Wenn ich mir allein die Fragen anschaue. Nehmen wir doch einmal das gelobte Hörscreening für Kleinstkinder. Das wurde gerade auch von der Ministerin gelobt. Dies ist wunderbar und findet auch unsere Zustimmung. Ich darf aber daran erinnern, dass es gerade die SPD-Fraktion ist, die die Zuschüsse für die sozialpädiatrischen Zentren für gehörgeschädigte Kinder verringern will. Sie sind es, die dort Kürzungen vornehmen wollten.
- Das kann nicht falsch sein. Ich will zwar glauben, Herr Groth, dass Sie sich manchmal eines Besseren belehren lassen. Aber ich weiß sehr wohl, wie die Beteiligten auf der Matte gestanden und darum gebeten haben, dass man sich dafür einsetzen sollte. Sie sind diejenigen, die die Haushaltsansätze kürzen wollten, und niemand anderes.
Ein anderes Thema ist die Prävention. Sie beschreiben hier reichlich Präventionen. Ich finde es ganz toll, wie das hochgejubelt wird. Es wird auch einiges zitiert. Das ist alles richtig. Beispielsweise wird ausgeführt, dass für Präventionsmaßnahmen 2,56 Euro je Versichertem zur Verfügung stehen. Das können Sie wirklich nur einem verkaufen, der von der Sache nichts versteht. Bereits der Sachverständigenrat der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen hat Ihnen nachgewiesen, dass allein bei den Lipidsenkern die Verteuerung dieses System von 8 Milliarden DM, also rund 4 Milliarden Euro, angedacht ist und die anderen Maßnahmen natürlich obendrauf kommen. Das ist eine lächerliche Summe, die überhaupt nicht dazu angetan ist, Prävention 1 umzusetzen - die übrigens nicht von den Krankenkassen bezahlt werden darf. Es gibt einzelne Vereinbarungen. Ich habe z. B. eine vorliegen, falls Sie das nicht wissen.
kammer Niedersachsen. Es ist eine Anregung, die ich Ihnen schon vor Jahren gegeben habe, und nicht etwas, was auf Ihrem Mist gewachsen ist. Dieser Sache haben wir uns selber angenommen.
- Das wird von den Einzelnen selbst finanziert. Das sind freiwillige Leistungen, wofür die einzelnen Ärzte kein Honorar nehmen. Sie rechnen das nicht über die Krankenkassen ab. Das zu Ihrer Information.
(Frau Pawelski [CDU]: Gute Zwi- schenfrage! - Frau Elsner-Solar [SPD]: Und der Rest? - Schwarz [SPD]: Gilt das auch für Kinder?)
Der Ernährungs- und Bewegungsmangel ist auch eine ganz hervorragende Erkenntnis. Vor kurzem war in der Ärzte-Zeitung zu lesen, dass es immer mehr übergewichtige Kinder gibt. Diese haben gesundheitliche Probleme nicht in frühen Jahren bekommen, sondern bekommen sie erst in der Zukunft. Man muss also auch einen Schluss aus den Zahlen ziehen. Es reicht nicht aus, einfach Zahlen aneinander zu reihen und zu sagen: So ist es.
Man muss bemerken, Frau Elsner-Solar, dass sich diese Entwicklung zu den Jüngeren hin verlagert. Das ist das große Problem. Dazu sagen Sie eigentlich überhaupt nichts.
Ein weiterer Punkt ist die Schulmilch. Sie fordern die Schulmilch. Das ist, wie ich finde, eine gute Sache. Es wird darauf hingewiesen, dass die Bestandteile der Milch für das Wachstum der Kinder sehr förderlich sind. Ich erinnere aber daran, dass Sie unseren Antrag für mehr Schulmilch abgelehnt haben.
Sie sind es doch, die blockieren. Vor allem beschreiben Sie die Vorteile der Milch auch noch selber. Ich muss sagen, das ist etwas, was dem sehr entgegensteht.
Lassen Sie mich noch kurz auf die Drogenprobleme zu sprechen kommen, die Sie hier beschreiben. Es ist sicherlich so, dass bereits Kinder zum Alkohol greifen. Ich kenne auch Berichte von Lehrern, die sagen, dass zum Teil schon 10-Jährige mit der Bierdose in der Hand an der Ecke stehen. Das finde ich ganz toll.
