Protocol of the Session on April 24, 2002

Meine sehr verehrten Damen und Herren, neben diesen von der Politik verschuldeten schlechten Rahmenbedingungen für das Handwerk und für den Mittelstand ist ein weiterer Hauptgrund für die schlechte Lage insbesondere im Bauhandwerk die schlechte Zahlungsmoral vor allem auch der öffentlichen Hände. Zwar hat es in diesem Bereich gesetzliche Änderungen und wohl auch Verbesserungen gegeben, aber die Handwerksverbände klagen, dass trotz dieser Änderungen keine erfolgreiche Entwicklung eintritt. Hinzu kommt die extrem gestiegene Forderungsausfallrate, die zum Teil auch - das sage ich ganz offen - auf Machenschaften von Generalunternehmern zurückzuführen ist, die an Betrug erinnern, wenn auf einmal aufgrund kleiner Leistungsfehler die Hälfte eines vereinbarten Preises nicht gezahlt wird.

Die CDU-Fraktion ist der Meinung, dass der Staat als Schiedsrichter in der sozialen Marktwirtschaft dringend und schnell eingreifen muss. Wir sind mit den Handwerkern und ihren Verbänden der Auffassung, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen zur dinglichen Sicherung von Handwerkerforderungen verbessert werden müssen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, daher fordern wir mit unserem Antrag die Landesregierung auf, den von den Ländern Sachsen und Thüringen im Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf zu unterstützen. Wir würden damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherung von Arbeitsplätzen und mittelständischen Existenzen in unserem Lande leisten. Ich meine, es ist unsere ureigenste politische Aufgabe, die Rechtsstellung der von mir eben angesprochenen Firmen gegenüber Generalunternehmern nachhaltig zu verbessern. In diesem Bereich unserer Volkswirtschaft muss wieder mehr Recht und Ordnung Einkehr halten.

(Beifall bei der CDU)

Abschließend möchte ich darauf aufmerksam machen, dass der volkswirtschaftliche Schaden, der durch diese Forderungsausfälle entsteht - ich habe

ja eben das Wort „Betrug“ in den Raum gestellt -, im zweistelligen Milliardenbereich liegt.

Zu den weiteren juristischen und rechtlichen Konsequenzen unseres Antrages wird in der weiteren Aussprache mein Kollege Dr. Biester Stellung nehmen. Ich hoffe und bringe insoweit meine Bitte zum Ausdruck, dass wir den Antrag im Interesse des Landes, des Mittelstandes und der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den anstehenden Ausschussberatungen schnell zu einer Beschlussvorlage umsetzen können. Wir müssen uns beeilen. Hier muss es zu einer Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen, zu einer Verbesserung für Werkleistungen der Handwerker kommen. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU)

Der Kollege Wolf spricht für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Eppers, Sie haben nur zu dem praktischen Teilbereich dieses Themas gesprochen. Darauf haben Sie richtigerweise hingewiesen. Ich weiß als jemand aus der Praxis, der das nicht erst seit wenigen Jahren bestens versteht, dass das mit der in Bonn bzw. Berlin beschlossenen geänderten Gesetzgebung überhaupt nichts zu tun hat, sondern an der Gesamtlage liegt. Ich werde einmal dazu sprechen, wie das seit vielen Jahren in der Praxis gehandelt wird.

Zu den juristischen Fragen werde ich als Handwerksmeister selbstverständlich nichts sagen. Ich meine, dass wir in den zuständigen Ausschüssen Gelegenheit zur ausgiebigen Beratung haben werden. Ich gehe davon aus, dass das eine sehr komplexe Angelegenheit ist. Als ich Ihren Antrag gelesen habe, habe ich gedacht, dass es hierzu der Hilfestellung und Beratung durch Juristen bedarf. Ich nehme an, dass wir uns darüber absolut einig sind.

Wir sind uns sicherlich auch einig über das gesamte Wesen dieser Branche, auf die wir abheben. Wir sehen die Schwierigkeiten, die die Baubranche hat, Forderungen durchsetzen zu können. Wir werden in der zu diesem Thema bereits eingesetzten Bund-Länder-Arbeitsgruppe aktiv mitarbeiten. Das Thema ist juristisch äußerst kompliziert; ich habe es schon erwähnt. Eine sehr genaue Prüfung und Abstimmung mit der Rechtspflege ist notwendig.

Es ist fraglich, ob das vorgeschlagene Gesetz tatsächlich geeignet ist, die Forderungen von Firmen des Baugewerbes effektiv durchzusetzen.

