Protocol of the Session on August 26, 2020

Vielen Dank, Frau Ministerin!

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Jens-Holger Schneider.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wertes Präsidium! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Wir beschäftigen uns heute mit dem Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bildungsfreistellungsgesetzes. Die berufliche Weiterbildung ist in unserer Zeit allein schon aufgrund des wissenschaftlichtechnischen Fortschritts von großer Bedeutung. Man denke nur an die Digitalisierung und alle damit verbundenen Herausforderungen. Es geht darum, im Beruf auf der Höhe der Zeit zu sein und flexibel den Wandlungen in der Arbeitswelt gerecht werden zu können. Insofern ist das Bildungsfreistellungsgesetz eine Errungenschaft im Interesse der Arbeitnehmer.

Da die hierfür vorhandenen Haushaltsmittel nicht vollumfänglich ausgeschöpft wurden, versucht der vorliegende Gesetzentwurf, Erleichterungen bei der Genehmigung von Weiterbildungsveranstaltungen sowie eine Flexibilisierung ihrer Inanspruchnahme einzuführen. Die hier vorgelegten konkreten Änderungen des Gesetzes zielen aber keineswegs auf Erleichterungen der beruflichen, sondern der politischen Weiterbildung sowie der Qualifizierung für das Ehrenamt. Das hat mit dem eigenen Arbeitsplatz kaum noch etwas zu tun und man fragt sich, warum Arbeitgeber ihre Angestellten zu betriebsfremden Dingen freistellen sollen.

Während die beruflichen Weiterbildungsveranstaltungen weiterhin mindestens drei Tage à acht Unterrichtsstunden umfassen müssen, wird dies bei den politischen und Ehrenamtsqualifizierungen auf zwei Tage gekürzt. Offenbar haben viele dieser Veranstaltungen nicht genügend Substanz zu bieten, um drei Tage füllen zu können. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird dies mit den Worten zugegeben, dass, ich zitiere, „auch insbesondere die kleineren Einrichtungen der politischen... Weiterbildung vermehrt Angebote in dem Bereich machen“, Zitatende. Der Wirtschaft bringen die politischen Veranstaltungen herzlich wenig.

Aber auch unter dem Deckmantel des lobenswerten Ehrenamtes verstecken sich zahlreiche politisch einseitige Projekte. In Neustrelitz wurde kürzlich die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt angesiedelt, die von der Bundesregierung ins Leben gerufen wurde. Auf deren Homepage erfährt man dann auch, was zum bürgerschaftlichen Engagement gehört, so zum Beispiel das Bundesprogramm „Demokratie leben!“, das sich, ich

zitiere, „für Demokratie und gegen Menschenfeindlichkeit“ einsetzt und, ich zitiere, „Handlungskonzepte zur Förderung von Demokratie und Vielfalt“ entwickeln soll. Dies sind alles uns wohlvertraute Begriffe, die einseitig als Chiffren zum sogenannten Kampf gegen rechts eingesetzt werden, denn wenn Sie es ernst meinen würden, meine Damen und Herren, dann müssten Sie sich unter diesen Begrifflichkeiten mit all den Auswüchsen des politischen Islam und des Linksextremismus auseinandersetzen, und das tun Sie bekanntermaßen nicht.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Sitzen Sie in so einem Begleitausschuss drin oder nicht?)

Insofern wissen wir genau, wo die Reise hingehen soll.

Ein weiteres Bundesprogramm heißt „Zusammenarbeit durch Teilhabe“ und ist darauf ausgerichtet, besonders in ländlichen und strukturschwachen Gegenden sogenannte Demokratieberater auszubilden. Diese sollen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und antidemokratischen Vorgängen im Amateursport, bei den freiwilligen Feuerwehren und anderen Bereichen des Ehrenamtes entgegenwirken, und dies alles unter der Überschrift „Förderung von Engagement und Ehrenamt“. Sie sehen, wie politisch einseitig selbst in den Bereich des Ehrenamtes hineingewirkt werden soll.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Da der vorliegende Gesetzentwurf also in erster Linie die einseitige politische Weiterbildung, aber nicht die berufliche stärken will, lehnen wir ihn selbstverständlich ab.

