priorität genießen hier auch die Geriatrie und die Gerontopsychiatrie. Danach erhalten sie ein Zertifikat, das sie in die Lage versetzt, sich auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu bewerben.
Ganz wichtig für die Gewinnung von Nachwuchs ist, dass wir eine Verbesserung des gesellschaftlichen Ansehens der Pflege und insbesondere der Pflegeberufe in die Wege leiten. Dazu gehört natürlich auch eine bessere Bezahlung. Ich meine damit nicht die tarifliche Bezahlung, sondern die Fälle, in denen von privaten Heimen untertariflich bezahlt wird.
Eine langfristig angelegte Seniorenpolitik setzt auch in Niedersachsen eine verlässliche Finanzierung von Investitionen in Pflegeheimen und eine Verbesserung des Personalsschlüssels oder aber zumindest eine stärkere Kontrolle des Personalschlüssels in den Einrichtungen voraus. Ich kann nur dringend vor Kürzungsvorschlägen in der Altenpflege warnen. Ich kann nur sagen: Hände weg von Versuchen, wie sie die Landesregierung im Rahmen der letzten Haushaltsberatungen unternommen hat, als sie bei den ambulanten Diensten 40 Millionen DM einsparen wollte.
Das zurzeit bestehende Altenpflegegesetz bietet nicht mehr als einen Zuschuss zu den tatsächlichen Investitionsfolgekosten in stationären Einrichtungen und bedeutet einen enormen bürokratischen Aufwand. Der Niedersächsische Landkreistag fordert seit langem eine Aufhebung dieses Gesetzes. Wir sollten diese Forderung zumindest prüfen.
Frau Ministerin Trauernicht, wir hätten uns eigentlich ein bisschen mehr Engagement bei der Beantwortung unserer Großen Anfrage gewünscht.
Wir hätten uns gewünscht, dass Sie das, was Sie im Jugendbereich einsetzen, auch der Altenpflege zukommen lassen. Schon heute sollten wir an Morgen denken. Wir selbst, aber zumindest unsere Eltern können betroffen sein. Wir sind verantwortlich dafür, unseren älteren Menschen eine menschenwürdige Pflege zu gewährleisten.
Die CDU-Landtagsfraktion versteht sich auch in Zukunft als Fürsprecherin der Interessen der älteren pflegebedürftigen Menschen in unserem Lande. Ich hoffe, das gilt für das gesamte Haus. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Situation in der Pflege war in den letzten Jahren bereits mehrfach Gegenstand Großer Anfragen und von Aussprachen in diesem Hause. Das ist nahe liegend, denn es gibt kaum einen anderen gesellschaftspolitischen Bereich, der in so kurzer Zeit so umfassende Veränderungen erfahren hat und der für die Zukunft von einer solchen sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung ist. Ich halte darum die politische Auseinandersetzung mit diesen Entwicklungen und mit den diese Entwicklungen begleitenden Probleme und Fragen für berechtigt und notwendig. Deshalb sollten wir versuchen, die komplexen Sachprobleme gemeinsam anzugehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist sicherlich auch der Opposition bekannt, dass die Landesregierung auf diesem Politikfeld nur vergleichsweise geringe Regelungskompetenzen besitzt. Die meisten Regelungskompetenzen werden durch Bundesrecht bestimmt. Die Handlungskompetenz liegt ganz weitgehend bei den Selbstverwaltungsorganen und den Kostenträgern. Dennoch nutzt die Landesregierung natürlich ihre begrenzten Handlungsmöglichkeiten konsequent und ist moderierend sowie unterstützend tätig. Sie können das der schriftlichen Antwort entnehmen. Ich will das an dieser Stelle nicht wiederholen, sondern auf andere Punkte eingehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die 1994 vom Bund eingeführte Pflegeversicherung war damals von allen Seiten gewollt. Sie war gewollt, weil sie die Betroffenen solidarisch gegen das Lebensrisiko der Pflegebedürftigkeit absichert und weil sie die Sozialhilfe entlastet. Diese beiden zentralen Ziele – darin sind wir uns wohl einig sind grundsätzlich erreicht worden. Als solche wird die Pflegeversicherung wohl von niemandem in Frage gestellt. Die Praxis hat allerdings in der
Zwischenzeit weiteren Regelungsbedarf aufgezeigt. Das bedeutete, dass in nur sechs Jahren das Pflegeversicherungsgesetz nicht weniger als sechsmal novelliert worden ist, und zwar mit breiter politischer Zustimmung – zum Teil, wie zuletzt auch durch das Pflegequalitätssicherungsgesetz und das Pflegeleistungsergänzungsgesetz, in erheblichem Umfang. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen.