Sie verweisen lapidar auf einen Erlass, wonach das in der Schule verboten ist. Zeigen Sie mir doch einmal einen Lehrer, der dagegen einschreitet! Es schreitet doch niemand dagegen ein, weil sie nämlich alle Angst haben. Das ist doch das Problem. Sie haben ordnungspolitisch völlig versagt. Wenn Sie solche Probleme beschreiben - es ist völlig richtig, dass man diese beschreibt -, dann müssen auch die Konsequenzen daraus gezogen werden. Das tun Sie jedoch nicht.
Genauso ist es mit dem Rauchen. Natürlich werden die Kinder zu Hause zum Rauchen verleitet und greifen zur Zigarette, wenn sie einer Zigarette habhaft werden können. Das ist aber nicht etwas, was man den Kindern vorwerfen kann. Es sind doch die Eltern, die hier herangezogen werden müssen. Hier finden einfach keine Kontrollen statt.
Bei den Drogen ist das nicht anders. Sie beschreiben zwar, dass es sich in der Regel um Einstiegsdrogen handelt, z. B. Cannabis, aber Sie sagen überhaupt nichts dazu, dass es diese Drogen sind, die die Jugendlichen und später die Erwachsenen konsumieren, wodurch sie schwer abhängig werden und dann unserem Sozialsystem zur Last fallen. Es gibt von Ihnen keinerlei Hinweise, welche Konsequenzen Sie daraus ziehen wollen.
Sie sagen nicht, ob die Kinder gesünder sind als andere, Sie sagen nicht, ob Sie eine effizientere gesundheitliche Betreuung machen als andere, und Sie sagen auch nicht, was Sie eigentlich tun wollen, um die negativen Zustände, die Ihnen von anderen Organisationen genannt worden sind und
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich stelle fest, dass inzwischen die parlamentarische Abstimmung zwischen Regierungsfraktion und der Ministerin sehr feinsinnig gesponnen ist. Die SPD reicht im Herbst - ich glaube, es war im Oktober die Große Anfrage ein. Es dauert natürlich etwas länger, solch ein umfangreiches Werk zu erarbeiten. Kurz bevor wir dann im Landtag zu einer ziemlich ungünstigen Zeit, nämlich am Mittwochnachmittag, die Aussprache dazu führen, macht die Ministerin einen eigenen Aufschlag, nämlich am Freitag auf einer Landespressekonferenz, mit der Vorlage des längst überfälligen Kinder- und Jugendberichtes, und zwar ohne die SPD-Fraktion. Ich würde mich als SPD-Fraktion sehr dafür bedanken, wenn mir so die Butter vom Brot genommen wird.
Nun denn, Aufschläge scheinen in der letzten Zeit sowieso das Hauptziel der Arbeit von Frau Trauernicht gewesen zu sein. Dabei sind viele große Probleme sowohl in der Antwort als auch in dem Bericht zu erkennen - Probleme, die wir seit Jahren kennen und die wir schon in der Antwort auf die Frage zur Armut von Kindern und Jugendlichen in Niedersachsen vor einem Jahr serviert bekommen haben, ohne dass sich in der Landesregierung jemand bemüßigt fühlte, etwas dagegen zu tun.
Doch was steckt eigentlich hinter der Anfrage? Wollte die Ministerin vorneweg aus den Ergebnissen Honig saugen, gut dastehen? - Das gute Dastehen hat nicht so geklappt. Ich teile große Teile der Einschätzung, die Dr. Winn hier vorgetragen hat. In meinen Augen beinhaltet die Antwort viele Binsenweisheiten und vieles, was schon in der Grünen-Anfrage zur Armut von Kindern in Niedersachsen gestanden hat. Auch die Erkenntnis, „je früher, desto besser“, nämlich dass Früherkennung und Vorbeugung im Kindesalter wirksam dafür
sorgen können, dass sich junge Menschen gut entwickeln und im späteren Leben gesund bleiben, ist eine dieser Binsenweisheiten. Ich glaube, wir sollten uns dabei nicht über die Jahrzehnte streiten, seitdem diese schon überall im Lande propagiert werden.
Ihr Ziel hat die Landesregierung nicht erreicht. Auch weiterhin fehlen ganzheitliche Konzepte, und die mangelnde Koordinierung im Gesundheitsbereich ist offensichtlich. Doch ich sage: Wir sind froh, dass der Kinder- und Jugendgesundheitsbericht endlich vorliegt. Fakt ist, dass es an lebenslang orientierten Untersuchungen fehlt, die eigentlich schon längst hätten in Auftrag gegeben werden müssen. Es ist aber nichts passiert.
