Protocol of the Session on August 27, 2020

Wenn DIE LINKE handfest den Kampf gegen Kindermissbrauch unterstützen wollte, würde sie, insbesondere nach den im Landeskriminalamt erlangten Erkenntnissen, ihren Widerstand gegen eine Vorratsdatenspeicherung aufgeben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das wäre wirklich hilfreich.

Erziehungs- und Familienberatungsstellen werden nicht besser dadurch, dass sie im Landesprogramm Kinderschutz als wichtige Einrichtungen aufgenommen werden. Was soll mit der Forderung unter 3b) bewirkt werden, „die Gesundheitsvorsorge für Kinder und Jugendliche und die Ausstattung des öffentlichen Gesundheitsdienstes zu erweitern und in den Handlungsfeldern zu thematisieren“? Was ist das konkret? Oder unter 3c) „die pädagogische und psychologische Betreuung“ bei häuslicher und sexueller Gewalt für das Fachpersonal „explizit als Handlungsziel aufzunehmen“. Ja, gut, aber was bringt das? Das sind alles luftleere Forderungen, die an der tatsächlichen Qualifikation des Personals, so, wie sie eben ist, gut oder schlecht oder weniger gut oder ganz hervorragend, völlig vorbeigehen. Wir brauchen auch keinen Kinderbeauftragten, vor allem nicht als Posten dann vielleicht noch für ausrangierte Politiker. Politikbeauftragte haben wir in diesem Land genug.

Zudem liefert DIE LINKE hier den Nachweis, was Ihre Forderung von Kinderrechten im Grundgesetz und hier eines Kinderbeauftragten substanziell wert sind, nämlich nichts. Ich habe es schon erwähnt, bei den CoronaMaßnahmen hat sich DIE LINKE auch heute kräftig daran beteiligt, dass die Rechte der Kinder aufs Gröbste missachtet werden beziehungsweise auf der Strecke bleiben.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Oh, mein Gott!)

Die psychosoziale Prozessbegleitung ist eine komplizierte Angelegenheit. Sie ist für Minderjährige und Erwachsene unterschiedlich geregelt, insbesondere hinsichtlich der Kostenübernahme durch den Staat. Entscheidend kommt es auch hier auf die konkrete Schutzbedürftigkeit des Verletzten an. Hier so einfach eine kostenfreie Ausweitung auf alle Erwachsenen und eine Änderung des Vergütungssystems zu fordern, geht gar nicht. Das Ganze ist ein Thema für sich, kompliziert. Und dann müsste das im Antrag, was man konkret will, auch ordentlich begründet werden. Die Bildungsstätte Schabernack, das hat die Ministerin doch überzeugend erklärt, hat ausreichend Mittel, jedenfalls soll ausreichend Mittel erhalten, und wenn das nicht der Fall sein sollte, müsste man das bei den Haushaltsberatungen erörtern.

Wieso die Landesregierung zusammen mit den Landkreisen und kreisfreien Städten eine Empfehlung für die Personalbemessung der Jugendämter erarbeiten soll, dass da noch was Besseres rauskommt, erschließt sich dem Antrag ebenfalls nicht.

Fazit: Da hat DIE LINKE ein Sammelsurium von Forderungen zusammengeschrieben, die nicht wehtun, die sicherlich gut gemeint sind, die aber real, außer dem Anschein von Aktionismus, nichts bringen. Eigentlich müsste man den Antrag ablehnen. Da uns das dem Antrag zugrundeliegende Anliegen aber sehr wichtig ist, werden wir uns der Stimme enthalten. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Peters.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion teilt selbstverständlich die Intention dieses Antrages der Linksfraktion, und wir wissen, dass Maßnahmen im Bereich des Kinderschutzes stets überprüft und natürlich auch weiterentwickelt werden müssen. Das ist eine fortwährende Aufgabe, glaube ich, nahezu aller gesellschaftlichen Akteure. Doch, glaube ich, was weniger bringt, ist, hier in regelmäßigen Abständen fast identische Anträge in den Landtag einzubringen. Das ist, glaube ich, der falsche Ansatz, und damit verkennt man auch die Maßnahmen auf Bundes- und vor allem auch auf Landesebene. Und das hat die Ministerin hier auch schon ausgeführt, was da tatsächlich alles passiert.

