Protocol of the Session on May 14, 2020

schen, die in Konzentrationslagern ermordet worden waren, und auch das Leben von Zivilisten, die infolge von Kampfhandlungen oder im Bombenkrieg starben. Und auch nach dem Krieg ging das Sterben vielfach weiter: durch Flucht, Vertreibung, durch Hunger und Kälte.

Zweifelsohne ist der 8. Mai auch verbunden mit einer militärischen Niederlage und einer Kapitulation. Dazu kam es aber nur, weil das Deutsche Reich aus perfiden Motiven die Welt in den mörderischsten Krieg der Menschheitsgeschichte gestürzt hatte. Deswegen steht am 8. Mai auch gerade eben nicht die militärische Niederlage im Vordergrund, sondern einzig und allein die Befreiung vom Dritten Reich und dem nationalsozialistischen Terror.

Meine Damen und Herren, Schuld ist immer individuell, und niemand, der hier im Raum sitzt, trägt Verantwortung für das, was vor 25 Jahren endete.

(Dr. Ralph Weber, AfD: 75!)

Als Deutsche haben wir aber die Pflicht, an den nationalsozialistischen Schrecken zu erinnern, und vor allem sind wir in der Pflicht, dass er auf ewig geächtet bleibt. Und es bleibt unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Ungeist in Deutschland niemals mehr eine Chance hat.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Torsten Renz, CDU)

Ich gebe zu, dass diese Aufgabe mit der Zeit nicht einfacher wird. Die Zahl der Zeitzeugen sinkt und damit auch die Zahl derjenigen, die wissen, dass der Krieg am Ende nur Verlierer kennt. Der kollektive Schmerz, den diejenigen kannten, die den Krieg noch erlebt hatten, wird kleiner.

Bis vor 10/20 Jahren war es in ganz vielen Familienfeiern in Deutschland keine Seltenheit, sondern eigentlich die Regel, dass die Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern von ihrem Leben im Dritten Reich erzählten, vom Krieg an den Fronten, der Vertreibung oder von Bombenangriffen. Auch ich kann mich nur zu gut daran erinnern, als ich als kleines Mädchen – ich sage mal, 10/12 Jahre muss ich alt gewesen sein –meine Oma fragte, wie sie denn im Krieg gelebt hätte, weil ich mir das absolut nicht vorstellen konnte, und sie mir erzählte, dass immer, wenn der Bombenalarm in Neumünster losging, sie, ihre Schwester und ihre Mutter sich die Fahrräder schnappten, aus der Stadt rausfuhren aufs Land, am nächsten gelegenen Knick ihre Fahrräder hinwarfen, sich in dem Knick versteckten und ihre Gesichter immer in die Erde eingruben, um sich vor Bombensplittern zu schützen. Diese Geschichte ist tief in meinem Kopf verankert, das werde ich nicht vergessen.

Viele von ihnen waren Opfer, ganz ohne Zweifel, sie waren aber ganz oft auch Täter, zumindest aber hatten sie von Taten Kenntnis. Oder aber ihnen wurde nach dem Krieg bewusst, dass sie von Taten hätten Kenntnis haben können, wenn sie es denn gewollt hätten. Deswegen hatten sich Deutsche nicht kollektiv schuldig gemacht, wohl aber haben Deutsche nach dem Krieg kollektiv Scham empfunden, und diese Scham wirkt nach, und auch ich empfinde diese Scham.

Meine Damen und Herren, wenn man für dieses Land Verantwortung trägt oder sich mit diesem Land identifiziert, dann ist es untrennbar auch mit der Tatsache ver

bunden, dass in deutschem Namen das größte Verbrechen in der Menschheitsgeschichte geschehen ist.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Deswegen gibt es den Patriotismus in Deutschland auch nur in ambivalenter Form. Das ist die Bürde, mit dem dieses Land leben muss. Die Vergangenheit verschwindet nicht, auch dann nicht, wenn man fest die Augen verschließt. Ich glaube, sogar ganz im Gegenteil, dass aus der deutschen Vergangenheit eine besondere Verpflichtung erwächst.

