Protocol of the Session on March 9, 2022

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Zusammen mit der fast selbstverständlichen Unterbrechung der Berufsbiografie von Frauen durch Elternzeit und Kindererziehung oder Pflege Angehöriger wirkt sich dies nicht nur auf das aktuelle Einkommen, sondern auch auf die Rentenansprüche aus.

Lange galt die Erwerbsbeteiligung von Frauen als Maßstab für die Gleichstellung der Geschlechter. Die Zielstellung war eine Angleichung an das gleiche hohe Niveau der Männer. Das ist aber aus meiner Sicht zu kurz gesprungen und sagt nichts über die gesellschaftliche Gleichstellung von Frauen aus. Vielmehr verdeckt sie die Doppel- und Dreifachbelastung von Frauen. Rollenstereotype Zuschreibungen der Familienarbeit auf die Frau sind dafür ursächlich zu benennen. Was wir brauchen, ist eine Neuverteilung von Heim- und Sorgearbeit oder Care-Arbeit.

Ein Aspekt dabei ist die Elternzeitnahme von Vätern. Eine Studie des Landeszentrums für Gleichstellung und Vereinbarkeit unseres Landes zeigt auf, dass die Elternzeitnahme durch Väter durchaus positive Effekte auf deren spätere Beteiligung an der Heim- und Sorgearbeit und somit auf die egalitäre Verteilung von Erwerbsarbeit im weiteren Familienleben hat. Also lassen Sie uns dafür Sorge tragen und ein Klima schaffen, auch in Unternehmen, dass es selbstverständlich wird, dass auch Väter Elternzeit über die zwei Monate, die ihnen rechtlich zustehen, in Anspruch nehmen können! Die automatische Verknüpfung von Frauen mit Sorgearbeit muss aufgebrochen werden und einer Arbeitsmarktpolitik weichen, die eng mit einer sozialen Familienpolitik gekoppelt ist und diesen Namen auch verdient. Die Schließung der geschlechterbedingten Lohnlücke ist ein erster Schritt dazu.

Kolleginnen und Kollegen, angesichts der aufgezeigten Situation und dessen, was wir darüber hinaus wissen,

kann von tatsächlicher Gleichstellung der Geschlechter keine Rede sein. Aber – auch das ist ein Ergebnis der zahlreichen Begegnungen mit Frauen in den vergangenen Tagen und Wochen – nicht jede Frau erlebt diese Benachteiligungen oder ist sich dessen bewusst. Die jeweilige Lebenssituation ist hier entscheidend. Und „die Frau“, die gibt es nicht. Frauen sind so vielfältig wie unsere Gesellschaft. Hier verschränkt sich die Frauen- und Gleichstellungspolitik sehr eng mit den Forderungen nach Diskriminierungsfreiheit – Frau Shepley, da bin ich sehr an Ihrer Seite –, aber auch mit der gesellschaftlichen Stellung und Herkunft der Frauen.

Was ist mit Benachteiligungen von Migrantinnen, Frauen mit Behinderungen, alleinerziehenden Frauen? Die Reihe ließe sich weiter fortführen. Das Thema Gewaltschutz blieb heute in der Debatte noch ziemlich unbeleuchtet, also außer bei Frau Shepley. Statistisch gesehen hat jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt erfahren. Anfeindungen, Hass und diskriminierende Äußerungen, die gerade auch online verbreitet werden, nehmen erschreckend zu.

Lassen Sie mich hierzu nur kurz die Forderungen nach der Umsetzung der Istanbul-Konvention zum Schutz vor Gewalt erwähnen.

Frau Schmidt, diese Zeit haben Sie leider nicht mehr.

Oh!

Ich drücke jetzt schon die rote Lampe. Wir hatten gestoppt.

Entschuldigung, ich habe es tatsächlich nicht gesehen. Dann muss ich jetzt ganz schnell zum Ende kommen.

Frau Schmidt, einen Satz noch, einen Endsatz lasse ich noch zu,...

Ja.

... aber dann muss ich wirklich unterbrechen.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der AfD und CDU – Jens-Holger Schneider, AfD: Einer.)

Eins habe ich noch: Wir haben uns in der Regierungskoalition darauf verständigt, ein gleichstellungspolitisches Rahmenprogramm zu erstellen, und lassen Sie uns doch diesen Tag, den 8. März, dafür aktiv nutzen, unsere Ideen mit den Menschen im Land zu diskutieren, Anregungen aufzunehmen und in Handeln umzusetzen! Und darauf freue ich mich.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Schmidt!

