Protocol of the Session on March 9, 2022

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Richtig!)

Es geht eben im Bereich Pflege und Gesundheit nicht nur um den Selbstschutz, sondern auch um den Schutz für andere, um den Schutz von anvertrauten Menschen, die alt und/oder vorerkrankt sind.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Deshalb halte ich es für richtig, dass Betreuende eine besondere Sorgfaltspflicht haben. Ich habe das übrigens bereits gefordert, als es noch nicht so populär war, weil ich überzeugt davon bin, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht ein wesentlicher Beitrag zum bestmöglichen Schutz vulnerabler Personengruppen ist. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Sichtweise bestätigt und hervorgehoben, dass der Schutz vulnerabler Personengruppen gegenüber den geltend gemachten Grundrechtseingriffen beim betroffenen Personal überwiegt.

Für die allermeisten Beschäftigten in Altenpflegeheimen, in Krankenhäusern oder Behinderteneinrichtungen ist das übrigens eine Selbstverständlichkeit. Ich möchte diese Beschäftigten, für die ihre Tätigkeit im sozialen

Bereich nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung ist, ausdrücklich hervorheben. Vielen Dank für Ihre Arbeit, vielen Dank für Ihr Verantwortungsbewusstsein, vielen Dank für Ihren täglichen Einsatz für ältere und kranke Menschen! Das ist mir ein großes Anliegen. Über sie wird viel zu wenig gesprochen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Katy Hoffmeister, CDU)

Wir reden stattdessen viel zu oft von denen, die sich nicht impfen lassen. Wir reden davon, wie wir es dieser Gruppe noch einfacher machen können, Impfangebote wahrzunehmen. Dabei kommt die große Mehrheit der geimpften Beschäftigten, das sind in den allermeisten sozialen Bereichen über 90 Prozent, in der öffentlichen Wahrnehmung kommt dies viel zu kurz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ohne jeden Zweifel stellt die einrichtungsbezogene Impfpflicht eine große Herausforderung dar für die Arbeitgeber und Einrichtungsträger, vor allem aber für die Kommunen. Eine jede und ein jeder von uns weiß, wie belastet die Gesundheitsämter seit zwei Jahren sind. MecklenburgVorpommern ist aber nicht Bayern. Wir machen gemeinsam unsere Arbeit und machen die einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht zum politischen Spielball. Dafür bin ich der kommunalen Ebene sehr dankbar. Auch das möchte ich an dieser Stelle betonen.

Trotz aller und vor allem personeller Probleme bereiten sich die Landkreise und kreisfreien Städte auf die Umsetzung vor. Das Land, das Sozialministerium hat die letzten Wochen dazu genutzt, die Gesundheitsämter bestmöglich bei der Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht zu unterstützen. In aller Kürze: Es wurde vom Innen- und vom Sozialministerium ein webbasiertes Meldeportal geschaffen, um den Gesundheitsämtern einen einfachen und effizienten Start in die Verwaltungsverfahren zu ermöglichen. Es werden umfangreiche Weisungen, Hinweise und Allgemeinverfügungen ausgearbeitet,

(Zuruf von Nikolaus Kramer, AfD)

um ein einheitliches Verwaltungsverfahren zu ermöglichen und den Entscheidungsträgern vor Ort klare Entscheidungshilfen zu geben. Es wird ein fortlaufender Dialog mit Bund, anderen Ländern, den Kreisen und kreisfreien Städten geführt, um neu auftauchende Sachverhalte schnell adressieren zu können. Und es wird geprüft, ob eine schnelle personelle Unterstützung vor Ort realisiert werden kann.