Ich habe es schon kurz angedeutet, wir haben die Pflicht zu erinnern und wir haben die Pflicht, wachsam zu sein. Unmittelbar nach dem Krieg, bis in die 60er-Jahre hinein, hatte diese Wachsamkeit einen sehr unmittelbaren Hintergrund, denn die Nazis und diejenigen, die sie unterstützt hatten, waren ja nicht alle tot. Viele waren geläutert, viele empfanden echte Reue. Es gab aber auch Opportunisten und natürlich diejenigen, die nie in der Demokratie angekommen waren. Die Gefahr für die junge Demokratie war real. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass der kollektive Schmerz der Erlebnisgeneration kleiner wird.

Der Rechtsextremismus in Deutschland erlebt erkennbar eine Renaissance und umso wichtiger ist es, dass wir genau hinschauen und dass wir widersprechen, und zwar immer dann, wenn Menschen zu Hass aufrufen, wenn Menschen mit rassistischen Stereotypen argumentieren, wenn Menschen wüste Verschwörungstheorien äußern über das Wesen der Welt, wenn Menschen gegen Juden hetzen, und sei es auch nur verdeckt, indem sie über dunkle Mächte fantasieren oder über den vermeintlichen Einfluss von Börsen und Banken auf politische Entscheidungsträger, wenn Menschen unser demokratisches Gefüge lächerlich machen oder sich verächtlich darüber äußern. Immer dann haben wir als Deutsche die Pflicht zu widersprechen, auch und gerade dann, wenn man sich zu diesem Land bekennt.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Zum Schluss möchte ich Ihnen noch sagen, es gibt drei wesentliche Dinge, die mich persönlich eng mit dem 8. Mai verbinden, drei Dinge: Das sind erstens Frieden, zweitens Mahnung und drittens Gedenken. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau von Allwörden.

Das Wort hat jetzt Holger Arppe, fraktionslos.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete! Heute ist der 14. Mai, der 72. Jahrestag der Gründung des Staates Israel. Ich hatte eigentlich gedacht, dass das hier auch mal bei der Gelegenheit Erwähnung findet. Und wenn man den 8. Mai als Gedenktag würdigt, dann muss man da den 14. Mai 1948 auch immer mit dazudenken. Deswegen möchte ich ein bisschen weg von der Vergangenheit und auf die Gegenwart und Zukunft den Blick

einmal richten. Von dem jüdischen Autor und Publizisten Henryk M. Broder stammt ja das Bonmot, dass die Deutschen so sehr damit beschäftigt sind, den Holocaust der Nazis nachträglich zu verhindern, dass sie darüber völlig vergessen, einen möglichen nächsten, einen kommenden Holocaust zu bekämpfen.

Und das trifft es eigentlich auf den Punkt. Sie sind so sehr mit der Vergangenheit beschäftigt, das ist auch völlig richtig, eine Gedenk- und Erinnerungskultur, zeitgemäß natürlich, das ist wichtig und wird es immer bleiben, aber dazu passt es nicht, dass Repräsentanten des heutigen deutschen Staates mit dem Terrorregime in Teheran, dessen erklärtes Ziel es ist, den Staat Israel, der heute vor 72 Jahren gegründet wurde, auch als Konsequenz aus den Gräueln der Naziherrschaft, dass Repräsentanten des heutigen deutschen Staates mit diesem Regime gemeinsame Sache machen, dass der SPD-Bundespräsident den Mullahs im Iran zu ihrer Begründung ihrer Terrorherrschaft 1979 auch noch gratuliert hat.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Dazu passt es auch nicht, dass Sie völlig die Augen verschließen vor dem Antisemitismus,

