Protocol of the Session on March 11, 2020

Aber digitale Spuren sind nicht erst bei Raub und Tötungsdelikten oder Cyberkriminalität und Terrorgefahr wichtig, sondern digitale Spuren sind auch bei der Gefahrenabwehr unerlässlich. Dazu brauchen wir das Instrumentarium der Durchsuchung von Wohnungen, also auch die geheime Durchsuchung von Wohnungen, und Telekommunikationstechnik. In jedem elektrischen Gerät kann man vom Prinzip heute Tatsachen, die vom Gefahrengehalt bedeutend sind, auch verstecken. Und wer sich ein bisschen auskennt mit Alexa, weiß auch, dass man durch Alexa mit kurzen Befehlen jede dieser geheimen Gefahren auch entweder umprogrammieren kann, sie verschlüsseln kann oder sogar löschen kann. Was nützt also der Polizei dann die Ermächtigung der ausschließlich offenen Wohnungsdurchsuchung?

Also als Beispiel: Eine Studie des Bundesfinanzministeriums sagt, dass der Betrag des in Deutschland gewaschenen Geldes 100 Milliarden Euro beträgt. Wir sprechen also nicht von Millionen, 100 Milliarden, und das nicht wie vor 50 Jahren noch auf dem Gebiet des Güterverkehrs, sondern digital. Und mit diesem Geld wird Terror bezahlt, aber auch Atom- und Massenvernichtungswaffen unterstützt und produziert. Was besonders rentabel scheint, so auch dieser Bericht, der Verkehr mit gefälschten Arzneimitteln.

Wenn wir also die Terrorismusbekämpfung ernst nehmen und dann in der Vergangenheit vorgenommene Anpassungen im Ausländer- und Asylrecht, in der Strafprozessordnung, im Strafgesetzbuch verändern, dann müssen wir natürlich auch etwas zur Gefahrenabwehr im SOG tun. Und das haben wir hier im SOG auch getan. Also insofern muss man davon ausgehen, wenn man also das Asylrecht – nehmen wir das noch mal als Beispiel – verändert und sagt, wir wollen eine flächendeckende Überwachung haben für die Leute, die das Asylrecht nicht einhalten und die Umgangsbegrenzungen zum Beispiel nicht, dann müssen wir sie auch über Ländergrenzen in anderen Ländern, ja, beschränken können, zum Beispiel mit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung, und zwar nur dann, wenn erhebliche Gefahren für die innere Sicherheit und Ordnung, für Leib und Leben Dritter ausgehen. Das gilt natürlich auch für die drohenden terroristischen Gefahren, nominiert, Entschuldigung, normiert in Paragraf 67c. Auch hier sind die Voraussetzungen ein Richtervorbehalt.

Ja, meine Damen und Herren, mit diesem SOG können Freiheitsrechte, wie die formelle Selbstbestimmung, der Menschen eingeschränkt werden, ohne ihr Wissen können die Bürger belauscht werden, ihre Wohnung offen oder geheim durchsucht, Telefonate abgehört, Fußfesseln angelegt, Meldeauflagen erteilt, Bewegungsbegleitung und Kontaktverbote ausgesprochen, Onlinedurchsuchungen durchgeführt, Quellen-TKÜ angewiesen, Übersichtsaufnahmen im öffentlichen Raum angefertigt werden dürfen, Anfertigen von Bild- und Tonaufnahmen in Gewahrsamszellen und Drohneneinsätze, um bei einigen Beispielen zu bleiben.

Es klingt im ersten Moment wie ein Gruselkabinett von Maßnahmen, wenn man nicht mit aller Deutlichkeit dazusagt, dass die Voraussetzung zur Anwendung dieser Maßnahmen nur dann erfolgen kann, wenn Tatsachen bekannt sind, die eine Gefahr für Leib und Leben, besonderer Rechtsgüter darstellen, also Tatsachen. Das heißt im Klartext, wenn Tatsachen bekannt werden, dass von Menschen oder Sachen die Gefahr ausgeht, Kinder

zu schänden, Frauen zu vergewaltigen, zu töten, terroristische Handlungen Leib und Leben gefährden, bei Raubstraftaten oder wenn erhebliche Sachwerte in Gefahr sind. Dieses Gesetz soll dazu beitragen, die Gefahr unmenschlichen Leides zu verhindern. Es kommt gerade im Gefahrenabwehrrecht nur darauf an, ob Tatsachen bekannt sind,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

alles andere, was man so liest von Verdachten, das ist absolut unrealistisch, hat mit der praktischen oder polizeilichen Arbeit nichts zu tun.