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE und SPD auf Drucksache 8/404 zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Rechtsausschuss sowie an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Gegenstimmen der Fraktionen AfD, CDU und FDP angenommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir treten in die Mittagspause ein. Die Sitzung wird um 14:10 Uhr fortgesetzt. Ich unterbreche die Sitzung.

Unterbrechung: 13:19 Uhr

__________

Wiederbeginn: 14:10 Uhr

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion der FDP – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Ladenöffnungszeiten für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Ladenöffnungsgesetz, Drucksache 8/410.

Gesetzentwurf der Fraktion der FDP Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Ladenöffnungszeiten für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Ladenöffnungsgesetz – LöffG M-V) (Erste Lesung) – Drucksache 8/410 –

Das Wort zur Einbringung hat die Abgeordnete Sandy van Baal.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginn…

Frau Baal, einen kleinen Moment! Entschuldigung, wenn ich Sie unterbreche, ich würde erst noch mal den Ruf erschallen lassen, dass alle möglichst wieder hier in den Plenarsaal zurückkommen. Die Mittagspause ist beendet, wir wollen die Debatte fortsetzen. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ihnen liegt heute ein Gesetzentwurf meiner Fraktion vor, mit dem wir das Ladenöffnungsgesetz des Landes MecklenburgVorpommern derart ändern wollen, dass das Verkaufsverbot an Sonn- und Feiertagen – zeitlich begrenzt vom 15. April bis 31. Oktober dieses Jahres – aufgehoben wird. Wir wollen dem stationären Einzelhandel die Möglichkeit bieten, aus eigener Kraft die massiven wirtschaftlichen Schäden, bedingt durch die gerade auch für den gewerblichen Einzelhandel sehr einschneidenden Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, zumindest in Teilen wieder auszugleichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema „Sonn- und Feiertagsöffnung“ ist bekanntermaßen für unsere Fraktion von großer Bedeutung. Über alle politischen Ebenen hinweg gab es in der Vergangenheit bereits zahlreiche

Diskussionen, aber hier und heute geht es nicht um die grundsätzliche Diskussion einer Aufhebung des Verkaufsverbotes an Sonn- und Feiertagen. Der stationäre Einzelhandel in unserem Land liegt am Boden. Bereits seit Jahren muss er sich gegen die starke Konkurrenz des Onlinehandels behaupten. Komplette beziehungsweise faktische Schließungen im Zuge der CoronaPandemie haben die Situation dramatisch verschlimmert. Finanzielle Reserven sind sämtlich aufgebraucht, staatliche Hilfen kommen zeitlich verzögert bei den Unternehmen an.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, staatliche Finanzhilfen können auch nicht das Allheilmittel sein. Auch das hören Sie nicht zum ersten Mal von uns. Mit einer zeitlich begrenzten Aussetzung des Verkaufsverbotes an Sonn- und Feiertagen geben wir dem stationären Einzelhandel die Möglichkeit zur Selbsthilfe an die Hand. In zeitlicher Hinsicht haben wir uns an den Ausnahmeregelungen der Bäderverkaufsverordnung des Landes orientiert, sodass es letztendlich nur darum geht, die Basis für einen gleichen Wettbewerb im Land zu schaffen und in diesem Jahr nicht nur in den touristischen Hochburgen, den Kur- und Badeorten sowie den Weltkulturerbestätten den Verkauf von Waren an Sonn- und Feiertagen zu gestatten – und auch nicht nur in ausgesuchten Branchen –, sondern einmal für eine Saison für alle.

(Beifall vonseiten der Fraktion der FDP)

Wir haben bewusst einen Zeitraum gewählt, in dem unser Land am stärksten durch den Tourismus geprägt ist. Als Tourismusland Nummer eins in Deutschland begrüßen wir Jahr für Jahr Millionen von Menschen in unserem Land. Die Tourismussaison ist auch die Saison des Einzelhandels. Die Menschen kommen nicht nur in unser Land, um sich am Strand zu aalen, sie erkunden auch unsere wunderschönen historischen Städte, sie kaufen ein, und dies im Urlaub auch gern an Sonn- und Feiertagen. Geben wir ihnen die Möglichkeit, dies nicht nur in Boltenhagen oder Zingst zu tun, sondern im ganzen Land!