Hier weist der Bericht riesige Lücken auf. Wieder reihen sich Projekte, von Erziehungsangeboten über Suchtprävention und Früherkennungsangebote, aneinander, und es existiert von Landesseite kein Gesamtkonzept zur Gesundheitsförderung von Kindern und Jugendlichen. Schön, dass ich heute, zum zweiten Mal nach einem Jahr, vernommen habe, dass man dieses Thema jetzt anpacken will.
Die Ministerin hat angekündigt, dass die verschiedenen Handlungsebenen stärker vernetzt werden sollen, dass Bündnisse zwischen den Beteiligten geschlossen werden sollen. Doch von Vernetzung und Bündnissen findet man in der Antwort der Landesregierung nichts. Wo sind die gemeinsamen Aktionspläne, die politischen Rahmenkonzepte? Wo ist das familienpolitische Gesamtkonzept, in dem die Korrelation zwischen Kinderarmut und Gesundheit aufgearbeitet werden sollten? Das war die Aussage von vor einem Jahr.
Wieder werden öffentliche Diskussionen propagiert. Sie sind notwendig. Doch das reicht vorn und hinten nicht. Es ist ein Jahr ins Land gegangen, und außer viel heißer Luft ist nichts gewesen.
Sehen wir uns den Bereich Gesundheit, Vorsorge, Wochenbettbetreuung an! Die Feststellung, dass die Hebammenhilfe weiterhin stärker propagiert werden muss und die Inanspruchnahme mit dem sozialen Status sinkt, offenbart nur die Defizite, benennt aber nicht den Handlungsbedarf. Das Modellprojekt aufsuchende Familienhilfe für junge Mütter ist auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn man sieht, wie wenige Frauen erreicht werden. Was geschieht nach drei Jahren mit den drei Modellprojekten? Was geschieht mit den an
Komplett fehlen in der Beantwortung die Familienbildungsstätten und die Würdigung ihrer Arbeit. Haben Sie keinen Raum gefunden? Gab es einen Regiefehler im Hause Trauernicht? Sonst wird die Arbeit von Familienbildungsstätten doch insbesondere bei den Sozialdemokraten sehr hervorgehoben.
Das Neugeborenen-Screening ist zu begrüßen. Nur frühzeitige Erkenntnis und Diagnostik erhöhen die Therapierbarkeit. Doch auch hier handelt es sich es erst um den Anfang einer Machbarkeitsstudie. Kritisch zu hinterfragen sind doch das Neugeborenenstoffwechsel-Screening und die Feststellung, dass hier mehr getan wird, als in den Bundesrichtlinien vorgesehen ist. Hier handelt es sich um eine Grauzone, vielleicht sogar um eine Geschäftszone, ohne dass die medizinische Notwendigkeit zu erkennen ist. Hier werden Krankheiten mithilfe eines privaten Labors festgestellt, die bisher nicht therapierbar sind. Wem helfen denn diese TandemMassenspektrometrie-Verfahren? Dem privaten Labor, der Forschung, der Wissenschaft, oder werden Eltern einfach nur kirre gemacht und Ängste geschürt, ohne dass man etwas machen kann? Ich bin mir sicher, dass Eltern diese Untersuchungen mehrheitlich nicht wollen. Sie wollen nichts von einer möglichen Erkrankungsdisposition erfahren, die nicht therapierbar ist und von der man auch nicht weiß, wann sie ausbricht und in welchem Umfang.
Auf die Frage, wie die Landesregierung zu Vorschlägen steht, in welchen sozialen Brennpunkten niedrigschwellige medizinische Versorgungsangebote notwendig sind, begegnet uns in der Antwort nur Ignoranz. Zitat:
„Mit Blick auf Kinder wird derzeit keine Notwendigkeit gesehen, ergänzende niedrigschwellige Versorgungsangebote zu installieren.“
Ich frage: Will die Landesregierung trotz entsprechender Notwendigkeit, die sich quer durch die Antworten zieht, Angebote zur Gesundheitsförderung ausschließlich von kommunalen Trägern, freien Trägern und Selbsthilfen aufbauen lassen
und die betroffenen Kinder in den sozialen Brennpunkten im Regen stehen lassen, wenn sie keinen Bedarf sieht?
Meine Redezeit ist abgelaufen. Ich hoffe, mir wird noch etwas Zeit zugestanden. Ich hätte noch einiges anzufügen. Das Thema ist so komplex.