Aus meiner Sicht ist vor diesem Hintergrund eine systematische Durchforstung der Regelungen mit dem Ziel einer Vereinfachung und Harmonisierung erforderlich. Das kann unter Umständen auch grundlegende Reformen im Leistungsrecht der Pflegeversicherung bedeuten. Es gibt erste Ansätze, nämlich die Ermöglichung von Modellvorhaben zur Erprobung personenbezogener Budgets und von neuartigen Wohn- und Pflegeformen. Ganz generell – wenn man es auf den Punkt bringen will – geht es einerseits darum, weiterhin gute Alternativen zur klassischen stationären Dauerpflege zu ermöglichen und voranzutreiben, weil dies den Bedürfnissen der Menschen entspricht. Andererseits geht es um eine Pflegesystematik, die dem Anspruch von ganzheitlicher Pflege Rechnung trägt. Das ist eine große Herausforderung für die Zukunft.
Meine Damen und Herren, angesichts der Fülle dieser Veränderungen ist es nicht verwunderlich, wenn in der Praxis über Überlastung oder sogar Überforderung geklagt wird. Auch mir ist die schwierige Lage bewusst, in der sich die Träger der Pflegedienste und Pflegeheime, vorrangig natürlich die Mitarbeiterinnen, befinden. Zum Glück haben sich in Niedersachsen die gesetzlichen Instrumentarien der Pflegesatzkommission, der Schiedsstelle und des Rahmenvertrages grundsätzlich als erfolgreich erwiesen. Dazu hat die Bereitschaft der Leistungsanbieter und der Kostenträger zu einer am Gemeinwohl orientierten Zusammenarbeit entscheidend beigetragen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, dafür Danke zu sagen.
Ich bin mir sicher, dass weit überwiegend die Einsicht vorhanden ist, dass Veränderungen notwendig sind - die Veränderungen werden ja sogar eingefordert -, dass diese Veränderungen die Praxis aber immer wieder vor neue Herausforderungen
stellen. Das zeigen die Gespräche und Besuche, und das haben Sie, Frau Schliepack, auch deutlich gemacht.
Lassen mich im Zusammenhang mit der in der Großen Anfrage hervorgehobenen Thematik der Belastungen der Pflegeeinrichtungen noch kurz einen weiteren Aspekt beleuchten, nämlich die wirtschaftliche Lage der Einrichtungen. Ohne Zweifel handelt es sich bei der Pflege - das müssen wir uns immer wieder vergegenwärtigen - um einen florierenden Dienstleistungssektor. Wie anders ließe sich erklären, dass bundesweit die Zahl der Pflegedienste und Pflegeheime seit 1995 stark angestiegen ist? Für Niedersachsen sind die Zahlen sehr interessant: In sechs Jahren hat sich die Zahl der Pflegedienste von 600 auf 1 200 verdoppelt und ist die Zahl der Altenpflegeplätze um 15 000 auf 70 000 angestiegen.
In diesem Zusammenhang muss man wissen, dass in ungefähr demselben Zeitraum die Zahl der Einwohner Niedersachsens im Alter von 80 und mehr Jahren, also der Hauptklientel der Pflege, um fast 6 % zurückging. Mit einem Anstieg der Zahl der Personen in dieser Altersgruppe ist erst wieder ab etwa 2005 zu rechnen. Diese differenzierte Betrachtung ist wichtig, weil wir alle aufgrund der demografischen Entwicklung ja erst einmal davon ausgehen, dass der Bedarf ständig steigt. Diese Entwicklung muss man sich also sehr genau vor Augen führen.
Deshalb, meine Damen und Herren, nun zur Personalsituation in der Pflege. Entsprechend diesem gewaltigen Ausbau an Angeboten haben sich auch die Zahl der Arbeitsplätze und damit der Bedarf an Pflegekräften entwickelt. Wir können zum Glück sagen, dass die bisherige dynamische Entwicklung nicht von einem nennenswerten Mangel an Pflegekräften begleitet war. Aber es ist wichtig, auf diese Entwicklung Einfluss zu nehmen. Dem ist, wie Sie der schriftlichen Antwort auf die Anfrage entnehmen können, in der Ausbildung Rechnung getragen worden, denn die Anzahl der Ausbildungsplätze im Bereich der Altenpflege ist mehr als verdoppelt worden. Hier hat es insgesamt einen Ausbau gegeben, dabei allerdings auch einen geringen Abbau bei der Krankenpflege. Letzteres wird ein Thema der Zukunft sein; denn in diesem Bereich sind die Meldungen, dass es Probleme gibt, noch vielfältiger. Diese Entwicklung ist also bemerkenswert.
Der zentrale Punkt ist allerdings - und den haben Sie angesprochen, Frau Schliepack -, dass nicht mehr alle Ausbildungsplätze besetzt sind. Deswegen liegt die eigentliche Herausforderung für die Zukunft in der abnehmenden Zahl der jungen Menschen und in der Konkurrenz um die jungen Menschen in der Ausbildung. Die Altenpflege steht in der Konkurrenz zu anderen attraktiven Ausbildungsberufen. Deswegen geht es im Kern darum, junge Menschen, junge Frauen und Männer, für den Altenpflegeberuf als Beruf mit Zukunft zu werben. Dies müssen wir in zweierlei Hinsicht tun: Erstens müssen wir den Nachwuchs gewinnen, und zweitens müssen wir ihn halten. Das hat auch etwas mit Rahmenbedingungen zu tun.
