Protocol of the Session on March 23, 2023

Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat noch mal für die Fraktion der SPD Frau Schröder.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank, dass ich hier sprechen darf! Ich möchte auch zu der wundervollen Rede von meiner Kollegin Dagmar Kaselitz gar nicht viel ergänzen, denn ich fand, sie hat das alles schon auf den Punkt gebracht, wie auch die anderen demokratischen Kollegen. Mir gingen doch nur einige Punkte noch mal nach, als hier die Rede war von Afrikanern, Asiaten, Indianern, das darf man doch gar nicht mehr sagen, das sind doch normale Beschreibungskategorien. Das sind es und sind es im Zusammenhang mit Rassismus auch wieder nicht, denn es sind Beschreibungskategorien anhand biologischer Merkmale, die oft abwertend gebraucht werden. Das muss man dazusagen.

Und diese Kategorienbildung anhand biologischer Merkmale ist offen zu anderen Ausgrenzungskategorien neben Rassismus, zu Sexismus, Antiziganismus, Antisemitismus. Deswegen wird dieser Rassismusbegriff ja auch oft sehr viel weiter gefasst. Deswegen kam es zu der Formulierung „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“, der sehr weit gefasst ist und, ich denke, das Phänomen sehr viel besser erfasst. Die Studien um die Arbeitsgruppe um Herrn Heitmeyer sind sicherlich bekannt und lesenswert. Darin wurde noch mal betont, dass Menschen andere Menschen anhand von Kategorien in die Eigengruppe und in die Fremdgruppe, Ingroup/Outgroup, in die Gruppe, wo ich selber dazugehöre, und in die Fremden, die anderen, einteilt.

Und dann gibt es psychologische Mechanismen, die einfach eigentlich bei jedem Menschen ablaufen: Die eigene Gruppe findet man immer ein bisschen toller, die Fremdgruppe, das sind die, die man abwertet, ausgrenzt.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Stephan J. Reuken, AfD: Nicht-Demokraten zum Beispiel.)

Frau von Allwörden hat auch ein Element dabei gesagt: Nicht alle Fremdgruppen wertet man ab. Manchmal kommt auch so was Aufwertendes, so was Benevolentes,

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

aber das hat manchmal so einen ironisch abwertenden Touch, so im Sinne von, lassen wir es die Frauen auch mal machen, so ein bisschen können sie es ja auch, ja?!

(Horst Förster, AfD: Was soll das denn?!)

Da steckt die Abwertung aber so im Detail, die können das auch. Die können das nicht auch, sondern sie können das wie jeder Mensch.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Barbara Becker-Hornickel, FDP)

Seit den 90er-Jahren wurde gerade in der kognitionspsychologischen Forschung auch unbewusste Vorurteilsforschung betrieben. Man hat geschaut, wie Leute Vorurteile erleben, zeigen, die ihnen unbewusst sein können, also Menschen, die eigentlich ganz weltoffen sind, zeigen in kognitionspsychologischen Reaktionszeit-Experimenten, dass sie durchaus diese Kategorien, die biologisch beschreibbar sind, auch abwertend gebrauchen, wenn sie das nicht bewusst willentlich kontrollieren können.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Also so etwas wie Rassismus, Sexismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist eine psychologische Kategorie, aber sie ist keine gesellschaftliche Kategorie, das heißt, man kann das verlernen. Man kann sich bewusst dafür entscheiden, für demokratische Werte in einer gleichberechtigten Gesellschaft zu leben, miteinander offen und wertfrei umzugehen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Marc Reinhardt, CDU)

Und dazu, glaube ich, haben wir heute auch diese Debatte angeregt, dass wir in einer demokratischen, weltoffenen Gesellschaft leben wollen, in der wir miteinander Vielfalt leben und einander wertvoll, wertfrei begegnen und eben auch Minderheiten gleiche Rechte geben. Das ist, glaube ich, der Kern von Demokratie. Und deswegen finde ich es auch noch mal wichtig zu betonen, Rassismus ist nicht nur an den Rändern, an den Extremen, an den ausgrenzenden Extremen, sondern eigentlich ist jeder Mensch von Rassismus begriffen. Es steckt in uns drin und wir müssen uns auch immer wieder selber fragen, wo ist unser Rassismus im Alltag, auch wenn wir uns eigentlich als ganz normale, weltoffene Menschen sehen, und uns immer wieder prüfen, das eben besser zu machen, auch wenn es uns mal nicht so gelingt.