Ich möchte Ihnen einen Bericht über meine Erfahrungen geben. Auftraggeber sind gekommen und haben den Vertrag einschließlich der Zahlungsverpflichtungen und Zahlungsziele unterschrieben. Im Baugewerbe ist es üblich, dass dann, wenn ein Abschnitt abgeschlossen ist - bei einer größeren Maßnahme die Sohle einschließlich der Fundamente, bei einer kleineren, je nach Größenordnung, die Geschossdecken -, soundso viel Prozent Abschlag gezahlt werden. Das hat funktioniert beim ersten, beim zweiten und beim dritten Abschlag. Dann aber hat man gemerkt, dass oftmals nach Fehlern gesucht wurde, die es gar nicht gab. Es hätte auch ausgereicht, die Fehler anzumerken, denn dann hätte man sie gemeinsam mit der Bauleitung und dem Auftraggeber beseitigen können. Die Leute haben die Fehler aber nicht angemerkt, sondern haben versucht, Geld zurückzuhalten, haben das Klageverfahren beschritten, und die Dummen waren dann die Handwerksfirmen.

(Möllring [CDU]: Das ist richtig!)

Ich sage bewusst: die Firmen, denn insbesondere bei großen Objekten, die ich persönlich zur Genüge kennen gelernt habe, haben wir uns selbstverständlich auch der Subunternehmer bedient.

(Möllring [CDU]: Wie bei Holz- mann!)

Die waren die Letzten in der Kette, aber sie waren die Ersten, die kaputtgingen. Ich sage das einmal so platt. Das hat mit der Konjunktur überhaupt nichts zu tun gehabt. Das haben wir auch schon vor zehn Jahren und davor erlebt.

Ich finde, dass das verwerflich und eine volkswirtschaftlich nicht nachvollziehbare Angelegenheit ist. Denn wenn jemand einen Auftrag erteilt, dann hat er bitteschön seine Finanzierung sicherzustellen. Ich kriege mein Auto auch nicht aus der Fabrik oder vom Händler, wenn ich das Geld nicht auf den Tisch lege bzw. keinen Scheck überreiche, der von meiner Bank bestätigt ist. Ich glaube schon, dass es diese Möglichkeiten gibt. Es gibt rechtliche Möglichkeiten; ich habe sie ja auch. Weil ich mich aber mit der Juristerei nicht auskenne - da gibt es ja Experten, die das studiert haben -, können die Experten gerne auf diese Thematik eingehen. Ich spreche ganz deutlich für das mir angestammte Bauhandwerk, das nicht nur unter den schlechten

konjunkturellen Bedingungen, sondern auch unter den geschilderten Bedingungen zu leiden hat.

Ich meine, dass wir hier keinen Rundumschlag machen sollten. Wir lesen in verschiedenen Anträgen immer wieder, warum die Bauwirtschaft leidet. Wenn wir ehrlich miteinander umgehen, was wir doch auch tun, dann müssen wir feststellen, dass wir im Wohnungsbau Überhänge haben. Herr Beckmann hat es vorhin ganz deutlich gesagt. Es ist richtig, dass wir bis auf wenige Ausnahmen flächendeckend Leerstand haben. Wir haben eben nicht mehr den Bedarf, den wir aufgrund der hohen Zuzugswellen in den 90er-Jahren gehabt haben. Außerdem hatten wir die Situation im Bauhauptgewerbe, die wir gegenwärtig haben, verstärkt auch schon einmal von 1986 bis 1989. Danach öffnete sich die Grenze, woraufhin sich die Situation zum Glück entspannt hat. Dann haben wir einen Fehler begangen. Wir haben nämlich geglaubt - es hat niemand im Zelt gelebt -, dass wir in wenigen Jahren eine überhitzte Konjunktur in der Bauwirtschaft hätten. Jetzt haben wir ein Ergebnis, mit dem ich nicht zufrieden bin.

Lieber Kollege Eppers, ich denke auch an diejenigen, die betroffen sind, weil ich sie zuhauf kenne und weil ich es in der Firma, in der ich 30 Jahre lang gearbeitet habe, erst kürzlich erlebt habe. Ich habe aber in den vielen Jahren auch immer wieder erleben müssen, dass gesagt wurde: Wir, die Auftragnehmer, sind ja inzwischen das Kreditinstitut der Auftraggeber geworden. - Das ist verwerflich, und das verurteile ich.

