Protocol of the Session on March 11, 2020

Das SOG verhält sich zum StGB wie der Rettungstransportwagen zur medizinischen Heilkunde. Schon allein deswegen sind viele Horrorszenarien, die die politischen Ränder in seltener Einmütigkeit vorgetragen haben, kompletter – mit Verlaub – Stuss.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Dies zeigt umso mehr, wenn ich mir das so vor Augen führe, welches Misstrauen insbesondere die politischen Ränder gegenüber der Polizei hegen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Der politische Rand steht doch an ihrer Seite!)

Polizistinnen und Polizisten sorgen jeden Tag für unsere Sicherheit. Sie haben mit dem ganz alltäglichen Wahnsinn zu tun auf Deutschlands Straßen und Plätzen und in Deutschlands Wohnungen. Dafür erwarten die meisten Polizisten keine Dankbarkeit, denn es ist schließlich ihr Job. Aber wer so tut, als sei unsere Landespolizei ein Haufen Krimineller, dem man mit Argwohn begegnen müsse, argumentiert komplett am Leben vorbei

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

und er würde immer meinen Widerspruch ernten.

Die meisten Menschen achten und respektieren Polizisten, und das aus gutem Grund. Die Bürgerinnen und Bürger fordern deswegen auch zu Recht, dass die Polizei alle nötigen rechtlichen Befugnisse bekommt, um die Bevölkerung auch in Zukunft umfassend vor Gefahren schützen zu können. Dieser Gesetzesentwurf trägt den aktuellen sicherheitspolitischen Entwicklungen Rechnung und schafft für die Polizei klare gesetzeskonforme und verlässliche Ermächtigungsgrundlagen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Die neu aufgenommene Befugnisnorm und die klarstellende Regelung durch Artikel 1 zum neuen SOG versetzen die Landespolizei besser als bisher in die Lage, Straftaten zu verhüten und diesen vorzubeugen. Geregelt wird zum Beispiel die polizeiliche Befugnis zur offenen Bildbeobachtung und Fertigung von Bild- und Tonaufzeichnungen in den Gewahrsamsräumen sowie bei der Suche nach Personen, deren Leben oder Gesundheit gefährdet ist. Ergänzt wird dies durch eine Vielzahl von Detailregelungen, teilweise mit Richtervorbehalt, die sich zum Beispiel um die Telekommunikationsüberwachung, den Einsatz von Drohnen und so weiter ranken.

Ich möchte auf diese Regelungen im Einzelnen gar nicht eingehen. Nur so viel: Die Gefahr, dass der Staat Daten missbraucht, geht gegen null.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ah ja, das haben wir gerade erst gemerkt! – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Deswegen fällt es mir schwer nachzuvollziehen, dass es die gleichen Menschen sind, die ihr gesamtes Leben an Facebook verkaufen und fast nichts dafür kriegen, beim Staat aber peinlich genau darauf achten, dass auch ja kein Punkt und kein Komma zu viel in einem Gesetz gefasst wird.

Und auch, wenn man mit Medienkritik vorsichtig sein sollte, dem Land Mecklenburg-Vorpommern indirekt zu

unterstellen, wir seien auf dem Weg in den Überwachungsstaat, und dann für Zeitungsabos damit zu werben, dass man Alexa obendrauf kriegt, wenn man ein Abo abschließt, das ist schlicht der blanke Hohn!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Und aus diesem Grund fällt es mir auch wirklich schwer, geäußerte Kritik dann noch ernst zu nehmen.

Gerade die erweiterten Onlinebefugnisse sind in Zeiten der Allgemeindigitalisierung ein zwingend notwendiges polizeiliches Mittel zur Gefahrenabwehr. Wenn man wenigstens auf Augenhöhe mit den Verantwortlichen für die Gefahren und deren heutigen technischen Möglichkeiten bleiben will, haben wir gar keine andere Wahl, als uns dort anzupassen. Eine effektive Gefahrenabwehr ist einfach unmöglich, wenn die Polizei bei einer zulässigen Telekommunikationsüberwachungsmaßnahme regelmäßig aufgrund von Verschlüsselungstechniken ausgeschaltet wird.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Kritikpunkt am SOG ist, dass Medienvertreter nicht in den Kreis der absolut geschützten Berufsgeheimnisträger aufgenommen werden. Wir haben gerade hinreichend darüber gehört.

Das Bundesverfassungsgericht hat hier abgewogen zwischen der Pressefreiheit und dem Strafverfolgungsinteresse. Und es hat ganz eindeutig entschieden, dass im Gefahrenabwehrrecht ein absoluter Schutz für Medienvertreter weder im Grundgesetz geregelt ist, noch ist es dem Gesetzgeber überhaupt erlaubt, der Pressefreiheit absoluten Vorrang vor anderen wichtigen Gemeinschaftsgütern einzuräumen. Eine Aufnahme der Medienvertreter in den Kreis der absolut geschützten Berufsgeheimnisträger ist damit schlicht unzulässig. Oder, um es anders zu formulieren, dieses Gesetz stellt Medienvertreter gegenüber dem bisherigen Recht überhaupt gar nicht schlechter. Möglich, dass Medienvertreter sich, was das angeht, schon immer schlecht behandelt gefühlt haben, aber neu sind die beklagten Regelungen jedenfalls ganz und gar nicht.

