Protocol of the Session on June 10, 2020

Vielen Dank, Herr Butzki!

Das Wort hat noch einmal für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Schneider.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wertes Präsidium! Meine Damen und Herren! Liebe Landsleute! Ich möchte dann gerne noch mal auf die Einwände gegen unseren Gesetzentwurf eingehen.

Da ist zunächst die UN-Behindertenrechtskonvention. Es wird immer wieder behauptet, diese Konvention verlange die Inklusion, sodass wir gar keine andere Wahl hätten, als sie umzusetzen. Gewiss hat die Bundesrepublik diese

Konvention unterzeichnet und mit Zustimmung aller Bundesländer ratifiziert. Am 26. März 2009 trat sie in Deutschland in Kraft und fordert die Teilhabe Behinderter in allen Lebensbereichen, so auch im Bereich der Bildung.

Doch was bedeutet das konkret? Die im heutigen Zeitgeist verwurzelte Ideologie der Gleichmacherei wusste sogleich eine Antwort. Schüler mit und ohne Behinderungen müssten gemeinsam unterrichtet werden. Es dürfe keine Ausgrenzung der Behinderten aus den regulären Schulen geben. Und dies ist auch jetzt die Grundlage des aktuellen Schulgesetzes, wenn auch mit Modifizierungen.

Und da konkretisiere ich das jetzt gerne noch mal für Sie, Frau Ministerin. Zu diesem Thema passt die Dokumentation „Das Märchen von der Inklusion“ aus dem öffentlichrechtlichen Rundfunk. Das kann ich jedem und jeder nur ans Herz legen, sich diese Dokumentation mal genau anzusehen und noch mal richtig zuzuhören. Da wird gesprochen, dass die Inklusion, wenn sie denn auch leidlich umgesetzt ist, in der Regel nach der Schule endet und dass diejenigen, die mit einer Behinderung sich herumplagen müssen und das auch im Wesentlichen ganz gut meistern können, dann von der Teilhabe am Arbeitsleben in der Regel ausgeschlossen sind. Sie finden in der Regel auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Beschäftigung, sondern nur mit einer speziellen Förderung, und sind dort sehr unterrepräsentiert, sehr bedauerlich für diese Menschen. Das ist ein Zustand, den man weiter in Angriff nehmen müsste. Die meisten der Schulabsolventen landen bei den Bildungswerken und leisten dort ihre Arbeit. Aber das ist eben nicht zu vergleichen

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

mit einem selbstständigen Leben auf dem ersten Arbeitsmarkt.

Und dann die Exkursion aus dieser sehr sehenswerten Dokumentation zurück zum eigentlichen Thema. Bereits der frühere Bildungsminister Mathias Brodkorb mahnte zur Vorsicht mit dem Satz: „Inklusion ist Kommunismus für die Schule.“ Und wohin all diese Experimente geführt haben, ist uns in der Weltgeschichte wirklich eindrucksvoll unter hohen, hohen Opfern für die Betroffenen vor Augen geführt worden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos)

Und da werde ich immer sehr hellhörig, wenn ich dann so was höre. Und wenn von Kommunismus die Rede ist, da gehen bei mir alle Alarmglocken an.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Er meinte, der Herr Brodkorb meinte damit die radikale Inklusion mit Abschaffung aller Förderschulen.

Sehen wir uns die UN-Behindertenrechtskonvention einmal genauer an

(Andreas Butzki, SPD: Ja, machen wir das!)

und suchen nach einer Stelle, ja, die das gemeinsame Lernen von behinderten und nicht behinderten Kindern verlangt, Herr Butzki. Eine solche Formulierung finden wir dort allerdings nicht.

(Andreas Butzki, SPD: Schaffen wir alle Förderschulen ab?)

Und dann eine Lernaufgabe,

(Andreas Butzki, SPD: Schaffen wir alle Förderschulen ab?)

eine Lern- und eine Fleißaufgabe für Sie, Herr Butzki:

(Andreas Butzki, SPD: Das ist doch Quatsch, was Sie da erzählen!)

Suchen Sie uns mal diese Formulierung! Machen Sie das mal! Machen Sie mal die Probe aufs Exempel! Viel Spaß beim Suchen!

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Am nächsten kommt dem noch Artikel 7 Absatz 1, der fordert, ich zitiere, „dass Kinder mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen Kindern alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen können.“ Zitatende.

(Beifall Dr. Gunter Jess, AfD)

„Gleichberechtigt mit anderen Kindern“ ist hier eine etwas missverständliche Übersetzung von dem Englischen „on an equal basis with other children“. Das sollte besser übersetzt werden: „auf einer gleichwertigen Basis wie andere Kinder.“ Das heißt, das englische Wort „with“ bedeutet hier nicht „mit jemandem zusammen“, sondern drückt einen Vergleich aus. Das heißt konkret, behinderte Kinder sollen die gleichen Chancen bekommen wie nicht behinderte, und genau das fordern wir, in dem bestmöglichen Umfeld.

