Sie haben damals erheblich starke Worte gefunden. Sie haben Anträge gestellt, jetzt müsste die ganze mittelfristige Finanzplanung neu geschrieben werden, es müssten Nachtragshaushalte eingebracht werden. Aber Sie vergessen, dass wir Ihnen 1990 einen Vermögensbestand von 8,2 Milliarden DM hinterlassen haben.
- Einen Vermögensbestand. Schauen Sie in Ihren eigenen Haushaltsplan, den ersten, den Sie aufgestellt haben! Darin steht das. Das Vermögen des Landes, das Sondervermögen und das andere Vermögen betrug damals 8,2 Milliarden DM. Zehn Jahre später waren es nur noch 4,3 Milliarden DM. Da hatten Sie bereits die Hälfte des Landesvermögens verknuspert.
(Mühe [SPD]: Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, hätten wir alles ver- kauft! Sie wollten doch Volkswagen und NORD/LB verkaufen!)
Sie haben eine Rücklage von 800 Millionen Euro, das sind 1,6 Milliarden DM, in den ersten Jahren Ihrer Regierungszeit auf null geplündert. Dann haben Sie noch 20 Milliarden Euro an Schulden obendrauf gehäuft - das sind 40 Milliarden DM -, sodass wir heute einen Schuldenstand von fast 79 Milliarden DM haben. Das ist doch Fakt. Daran kommen wir doch nicht vorbei.
Sie haben dann auch noch das Tafelsilber verkauft. Sie haben die Harzwasserwerke verhökert, Sie haben die Lotto-Toto-Gesellschaft verkauft, obwohl das ein Gewinn bringendes Unternehmen war, das dem Land jährlich Geld eingespart hat. Aber Sie brauchten das Geld, um ein Haushaltsloch zu schließen, und Sie haben auf die zukünftigen Einnahmen verzichtet und so zukünftige Generationen belastet.
Sie haben die NILEG verkauft. Insgesamt haben Sie so 2 Milliarden Euro in den Sand gesetzt. Sie haben es nicht wie andere Länder, z. B. Bayern, reinvestiert in Innovation und Zukunftsprojekte, sondern Sie haben es schlicht verbraucht. Das ist Fakt. Deshalb stehen Sie inzwischen vor dem Scherbenhaufen Ihrer dilettantischen Finanzpolitik.
Der im Dezember verabschiedete Haushalt liegt bis heute noch nicht als Druckstück vor. Ich habe gehört, dass die Landesregierung inzwischen den Druck gestoppt hat. Das wäre schön. Dann könnte man nämlich erheblich an Papier sparen. Er wäre nicht das Papier wert, auf dem er gedruckt ist.
Schon heute wissen wir, dass die Anpassung der zu hohen Wachstumsrate von angenommenen 1,5 % an die tatsächliche Wachstumsrate von 0,75 % mit mindestens 150 Millionen Euro Steuermindereinnahmen in jedem Jahr des Haushaltes, also zusammen 300 Millionen Euro, zu Buche schlägt. Nach Berechnung des Bundesfinanzministeriums - das sind nun wirklich nicht unsere Berechnungen, sondern das ist Ihr Kollege Eichel - hat Niedersachsen mit einem Defizit von 16,4 % das zweithöchste Defizit aller Bundesländer. Deshalb ist die Zahl, Herr Plaue, die Sie vorhin so schön herausgesucht haben, in den 16 Jahren CDU-Regierung ein Zacken in Ihrer eigenen Mipla, ein Zacken, der hoch geht. Dann geht es wieder sauber auf 5 %
(Widerspruch bei der SPD - Möhr- mann [SPD]: Nein, das waren die 12 %, Herr Möllring! Die 9 war der Durchschnitt! Die 12 war das Höchs- te!)
Ich weiß ja, dass die Bundesregierung schon bei den Arbeitslosen versucht, an der Statistik zu manipulieren.
Nehmen Sie dann wenigstens die Statistik, die diese Landesregierung aufstellt. Nur das Land Berlin hat ein noch höheres Defizit.
Das geringste Defizit - das kann ich Ihnen ja auch mal nennen - weisen übrigens vier von der Union regierte Länder aus, und zwar in der Reihenfolge Hessen, Bayern, Sachsen und Saarland. Nach Berechnung von Eichels Ministerium hat das Saarland sogar einen Überschuss von 2,1 % erwirtschaftet. Es muss also gar kein Defizit im letzten Haushaltsplan im Haushaltsvollzug mehr ausweisen. Das Saarland hat damit bewiesen, dass es bei vernünftiger Politik möglich ist, dass sich ein Land, das sich vor kurzem Sonderbundesergänzungszuweisungen einklagen musste und von der SPD-Zeit her diese noch erhält, auch konsolidieren kann und mit vernünftiger Politik aus einem erheblichen Minusbereich in den Plusbereich gehen kann.
Würde man Eichel mit seinem Versprechen gegenüber der EU ernst nehmen, was ja weder Herr Gabriel noch Herr Aller getan haben - Sie haben sich ja die Haare gerauft, als Eichel gesagt hat, 2004 wollten wir mit unserer Gesamtverschuldung nahe null sein -, dann müssten Sie sofort beginnen, die Nettoneuverschuldung von 1,3 Milliarden Euro abzubauen. Sie müssten auf Vermögensveräußerungen verzichten, weil Vermögensveräußerungen Maastricht-erheblich sind. Sie könnten so nicht mehr irgendwelche Haushaltslücken - -
- Veräußerungen sind Maastricht-erheblich. Dann müssten Sie sich das doch einmal ansehen, Herr Dr. h. c. Schultze, und mal erklären lassen. Das haben wir uns vom Finanzministerium erklären lassen. Bevor wir hier reden, machen wir uns sachkundig.