Also Rassismus zeigt sich zum Beispiel im Dienst nach Vorschrift in Behörden, statt dass man im Rahmen des Ermessensspielraums das Problem löst. Insbesondere in Ausländerbehörden ist das, glaube ich, ein Phänomen. Wenn Menschen mit dunkler Hautfarbe öfter von der Polizei kontrolliert werden, das ist das, was hier manchmal auch als struktureller Rassismus bezeichnet wird, aber auch, wenn – das gibt es gerade in meinem Wahlkreis in Loitz –, wenn Migrant/-innen im Supermarkt die Taschen kontrolliert werden, weil ihnen erst mal Diebstahl unterstellt wird, wenn sie auf der Straße nicht laut sein dürfen, wenn sie nicht zu mehr als acht Personen in einem Bus fahren dürfen, damit sie nicht so auffallen und die Leute keine Angst vor ihnen haben. Also Rassismus ist, wenn die Angst der Mehrheitsgesellschaft am Ende

mehr zählt als die Not von Geflüchteten und wenn Aussehen oder Herkunft mehr zählen als der einzelne Mensch und ihm oder ihr was Böses unterstellt wird, eben dort die Abwertung steckt.

Dass wir die ganz Extremen da nicht wollen, da sind wir uns hier, glaube ich, alle einig, aber dass in einer demokratischen Gesellschaft wir alle jeden Tag um demokratisches, egalitäres Verhalten kämpfen müssen, das ist immer noch zu betonen. Darum rufe ich uns noch mal auf, gemeinsam eine faire, gleiche Gesellschaft zu leben und sie miteinander aufzubauen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Ums Wort gebeten hat noch mal für die Fraktion der AfD Herr Schult.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben noch eine Minute Redezeit. Und Frau Dr. Schröder hat ja den Wahlkreis in Loitz angesprochen. Loitz gehört auch zu meinem Wahlkreis, und in der Tat hat dort die Flüchtlingsunterkunft, die dort eingerichtet wurde, hat für reichlich Wirbel gesorgt, es gab eine Bürgerversammlung. Und Frau Schröder hat sich auch die Tage ja hier – Sie haben das natürlich alle gelesen heute im „Medienspiegel“ –, sich despektierlich geäußert über die Stadt und die Bürger,

(Dr. Anna-Konstanze Schröder, SPD: Das stimmt nicht!)

die mögen da, wie gesagt,

(Dr. Anna-Konstanze Schröder, SPD: Das ist eine Falschinterpretation. Sie lügen!)

auch sich dort mehr einbringen.

(Dr. Anna-Konstanze Schröder, SPD: Sie lügen!)

Der strukturelle Rassismus, der strukturelle Rassismus ist auf Erfahrungen beruhend, also es ist kein struktureller Rassismus, Frau Dr. Schröder,

(Dr. Anna-Konstanze Schröder, SPD: Doch! Sie lügen!)

es sind die Erfahrungen der Leute dort im Netto, die immer wieder …

(Dr. Anna-Konstanze Schröder, SPD: Sie sind dumm! Sie haben keine Ahnung!)

Einen …

… natürlich …

Einen Moment bitte, Herr Schult!

… mit solchen Dingen …

Herr Schult!

… konfrontiert sind.

Frau Schröder, ich würde Sie bitten, die Stimme jetzt etwas zu mäßigen und vor allen Dingen nicht das Wort „lügen“ in den Mund zu nehmen.

Und das …

Wir sind hier im Parlament, im Plenum, insofern würde ich darum bitten, dass Sie sich etwas mäßigen.

Herr Schult, Sie haben weiterhin das Wort.

Und daher finde ich das unerträglich, dass Sie hier solche Dinge vortragen gegenüber den Bürgern in Loitz.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Dr. Anna-Konstanze Schröder, SPD)

Es sind Erfahrungen der Menschen dort vor Ort. Und zur Wahrheit gehört auch dazu, dass natürlich im März letzten Jahres zwei Busse vorgefahren sind mit Asylbewerbern von der Unterkunft in Friedland, die dann lärmend durch Loitz gelaufen sind, arabischstämmige Männer, lärmend, betrunken durch Loitz. Und das sind Erfahrungen, die die Menschen da gesammelt haben,

(Dr. Anna-Konstanze Schröder, SPD: Das stimmt doch nicht!)

und diese Erfahrungen bleiben natürlich im Hinterkopf. Das ist völlig falsch, den Leuten jetzt per se Rassismus zu unterstellen.

(Dr. Anna-Konstanze Schröder, SPD: Sie reden falsch. – Zuruf von Anne Shepley, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)