Protocol of the Session on September 24, 2020

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/5355. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. –

(Andreas Butzki, SPD: Der PGF und der Fraktionsvorsitzende haben nicht mitgestimmt.)

Stimmenthaltungen? – Danke schön! Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/5355 bei Zustimmung durch die Fraktion der AfD und im Übrigen Gegenstimmen abgelehnt.

Vereinbarungsgemäß rufe ich den Tagesordnungspunkt 27 auf: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Sanierungsstau an Schulen beenden, Schulprogramm, Entschuldigung, Schulbauprogramm auflegen, Drucksache 7/5359.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Sanierungsstau an Schulen beenden – Schulbauprogramm auflegen – Drucksache 7/5359 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Frau Oldenburg.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im letzten Monat kam die Decke der Grundschule Schwaan runter, in Vitte kann der größte Raum der Schule nicht genutzt werden, weil dort bereits der Schwamm wohnt und der Fußboden gesundheitsgefährdende Gerüche ausdünstet.

Es läuft die Zeit nicht. Ich habe kein Problem damit, aber gut.

In Damshagen wurde die Schule wegen des Schimmelbefalls geschlossen. Die Grundschule in Torgelow kann, wie im Übrigen viele andere Schulen auch, das Brandschutzkonzept nicht umsetzen, da der Haushalt die benötigte 1 Million Euro nicht hergibt. An anderen Schulen lassen sich tatsächlich Fenster nicht öffnen, weil sie zugenagelt sind, weil die Gefahr besteht, dass sie, wenn man sie öffnet, herausfallen.

Kurzum, in Mecklenburg-Vorpommern gibt es einen gewaltigen Sanierungsstau an den Schulen. Der Städte- und Gemeindetag schätzt die notwendigen finanziellen

Mittel auf 1,5 Milliarden Euro. Ausgehend von der Antwort auf unsere Große Anfrage vom Juni dieses Jahres muss man von einem Sanierungsbedarf in Höhe von 2 Milliarden Euro ausgehen. 2 Milliarden Euro, und da kommt das Wirtschaftsministerium im letzten Monat mit einem Programm, ich zitiere: „Programm für umfangreiche Sanierungen beziehungsweise Ersatz-, An- oder Neubau von Schulen“. Für dieses umfangreiche Sanierungsprogramm für Ersatzbauten, Anbauten, Neubauten werden in diesem und im kommenden Jahr 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

(Minister Harry Glawe: Je Jahr!)

Das, sehr geehrte Damen und Herren, das ist ein richtiger Schritt, aber die bereitgestellten Mittel sind viel, viel zu gering.

(Minister Harry Glawe: Ich hätte jetzt Beifall erwartet.)

Die Sanierungskosten des Gerhart-Hauptmann-Gymnasiums in Wismar belaufen sich auf 17 Millionen Euro, für die Integrierte Gesamtschule in Wismar zwischen 17 und 19 Millionen, der An- und Umbau der Gesamtschule Stavenhagen ist mit 15 Millionen Euro veranschlagt, der Schulcampus...

(Marc Reinhardt, CDU: 25!)

25? Da in den Unterlagen steht 15, ich habe extra noch mal nachgeguckt.

(Marc Reinhardt, CDU: Ja, weil es eine neue Kostenschätzung gibt.)

25 Millionen Euro, da kommt es ja nicht mal mit den 20 Millionen für ein Jahr hin.

... Schulcampus in Grevesmühlen 30 Millionen, 18 Millionen für den Neubau der Greifswalder Gesamtschule, 11 Millionen für die Sanierung des Hauptgebäudes der Ahlbecker Gesamtschule, und der Neubau der Regionalen Schule Weststadt hier in Schwerin hat 18,5 Millionen Euro gekostet.

Und in Mecklenburg-Vorpommern gibt es 504 öffentliche Schulen und 107 Schulen in freier Trägerschaft. Da reicht das Geld hinten und vorne nicht, und deshalb beantragt meine Fraktion ein Schulbauprogramm in Höhe von 1 Milliarde Euro, auf zehn Jahre angelegt.