Und hören Sie auf mit diesen ganzen Unterstellungen, Frau Oldenburg! Und auch Sie, Herr Butzki, schreiben Sie sich das mal ins Stammbuch: Für mich hat die Menschenwürde aller Menschen eine ganz hohe Bedeutung. Das können Sie überhaupt nicht beurteilen und das können Sie auch nicht einschätzen. Und ich verwahre mich ausdrücklich gegen diese dauernden Unterstellungen!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos)

Lassen Sie sich mal was Besseres einfallen!

Das Prinzip der Chancengleichheit wird dann auch gleich zu Anfang des Artikels 24 gefordert. Um dies zu erreichen, müssen die Kinder aber nicht im selben Klassenraum beschult werden. Das kann man dem Artikel 24 Absatz 2 Buchstabe e der Konvention entnehmen, der, ich zitiere, „individuell angepasste Unterstützungsmaßnahmen in einem Umfeld“ fordert, „das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet“, Zitatende. Dieses Umfeld ist nun aber bereits durch unser Förderschulsystem gegeben. Das betrifft sowohl die spezielle Ausbildung der – Frau Oldenburg, hören Sie genau zu! –

(Andreas Butzki, SPD: Hör zu!)

Sonderschulpädagogen als auch die Ausstattung der Förderschulen, wodurch wir im Weltmaßstab vorbildlich sind.

Und bei der Gelegenheit darf noch mal daran erinnert werden, ich kenne kein großzügigeres Volk als das deutsche, das so vielfältig und immer und überall bereit ist zu helfen. Das sei auch mal gesagt!

(Andreas Butzki, SPD: Das stimmt.)

Wir helfen immer und überall, das muss mal gesagt werden. Wir nehmen die uns übertragenen Aufgaben auch sehr ernst

(Andreas Butzki, SPD: Das hören wir gerade!)

und wir bemühen uns immer, die Besten zu sein.

(Andreas Butzki, SPD: Das hören wir gerade!)

Wir müssen es aber auch nicht immer übertreiben, denn das ist schon mehrfach schiefgegangen, wie wir in unserer Geschichte bedauerlicherweise lernen mussten. Also wir müssen es auch nicht immer übertreiben

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

an den falschen Stellen.

(Andreas Butzki, SPD, und Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das muss man nicht verstehen.)

Dieses Umfeld ist nun aber bereits durch unser Förderschulsystem gegeben. Und unsere Schulen sind im Weltmaßstab vorbildlich, während Millionen behinderter Kinder überhaupt keine Schule besuchen können.

Und genau die, Herr Butzki, genau diese Kinder, denen der Schulbesuch verwehrt wird, den nicht behinderten als auch diesen Millionen behinderten Kindern, genau die hat die UN-Behindertenrechtskonvention im Blick und nicht unsere Förderschulen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos)

In der deutschen Fassung der Konvention gibt es noch eine weitere missverständliche Übersetzung. Die Formulierung „general education system“ des Artikels 24 wird dort ganz wörtlich durch „allgemeines Bildungssystem“ wiedergegeben. Das ist vielfach als Gegensatz zum Förderschulsystem missverstanden worden. Im Grunde entspricht der englische Ausdruck aber unseren allgemeinbildenden Schulen, zu denen auch die Förderschulen gehören.

In Artikel 24 der deutschen Ausgabe findet sich auch die umstrittene Übersetzung „integratives Bildungssystem“ für englisch „inclusive education system“. Hier ist zu beachten, dass englisch „inclusive“ auch und gerade hier die Bedeutung „offen“, das heißt, „für jedermann frei zugänglich“ hat und sich hier auf das Bildungssystem als Ganzes, nicht auf eine einzelne Klasse oder Schule bezieht. Demgemäß ist die Übersetzung „integrativ“ hier besser als das einseitig ideologisch belastete Wort „inklusiv“.

Das Argument, dass die UN-Behindertenrechtskonvention das gemeinsame Lernen behinderter und nicht behinder

ter Kinder verlange, ist also eindeutig falsch. Und das gibt indirekt auch die Landesregierung zu, indem sie Förderschulen für mehrere Förderschwerpunkte – und auch darauf sind Sie alle eingegangen – und damit einen großen Teil unseres Förderschulsystems bestehen lässt. Sie sind dann also aus Ihrer eigenen Überlegung heraus inkonsequent, weil es eben doch sehr gute Gründe gibt, Förderschulen zu erhalten.

Es gibt keinerlei zwingende Rechtsgrundlage zur Aufhebung von Förderschulen. Die kann es auch gar nicht geben, wenn man den alten und noch heute gültigen Rechtsgrundsatz anwendet: „Impossibilium nulla est obligatio.“ Es gibt keine Pflicht zum Unmöglichen. Das Unmögliche besteht hier darin, Lerninhalte auf Biegen und Brechen an Schüler vermitteln zu wollen, die gar nicht die dazu erforderlichen kognitiven Fähigkeiten oder auch nicht die nötige Disziplin und Ausdauer besitzen,