Weiterhin wenden wir uns gegen die hier vorgenommene Einführung gendergerechter Sprache. Dies geschieht in der absurden Weise, dass sogar juristische Personen gegendert werden. Aus dem „Arbeitgeber“ oder „Dienstherren“ wird die „Beschäftigungsstelle“. Dabei werden die eindeutigen Begriffe „Arbeitgeber“ und „Dienstherr“ durch den nicht eindeutigen Begriff „Beschäftigungsstelle“ ersetzt und im Gesetz wird dazu dann noch extra erklärt, dass mit der „Beschäftigungsstelle“ „Arbeitgeber“ und „Dienstherr“ gemeint sind.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Warum lässt man diese Worte aber nicht einfach gleich stehen? „Beschäftigungsstelle“ kann sich nämlich sonst auch einfach auf den Teil einer Dienststelle beziehen, in dem ein Arbeitnehmer eingesetzt ist.

Alles in allem ist dieser Gesetzentwurf überflüssig. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Reinhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Entwurf zur Änderung des Bildungsfreistellungsgesetzes setzen wir die Koalitionsvereinbarung für die

Legislaturperiode in einem weiteren Punkt um, und das aus guten Gründen. Wir wissen nicht erst seit dem Corona-Lockdown, wie wichtig Weiterbildung und Zusatzqualifizierung am Arbeitsplatz und darüber hinaus sind. Deshalb haben wir bereits 2016 im Koalitionsvertrag die Zielstellung aufgenommen, das Bildungsfreistellungsgesetz dahin gehend zu ändern, dass auch die zur Verfügung stehenden Mittel vollständig in Anspruch genommen werden können.

Insbesondere, weil es ja viele schon gesagt haben, will ich noch mal auf die wesentlichen Änderungen eingehen, also einmal die völlige Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Mittel, flexiblere und überjährige Regelung der Freistellungsansprüche ist ein Bestandteil, weiterhin die gesetzliche Grundlage für eine zukünftige digitale Antragstellung bei der Anerkennung von Weiterbildungsveranstaltungen – also auch im Antragsverfahren nähern wir uns der Digitalisierung an –, dann ein vereinfachtes Anerkennungsverfahren für Mehrfachveranstaltungen mit gleichem Inhalt.

Weiterhin, um tatsächlich zu einem vollständigen Mittelabfluss zu gelangen, sieht der Gesetzentwurf primär zwei weitere Maßnahmen vor. Bei Weiterbildungsveranstaltungen im politischen und ehrenamtlichen Bereich wird die Mindestdauer von drei auf zwei Tage reduziert. Dadurch wird erwartet, dass sich die Anzahl der Veranstaltungsangebote erhöht und in der Folge auch mehr Erstattungsanträge gestellt werden. Weiterhin soll der Anteil für den Bereich der beruflichen Weiterbildung an den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln von einem Drittel auf die Hälfte erhöht werden, damit es gewährleistet wird, dass die Mittel vollständig ausgegeben werden. Dafür werden wir das LAGuS – oder ist es ja auch schon – verantwortlich machen.

Und dann ist es in der Tat so, gerade bei der politischen und ehrenamtsbezogenen Weiterbildung wurden von den bis zu 125.000 Euro in den letzten Jahren lediglich bis zu 35.000 Euro ausgegeben. Das zeigt, dass diese Änderung notwendig ist. Wir haben uns das in der Koalition auf die Fahne geschrieben, setzen das mit diesem Gesetzentwurf um, und ich bitte deshalb um Ihre Zustimmung für die Überweisung. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Philipp da Cunha, SPD)