(Beifall Peter Ritter, DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich weiß, es gibt nicht nur die 20 Millionen aus dem Wirtschaftsministerium. Es gibt auch das viel gerühmte sogenannte Schulbauprogramm von 325 Millionen, das im Juni 2018 aus der Taufe gehoben wurde. Im Juni 2018 verkündet, aber etliche Förderanträge dieses Schulbauprogramms wurden bereits 2016 gestellt, im Juni 18 verkündet, aber viele dieser Bescheide des Schulbauprogramms wurden bereits 2016 übergeben, im Juni 2018 verkündet, aber ein Teil der Maßnahmen dieses Schulbauprogramms hat bereits 2016 begonnen, so zum Beispiel die ZiegelseeSchule oder auch der Turnhallenbau in Ueckermünde. Und viele Sanierungs- und Neubaumaßnahmen waren sogar schon vor der Verkündung des sogenannten Schulbauprogramms abgeschlossen, die Schulen einge

weiht und die Mittel vollständig gebunden, so die Antwort der Landesregierung.

Ich bezweifle überhaupt nicht, dass diese Millionen tatsächlich innerhalb vieler, vieler Jahre in die Schulen geflossen sind, aber längst verbaute Gelder als neues Schulbauprogramm zu verkaufen, das ist nicht so ehrlich, und das nutzt auch den unzähligen Schulträgern nichts, die ihre Anträge noch nicht gestellt haben.

(Beifall Peter Ritter, DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir brauchen aber nicht nur Geld, sondern auch eine Schulbaurichtlinie, denn mit dem Auslaufen des Schulbauprogramms 2003 hat die bisherige Richtlinie ihre Gültigkeit verloren. So existiert seit 17 Jahren keine Orientierung, wie viel Räume eine Schule benötigt, wie groß die Klassenzimmer sein müssen, welche Vorbereitungsräume zwingend notwendig sind, welche Anzahl von zusätzlichen Räumen mit jeweils welcher Größe für den inklusiven Unterricht benötigt werden. 17 Jahre tat sich gar nichts, das Einzige, was passierte, war die Erstellung eines Bauteilkataloges für die Inklusion.

Nun scheint Bewegung in die Sache zu kommen, denn seit einigen Wochen gibt es einen Entwurf einer Schulbauempfehlung. Das ist ein ganz richtiger und wichtiger Schritt, aber es kann auch hier nur der Anfang sein, denn wir brauchen keine Empfehlung, wir brauchen eine Richtlinie, um hier Verbindlichkeit zu haben und um auch die Konnexität festzuzurren. Wir brauchen auch eine Richtlinie, die nicht nur für Neubauten zuständig ist, sondern auch für Erweiterungsbauten, auch für Sanierungen, denn das Ministerium schränkt ein, dass diese Empfehlung tatsächlich nur für Neubauten gilt. Und wir brauchen pädagogisch sinnvolle Raumgrößen, die der Richtlinie zugrunde gelegt werden. Das wären Räume, in denen maximal 26 Schülerinnen und Schüler gemeinsam unterrichtet werden, aber die derzeitigen Empfehlungen gehen von einer Klassengröße von sage und schreibe 30 Kindern und Jugendlichen aus.

Warum plant nun das Ministerium gerade in diesen Zeiten der Corona-Pandemie, so viele Kinder gleichzeitig in einem Raum unterrichten zu lassen? Die Antwort gibt das Ministerium selbst, und ich muss ganz ehrlich sagen, die entrüstet mich. Ich zitiere: „weil kleinere Klassen bei einem Schüleranstieg unweigerlich zur Klassenteilung und einem höheren Finanz- und Personalbedarf führen“, Ende des Zitats. Ich übersetze: Die Landesregierung setzt extra und ganz bewusst 30 Kinder in einen Raum, um Geld und Personal zu sparen. Dann können wir gleich Sporthallen bauen, dann kann dort alles gemeinsam unterrichtet werden. Ich finde es skandalös, und auch um dieses Kriterium hier zu ändern, brauchen wir eine neue Richtlinie, die auch besagt, dass pädagogische Maßnahmen und nicht rein fiskalische Maßnahmen darüber entscheiden, wie viel Kinder und Jugendliche in einem Raum gemeinsam lernen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren! „Da derzeit kein landesweiter Überblick über den Schulbaubedarf besteht und eine Steuerung nicht erfolgt, basiert die Schulbauförderung auf Einzelfallentscheidungen der jeweiligen Förderministerien in erster Linie mit Blick auf die speziellen Förderziele. Die Schulträger bzw. das Bildungsminis

terium bestätigen als Fördervoraussetzung nur den weiteren Bestand der Schule. Sie nehmen keine Bedarfsprüfung oder Prioritätenabwägung gegenüber anderen Schulbaumaßnahmen vor. … Die Landesregierung sollte sich landesweit einen Überblick über die erforderlichen Schulbaumaßnahmen verschaffen …“ So weit das Zitat des Berichtes des Landesrechnungshofes.