Was mich tatsächlich ein bisschen enttäuscht, auch in Ihrer Antragsformulierung, aber auch bei Ihnen, Herr Förster, ist, dass Sie auf die Initiative des Landes Mecklenburg-Vorpommern im Bundesrat, hier für eine Strafverschärfung einzustehen, hier als, ich sage mal, eher sinnlose Maßnahme postulieren.

(Horst Förster, AfD: Das habe ich nicht gesagt!)

Das halte ich auch nicht nur unter der juristischen Formulierung, dass wir endlich dazu kommen, sexuellen Missbrauch an Kindern nicht nur als Vergehen einzustufen, sondern als Verbrechen, als eine ganz, ganz wichtige Botschaft, denn es ist ein abscheuliches Verbrechen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Martina Tegtmeier, SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich aber an dieser Stelle auch auf einige Maßnahmen eingehen, die auch schon von der Ministerin angedeutet wurden. Mit dem Landesprogramm Kinderschutz wurde im Jahr 2016 aus unserer Wahrnehmung eine wichtige Grundlage gelegt, indem erstmals ressortübergreifend eine Bestandsanalyse durchgeführt wird und Handlungsziele ganz klar auch aufgezeigt werden. Dabei ist auch deutlich gemacht worden, dass das Programm keinen Abschluss darstellt, sondern vielmehr fortlaufend überprüft und auch weiterentwickelt werden muss. Dieser Maßgabe ist die Landesregierung nachgekommen, indem im vergangenen Jahr eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet wurde.

Und, Frau Kollegin Bernhardt, wie die Ministerin auch schon gesagt hat, der Bericht liegt mittlerweile vor, er ist dem Sozialausschuss zugeleitet worden, also ist Ihre Forderung, dass der Landtag hier noch nicht informiert wurde darüber, nicht zutreffend.

Meine Damen und Herren der Linksfraktion, da Sie erneut die Fortschreibung des Landesprogrammes Kinderschutz fordern, wundere ich mich doch ein wenig über die von Ihnen gesetzte Frist bis zum Ende des Jahres, denn, wenn wir uns ehrlich machen, glaube ich nicht, dass wir in vier Monaten hier diesen Prozess abgearbeitet wissen. Und wenn wir genauso ehrlich bleiben, muss man auch bezweifeln, dass bis dahin neue Erkenntnisse vorliegen. Ich wäre dafür, dass wir zunächst einmal diesen Bericht im Sozialausschuss uns in Ruhe anschauen und uns das genau überlegen, und dann können wir sozusagen auch gern über eine Fortschreibung weiterdiskutieren.

Zum Kinderbeauftragten ist auch schon viel gesagt worden. Auch ich glaube nicht, dass der Kinderbeauftragte effektiv irgendetwas bringt, wahrscheinlich nur Kosten verursacht. Wir haben einen Bürgerbeauftragten, und ich glaube, wenn Sie sich mit den Berichten des Bürgerbeauftragten beschäftigen, werden Sie sehen, dass er auch für die Belange von Kindern einsteht. Wir sollten hier einfach den Bürgerbeauftragten in seiner Arbeit bestärken.

Hinsichtlich Ihrer Forderung, den Bereich „Frühe Hilfen“ und insbesondere das Programm Familienhebammen zu sichern, ist darauf hinzuweisen, dass in der Koalitionsvereinbarung hier ein ganz klares Bekenntnis abgegeben wurde. Das Programm ist ja mit 500.000 Euro auch im Haushalt entsprechend verankert. Weiterhin – und das darf auch nicht vergessen werden – stellen der Bund und die Kommunen auch weitere Fördermittel in diesem Bereich durchaus zur Verfügung. In diesem Zusammenhang wurde zudem ein „Landeskonzept Frühe Hilfen Mecklenburg-Vorpommern 2019 - 2021“ entwickelt, in dem der Istzustand und Entwicklungsziele dargestellt wurden.

Auch zu der psychosozialen Prozessbegleitung haben Sie einiges gesagt, ein zweifelsohne wichtiges Hilfsangebot, welches Opfern und ihren Angehörigen in besonders schweren Fällen Unterstützung bietet. Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass vonseiten der Justizministerin nicht nur eine Evaluierung des Programms in Auftrag gegeben wurde, sondern vielmehr auch eine Initiative für

die Justizministerkonferenz angekündigt ist. Im Hinblick auf das Vergütungssystem ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die entsprechenden Regelungen bundesgesetzlich festgelegt sind. Insofern können durch das Land aus meiner Sicht hier keine Anpassungen des Vergütungssystems vorgenommen werden.

