Und die Mehrkosten, die jetzt auftreten, die wollen Sie an die Kommunen weitergeben, sollen die Kommunen vom Land erstattet bekommen. Dann müssen die Kommunen quasi die Mehrkosten, die sich aus Ihrem Gesetz ergeben, errechnen und die dann an die Landesregierung weiterreichen, sodass die die erstattet. Ich weiß gar nicht, wie das praktisch funktionieren soll.
Die eigentliche Intention Ihres Antrages, armutssichere Renten, ist ja in Ordnung, aber warum ist das denn so? Das Rentenniveau wird seit den Rentenreformen von der rot-grünen Bundesregierung Schröder/Fischer drastisch abgesenkt. Es sinkt immer weiter, und wenn das so weitergeht, dann werden Sie Ihren Mindestlohn, den vergabespezifischen Mindestlohn permanent weiter erhöhen müssen, solange das so weitergeht, und da sehen wir keine Lösung drin und deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.
Sehr geehrter Herr Kollege Foerster, ich will mal so anfangen, Ihre Frage war, glaube ich, ob man 13 Euro EUrechtskonform in ein Vergabegesetz reinschreiben kann. Ich gehe mal davon aus, wenn man 10,07 Euro oder 9,54 Euro oder 12,30 Euro reinschreiben kann, dann hätte man auch 13 Euro reinschreiben können.
Das wird wohl kein Problem sein. Ob man es will – und so habe ich auch den Minister verstanden –, das ist dann allerdings eine andere Frage, ist eine politische Entscheidung.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist ja nicht der erste Antrag, der von Ihnen vorgelegt wird, und, das wissen Sie ja auch, ich selber bin mit dem Thema auch schon seit 2002 beschäftigt. Da gibt es ja durchaus eine große Anzahl von Schnittmengen zwischen Ihrer Fraktion und meiner Fraktion. Aber ich sage es an dieser Stelle auch ganz deutlich: Inzwischen sind wir als SPD-Fraktion aus meiner Sicht einen Schritt weiter. Ich will es mal ganz deutlich machen. Es ist ja auch das, worauf Sie abgestellt haben, nämlich die öffentliche, na ja, öffentliche Diskussion will ich jetzt nicht sagen, aber das, was wir nach unserer Fraktionsklausur mitgeteilt haben und wo unser Koalitionspartner darauf reagiert hat, wir wollen als SPD-Fraktion inzwischen einen anderen Weg gehen. Wir wollen nicht mehr hier permanent über Mindestentlohnung diskutieren, sondern wir wollen den Weg gehen, der aus meiner Sicht und aus Sicht meiner Fraktion eigentlich nicht nur der richtige ist, sondern auch der zukunftsfähige ist, und ich glaube sogar, dass ich Sie auf meiner Seite habe. Wir wollen einen Weg gehen, der tatsächlich echte Tarifbindung bei der öffentlichen Auftragsvergabe erreicht.
Und, Herr Kollege Foerster, ich will das mal an einem Beispiel deutlich machen. Sie haben jetzt hier einen Mindestlohn von 13 Euro. Jetzt sage ich explizit nicht, dass das eine gegriffene Zahl ist, weil Sie haben ja auch begründet mit den 12,63 Euro, man hätte auch 12,64 Euro nehmen können, aber das ist der nächste aufgerundete Betrag. Das ist überhaupt nicht die Frage. Aber ich will es mal an einem Beispiel, an einem konkreten Beispiel machen hier bei uns im Land aus dem Bereich Elektrohandwerk. Das ist ja ein Bereich, wo öffentliche Auftragsvergabe relativ häufig dann auch stattfindet. Und im Elektrohandwerk sind Sie, je nachdem, welche Qualifikation Sie haben, wie lange Sie schon in dem Unternehmen beschäftigt sind, immer unter der Voraussetzung, dass dieses Unternehmen tarifgebunden ist, bewegen Sie sich mit einem Tarifgehalt irgendwo zwischen 15 Euro und 17 Euro. Da haben Sie schon die erste Aussage, Sie haben die Situation, dass Tariflohn tatsächlich höher ist als Mindestlohn, und wenn wir Tarifbindung in diesem Land stärken wollen – und ich glaube, das ist nicht die Frage, auch nicht mit unserem Koalitionspartner, auch nicht mit Ihnen –, dann muss es am Ende des Tages darum gehen, dass wir mehr Unternehmen in diesem Land haben, die Tariflohn zahlen. Und ich sage auch ganz deutlich an dieser Stelle, wir müssen mehr Unternehmen haben, die sich dann in einem Arbeitgeberverband engagieren,
und wir müssen auch übrigens mehr Menschen in diesem Land haben, die sich in einer Gewerkschaft organisieren,
Ich weiß, dass wir uns da einig sind. Ich versuche, auch nur mal deutlich zu machen, warum wir inzwischen auf dem Weg gegangen sind, einen anderen Weg zu wählen, als den Sie jetzt hier noch vorschlagen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn ich das jetzt also sehe, dass wir mehr Tarifbindung in diesem Land erzielen wollen, wenn wir Tariflohn eigentlich als den Maßstab der Dinge betrachten wollen, den wir hier erreichen wollen, und das wollen ja übrigens auch die Arbeitgeberverbände, weil ein Arbeitgeberverband schließt nur deswegen einen Tarifvertrag, weil er das für seine Branche für angemessen hält, wenn wir also Tariflöhne stärken wollen, dann ist ein klassischer Mindestlohn aus Sicht meiner Fraktion inzwischen ein nicht ausreichender Weg, sondern dann müssen wir einen weiteren Schritt gehen und müssen sagen, wir wollen tatsächlich dann, wenn öffentliche Aufträge erteilt werden, dass Tariflöhne zugrunde gelegt werden. Die Tariflöhne, die in der Branche des konkreten Auftragsgegenstandes gezahlt werden, bleiben am Beispiel Elektrohandwerk dann die Tariflöhne aus dem Bereich Elektrohandwerk.