Die Landesregierung ist hier in mehrerlei Hinsicht tätig. Wir geben systematische Informationen in den Schulen und regen örtliche Schulpartnerschaften mit Einrichtungen der Alten- und Krankenpflege an, um die Menschen für diesen Beruf zu gewinnen. Wir haben eine neue Verordnung über die Weiterbildung in Gesundheitsfachberufen erlassen und damit die Flexibilität und auch die Qualität sichergestellt. Wir haben an den Fachhochschulen und den Universitäten Studienangebote rund um die Pflege entwickelt. Und wir haben selbst, nämlich im Rahmen des Aktionsprogramms gegen Jugendarbeitslosigkeit, weitere Ausbildungsplätze in der Altenpflege zur Verfügung gestellt.
Ganz wichtig, Frau Schliepack, aber ist die landesweite Personalinitiative Pflege im Rahmen des Dialogs Soziales Niedersachsen. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass ich diesen Dialog Soziales Niedersachsen - leider nicht mit Ihrer Unterstützung - aus der Taufe gehoben habe und viele an diesem Dialog teilnehmen, und angesichts der Tatsache, dass dieser Dialog festgestellt hat, dass das Thema Älterwerden und hier die Personalentwicklung und Personalgewinnung in Niedersachsen ein zentrales Thema ist, ist Ihre Kritik, dass ich dieses Problem verniedlichen oder verharmlosen könnte, gelinde gesagt nicht nachvollziehbar. Frau Schliepack, ich weiß auch nicht, was Sie da treibt.
Wir wollen doch gemeinsam erreichen, dass junge Menschen einen Pflegeberuf wählen und Fachkräfte nicht in andere Berufsfelder abwandern; denn die Verweildauer in diesem Beruf ist auf
Wir starten Anfang Mai die Leitstelle Personalinitiative Pflege beim Sozialverband Deutschland Landesverband Niedersachsen. Die Landesregierung fördert diese Leitstelle in diesem und in den beiden kommenden Jahren mit jeweils 100 000 Euro. Diese Leitstelle einzurichten war Anliegen und Wunsch im Rahmen des Dialogs Soziales Niedersachsen. Sie wird die Aktivitäten aller Akteure und Verantwortlichen für Personalgewinnung und Personalpflege bündeln und zielgerichtet vorantreiben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht zuletzt werden auch die Anbieter von Pflege so wie alle Branchen mit hohem Fachkräftebedarf überlegen müssen, wie sie sich im Wettbewerb um Arbeitskräfte einen Vorteil verschaffen, und nicht zuletzt werden die Pflegekassen angesichts einer Entwicklung, die an der einen oder anderen Stelle bemerkenswert ist, die Erfüllung ihres Auftrags sicherstellen müssen. Deswegen geht es letztlich auch um Arbeitsbedingungen wie Entlohnung, Arbeitszeit, Flexibilität etc. All dies ist für die Konkurrenzfähigkeit entscheidend.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Pflege hat Zukunft. Machen wir dies gemeinsam den jungen Menschen klar, und arbeiten wir gemeinsam politisch weiter an der Qualität der Lebensverhältnisse älterer Menschen in Niedersachsen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Schliepack, eine Bemerkung vorweg: Sie haben, wie ich finde, richtigerweise darauf hingewiesen, dass uns die demografische Entwicklung ganz klar einen steigenden Anteil von älteren Leuten voraussagt. Aber das bedeutet doch nicht von vornherein und ganz automatisch, dass damit auch der Anteil der Pflegebedürftigen steigt.
- Nein, das muss nicht, aber das kann sein. Im Übrigen haben wir jede Menge Möglichkeiten, das zu beeinflussen, und ich finde, darüber sollten wir auch reden.
Was aber mit Sicherheit ansteigen wird, ist der Bedarf an allgemeinen Hilfeleistungen, und dies wiederum eher im ambulanten Bereich, bei der hauswirtschaftlichen Pflege, bei der psychosozialen Pflege, bei den Mobilisierungshilfen.
Wir können auf die Frage, wie pflegebedürftig alte Menschen zukünftig überhaupt sein werden, großen Einfluss nehmen, wenn wir uns mit den Wohnangeboten auseinander setzen, die wir den alten Menschen zur Verfügung stellen. Wenn wir ihnen Angebote machen, die ihnen so lange wie möglich eine selbstständige Lebensführung ermöglichen und wenn sie weiterhin die Möglichkeit haben, Selbstständigkeit zu trainieren, dann werden sie auch nicht so früh auf Pflege angewiesen sein. Das setzt allerdings eine grundlegende Veränderung in der Altenpolitik insgesamt voraus. Von dieser grundlegenden Umorientierung kann ich noch nicht so viel erkennen. Dann müssten wir tatsächlich in anderer Weise als bisher auf den ambulanten Bereich setzen.