Meine Damen und Herren, Sie merken also, das Land hat im Hinblick auf die Forderungen des Antrages bereits Maßnahmen im Bereich des Kinderschutzes ergriffen. Es gibt die Kinderschutz-App, es gibt die Kinderschutzhotline. Und auch zu Ihrer Forderung, die Bildungsstätte Schabernack sozusagen finanziell besser auszugestalten, ist festzuhalten, dass wir im Jahr 2019 zusätzlich 100.000 Euro zur Verfügung gestellt haben, über eine halbe Million aktuell sind es in Gänze. Und im Sozialfonds, auch darauf ist die Ministerin eingegangen, wurden bereits weitere Mittel bereitgestellt.

Trotz aller Bemühungen und ergriffenen Maßnahmen kann der Schutz und die Sicherheit von Kindern leider nicht immer gewährleistet werden. Das führen uns die aktuellen, schon beschriebenen Fälle immer wieder vor Augen. Deshalb gilt es, mit aller Entschlossenheit und verfügbaren Mitteln die Maßnahmen im Kinderschutz stetig weiterzuentwickeln. Jedoch halten wir – ich hatte es eingangs bereits erwähnt – die im Antrag der Linksfraktion formulierten Ansätze für nicht zielführend. Auf die Gründe dafür bin ich bereits eingegangen. Und deshalb werden wir den Antrag auch ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Herr Abgeordneter, zu Ihrem Redebeitrag wurde mir der Antrag auf Kurzintervention signalisiert seitens der Fraktion der AfD.

Bitte schön, Herr Förster!

Frau Landtagspräsidentin!

Herr Peters, Sie haben mich leider etwas herausgefordert, als Sie erwähnten, dass ich so etwas zurückhaltend die Strafverschärfung kritisiert habe. Ich will nicht in die Versuchung kommen oder in den Verdacht kommen, Pädophilie zu bagatellisieren, aber das ist wirklich eine populistische Angelegenheit, die wir da erfahren.

Ich will Ihnen mal ein Beispiel erzählen. Der sexuelle Missbrauch fängt viel früher an, als Sie denken. Praktischer Fall: Ein pädophiler älterer Herr nähert sich oft Kindern, manchmal gibt er nur ein Bonbon, und dann küsst er ein Mädchen auf den Mund, mehr nicht, ohne Gewalt und ohne alles. Der Tatbestand ist erfüllt. Der Pädophile im Schwimmbad legt seine Hand auf den Oberschenkel eines Mädchens. Er war pädophil und er kennt das auch nicht. Das ist anders, als ob das einer aus der Familie tut. Der Tatbestand ist erfüllt.

Und da stelle ich Ihnen die Frage, ob es wirklich richtig ist, aus diesen leichten Fällen, die bisher als Vergehen behandelt wurden, aus diesen, ja, ich sage, populistischen Erwägungen einen Verbrechenstatbestand zu machen, zugleich aber den minderschweren Fall zu erhalten, weil natürlich in der Praxis jeder weiß, dass man den nicht unbedingt jetzt ein Jahr oder mehr hinter Gitter stecken muss. Das ist im Grunde ein systematischer Fehler. Ich habe es extra nicht vertieft. Aber wenn Sie

mich näher befassen, es ist in der Tat im Augenblick auch in der politischen Landschaft populistisch aufgebläht. Es ist im Grunde falsch, alles zum Verbrechenstatbestand zu machen und dann zugleich, weil es nicht anders geht, den minderschweren Fall zu erhalten, um dann diese – in Anführung – Bagatellfälle noch angemessen zu bestrafen. Das wollte ich nur klarstellen.

Herr Peters, möchten Sie antworten?

Sehr gerne.

Bitte schön!

Ja, vielen Dank auch für die Beispiele, die mich aber durchaus auch dazu veranlassen, Ihnen zu sagen, wehret den Anfängen.

(Rainer Albrecht, SPD: Genau.)