Sehr geehrter Herr Kollege Foerster, da kommen wir dann auch zum zweiten Punkt, wo Ihre Überlegungen nicht zu Ende gedacht sind, und ich meine das jetzt nicht unfreundlich, weil Sie haben zu Recht gesagt, mit in diesem Fall einem höheren Mindestlohn, dem von 13 Euro in Ihrem konkreten Antrag oder in Ihrem Gesetzentwurf, würden wir tariflohnzahlende Unternehmen schützen. An dem konkreten Beispiel, das ich Ihnen eben gegeben habe, wird es ja deutlich, dass wir das gerade nicht tun.
Und deswegen, sehr geehrter Herr Kollege Foerster, stehen wir auf dem Standpunkt, dass wir tariflohnzahlende Unternehmen nur dann in der Sache schützen, wenn wir zu den Unternehmen, die in Konkurrenz zu dem konkreten Auftrag stehen, sagen, du musst auch das zahlen an Lohn, was das tarifgebundene Unternehmen zahlt. Das bedeutet übrigens nicht, um auch mal gleich mit diesem Ammenmärchen aufzuräumen, dass wir jemanden in einen Koalitionsvertrag bringen wollen. Dadurch wird die Koalitionsfreiheit in keiner Weise beeinträchtigt, weil er wird nicht im Arbeitgeberverband Mitglied, er wird nicht in einer Gewerkschaft Mitglied, der betreffende Arbeitnehmer, sondern nur für den Zeitraum dieses konkreten öffentlichen Auftrags wird der entsprechende Tariflohn dann verbindlich vorgegeben.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Fraktion hat das lange umgetrieben, hat das sehr, sehr lange umgetrieben. Wir haben die Diskussion schon mal, ich kann mich daran erinnern, ich glaube so um 2010 hier in diesem Landtag geführt, als in Niedersachsen ein erstes Gesetz, ein konkretes Gesetz zur Tariftreuebindung gemacht worden ist, und auch damals hat es Überlegungen gegeben, ob man das hier in Mecklenburg
Vorpommern auch machen kann. Das ist am Ende des Tages gescheitert. Ich bin schon so lange dabei, ich kann mich daran erinnern, Harry wird sich vielleicht auch noch daran erinnern, das ist daran gescheitert, weil, bevor wir überhaupt in die Diskussion eintreten konnten, es damals diese ominöse Rueffert-Entscheidung durch den Europäischen Gerichtshof gegeben hat, und der hat gesagt, das ist europarechtlich unzulässig.
Und da, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sind wir heute in einer anderen Situation, und das ist auch der Punkt, weswegen man sagen muss, man muss dann auch mal neu denken. Angestoßen von einem Gutachten, das, wenn ich das richtig im Kopf habe, das Wirtschaftsministerium des Saarlandes in Auftrag gegeben hat, Überlegungen, die es auch in Berlin inzwischen schon gegeben hat, hat sich meine Fraktion deswegen dafür entschieden, zu Beginn dieses Jahres ein Gutachten in Auftrag zu geben, das sich genau mit dieser Frage beschäftigt: Ist es inzwischen europarechtlich vor dem Hintergrund der Entsenderichtlinie – das ist vielleicht jetzt etwas juristisch –, ist es vor dem Hintergrund der Entsenderichtlinie inzwischen möglich, tatsächlich eine echte Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen zu erzielen?
