Protocol of the Session on June 12, 2020

(Nikolaus Kramer, AfD: Ja, ich warte. Ich hab ja Zeit.)

So sagten Sie beispielsweise gestern, Mensch, die Kitas sollten jetzt unverzüglich geöffnet werden. Das zeigt einmal mehr, Sie nehmen die Ängste auf, versuchen die widerzuspiegeln, auch hier im Landtag, mit ganz einfachen Worten. Der Antrag, die Überschrift klang ganz verständlich, ne?! Wenn man dann aber weiter hineingehört hat in die Debatte, da habe ich – Herr Förster hatte ja die Einbringung, auch Aussprache dazu –, habe ich gehört, die Eltern sind wichtig, die Kinder sind wichtig. Aber einen Punkt haben Sie in dieser Debatte völlig, völlig außer Acht gelassen, Herr Förster, und das waren die Erzieher. Ein Fünftel der Erzieher beispielsweise in den Kitas sind risikobehaftet – nach den Risikokriterien des Robert Koch-Instituts –, weil sie vorerkrankt sind, weil sie Über-60-Jährige sind.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ja, wenn Sie die schützen wollen, müssen Sie die Kindergärten dichtmachen. – Zuruf von Horst Förster, AfD)

Diese Risikogruppe haben Sie völlig rausgelassen. Das kam in Ihrer Argumentation gar nicht vor. Und da kann ich Ihnen nur zwei Dinge unterstellen, warum Sie das gemacht haben. Immerhin handelt es sich um 2.300 Erzieherinnen und Erzieher, von denen wir geredet haben. Und die Vermutung, die mir einfach so im Nachhinein noch mal, die sich da nahelegt, ist: Entweder haben Sie zu wenig Kenntnis von dem Thema, dass Sie einfach mal 2.300 Erzieherinnen und Erzieher und deren Risikogefährdung außer Betracht lassen, dann ist es einfach unredlich, hier hundertprozentige Öffnung der Kitas zu fordern bei hundertprozentiger Betreuung der Kinder, aber wenn nur 20 Prozent der Erzieherinnen und Erzieher hier nicht weiter tätig …

(Zuruf von Holger Arppe, fraktionslos)

Ich komme dazu.

(Holger Arppe, fraktionslos: Was hat das mit Ihrem Antrag zu tun?)

Doch, doch, das hat was damit zu tun, Herr Arppe!

(Zuruf von Holger Arppe, fraktionslos)

Hören Sie mal zu! Was Sie erzählt haben, hat nichts mit dem Antrag zu tun.

(Holger Arppe, fraktionslos: Ich hab doch Ihren Antrag hier vorliegen.)

Wie gesagt, da gab es zwei Vermutungen:

(Holger Arppe, fraktionslos: Ich hab doch aus dem Antrag zitiert.)

Entweder, Sie haben keine Ahnung, das glaube ich nicht, Herr Förster, ich schätze Sie als klug ein, oder der zweite Grund, Sie verkürzen die Debatte und lassen einen wichtigen Fakt in dieser ganzen Betrachtung, in der Abwägung völlig außer Betracht, weil Sie die Ängste der Leute aufnehmen wollen, die Sie so für wählbar halten. Und was ich dann daraus schlussfolgere, ist, nächstes Jahr stehen Bundes- und Landtagswahlen an. Wahlen, ich hör dir trapsen! Sie wollen Wählerpotenzial für sich gewinnen durch die Debatten, die wir hier führen. Und natürlich …

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Natürlich belege ich Ihnen auch diese Behauptung, dass es Ihnen eigentlich nur darum geht, mit Vorbereitung auf die nächsten Wahlen hier schon die Stimmungen aufzunehmen, mit ihnen Seite an Seite zu demonstrieren, um neue Wählerpotenziale für sich zu holen.

(Horst Förster, AfD: Sie müssen doch nicht von sich auf andere schließen!)

Ich belege Ihnen das aufgrund Ihrer Papiere. In Vorbereitung der Bundestagswahl 2017 gab es ein Strategiepapier der AfD unter dem schönen Titel –

(Zuruf von Holger Arppe, fraktionslos)

komme ich dazu, Herr Arppe, hören Sie doch mal zu! – „AfD – Manifest 2017“.