In 40-jähriger polizeilicher Tätigkeit und auch 30 Jahre lang in ehrenamtlicher Arbeit habe ich zerbrochene Kinder, heranwachsende Mädchen, traumatisierte Männer und Frauen kennengelernt, die bis ins hohe Lebensalter lebensuntüchtig waren. Wir sind als Gesellschaft verpflichtet, die Menschen vor Gefahren aller Art zu beschützen. Dazu brauchen wir dieses Gesetz. Mit diesem Gesetz geben wir der Polizei die Befugnis, effektiver die Allgemeinheit und den Einzelnen zu schützen. Wer aus ideologischen Gründen, zum Beispiel wie in Paragraf 27, Kontakt- und Begleitpersonen ablehnt, Scheindebatten führt, die mit dem polizeilichen Alltag nichts zu tun haben, ja, der diskutiert an der Sache vorbei und schürt Ängste.

Kontakt- und Begleitpersonen waren schon immer im SOG geregelt. Die neue Regelung, die erweitert wurde, sagt, und ich beziehe mich hier auf das Bundesverfassungsgericht, nur ein Ausschnitt: „Eine Überwachung von Personen, die – allein gestützt auf die Tatsache eines Kontaktes zu einer Zielperson – … versucht herauszufinden, ob sich … weitere Ermittlungsansätze erschließen, ist verfassungsrechtlich unzulässig.“ Das heißt mit anderen Worten, also jeglicher Verdacht spielt hier gar keine Rolle, Tatsachen müssen bekannt sein. Also ich würde mal wieder ein Bild zeichnen und sagen, selbst die Großmutter, weil das Beispiel ja oft dann kommt, selbst die Großmutter von Al Capone –

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oh, mein Gott!)

als Krimineller in den 20 Jahren – dürfte nach diesem SOG keine einzige Polizeimaßnahme befürchten, wenn nicht Tatsachen bekannt sind, dass von dieser Großmutter selbst Gefahren ausgehen. Ich meine, das müsste doch jedem eigentlich auch einleuchten.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Natürlich ist uns bewusst, dass wir uns mit dem Gesetz im Spannungsverhältnis zwischen Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und der Gewährleistung der Freiheitsrechte befinden. Freiheitsrechte der Bürger können nur dann eingeschränkt werden, wenn es für die Gefahrenabwehr zwingend erforderlich ist. Die Polizei war und ist immer schon ein zuverlässiger Hüter des Gesetzes.

(Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Das wird auch im neuen SOG so bleiben.

Insofern wird auch die Einrichtung eines unabhängigen Bürgerbeauftragten für die Polizei, die ja durch die Expertenkommission zur Aufklärung der Vorkommnisse vorgeschlagen wurde, dazu beitragen, das Vertrauen weiter zu stärken.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ich möchte aber abschließend auch daran erinnern, dass der Artikel 19 des Grundgesetzes das Handeln der Sicherheitsbehörden durch jeden Bürger auf Richtigkeit überprüfen lassen kann. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben also wurden im SOG eingehalten und auch umgesetzt.

Ich bitte also um Zustimmung zum Entwurf des Gesetzes. Mit diesem Gesetz wird das Land MecklenburgVorpommern für die Menschen ein Stückchen sicherer. – Danke schön!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Dachner!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Fraktionsvorsitzende Herr Kramer.

(Andreas Butzki, SPD: Oh, ist heute ein Dauereinsatz, was?!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das neue Sicherheits- und Ordnungsgesetz, das SOG M-V, hat in der Öffentlichkeit für viele Diskussionen gesorgt. Meine Fraktion hält wesentliche Neuerungen des Gesetzes für zwingend notwendig, um die Arbeitsfähigkeit der Landespolizei zu gewährleisten und um auf aktuelle Lagen reagieren zu können.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

An einigen Stellen sehen wir jedoch weiterhin Nachbesserungsbedarf. Grundsätzlich erkennen wir die Feststellung des Handlungsbedarfs durch das Innenministerium an. Durch die anhaltend hohe Terrorgefahr aufgrund der auch von Kriminellen genutzten technischen Entwicklung und für den Kampf gegen Kindesmissbrauch und Verbreitung von Kinderpornografie muss unser Polizeirecht modernisiert werden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Meine Damen und Herren, die Bürger unseres Landes erwarten, dass wir ihnen Freiheit und Sicherheit ermöglichen. Dieses kann aber nicht voneinander getrennt werden. Es ergibt schlichtweg keinen Sinn, eine Landespolizei zur Abwehr schwerwiegender Gefahren für das Gemeinwesen personell aufzustocken, ihr aber dann die notwendigen Möglichkeiten der Erkenntnisgewinnung vorzuenthalten.