Lassen Sie uns gemeinsam den Unternehmerinnen und Unternehmern im stationären Einzelhandel die Chance geben – gemeinsam mit der Kunst- und Kulturbranche, mit der Gastronomie und auch gemeinsam mit den Vereinen –, an Sonn- und Feiertagen unsere Städte nicht im Dornröschenschlaf versinken zu lassen, sondern ihnen gemeinsam Leben, Farbe zu geben, sie bunter zu machen, bunter durch eine lebendige, gesellschaftliche und kulturelle Fülle. Dies geht aber nur, wenn wir den Einzelhandel nicht ausschließen, denn eines haben sowohl der stationäre Einzelhandel, die Gastronomie, die Hotellerie, die Kunst- und Veranstaltungsbranche aus den vergangenen zwei Jahren der Pandemie gelernt, und glauben Sie mir, ich weiß persönlich als Mensch und als Unternehmerin, wie lang, wie hart diese letzten zwei Jahre waren, aber eines haben sie uns gelehrt: Gemeinsam geht alles besser, gemeinsam sind wir stärker und nur gemeinsam können wir die Krise überwinden.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und FDP)

Und daher noch mal mein Appell an Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen: Lassen Sie uns gemeinsam den Weg bereiten für unseren Einzelhandel, für die Wiederbelebung unserer Städte!

Und um im Voraus schon mal ein paar Argumente aus dem Weg zu räumen, lassen Sie mich noch kurz ausführen, dass uns zumindest aus der Hansestadt Stralsund die Aufforderung erreicht hat, uns für eine Lockerung in Bezug auf das Sonn- und Feiertagsverkaufsverbot einzusetzen.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Dort habe es bereits einen Austausch zwischen der Stadt, den Gewerkschaften und den Kirchen mit dem Ergebnis gegeben, dass alle Beteiligten – ich wiederhole es noch mal: alle Beteiligten – sich einig waren, aufgrund der besonderen Situation stehe einer Ausnahme vom grundsätzlichen Verkaufsverbot an Sonn- und Feiertagen nichts entgegen. Auch die IHK Rostock hat bereits vor Jahren in einer ihrer Vollversammlungen beschlossen, ich zitiere – wo ist der Zettel? –: „Die Vollversammlung der IHK zu Rostock spricht sich für eine vollständige Freigabe der Ladenöffnungszeiten ohne jedwede zeitliche, sachliche und örtliche Beschränkung aus.“ So weit geht unser Gesetzentwurf nicht. Es ist einfach ein Zeichen nach einer langen, harten Durststrecke.

Sie kennen mich langsam gut genug, ich bin kein Freund von langen Worten, ich habe mich ja, glaube ich, schon ein bisschen selber überboten,

(Heiterkeit und Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

aber daran können Sie sehen, wie wichtig, wie emotional dieses Thema für mich ist und auch für meine Fraktion. Aber zurück zum Punkt: Der Gesetzentwurf ist kurz, die Zustimmung der Überweisung in die Ausschüsse tut nicht weh. In diesem Sinne bitte ich hierfür um Ihre Stimme. Helfen wir gemeinsam dem stationären Einzelhandel in Mecklenburg-Vorpommern, und geben Sie und wir hier alle zusammen ihm die Möglichkeit, sich selbst zu helfen! – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der FPD und Sebastian Ehlers, CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Gemäß Paragraf 84 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung ist eine Aussprachezeit von bis zu 71 Minuten vorgesehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, damit ist das so beschlossen.

Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten der Wirtschaftsminister Herr Reinhard Meyer. Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Einzelhandel in MecklenburgVorpommern hat zweifellos eine hohe Bedeutung für die Versorgung der Bevölkerung und er hat zweifellos in der Corona-Pandemie sehr gelitten. Aber hier ist schon die erste Korrektur: Wir haben sehr viele Wirtschaftshilfen auch im Einzelhandel platzieren können. Und ich will noch mal deutlich darauf hinweisen, wie an anderer Stelle auch, die Landesregierung hat überall da, wo der Bund zu lange gebraucht hat, die Zeit überbrückt, vorfinanziert. Und im Grunde genommen kann sich kaum jemand im Lande, der Anspruch auf Förderung bei den Wirtschaftshilfen hatte, darüber beklagen, dass er diese Mittel nicht rechtzeitig bekommen hat, meine Damen und Herren.