Und das Ergebnis dieses Gutachtens – und das ist ja dann auch der Grund gewesen, weswegen wir nach unserer Fraktionsklausur damit in die Öffentlichkeit gegangen sind – ist, dass das europarechtlich inzwischen möglich ist. Wir sind auch nicht die Ersten, die diesen Weg gehen wollen. Ich bedaure das. Ich würde das gern sehen, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern, so, wie wir das mit unserem Koalitionspartner übrigens auch gemacht haben – wir waren die Ersten, die tatsächlich einen Vergabemindestlohn an die Entwicklung von Tariflöhnen in Deutschland gekoppelt haben, auch das ist ein Novum gewesen –, ich hätte mich gefreut, wenn wir auch den Weg gegangen wären und gesagt hätten, wir machen auch diese Regelung als Erster.
Jetzt hat mich der Kollege Ritter eben, als ich da noch gesessen habe, schon darauf hingewiesen, ich sollte nichts zu Thüringen sagen, doch ich sage etwas zu Thüringen.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Nein, wir sind hier in M-V. Ich greife nur den Minister auf. – Heiterkeit bei Minister Harry Glawe)
Doch ich sage etwas zu Thüringen, weil ich bin ja auch nicht Wirtschaftsminister dieses Landes, ich darf das.
Das Land Thüringen hat eine entsprechende gesetzliche Regelung in seinem Vergabegesetz gemacht. Jetzt stehe ich persönlich auf dem Standpunkt, ich halte die Formulierungen, die dort gewählt sind, nicht für optimal. Das sage ich auch an dieser Stelle ganz ehrlich. Aber …
Das ist Ihre Meinung, Herr Professor Weber, da habe ich eine ganz andere Meinung, und offensichtlich stehen Sie da auch mehr oder weniger inzwischen alleine.
Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wer jetzt, völlig losgelöst von dem Wortlaut des Gesetzes in Thüringen, die Grundintention, dass man sich hinstellt und sagt, wir wollen durch öffentliche Aufträge oder wir wollen öffentliche Aufträge an Tarifentgelte binden, ist offensichtlich machbar. Und deswegen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, halte ich das, was Sie hier heute vorgestellt haben, im Grunde für einen Schritt, der in der Vergangenheit stehen geblieben ist,
weil, da freut sich der Kollege Renz vielleicht zu früh, weil wir eigentlich über das Ziel, das Sie hier formuliert haben, hinausgehen. Wir wollen weg von einem Einheitsbrei Mindestlohn, wir wollen zu Tariflohn.
Und jetzt komme ich zu dem Punkt, den Sie angesprochen haben: Natürlich ist uns auch bekannt, dass es Tarifentgelte gibt, die unter 13 Euro liegen. Aber, da bin ich auch ganz ehrlich, es muss in Deutschland – und da sehe ich in erster Linie den Bund in der Verantwortung –, es muss in Deutschland eine Regelung geben, in der klipp und klar sichergestellt wird, dass Menschen, die arbeiten, am Ende ihres Arbeitslebens von dem, was sie dann an Entgelt bekommen haben, nicht in Altersarmut fallen. Das ist die eine Frage.
Und die andere Frage, Herr Kollege Foerster, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die, und das ist eine Frage, die die Länder beantworten müssen, bei ihren öffentlichen Aufträgen: Können wir es uns wirklich leisten, dass wir in unserem Land auf der einen Seite Unternehmen haben, die nicht Tariflohn zahlen, und auf der anderen Seite Unternehmen haben, die tarifgebunden sind, und diese Unternehmen, die nicht oder Tariflohn zahlen, in einem Wettbewerb benachteiligen, indem wir das, was wir eigentlich wollen, nämlich Tarifentgelt, indem wir das nicht zu einem Kriterium machen, sondern denjenigen, die weniger zahlen und damit am Ende des Tages auch die öffentlichen Kassen belasten, diesen Unternehmen dann tatsächlich die Aufträge geben?
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bedauere es, ich bedauere es, dass wir mit unseren Gesprächen bei unserem Koalitionspartner gleich auf so viel, na ja, nicht Gegenliebe gestoßen sind, ich will es mal so formulieren.
Aber, Herr Kollege Ritter, ich kann mich an die Gespräche damals noch mit dem heutigen Wirtschaftsminister erinnern, als es damals um die Frage ging, machen wir 8,50 Euro Mindestlohn oder machen wir nicht. Das hat eine ganze Weile gedauert und am Ende des Tages haben wir uns auch zusammengefunden. Wir haben uns zusammengefunden, als es um die Frage ging, machen wir jetzt die Regelung mit der tariflichen Anpassung. Ich vertraue einfach darauf, dass wir die besseren Argumente haben,
dass wir am Ende des Diskussionsprozesses unseren Koalitionspartner vielleicht sogar noch in dieser Wahlperiode überzeugen.