Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin etwas traurig, dass insbesondere der letzte Redner hier in einer Art und Weise parteipolitisch agiert hat und die Erfolgsgeschichte, die Erfolgsgeschichte „30 Jahre Wiedervereinigung – 30 Jahre erfolgreiche Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern“ in dieser Art und Weise hier dargestellt hat.
(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Minister Dr. Till Backhaus: Sie haben nicht richtig zugehört!)
Ich persönlich bin kein Zeitzeuge von 1990, der in politischer Verantwortung stand, aber ich bin so was von froh, dass dieses historische Ereignis insbesondere unsere Elterngeneration erleben durfte, nämlich ein Staat, der sich demokratisch genannt hat, der aber seine Bevölkerung mit Stacheldraht und Mauern eingezäunt hat, dass diese Generation es noch erleben durfte, die Familienzusammenführung wieder zu erleben.
Und deswegen will ich auch sagen, die Geschichte begann nicht 1989 mit Herrn Ringstorff oder mit Herrn Sellering, nein, die Geschichte in diesem Land begann 1990. Und deswegen ist es auch noch mal wesentlich, aber vielleicht hat uns der Koalitionspartner auch einfach nur darum gebeten, die beiden Zeitzeugen Alfred Gomolka und Herrn Berndt Seite hier zu nennen, die Verantwortung übernommen haben, 1990 und in den Folgejahren in diesem Land den Wiederaufbau des Landes Mecklenburg-Vorpommern mitzugestalten.
Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Ganze ist nicht vom Himmel gefallen, sondern die Menschen in der DDR haben der „Allianz für Deutschland“ im März 1990 den Auftrag erteilt, in Wahlen dieses Land wieder zu gestalten. Der Wahlauftrag ging an die CDU 1990 im März und auch im Oktober 1990, dass die CDU Verantwortung in Mecklenburg-Vorpommern und in Deutschland übernimmt, um die deutsche Einheit zu gestalten.
Und man kann wahrscheinlich darüber philosophieren, ist es richtig, die deutsche Wiedervereinigung gesellschaftspolitisch zu vergleichen mit der Pandemie, die wir jetzt haben, mit dieser Herausforderung. Ich persönlich komme nach kurzem Überlegen dazu, dass es kein historischer Vergleich ist, der dem standhält.
Die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes ist etwas anderes geschichtlich gesehen als die weltweite Pandemie, die wir heute zusammen meistern müssen.
Wenn es aber um die Wiedervereinigung 1990 geht und hier der Schwarze Peter in den Raum gestellt werden soll, dass am Ende nur die SPD die Guten waren, dann will ich doch zwei, drei Dinge aus dieser Zeit noch mal benennen. Ich habe höchsten Respekt, insbesondere auch vor Leuten, das will ich an dieser Stelle sagen, wie Herrn Thomas Krüger, der Mitbegründer der SDP in Mecklenburg-Vorpommern war. Aber Herr Backhaus hat es ausgeführt, die Zielstellung der SPD oder der SDP war eben nicht die deutsche Wiedervereinigung, sondern, wie auch nachzulesen noch in der „Leipziger Volkszeitung“ im Dezember 1989,
dass die Zielstellung auch der Bürgerrechtler und der SDP war – und das ist keine Kritik, sondern nur eine Feststellung –, eine Vertragsgemeinschaft und dann eine Konföderation herzustellen. Und das war im Dezember 1990.
Und in diesem Zusammenhang will ich an den 28. November 1989 erinnern. Dr. Helmut Kohl hat im Deutschen Bundestag sein Zehn-Punkte-Programm vorgestellt zur Lösung der deutschen Frage. Und die Abstimmung dazu am 01.12.1989 bekam dann die Jastimmen von CDU/CSU und FDP, diesen Weg zu begleiten, und die SPD hat sich mit einer kräftigen Enthaltung dieser Frage gestellt.
Und ich bin Sozialdemokraten wie Willy Brandt dankbar, dass sie dafür gesorgt haben, dass die sogenannte Enkelgeneration von Lafontaine und Schröder, die nämlich
im Bundesrat die Wirtschafts- und Währungsunion abgelehnt haben, dass führende Sozialdemokraten wie Vogel und Brandt den Weg der deutschen Einheit dann so begleitet haben, wie er dann stattgefunden hat.
Und ich will auch noch ein Wort zur Treuhand sagen. Wir stellen uns heute hin und sagen, für die Pandemie, für diese Herausforderung gibt es keine Blaupause. Ich vermisse, dass gesagt wird, dass es auch 1989/1990 keine Blaupause gab.
Ich erinnere an das Schürer-Papier. Schürer, Mitglied des SED-Zentralkomitees, der hat 1989 das Papier vorgelegt und den maroden Zustand der DDR-Wirtschaft beschrieben.
Und wenn es heute in der historischen Betrachtung immer so dargestellt wird, als wenn nur die bösen Manager aus dem Westen alles sich unter den Nagel reißen wollten, dann will ich der Vollständigkeit halber auch sagen, dass in der politischen Diskussion auch eine Rolle gespielt hat, dass zum Beispiel die Altkader sich große Teile dieser DDR-Wirtschaft unter den Nagel reißen. Das muss bei der Betrachtung immer wieder eine Rolle spielen.