Allein im Doppelhaushalt haben Sie Vermögensveräußerungen von 324 Millionen Euro vorgesehen. Darüber hinaus müssen Sie die immensen globalen Minderausgaben der mittelfristigen Finanzplanung – auch Handlungsbedarf für die Jahre 2004 und 2005 - von 900 Millionen Euro in echte Einsparungen umsetzen. Denn die Minderausgaben sind nichts anderes als ein ungedecktes Defizit, die in das Euro-Defizit einzurechnen wären. Da beißt ja nun keine Maus den Faden ab.
Das heißt, Sie haben insgesamt eine Finanzierungslücke für den Mipla-Zeitraum von 5 Milliarden Euro. Wenn Sie heute nicht umsteuern, wenn man in die falsche Richtung fährt, muss man irgendwann anhalten und wieder zurückfahren. Je länger man das nicht tut, eine umso größere Strecke muss man zurückfahren. Dazu ist es nie zu früh.
Allein bis 2004 muss eine Finanzierungslücke aus Steuermindereinnahmen, Nettoneuverschuldung, Minderausgaben, globalen Mehreinnahmen und BEB-Defizit von 3,3 Milliarden Euro abgebaut werden. Damit müssen Sie heute beginnen, nicht irgendwann am St.-Nimmerleins-Tag.
Das Einzige, was hierzu gestern dem MP Gabriel eingefallen ist, ist die Nichtübertragung der Haushaltsreste aus 2001. Dies bedeutet aber nichts anderes als eine massive Kürzung der bereits jetzt historisch niedrigen Investitionen des Landes.
Frau Knorre hat noch gesagt, sie wolle die Investitionen erhöhen, verstärken. Jetzt kommt als einziger Einsparvorschlag, dass man die geplanten Investitionen des Jahres 2001, die im Jahre 2001 noch nicht bezahlt worden sind, mit denen noch nicht einmal begonnen worden ist, streicht, dafür aber die Kredite aufnimmt, die eigentlich für Investitionen vorgesehen waren. Damit vernichtet
Übrigens hat damals der verehrte Kollege Bruns die Investitionsquote von 12,7 % gegeißelt. Er hat gesagt: Das ist der Grund für die hohe Arbeitslosigkeit, dass wir eine so geringe Investitionsquote haben.
Sie haben übrigens in den zwölf Jahren, in denen Sie jetzt seit 1990 regieren, diese Investitionsquote von 12,7 % nicht ein einziges Mal nahezu erreicht. Sie haben sie inzwischen auf 9,7 %, auf das absolute historische Tief in Niedersachsen, fallen lassen. Und da stellen Sie sich hin und sagen, Sie würden Arbeitsmarktpolitik machen.
Lassen Sie mich an einigen Beispielen, die sicherlich unvollständig sind und vervollständigt werden können, deutlich machen, warum dringend ein neuer Haushalt vorgelegt werden muss. Allein mit der vorgestern vorgelegten Schulgesetznovelle - hören Sie doch bitte zu! - haben Sie Ausgabenversprechungen in dreistelliger Euro-Millionenhöhe gemacht, die im Doppelhaushalt hinten und vorne nicht finanziert werden. Sie haben gesagt: zusätzliche Lehrer für die vollständige Unterrichtsversorgung bei weiter steigenden Schülerzahlen; nicht finanziert. Sie wollen die Förderstunden verdoppeln oder etwa 1 000 zusätzliche Förderstunden in den Jahrgängen 5 und 6 einsetzen. Das ist nicht finanziert. Sie haben die Verlässlichkeit der Förderstufe von 8 bis 13 Uhr einschließlich der Vertretungsreserve angekündigt. Aber an keiner Stelle des Landeshaushaltes ist das finanziert oder auch nur dargestellt. Sie haben einen Sprachförderunterricht für angehende Grundschülerinnen und Grundschüler ohne ausreichende deutsche Sprachkenntnisse angekündigt und haben es an keiner einzigen Stelle finanziert.
Sie haben einen Unterricht im Fach Werte und Normen für moslemische Schülerinnen und Schüler im Gegenwert von 500 Stellen angekündigt. Es ist an keiner Stelle finanziert. Der Mehrbedarf für zusätzliche Förderklassen und eine erhöhte Gymnasialbeteiligung ist ebenfalls nicht finanziert.
Mit Ihrem Schulgesetz machen Sie den gleichen Betrugsversuch, den Sie 1989/1990 mit Ihrem Kindergartengesetz gemacht haben.
Damals haben Sie kurz vor der Wahl den Entwurf eines Kindergartengesetzes eingebracht, in dem Sie einen 100-prozentigen Personalkostenzuschuss festgeschrieben haben.
- Es wäre schön, wenn Sie, die Sie dazwischen rufen, und insbesondere die Schulpolitiker unter Ihnen, Ihren eigenen Gesetzentwurf ernst nehmen würden. Das ist ja immer noch ein Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, auch wenn er überall von Ministerialbeamten erklärt werden muss. Mir liegt ein Kommentar aus der Harke vor, der sich damit befasst, dass Frau Hemme gesagt hat: Ich bin zwar Schulausschussvorsitzende, aber von Schule verstehe ich nichts. Deshalb kann ich zu dem Gesetzentwurf leider nichts sagen. – Diesen Kommentar müssen Sie einmal lesen. Das ist peinlich genug für die Kollegin.