Ja, es ist selbstverständlich, dass unsere Bürger auch Angst vor einem Missbrauch von Daten haben. So, wie die Debatte aber öffentlich geführt wird, zeigt sich die ganze Polemik eines linken Milieus, das ohne Grundlage von einem Überwachungsstaat fantasiert.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das neue Sicherheits- und Ordnungsgesetz ist mit Sicherheit keine neue Stasi 2.0. Diese sehr schlechte Form der Debattenkultur in unserem Land bringt uns nicht voran, denn sie verkennt, dass dieser Rechtsstaat über

unabhängige Kontrollinstanzen verfügt, so, wie es Herr Dachner auch schon ansprach, die Missbrauch aufdecken und verhindern können. Dieser Umstand wird jedoch von den Kritikern gern verschwiegen.

Liebe Bürger unseres Landes, im Rahmen der Diskussion zum neuen SOG hat es die SPD über einen Entschließungsantrag geschafft, einen sogenannten Ombudsmann für Beschwerden innerhalb der Polizei als neue Stelle zu installieren. Ich stelle dazu fest, dass die Sozialdemokraten das Misstrauen innerhalb der Landespolitik, innerhalb der Landespolizei weiter schüren wollen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Andreas Butzki, SPD: Haben Sie eben nicht zugehört, Herr Kramer?!)

Das ist reine Symbolpolitik, die mit Stärkung der Sicherheit in Mecklenburg-Vorpommern absolut nichts zu tun hat.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich darf daran erinnern, dass es bei uns im Land viele Stellen gibt, an die sich Polizisten in Not wenden können. Es gibt die Führungs- und Teamfeedbacks, es gibt die Gleichstellungsbeauftragte, es gibt die Personalvertretungen, es gibt die Schwerbehindertenvertretungen, es gibt den Datenschutzbeauftragten, es gibt den Petitionsausschuss, es gibt die Seelsorger, seien sie nun evangelisch oder katholisch, es gibt den Medizinischen Dienst, es gibt den Bürgerbeauftragten, es gibt die Gewerkschaften und es gibt die sozialen Ansprechpartner innerhalb der Dienststellen.

Meine Damen und Herren …

(Heiterkeit bei Martina Tegtmeier, SPD)

Ja, da können Sie lachen!

Meine Damen und Herren, all diesen seriösen Ansprechpartnern das Vertrauen abzusprechen und gegen den Koalitionspartner eine neue Stelle durchzuboxen, schürt sinnlose Ressentiments.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Liebe Bürger Mecklenburg-Vorpommerns, die AfD-Fraktion hat zwei Änderungsanträge zum neuen SOG eingebracht. Wir wollen Journalisten als Berufsgeheimnisträger explizit schützen und wir wollen ein Unterbindungsgewahrsam zur Verhinderung terroristischer Straftaten.

(Martina Tegtmeier, SPD: Aber das Gerichtsurteil kennen Sie, ja?!)

Beides dient dem Schutz von Demokratie und Rechtsstaat.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Der Unterbindungsgewahrsam ist eine präventive Maßnahme des Gefahrenabwehrrechts, die nur dann möglich ist, wenn unmittelbar bevorstehende Terroranschläge zu vereiteln sind. Das deckt sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach „Freiheitsent

ziehungen“, ich zitiere: „solange zulässig [sind], als sie zur Unterbindung der Anlasshandlungen erforderlich und zumutbar sind“. Zitatende.

Diese Maßnahme ergänzt also das Instrumentarium unserer Polizei für den Extremfall einer terroristischen Bedrohungslage. Der Unterbindungsgewahrsam unterliegt einem Richtervorbehalt. In unserem Änderungsantrag ist dies in dreifacher Ausführung geregelt, sodass die Maßnahme auf maximal 35 Tage begrenzt ist. Zusammen mit der tatbestandlichen Voraussetzung ist dies absolut verfassungskonform.