Und aus meiner Heimatstadt Güstrow kann ich Ihnen sagen, dass die Spirituosenfabrik Winkelhausen dann eben nicht an einen Westmanager gegangen ist, sondern an den Konsum der DDR. Und somit gab es sicherlich Fehler in diesem Prozess, das ist unstrittig, aber ich will sagen, es gab eben definitiv keine Blaupause. Und die Ursache war das abgewirtschaftete System der DDR.
Und dann will ich auch noch einen zweiten Punkt kurz ansprechen. Wenn es um das Bild der Frau geht, dann haben wir hier die Situation, die eine Seite sagt, die sollen alle zu Hause bleiben und die müssen arbeiten, weil es keine Alternative gibt, und die andere Seite stellt krass dar, jede Frau will unbedingt 40 Stunden arbeiten, zwei Kinder, alles drum und dran.
Ich glaube, diese Analyse ist nicht richtig. Es gibt immer etwas dazwischen, möglicherweise auch, das glaube ich, davon bin ich auch überzeugt, viel, viel dichter an dem, dass Frauen auch arbeiten wollen. Ich kann Ihnen aus meiner persönlichen Erfahrung sagen, aus meiner Verwandtschaft aus den alten Bundesländern, da gibt es nicht eine Frau bei meinen Cousinen, die zu Hause ist, sondern alle sind im Arbeitsprozess. Aber für mich ist es wichtig, entscheiden zu können, wie ich mein Leben als Familie gestalte,
(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Und darum geht es auch nur. Nur darum geht es.)
Deswegen will ich Ihnen sagen: Lassen Sie uns dieses schöne Bundesland, dieses reiche Deutschland, Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam gestalten, dass eben im wahrsten Sinne des Wortes, bildlich gesprochen, wir weiter an den blühenden Landschaften arbeiten! – Herzlichen Dank!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Es ist doch beachtlich zu sehen, wie viele Emotionen die geschichtlichen Ereignisse, die inzwischen 30 Jahre zurückliegen, hier nach wie vor auch in diesem Raum mit sich bringen. Richtig ist, meine Damen und Herren, und da waren wir uns weitestgehend einig, dass Mecklenburg-Vorpommern sich gut entwickelt hat. Und ich finde, das voranzustellen, ist mir sehr, sehr wichtig.
Und wir sind uns auch weitestgehend einig, dass die Wende ein Glücksfall der Geschichte ist. Und es ist ein Glücksfall – ich glaube, Simone Oldenburg hat das noch mal gesagt –, dass es weitgehend friedlich gelungen ist, dass wir friedlich eine Wende erreicht haben. Es war ein historisch wirklich grandioser Umstand, dass Michail Gorbatschow, mit Michail Gorbatschow ein Staatschef dort regiert hat, der die Panzer in den Kasernen gelassen hat.
Meine Damen und Herren, dem Kollegen Renz war es gerade wichtig, auch noch mal zu erwähnen, dass in der Anfangszeit Alfred Gomolka und Berndt Seite hier Ministerpräsidenten waren. Die waren hier Ministerpräsidenten, und zwar unter schwieriger Zeit, das kann ich ausdrücklich sagen.
Wovon die Ministerpräsidentin aber gesprochen hat, war etwas anderes, und da ist es immer gut, wenn man auch wirklich zuhört. Die Ministerpräsidentin hat davon gesprochen, von dem Konzept „Zukunft aus eigener Kraft“, und insbesondere Harald Ringstorff war das damals. Harald Ringstorff hat …
Ja, aber sie hat von dem Konzept „Zukunft aus eigener Kraft“ gesprochen. Und es war unter anderem Harald Ringstorff, der gemeinsam damals mit dem Juso-Vorsitzenden Mathias Brodkorb und dem Abteilungsleiter Erwin Sellering – so war das damals – dieses Konzept ausgearbeitet hat. Ich bin Zeitzeuge, ich kann das berichten.
Meine Damen und Herren, und wenn hier gesagt worden ist, dass die SPD zu Beginn das Ziel hatte, die DDR
besser zu machen, dann ist das richtig. Übrigens hatte auch Helmut Kohl das Ziel, die DDR besser zu machen, denn 20 Tage nach Mauerfall hat Helmut Kohl einen Plan vorgelegt für eine Konföderation beider deutscher Staaten. Da war Ziel, beide deutsche Staaten nebeneinander mit eigenständigen Regierungen und gemeinsamem quasi Überdach weiterzuführen.
Hintergrund war, dass man damals natürlich erkannt hatte, wenn man eine schnelle und überstürzte Vereinigung beider Staaten macht, dass das wirtschaftlich natürlich massive Auswirkungen hat.
Und eine zweite Sache gehört historisch dazu: Zu diesem Zeitpunkt war eben nicht klar, wie international unsere Partner reagieren.