Die ganz klare Botschaft lautet, es wird ab dem 15. März ein einheitliches, abgestuftes Verfahren geben. Niemand wird am 15. März gekündigt. Jede und jeder, der ungeimpft ist oder dessen Status unklar ist, erhält vom Gesundheitsamt die Möglichkeit zur Stellungnahme und Anhörung. Jede und jeder hat die Chance, sich auch jetzt noch impfen zu lassen. Die Ermessensentscheidung erfolgt dann einzelfallabhängig

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Geht es nicht nach dem persönlichem Ermessen? Das ist doch das, was wir gerne möchten.)

ganz am Ende dieses gerade von mir skizzierten Prozesses.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ist eine Herausforderung, der sich Land und Kommunen gemeinsam stellen. Wir arbeiten konstruktiv, zielführend und lösungsorientiert, auch mit den Arbeitgebern und Einrichtungsträgern. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist kein Selbstzweck, sondern eine wichtige Maßnahme, um die vulnerablen Personengruppen bestmöglich zu schützen. Das ist das Ziel aller Beteiligten und dafür danke ich.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerin!

Es hat nun das Wort die Abgeordnete der CDU-Fraktion Frau Katy Hoffmeister.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn etwas Grundsätzliches sagen, damit wir uns darüber noch mal im Klaren sind und vergewissern: Impfen hilft, impfen rettet Leben, und das bereits seit 1796 mit der Entwicklung des ersten Vakzins gegen die Pocken. Und die erste Impfpflicht übrigens, weil wir gerade auch über Bayern gesprochen haben, ist in Bayern eingeführt worden 1807. Soweit zur Historie.

Die Historie zeigt uns aber auch, dass Impfungen und Impfpflichten immer schon begründete, manch unbegründete Sorgen und Ängste hervorgerufen haben. Dennoch ist zweifelsohne klar, Impfungen haben stets einen wesentlichen Teil geleistet, um Pandemien zu bezwingen, und das zeigt sich auch heute in der CoronaPandemie. Und am deutlichsten wird deren Wirkung sicherlich bei den besonders vulnerablen Gruppen in stationären Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern.

Versetzen Sie sich mit uns noch mal zurück in die Zeit, als es keinen Impfstoff gab, in die Zeit, als die Todeszahlen mit großem Erschrecken, mit Bestürzung und Bedauern, gerade in den Altenheimen, in die Höhe geschnellt waren. Und auch das und unter diesem Eindruck ist 2021 die einrichtungsbezogene Impfpflicht durch den Bundestag und den Bundesrat beschlossen worden und auch vor diesem Hintergrund, dass die Impfung nicht nur vor schweren Verläufen schützt, sondern auch vor der Übertragung des Virus schützt.

(Zuruf von Stephan J. Reuken, AfD)

Und ja, meine Damen und Herren, mit der Omikron-Welle hat sich die pandemische Lage verändert inzwischen. Es scheint eben so zu sein, dass mildere Krankheitsverläufe zu verzeichnen sind, andererseits erfolgt aber die Ansteckung und die Übertragung wesentlich schneller, auch bei Geimpften und Geboosterten, aber insbesondere vor dem Hintergrund der derzeit aktuellen Variante, der OmikronVariante BA.2. Doch wenn wir etwas in den vergangenen zwei Jahren gelernt haben sollten, dann ist es das, dass sich die pandemische Lage sehr schnell verändert. Niemand von uns hofft dies, und wir wünschen uns alle, dass wir im kommenden Herbst und Winter nicht wieder vor den gleichen Herausforderungen stehen wie in den letzten beiden Jahren. Aber eine Garantie gibt es nicht.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Und ich persönlich halte daher die einrichtungsbezogene Impfpflicht gerade mit Blick auf den kommenden Herbst und Winter grundsätzlich für richtig.