Um dieser Kritik Rechnung zu tragen, möchten wir, dass die Servicestelle Schulbau so ausgestattet wird, dass eben dieser Mangel behoben wird und auch der Schulbau endlich wieder, wie es bei dem Schulbauprogramm bis 2003 war, aus einer Hand erfolgen kann, denn es muss endlich Feierabend damit gemacht werden, dass es unzählige kleine Fördertöpfe gibt, somit unzählige Anträge von einem einzigen Schulträger gestellt werden müssen. Alles aus einer Hand und eben mehr Geld in die eine Hand, denn wir brauchen für gute Bildung auch gute Schulen. – Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Fraktionsvorsitzende!

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 58 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Bevor ich der Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Frau Martin das Wort erteile, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertribüne Kameradinnen und Kameraden des Landesfeuerwehrverbandes von Mecklenburg-Vorpommern, die heute noch ein schönes Ereignis vor sich haben, nämlich die Übergabe von neuen Feuerwehrfahrzeugen.

Ich eröffne die Aussprache und das Wort hat für die Landesregierung die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Frau Martin.

Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, zu einem guten Bildungssystem gehören auch gute Lernorte, also Schulen, in denen sich Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte wohlfühlen. In dieser Position liegen wir wohl vollkommen beieinander. Und genau deswegen wird in dieser Legislaturperiode überall im Land für Schulen gebaut und gebaggert, und so viel wie noch nie.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Auch hier geht gerade die Uhr nicht, aber das ist so?

(Minister Harry Glawe: Das ist gut. Ich würde darauf gar nicht hinweisen. – Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Genau.

Sie fordern, Sie fordern also in Ihrem Antrag etwas, was schon längst passiert. Das Land hat im Herbst, Sie haben es gesagt – ich glaube, Sie haben gesagt, 2018, soweit ich weiß, ist das 2017 angekündigt worden –,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Juli, Juli 2018!)

dass es die Schulträger in dieser Legislaturperiode, dass sie mit 275 Millionen Euro beim Schulbau unterstützt werden. Diese Zusage hat die Landesregierung inzwischen bei Weitem übertroffen. Erst hieß es, dass wir 325 Millionen Euro im Schulbau investieren, inzwischen liegt das Zusagevolumen bei über 440 Millionen Euro. Diese Mittel sind alle bereits zugesagt, zu einem großen Teil gebunden oder bereits verbaut. Zusammen mit dem Eigenanteil der Schulträger liegt das Gesamtvolumen der Investitionsmittel sogar dann bei rund 720 Millionen Euro. Meine sehr geehrten Damen und Herren, von Sanierungsstau, wie es im Antrag heißt, kann eigentlich hier nicht die Rede sein.

Hinzu kommt noch, dass wir im Rahmen unseres 200Millionen-Schulpakets zusätzlich zu den vorhandenen Förderprogrammen der Städtebauförderung, der Kommunalinvestitionsförderung und der EU-Programme noch weitere 50 Millionen für Schulbau im ländlichen Raum obendrauf legen. Das ist ein Programm, das beim Wirtschaftsminister läuft, 40 Millionen Euro frisches Geld plus 10 Millionen Euro zusätzliche EFRE-Mittel. Und ich kann Ihnen versprechen, dass auch dieses Programm, dass das Land auf diesem Geld nicht lange sitzen bleiben wird.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Nee, weil wir zu wenig haben.)

Sehr geehrte Damen und Herren, aber auch sonst geht der Antrag von Voraussetzungen aus, die nicht viel mit der Realität in M-V zu tun haben.

Erstens, da ist gleich einleitend die Rede von einem Rückgang der Schülerzahlen und einer damit verbundenen Unsicherheit für Investitionen. Das ist sachlich nicht ganz korrekt, vielmehr ist das Gegenteil, vielmehr verzeichnen wir seit Jahren steigende Schülerzahlen. Das wird auch noch Jahre so weitergehen, was gut ist.

Und nicht nur das, man kann nicht erkennen, wo Sie die Zahl 1,5 Millionen für den Investitionsbedarf herhaben.