(Eppers [CDU]: Das ist ja die Stoß- richtung unseres Antrags!)

- Ich kritisiere das auch nicht. Ganz im Gegenteil, ich lobe das.

Lassen Sie uns an die Arbeit gehen. Ich vermag nicht zu sagen, ob wir in der Lage sein werden, uns den Gesetzesinitiativen von Thüringen und Sachsen anzuschließen. Ich vermag nicht zu sagen, ob wir das nach rechtlicher Prüfung bewerkstelligen können. Ich hoffe aber, dass es zu Verbesserungen kommt; denn eine Gesetzgebung haben wir schon seit 100 Jahren. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Ebenfalls für die antragstellende CDU-Fraktion spricht der Kollege Dr. Biester.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir uns bei der Beschreibung der Ausgangslage offensichtlich sehr, sehr einig sind.

(Beifall bei der CDU)

Sie ist, mit einem kurzen Wort skizziert, wie folgt: Es dauert einfach zu lange, bis eine berechtigte fällige Forderung vor deutschen Gerichten durchgesetzt und - im Extremfall - mit deutschen Gerichtsvollziehern zwangsvollstreckt worden ist. Wenn wir es mit einem Unternehmen des Bauhandwerks zu tun haben, das immerhin in Vorleistung getreten ist, also selbst schon Geld ausgegeben hat, unter Umständen auf sein Geld warten muss und möglicherweise auch noch mit einer zu dünnen Eigenkapitaldecke versehen ist, dann bekommt es Liquiditätsprobleme, und am Ende dieser Kette droht das Insolvenzverfahren.

Wenn wir uns in der Beschreibung der Situation einig sind, dann sollten wir eigentlich auch die Möglichkeit haben, uns bei der Behebung dieser Situation einig zu werden. Wir sehen doch in der Praxis, dass die im Zivilrecht und Zwangsvollstreckungsrecht bestehenden gesetzlichen Grundlagen offensichtlich nicht ausreichen, dieser von uns gemeinsam beklagten Situation Herr zu werden.

Ich sehe allerdings ein Problem, und insoweit will ich den Sozialdemokraten und der Fraktion der Grünen Folgendes sagen: Sie haben angekündigt, dass Sie sich mit diesem Thema in der Arbeitsgruppe der Bund-Länder-Kommission befassen werden. Ich habe da so meine Zweifel. Diese Zweifel sind auch berechtigt, weil wir wissen, dass das Bundesjustizministerium in der Vergangenheit schlicht nichts getan hat. Vielmehr sind wir auch hier auf einen weiteren Fall einer rot-grünen Blockadepolitik gestoßen.

Als wir das letzte Mal in diesem Zusammenhang ein Gesetz geändert bzw. geschaffen haben - das war im Jahre 2000 das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen -, hat der Bundesrat parallel dazu erkannt, dass das Gesetz noch nicht ausreichen würde. Er hat einen Beschluss gefasst und an die Bundesregierung die Forderung gerichtet, dass

sich die angesprochene Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Verbesserung der Zahlungsmoral“ mit weiteren gesetzgeberischen Maßnahmen befassen solle.

Was aber hat die Bundesregierung getan? - Gar nichts. Dann gab es am 13. Juni 2001 eine Justizministerkonferenz in Trier, bei der sich die Justizminister dieses Falles wieder angenommen und gefordert haben, dass diese Arbeitsgruppe nun tatsächlich von der Frau Ministerin einberufen werden solle. Was hat die Ministerin getan? - Gar nichts.

Gerade wegen dieses Nichtstun auf Bundesebene haben die Länder Thüringen und Sachsen ihre Initiative ergriffen. Sie haben gesagt: Na gut, wenn von dort nichts kommt, müssen wir als Bundesrat das Thema wieder an uns ziehen und initiativ werden.

Als Justizpolitiker, Herr Minister Pfeiffer, vermisse ich eine Äußerung von Ihnen zu diesem Thema. Wir haben nachgesehen, ob Sie sich - wie zu manchen anderen Themen auch - dazu geäußert haben. Das ist, soweit wir das festgestellt haben, nicht der Fall.

(Möllring [CDU]: Das überrascht ei- nen!)

Das verwundert umso mehr, weil Sie bei Gerichten und Gerichtsvollziehern hospitiert haben und Ihnen sehr bewusst geworden sein müsste, dass hier etwas im Argen liegt.

