Sie ist gekennzeichnet durch eine komplizierte Sprache, durch auffällig viele Querverweise und verlangt vom Anwender eine extreme Fingerfertigkeit und Kombinationsgabe, um die einzelnen Regelungen überhaupt zu verstehen. Ich möchte dazu gerne ein Beispiel anführen, das insbesondere die Problematik anspricht, dass die Trennung von Gesetzestext und Anlage - Waffenliste - vorgenommen wurde. Dies ist ein Beispiel, das ich in einem GdP-Beitrag im Internet gefunden habe. Ich zitiere:
„Wer... als Bürger, der sich gerne gesetzestreu verhalten möchte, wissen will, wie die Regelungen für Erwerb und Besitz einer Gaspistole aussehen,“
„also ein Tatbestand, der hunderttausendfach auftritt!, der wird fündig unter § 2 Abs. 2 und 4; dort wird er auf die Waffenliste“
„verwiesen. In dieser Waffenliste kämpft er sich durch bis zum Abschnitt 2 Unterabschnitt 3 Nr. 2.1.“
„Unter dieser Nr. 2.1 findet er wiederum einen Verweis, nämlich zurück zu Unterabschnitt 2 Nr. 1.3. Dort endlich steht, was er von Anfang an wissen wollte, nämlich die Auflistung von ‚Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen‘. Das Führen ebensolcher Gaspistole findet er schließlich unter § 10 Abs. 4 geregelt.“
Meine Damen und Herren, wer will allen Ernstes verlangen, dass die ehrenamtlich in Schützenvereinen Tätigen, die legalen Waffenbesitzer usw. solche Dinge begreifen können? Dies ist ein Musterbeispiel dafür, wie man ein Gesetz gerade nicht machen sollte.
Der Präsident des Nordwestdeutschen Schützenbundes, der wort- und redegewandte Johnny Otten, hat es beim Bezirksschützentag BremerhavenWesermünde deutlich gemacht: Die Schützen möchten ja gerne das Waffenrecht anwenden; aber dies muss so gefasst werden, dass es auch verständlich ist, damit die Menschen begreifen, was der Gesetzgeber von ihnen will.
Herr Innenminister, Sie sind auch für die Kommunen und für die Behörden zuständig. Für alle Beteiligten wird dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung natürlich einen erhöhten Verwaltungsaufwand zur Folge haben und damit zu einer zusätzlichen Kostenbelastung für die zuständigen Länder und Gemeinden führen.
Aber auch materiell-rechtlich ist der Gesetzentwurf ausgesprochen problematisch. Zugegebenermaßen gibt es manch sinnvolle Neuerung im Gesetzentwurf, beispielsweise dass Mitglieder verbotener Vereine oder verfassungswidriger Parteien keine
Waffen besitzen dürfen. Allerdings gibt es auch eine Vielzahl von Regelungen im Gesetzentwurf, die wir so nicht bereit sind mitzutragen. Ich möchte einige wenige Beispiele nennen.
Erstens. Die Frist für die Vornahme von Regelüberprüfungen der Zuverlässigkeit durch die Waffenbehörde soll von fünf auf drei Jahre verkürzt werden. Meine Damen und Herren von der Landesregierung, was soll das? - 99,9 % der legalen Waffenbesitzer in Deutschland sind ordentliche Bürgerinnen und Bürger, die sich stets an Recht und Gesetz halten.
Die Regelüberprüfung von fünf auf drei Jahre zu reduzieren, bedeutet im Ergebnis nur einen erheblichen Verwaltungsaufwand und unnötige Bürokratie.
Zweitens. Es darf auch nicht sein, dass die Jäger bei der Waffenbehörde ein Bedürfnis, die Geeignetheit der Waffe zur Jagdausübung und ihre Zuverlässigkeit nachweisen müssen, obwohl die Jagdbehörde dies bereits festgestellt hat. Das ist ebenfalls ein Beispiel für Überregulierung und zusätzliche Bürokratie.
Drittens. Die seit 1973 nun wahrlich bewährte gelbe Waffenbesitzkarte soll abgeschafft werden. Das bedeutet im Ergebnis: Die Behörde müsste künftig für jede Einzelladerwaffe eine umfassende Einzelfallprüfung durchführen. Gerade bei dieser Art von Waffen ist aber eine missbräuchliche Verwendung nahezu ausgeschlossen.
Viertens. Die Waffenbehörde soll die Möglichkeit erhalten, bei temporärem Auslandsaufenthalt die Waffenbesitzkarte zu widerrufen. Hier ebenfalls die Frage: Was soll das? - Dies ist im Hinblick auf Globalisierung und Mobilität und Flexibilität in der Arbeitswelt nun wirklich eine kontraproduktive Vorschrift.
Fünftens. Das ist ein wirklich ärgerliches Thema in der Fläche. Offensichtlich wissen die Berliner Bürokraten nicht, was in den Schützenvereinen los ist.
- Die Vereine und Verbände sollen verpflichtet werden, der Waffenbehörde aus dem aktiven Schießsport ausgeschiedene Mitglieder zu benennen. Diese Meldepflicht ist in § 14 Abs. 1 des Gesetzentwurfs geregelt. In den Erläuterungen zu dem Gesetzentwurf heißt es dazu:
„Eine regelmäßige Sportausübung ist in der Regel daher dann anzunehmen, wenn der Sportschütze im maßgeblichen Jahreszeitraum wenigstens 18 Mal oder einmal pro Monat intensiv und mit einer gewissen Dauer Schießübungen mit einer Waffe der Art betrieben hat, für die er ein Bedürfnis geltend macht.“
Meine Damen und Herren, wie und vor allem von wem soll das denn in der Praxis kontrolliert werden? - Wir erwarten von einem Gesetzentwurf auch, dass er zumindest die Realität zur Kenntnis nimmt. Wer das beschließt, hat keine Ahnung vom Schützenwesen in den Vereinen.