(Zuruf von Dr. Eva Maria Schneider-Gärtner, AfD)

Nichtsdestotrotz sehe ich natürlich die Probleme, die mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht einhergehen. Wir haben in den vergangenen Wochen die bundesweite Kritik der Landkreise und kreisfreien Städte gehört, die zu Recht darauf hingewiesen haben, dass die Gesundheitsämter sowohl personell als auch organisatorisch kaum in der Lage sein können, die Kontrolle der einrichtungsbezogenen Impfpflicht umzusetzen. Und wir haben die Kritik der Bundesländer gehört, die lange auf entsprechende Handreichungen des Bundes zu Verfahrensweisen, gerade bei Detailfragen, warten mussten. Wie ich hörte, sind gestern Handreichungen an die Landkreise und kreisfreien Städte gegangen.

(Stefanie Drese, SPD: Ja, des Landes, nicht des Bundes!)

Dafür will ich auch noch mal danken. Und wir haben die Kritik der Einrichtungen gehört, die Personal- und Versorgungsengpässe befürchten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt berechtigte Kritik an der Umsetzung der Impfpflicht. Und dazu hat die Bundesregierung einen erheblichen Beitrag geleistet, indem viele, viel zu viele Fragen lange offen und unbeantwortet geblieben sind. Und dazu beigetragen hat sicherlich auch das nicht besonders konstruktive, sondern stattdessen planlose Vorgehen der Bundesregierung bei der allgemeinen Impfpflicht. Trotz aller Kritik halte ich die einrichtungsbezogene Impfpflicht, gerade mit Blick auf Herbst und Winter, für richtig.

Und lassen Sie mich zwei Sätze sagen. Sie wissen, dass sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage beschäftigt hat, ob die Impfpflicht, die einrichtungsbezogene Impfpflicht ausgesetzt werden soll, und hat dieses in der Abwägung verneint. Und Sie wissen auch, ich hätte meine Rede viel kürzer machen können, Herr Kramer, weil, Sie haben darauf schon hingewiesen, es gilt, Bundesgesetze sind durch die Länder umzusetzen,

(Rainer Albrecht, SPD: Ja.)

und darüber hinaus gibt es den Verfassungsgrundsatz der Bundestreue. Ich hätte also meine Ausführungen kürzer machen können,

(Beifall René Domke, FDP)

nichtsdestotrotz wollte ich Ihnen begründen, warum wir zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht stehen.

(Beifall Rainer Albrecht, SPD)

Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Das Wort für die Fraktion DIE LINKE hat nun der Abgeordnete Herr Torsten Koplin.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich den sehr klugen und einsichtigen Argumenten von Frau Drese und Frau Hoffmeister unbedingt anschließen und daran anknüpfend noch mal auf den Punkt kommen, Herr Kramer, den Sie eingangs ansprachen. Sie haben ja etwas länger zitiert und dann von freiem Willen gesprochen. Der freie Wille ist nicht definiert, aber man versteht unter einem freien Willen fachübergreifend die subjektiv empfundene Fähigkeit, frei wählen zu können. An welcher Stelle gilt das, dieses frei Wählen? Jetzt erst, wenn es um das Impfen oder Nichtimpfen geht, oder eigentlich schon früher?

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Ich meine, viel früher, und zwar in dem Moment, wo Mann sich oder Frau sich für den Beruf entscheidet und damit eine Verpflichtung eingeht, für andere Menschen, für sich schützend, selbstverständlich, aber auch für andere Menschen da zu sein. Und genau da finde ich den Anknüpfungspunkt zu dem, was Frau Hoffmeister und Frau Drese sagten. Hier gibt es,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

hier gibt es eine besondere Verantwortung bei allen, die dort arbeiten und denen wir für ihre Arbeit ungeheuer dankbar sind. Sie haben es aber von vornherein gewusst, auf welche besondere Situation,

(Nikolaus Kramer, AfD: Ach, das ist ein ganz schwaches Argument! – Zuruf von René Domke, FDP)

Auf welch besondere Verantwortung sie – das ist nicht schwach, das ist ein existenzielles Thema, ja – eingehen.

(Nikolaus Kramer, AfD: Das hätte ich von Ihnen nicht erwartet.)

Und an der Stelle, wir wissen, wie sensibel das ist.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der AfD und CDU)