Und wenn damit sozusagen auch durch Ihre Beispiele sichergestellt ist, dass hier sozusagen ein Straftatbestand als Verbrechen kategorisiert wird, dann bin ich sehr damit einverstanden und sage Ihnen ganz klar, dann ist es eine richtige Maßnahme. Vor allem habe ich aber – da haben Sie mich wahrscheinlich falsch verstanden – gesagt, dass das Ganze auch natürlich ein politisches Signal ist. Ich glaube, es dient natürlich schon ein wenig der Abschreckung. Und ich glaube, es soll natürlich auch die Gesellschaft ein Stück weit wachrütteln. Und ich sage, allein die Formulierungen, die juristischen Formulierungen, von einem Vergehen zu grundsätzlich einem Verbrechen zu kommen, ist an sich schon ein guter Ansatz. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Julitz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Leider gibt es immer wieder traurige Anlässe bundesweit und eben auch in unserem Bundesland, die uns mahnen, Bemühungen im Kinderschutz stetig zu verbessern und eben nicht nachlässig zu werden. Wie meine Vorrednerinnen und Vorredner auch festgestellt haben, geht Kinderschutz uns alle an und muss gesamtgesellschaftlich betrachtet werden. Daher ist die Einsetzung einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe bestehend aus fünf Ministerien ein wichtiger und eben auch richtiger Schritt, den die Landesregierung im Frühjahr gegangen ist, um unser aller Ziel, Kinder sicher und gesund aufwachsen zu sehen, zu erreichen.

Der Bericht ist dem Sozialausschuss gestern zugegangen, direkt nachdem dieser diese Woche dem Kabinett vorgestellt wurde. Mit diesem sollten die Fraktionen sich nun beschäftigen und eben diesen auch auswerten. Das wird etwas Zeit beanspruchen. Mir sind in einer ersten Sichtung Dinge aufgefallen, die uns im Kinderschutz aber eben schon lange und immer wieder beschäftigen. Es ist unglaublich wichtig, dass sich die unterschiedlichen Akteure in diesem Bereich kennen und eben nicht nur kennen, sondern voneinander wissen und sich akzeptieren,

denn die Akzeptanz untereinander kann dadurch gesteigert werden. Zum anderen ist es vor allem viel schwieriger, dass jemand dann durchs Raster fällt, wenn die Akteure sich kennen und untereinander austauschen.

Und dabei darf der Datenschutz bei aller Wichtigkeit den verschiedenen Akteuren nicht im Weg stehen. Als Vorsitzende eines regionalen Netzwerkes Kinderschutz und Frühe Hilfen begegnet mir nämlich immer wieder die Unsicherheit im Bereich Datenschutz unter den Netzwerkakteuren.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, richtig.)

Gerade bei dem Versuch, aus alten Fällen, aber auch aus aktuellen Beispielen zu lernen, stellt sich da der Datenschutz immer wieder als Herausforderung dar. Und da müssen wir deutlich besser werden und klarer formulieren, denn, ich gebe der Ministerin recht, aus alten Fällen, anonymisiert selbstverständlich, lässt sich konstruktiv arbeiten und lernen.

Und noch etwas ist immer wieder Diskussionsthema im Netzwerk, und auch die Ministerin hat es erwähnt: Kinderschutz braucht starke und anerkannte Jugendämter. Sie müssen als Partner, als Hilfsangebot gesehen werden und nicht als der Bösewicht im Amt. Auch da haben wir noch eine wichtige Aufgabe vor uns, an der wir allerdings auch alle mitarbeiten müssen.

Im Übrigen, anders als meine Vorredner, habe ich persönlich – sage ich gleich, persönlich – mit dem Kinderbeauftragten oder der Ombudsstelle durchaus Sympathien. Das habe ich auch in einer vorherigen Rede schon mal gesagt. Der Kollege Peters ist darauf eingegangen und hat den Bürgerbeauftragten erwähnt. Den habe ich auch als Beispiel genannt und habe auch gesagt, ich glaube, dass der die Aufgaben durchaus erfüllen kann. Ich glaube aber, der Unterschied ist der Zugang dazu. Und Kinder brauchen einen anderen Zugang noch mal. Deswegen, finde ich, kann man darüber noch mal reden, ob man da vielleicht mal prüfen kann, wie man vielleicht den Zugang einfach dann anders machen kann.