Diese Regelung bringt Unfrieden in die Vereine, Herr Kollege Lanclée, sie wird die Abgabe unrichtiger Bescheinigungen geradezu provozieren, und sie bedeutet vor allem eine unzumutbare Belastung für die ehrenamtlichen Vorstände der Schützenvereine, und das wenige Monate nach Ablauf des Internationalen Jahres der Ehrenamtlichen.
Meine Damen und Herren, es gibt viele weitere Punkte in dem Gesetzentwurf, die ebenfalls einer kritischen Überprüfung bedürfen. Ich denke da an die sehr komplexen Regelungen zur Vererbung von Waffen, die möglicherweise einen Eingriff in das Verfassungsgut des Erbrechts bedeuten, oder auch an die geringe Flexibilität bei der Herabsenkung der Altersgrenze für unsere jungen Sportschützen.
Insgesamt ist dieser Gesetzentwurf ein praxisferner Gesetzentwurf, der wenig an den Menschen dran ist und viel Bürokratie zur Folge hätte.
Abschließend noch eine Bemerkung. Das Waffenrecht muss eine ausgewogene Balance zwischen den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit und den Belangen der Waffenbesitzer finden. Ich meine, das ist das Anliegen aller politischen Parteien.
(Frau Vockert [CDU]: So wollen wir das haben! - Krumfuß [CDU]: Das wollen meine Schützenvereine auch! - Wernstedt [SPD]: Das ist keine Ba- lance! Die Sicherheit hat absoluten Vorrang!)
Die Bundesregierung gaukelt den Menschen vor, mit diesem Gesetzentwurf einen Beitrag zur inneren Sicherheit zu leisten. Für mich ist aber nicht erkennbar, wie ein Gesetz, das sich weitgehend nur gegen die 2,5 Millionen behördlich erfassten und ohnehin schon kontrollierten Sportschützen, Jäger und Waffensammler richtet, die innere Sicherheit verbessern soll. Dieser Gesetzentwurf behindert nämlich nicht nur in erster Linie die berechtigten Interessen der legalen Waffenbesitzer - man hat bei der Lektüre zum Teil den Eindruck, dass legale Waffenbesitzer geradezu in die Nähe von Straftätern gerückt werden -, sondern er leistet leider auch keinen Beitrag zur Bekämpfung des illegalen Waffenbesitzes. Unser Problem in der inneren Sicherheit sind jedoch nicht die legalen, sondern die illegalen Waffenbesitzer.
Die Kriminalitätsstatistiken machen deutlich, dass von legalen Waffenbesitzern in Deutschland kaum Gefahren ausgehen. So waren im Jahr 2000 bei sage und schreibe nur 0,013 % aller Straftaten legale Waffen involviert. Das bestätigt nicht nur Innenminister Schily, sondern auch Justizministerin Frau Däubler-Gmelin, und die weiß in der Regel sowieso alles besser.
Meine Damen und Herren, seit Monaten hagelt es massive Kritik von den Schützen, von den Jägern, von den rechtmäßigen Waffenbesitzern. Der Deutsche Schützenbund, der Deutsche Jagdschutzverband und das Freiwillige Forum Waffenrecht haben den Gesetzentwurf gemeinsam als - ich zitiere wörtlich – „Tiefschlag gegen Jäger und Sportschützen“ bezeichnet. Seit Monaten läuft eine au
ßergewöhnlich erfolgreiche Unterschriftenaktion im Internet. Die Polizeigewerkschaft hat scharfe Kritik geübt. Wolfgang Dicke von der GdP hat den Gesetzentwurf als „Lachnummer“ bezeichnet. Sage und schreibe 160 Änderungsanträge der Länder im Bundesrat unterstreichen die Schwächen des Gesetzentwurfs ebenfalls.
Der Druck auf die Bundesregierung ist ja auch da. Vor allem unsere SPD-Bundestagsabgeordneten knicken bei den Schützen- und Jägerversammlungen jetzt reihenweise ein und kündigen nebulös erneute Beratungen, Erörterungen, Anhörungen oder gar Änderungen an. Auch Bundesinnenminister Schily - Sie sind bei der Konferenz am 30. Januar in Berlin ja dabei gewesen, Herr Minister - hat gegenüber verschiedenen Verbänden eine Änderung des Gesetzentwurfs zugesagt. So weit, so gut. Wir stellen aber fest: bislang ohne konkrete Folgen; nach wie vor liegt kein Änderungsantrag der Bundesregierung vor. Solange dieser Änderungsantrag nicht vorliegt, müssen wir von dem vorliegenden Gesetzentwurf ausgehen. Deshalb laufen die Protestaktionen im Land gegen das Waffenrecht weiter, und deshalb haben auch wir unseren Antrag heute in den Landtag eingebracht.
Meine Damen und Herren, wenn ich mir erlauben dürfte, der Bundesregierung eine Empfehlung zu geben: Ich würde den Gesetzentwurf in dieser Legislaturperiode besser ad acta legen. Das wird in dem kurzen zeitlichen Rahmen sowieso nichts mehr. Ich sage auch: Im Zweifel lieber kein neues Waffenrecht als eine völlig verkorkste Reform, wie sie jetzt droht.
Erhebliche Nachbesserungen sind dringend erforderlich. Nur so kann der großen Bedeutung des traditionsreichen Schützenwesens und den berechtigten Interessen der legalen Waffenbesitzer auch in unserem Bundesland Rechnung getragen werden. In dieser Fassung, Herr Minister, darf der Gesetzentwurf nicht die Stimmen Niedersachsens im Bundesrat erhalten. - Vielen Dank.