Vielen Dank, Herr Reinhardt!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Foerster.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir hier im Landtag über die Novellierung des Bildungsfreistellungsgesetzes sprechen, dann ist das heutzutage ein ganz normaler Vorgang und kaum jemand erinnert sich noch daran, dass auch dieses Recht mal hart erkämpft werden musste, sage ich insbesondere in Richtung von Herrn Schneider. Zwar hat sich die Bundesrepublik Deutschland im Übereinkommen Nummer 140 der Internationalen Arbeitsorganisation, kurz ILO, über den bezahlten Bildungsurlaub zum Zwecke der Berufsbildung, der allgemeinen, politischen sowie der gewerkschaftlichen Bildung verpflichtet, bis zum heutigen Tag hat der Bund allerdings keine Initiative zur Umsetzung dieser Verpflich

tung ergriffen. Und diese Untätigkeit ist ursächlich dafür, dass inzwischen 14 Bundesländer von ihrer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht und Landesgesetze zum Thema Bildungsurlaub erlassen haben. Berlin, Hamburg und Bremen waren noch 1974 die Ersten, Niedersachsen folgte 1975, Hessen und Nordrhein-Westfalen dann 1984.

Und ich möchte auch aufgrund des Vortrags von Herrn Schneider daran erinnern, dass, nachdem die Gesetze in Hessen und NRW verabschiedet wurden, es zu erbitterten Auseinandersetzungen zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden kam. Beide Lager mobilisierten damals ihre Autoren und verteilten Gutachteraufträge, und zwei Arbeitgebervereinigungen und fünf Unternehmer aus NRW haben sogar Verfassungsbeschwerde erhoben. Ihr Ziel war nämlich genau, dass die Feststellung getroffen wird, dass die Vorschriften über Ansprüche auf Freistellung von der Arbeit und auf Fortzahlung des Lohnes nichtig seien.

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

Und das Bundesverfassungsgericht hat jedoch die formelle und materielle Vereinbarkeit des Gesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt. Somit sind die den Arbeitgebern auferlegten Freistellungs- und Fortzahlungspflichten durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt, und das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben, sehr geehrter Herr Schneider!

Unser Bundesland hat erstmals unter der rot-roten Regierung im Jahr 2001 ein Bildungsfreistellungsgesetz erlassen und später fortgeschrieben, und die letzte Änderung trat zum 1. Januar 2014 in Kraft. Alle Beschäftigten, deren Arbeits- und Dienstverhältnisse ihren Schwerpunkt in Mecklenburg-Vorpommern haben, können einen Anspruch auf Freistellung zum Zwecke der Weiterbildung für fünf Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres geltend machen. Der Anspruch entsteht, sofern das Beschäftigungsverhältnis sechs Monate besteht, und die Teilnahmeabsicht ist beim Arbeitgeber in der Regel acht Wochen vor dem Termin der Weiterbildungsmaßnahme anzuzeigen.

In den zurückliegenden Jahren gab es übrigens immer wieder Probleme bei der bedarfsgerechten Umsetzung und Zielerreichung des Gesetzes. Meine beiden Kleinen Anfragen aus dem Jahr 2019 auf Drucksache 7/3366 vom 16. April sowie auf Drucksache 7/3553 vom 12. Juni und die Antworten der Landesregierung auf diese haben einige dieser Probleme auch aufgezeigt. Es klang bereits an, die bereitgestellten Mittel wurden nur einmal, nämlich im Jahr 2013, ausgeschöpft. Seit dem Jahr 2015 liegt die Quote konstant unter 50 Prozent, 2017 lag sie sogar nur bei 42 Prozent.

Das gilt nicht für alle drei Zielrichtungen des Gesetzes gleichermaßen. Mit der letzten Novelle wurde nämlich das Budget für Mittel der beruflichen Qualifizierung limitiert, sodass für diesen Bereich immer spätestens am 16. Mai des jeweiligen Jahres Schluss mit den entsprechenden Bewilligungen war. Und das passt nun nicht zu den einleitenden inhaltlich völlig richtigen Worten der Ministerin über die Notwendigkeit lebenslangen Lernens und sich stetig verändernder Berufe. Und deshalb wird es auch höchste Zeit, dass sich hier endlich etwas ändert. Ich darf noch erwähnen, dass wir das damals kommen

sehen haben. Wir haben das auch im Landtag thematisiert. Hören wollte es seinerzeit keiner.