Ich vergleiche das einmal mit der Situation im Strafrecht. Wir haben im Strafrecht erkannt, dass wir uns in der Vergangenheit in unserer Blickrichtung sehr auf den Täter fokussiert haben und dass das Opfer dadurch manchmal in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Wir haben dort eine Kehrtwendung vollzogen; wie ich meine, völlig zu Recht. Wir haben gesagt, dass wir das Opfer jetzt in den Vordergrund unserer Überlegungen treten lassen.

Ich meine, dass wir ein gleiches Umdenken auch im Zivilrecht gebrauchen könnten. Auch im Zivilrecht haben wir viel über den Schuldnerschutz gesprochen: Wie können wir dem Schuldner helfen? Aber den Gläubiger haben wir in unseren Überlegungen vernachlässigt. Auch hier könnten wir eine Kehrtwendung vollziehen und sagen: Schützt bitte auch einmal den Gläubiger!

(Beifall bei der CDU)

In der Initiative, die die Länder Thüringen und Sachsen ergriffen haben, haben sie das vorhandene Gesetzeswerk sehr umfassend auf die Fragestellung überprüft: Wie kann man unter dem Gesichtspunkt „Gläubigerschutz“ zu gesetzgeberischen Veränderungen kommen?

Ich möchte zwei oder drei der herausragenden Punkte, die von großem Neuerungswert sind, vorstellen. Das eine ist die Einführung eines Eigentumsvorbehalts auch bei eingebauten Sachen. Die derzeitige Rechtslage ist dogmatisch sauber, aber leider in der Praxis völlig unbefriedigend. Da muss der Handwerker die Fenster, die er einbaut, bestellen und bezahlen. Dann baut er sie ein, und allein durch die Tatsache, dass er sie eingebaut hat, hat er sein Eigentumsrecht an diesen Sachen verloren und kann keinen Eigentumsvorbehalt mehr geltend machen, weil die Fenster durch den Einbau wesentlicher Bestandteil des Hauses geworden sind und sich das Eigentum am Haus damit bei den eingebauten Sachen fortsetzt. Das muss natürlich nicht so sein. Das kann man auch anders regeln. Ich meine, wenn man einem nicht zahlungswilligen Kunden nicht nur sagen kann „Pass auf, du wirst mit einem Klageverfahren überzogen“ – der sagt dann sowieso „Ich habe kein Geld; nimm die Hälfte, und wir haben uns geeinigt“ -, sondern wenn man sagen kann „Ich kann dir die Fenster auch wieder ausbauen, dann zieht es, und dann wird es kalt in deinem Haus“, dann ist das eine Maßnahme, die letztendlich die rechtliche Position des Bauhandwerkers verbessert. Er erhält dadurch ein legales und legitimes Mittel, um seine Forderung durchzusetzen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Dr. Biester, der Kollege Wolf möchte Ihnen eine Frage stellen. Möchten Sie das zulassen?

Das mache ich gerne.

Herr Dr. Biester, Sie haben ein Beispiel genannt, indem Sie sagten, dass er die Fenster wieder ausbauen und mitnehmen kann. Wie haben Sie sich das in der Praxis vorgestellt? Was soll der mit den

Fenstern machen, die nicht wieder eingebaut werden?

Wir können das Wort „Fenster“ auch durch das Wort „Heizkörper“ oder das Wort „Normtür“ ersetzen. Sie müssen sich aber auch die Frage stellen, ob es nicht noch unbefriedigender ist, erleben zu müssen, dass man sein Geld nicht bekommen hat, aber der Kunde die Gegenstände in seinem Haus nutzt und dort wohnt. Das ist doch noch unbefriedigender.

Ich möchte noch einen zweiten Punkt, den diese Gesetzesinitiative beinhaltet, kurz ansprechen. Das ist der Versuch, auch die rechtliche Stellung eines Subunternehmers zu verbessern, der - wie wir alle wissen -, was die Preisgestaltung seiner Arbeit und möglicherweise auch die Durchsetzung von Forderungen angeht, ohnehin schon am Ende der Kette steht. Ein solcher Subunternehmer soll nach der Gesetzesinitiative ein gesetzliches Pfandrecht an der Forderung des Hauptunternehmers gegenüber dem Auftraggeber bekommen, um seine Forderungen auf diese Art und Weise sicherzustellen. Das wurde in anderen Ländern mit Erfolg in das Gesetz aufgenommen. Das halten auch wir für eine richtige und zutreffende Maßnahme.