(Zurufe von Holger Arppe, fraktionslos, und Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Und ich gebe mal ein paar Zitate aus diesem Papier wieder. Da heißt es: „… für den Wahlerfolg der AfD (geht es) nicht darum, zu den zentralen Themen differenzierte Ausarbeitungen und technisch anspruchsvolle Lösungsmodelle vorzulegen …,“

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

„die nur Spezialisten aus der politischen Klasse interessieren, die Wähler aber überfordern.“ Zweitens: „Die AfD muss sich klar zu ihrer Rolle als die einzige echte Oppositionspartei … bekennen“

(Jens-Holger Schneider, AfD: Reden Sie zum Antrag bitte!)

„und Auffangbecken … gegen die Altparteien werden.“

(Zuruf von Jens Holger Schneider, AfD)

Drittens: „Wo … es möglich ist, … sollte die AfD mit eigenen Parolen Präsenz bei Demonstrationen, Unterschriftenaktionen und anderen Aktivitäten zeigen und so ihre Zielgruppen selbst ansprechen.“

(Zurufe von Jörg Kröger, AfD, und Dr. Ralph Weber, AfD)

Das letzte Zitat: „Landtagsfraktionen und ihre Vorstände sind gut beraten,“

(Holger Arppe, fraktionslos: Reden Sie doch mal zum Antrag!)

„sich auch bei der Arbeit in den Parlamenten an dem zu orientieren, was für AfD-Wähler wichtig ist, und nicht …, was im Landtag gefragt ist.“ Und genau diese Strategie, was hier beschrieben ist, schon in Ihrem Strategiepapier 2017, ist genau das,

(Horst Förster, AfD: Ich war nicht dabei, ich war nicht dabei.)

was ich von Ihnen in den letzten Wochen und Monaten hier nur erlebt habe.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Hier im Parlament habe ich Anträge erlebt, die schön klingen, wie gestern: „Kita-Lockerung unverzüglich wiederherstellen“.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Horst Förster, AfD – Glocke der Vizepräsidentin)

„Sofort die Kitas öffnen“ klingt toll für die Bürger draußen. Dass er fachlich eine Null war, das haben wir gestern …

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Horst Förster, AfD – Glocke der Vizepräsidentin)

Einen Moment, Frau Bernhardt! Einen Moment, Frau Bernhardt!

Ich hatte wirklich die Hoffnung, dass ich hier nicht noch mal unterbrechen muss, aber ich klingele hier ja recht verzweifelt, obwohl ich gesagt habe, wenn ich klingele,

dann sollte hier eigentlich Ruhe eintreten. Von daher musste ich jetzt unterbrechen, damit ich dann hier endlich die Ruhe eintreten lassen kann, die eigentlich diese Glocke herstellen sollte.

(Der Abgeordnete Nikolaus Kramer bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Und ich sehe eine Zwischenfrage von …

Nein, danke!

Nein, danke!

Bitte, dann hat sich das erledigt. Sie können fortfahren, Frau Bernhardt.

Wie gesagt, im Landtag erlebe ich das eine, also was völlig Ihrer Strategie entspricht, und auf der Straße wird diese Strategie weiter unterlegt.

Ein Beispiel, die Demonstrationen in Neubrandenburg am 23. Mai 2020. Es war ja geradezu aus Ihrer Sicht eine Starveranstaltung, die da angemeldet wurde, wer davon alles von der AfD angekündigt wurde: Herr Chrupalla, stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Bundestag, LeifErik Holm, stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Bundestag, Enrico Komning, Parlamentarischer Geschäftsführer im Bundestag, Herr Kramer, Fraktionsvorsitzender im Landtag. Und da sage ich nur, da bestätigt sich das wieder: Hallo, Wahlen im nächsten Jahr, ick hör dir trapsen!

Deshalb ist es einfach nur peinlich, was Sie hier machen. Und diese Demonstration stand – und das ist eigentlich so, was ich falsch finde –, stand unter diesem ganzen Titel „Freiheit statt Überwachung“. Sie vermitteln also mit der Überschrift, dass Sie die Freiheit der Bürger statt die Überwachung wollen.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)