Und es gibt weitere Dinge, auf die ich schon heute bei der Einbringung des Gesetzes hinweisen möchte. So sind die Ausgaben, also die Erstattung von Lohnkosten für das Thema Bildungsfreistellung, von 187.600 Euro im Jahr 2010 auf zuletzt nur noch 79.410 Euro im Jahr 2019 gesunken.

Nachvollziehen können wir die geplante Gesetzesänderung, wonach künftig das überjährige Ansparen von Freistellungsansprüchen aufgrund der guten Erfahrungen in zwölf anderen Bundesländern auch hierzulande ermöglicht werden soll. Und ebenso folgerichtig ist es in Zeiten, wo jenseits von Corona fraktionsübergreifend über das Thema Fachkräftesicherung als die zentrale Herausforderung geredet wird, die Mittel für die berufliche Weiterbildung innerhalb des Gesamtbudgets für die Bildungsfreistellung wieder aufzustocken. In dem gleichen Atemzug sollte jedoch auch hinterfragt werden, warum die Anzahl der bewilligten Anträge auf Erstattung bei den Maßnahmen für politische Bildung und ehrenamtliche Qualifikation so stark zurückgegangen sind. Diese beiden Felder zu stärken, war ja eigentlich das Ziel der letzten Novelle.

Und schließlich erwarten wir von der Landesregierung eine Erklärung dafür, warum dieses doch relativ übersichtliche Gesetz noch mit einer zusätzlichen Verordnungsermächtigung belegt werden muss, denn die Landesregierung höchstselbst bezeichnete in der Drucksache 7/3366 die damalige Zusammenführung von Gesetz und Verordnung im Jahr 2013 als positiv und in der Praxis bewährt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gute Bildung und lebenslanges Lernen sind für ein Industrieland ohne große Rohstoffe essenziell, eigentlich eine Binsenweisheit. Leider hat Mecklenburg-Vorpommern in den letzten 14 Jahren diesbezüglich Entwicklungen verschlafen, Potenzial brachliegen lassen und offensichtliche Probleme nur unzureichend oder auch gar nicht behoben. An den Schulen im Land hat sich die Situation nicht verbessert, sondern eher verschlechtert, wie uns die Corona-Pandemie noch mal aufgezeigt hat. Und auch für die Bildungsfreistellung scheint diese Einschätzung zuzutreffen. Wir müssen künftig stärker im Auge haben, wie sich Entwicklungen vollziehen, und auch schneller korrigierend eingreifen. Und deshalb wird meine Fraktion dem Landtag auch vorschlagen, eine Evaluierungsregelung in das Gesetz aufzunehmen, um die Wirkungen und die Wirksamkeit des Gesetzes künftig besser zu erkennen.

Ich freue mich auf den Erkenntnisgewinn durch die öffentliche Anhörung zum Gesetz und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich mache es wie meine Kollegin und kündige an, dass ich jetzt noch einen Redner auf der Liste habe. Wer also an der Abstimmung teilnehmen möchte und sich nicht im Saal befindet, der möchte sich dann doch bitte schnell hierherbegeben.

Aber jetzt rufe ich auf den letzten Redner auf meiner Liste. Das ist für die Fraktion der SPD der Kollege Brade.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Bildungsfreistellungsgesetzes setzen wir Punkt 257 des Koalitionsbeschlusses von SPD und CDU zur aktuellen Legislaturperiode um

(Beifall Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr gut!)

und nehmen weitere erforderliche Änderungen vor, damit das Gesetz auch den jetzigen Zeiten gerecht werden kann.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Ministerin Bettina Martin, der ich an dieser Stelle ausdrücklich