(Zuruf vonseiten der Fraktion der SPD: Zur Sache bitte!)

der durch Ihre Migrationspolitik hier zu Hunderttausenden in dieses Land gekommen ist. Und es ist ein Faktum, dass die Juden, die in Deutschland heutzutage leben – und da möchte ich die Untaten da in Halle auch nicht relativieren –, aber es ist ein Faktum, dass die Juden vor dem Antisemitismus islamistischer Fanatiker heutzutage mehr Angst haben müssen als vor dem Judenhass, der da bei einigen unbelehrbaren Deutschen durchaus noch vorhanden ist.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und deswegen möchte ich das auch mal in den Mittelpunkt dieser Debatte stellen.

Und was die Truppe da um Herrn, um die Linkspartei betrifft, wer eine Verfassungsfeindin und Linksextremistin allen Ernstes zu einer Richterin des Landesverfassungsgerichtes machen möchte – unterstützt von Ihnen allen –, der sollte,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie ist schon am Verfassungsgericht.)

der sollte das Wort

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie ist schon am Verfassungsgericht. Das haben Sie nur noch nicht gemerkt.)

„Demokratie und Verfassungsschutz“

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, ja, ja.)

überhaupt nicht in den Mund nehmen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Jaja.)

Sie sind und bleibt …

(Der Abgeordnete Holger Arppe beendet seine Rede bei abgeschaltetem Mikrofon. – Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Julian Barlen, SPD: Nicht ein Wort zur Sache! Erbärmlich! – Peter Ritter, DIE LINKE: Setzen Sie sich wieder hin!)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD Herr Professor Dr. Ralph Weber.

Und, Herr Arppe, ich würde Sie doch bitten, mit Ihrer Wortwahl etwas vorsichtiger zu sein. Das Wort „Heuchler“ weise ich als unparlamentarisch zurück.

Liebe Landsleute! Wertes Präsidium! Die Ministerpräsidentin hat heute gesagt, der 8. Mai ist ein Tag, der für Frieden steht. Meine Damen und Herren, Frieden ist mehr als das Schweigen von Waffen. Und das, was unser Land nach dem 8. Mai weiter erleben musste – Vertreibung, Massenvergewaltigungen, Angst und Schrecken, Zusammenbruch jeglicher Ordnung –, ist das Gegenteil von Frieden gewesen. Insofern steht nicht der 8. Mai für Frieden, sondern vielleicht das, was unsere Landsleute nach dem 8. Mai mühsam aufgebaut haben: unser demokratisch-parlamentarisches System, unsere Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und wenn Sie sagen, die steht für Frieden, dann gehe ich da mit, aber der 8. Mai steht noch nicht für Frieden, der 8. Mai steht auch für sehr viel Unfrieden. Und wenn Sie keine Gelegenheit auslassen – die Ministerpräsidentin hat auch gesagt, gegen Hass und Hetze, auch wir sind gegen Hass und Hetze –,

(Unruhe vonseiten den Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

dazu gehört dann auch, dass die Linksfraktion sich vielleicht mal deutlicher davon distanzieren sollte, dass ein Prozent der reichsten Deutschen zu erschießen sind. Was ist das anderes als Hass und Hetze? Und als wir alle hier im Landtag der Untaten von Hanau und Halle gedacht haben, da wollten wir lediglich in Ihrem Antrag zugesetzt haben, nicht nur Rechtsextremismus und Antisemitismus, sondern auch linksextremistische und religiös motivierte Gewalttaten. Das haben Sie abgelehnt. Es geht Ihnen also nicht gegen Hass und Hetze, es geht Ihnen ausschließlich um diesen ominösen Kampf gegen rechts.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Liebe Kollegen, liebe Kollegen, wir haben aus der Geschichte viel gelernt, aber noch nicht genug.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Der 8. Mai sollte uns Anlass geben, alle zusammen eine deutliche Absage an jede Form von Gewalt zu formulieren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)