Ich komme zum vorletzten Punkt: Der Landesbeauftragte für den Datenschutz meint, das SOG sei unverständlich und werde es den Polizisten kaum möglich machen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Bei allem Respekt, hier vergisst der Landesschutzbeauftragte, dass das SOG hauptsächlich deshalb so umfangreich ist, weil europäische Datenschutzvorschriften und die aktuelle Rechtsprechung der Gerichte umgesetzt werden müssen. Und zudem, die pauschale Aussage, die Polizisten wären mit dem neuen SOG kaum in der Lage, ihre Aufgaben fehlerfrei zu erfüllen, ist nicht nur unwahr, sie ist schlichtweg beleidigend.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Und damit zum letzten Punkt, dem künftigen Polizeibeauftragten beim Bürgerbeauftragten. Ich sage deutlich: Wegen mir hätte es das nicht gebraucht.

(Tilo Gundlack, SPD: Schon klar.)

Es schadet aber auch nicht. Aus meiner Sicht gibt es schon jetzt genügend Stellen, an die sich Polizisten wenden können, wenn sie beim Versehen ihres Dienstes auf Probleme stoßen.

Gerade von linker Seite war ja eigentlich auch etwas ganz anderes gewollt und gefordert, nämlich eine Anschwärzstelle, quasi ein Ansprechpartner für Hooligans und die Antifa, wenn sie sich beim Ansturm auf eine Polizeikette den Fingernagel eingerissen haben.

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der CDU und AfD – Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Sie sind ja besonders witzig heute!)

Aus gutem Grunde macht die Koalition so einen Quatsch nicht mit. Der Polizeibeauftragte ist für Polizisten da!

(Zuruf von Philipp da Cunha, SPD)

Und wenn Herr Ritter sich während einer Demo schlecht behandelt fühlt, hat er bisher auch immer einen Weg gefunden, dies zu artikulieren. Wir werden deswegen keine neue Stelle schaffen müssen und schon gar keine neuen Zuständigkeiten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Es geht hier gar nicht um mich, Frau Kollegin!)

Aber immerhin erwähne ich Sie dabei. Das ist doch schön, dass ich an Sie denke, Herr Ritter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr schön, sehr schön! Ich denke Tag und Nacht an Sie! – Zurufe vonseiten der Fraktion der SPD: Oh!)

Das muss ich kurz wirken lassen, Herr Ritter.

(allgemeine Heiterkeit – Zuruf von Ministerin Stefanie Drese)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin nicht blind. Es gab und gibt Verfehlungen einiger Polizisten in ganz unterschiedlicher Funktion und Bereichen. Aber diesen Einzelnen stehen über 5.900 pflichtbewusste, korrekt und hart arbeitende Polizeibeamte und Polizeibeamtinnen gegenüber, deren Ruf ich hier solange verteidigen werde, bis Sie es nicht mehr hören können!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und AfD)

Im Namen meiner Fraktion möchte ich genau diesen Beamten, die tagtäglich ihren Dienst verrichten, auch erneut herzlich für ihre Arbeit danken.

Ich habe es bereits bei der Einführung des Gesetzentwurfes gesagt und ich kann es nur aus eigener Überzeugung wiederholen: Polizeibeamte halten sich an den Rahmen, den ihnen das SOG vorgibt, und ich bin mir sicher, dass diese Beamten vertrauensvoll mit den Eingriffsrechten umgehen werden. Ich habe das immer getan, die Kollegen in meinem Umfeld haben das immer getan und sie werden es auch in Zukunft tun. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Ralf Borschke, AfD)

Vielen Dank, Frau von Allwörden!

Sie haben ja beide schon gegenseitig betont, Herr Ritter und Sie, dass Sie aneinander denken. Insofern hat Herr Ritter jetzt das Wort. Bitte, Herr Ritter.

(Heiterkeit bei Tilo Gundlack, SPD: Jetzt überlegt er erst mal, was er sagt. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon schön, wenn man so erwartungsvoll am Pult begrüßt wird, aber die Enttäuschung wird gleich einsetzen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Meine Fraktion wird den vorliegenden Gesetzentwurf ablehnen.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Erstens, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird mit diesem Gesetz das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Arbeit der Polizei künftig nicht gestärkt. Ich komme darauf zurück.

Zweitens wird mit dem Gesetzgebungsprozess auch das Vertrauen in sicherheitspolitische Entscheidungen dieses Landtages geschwächt. Auch darauf werde ich zurückkommen.

Und drittens wäre es schon sinnvoll gewesen, wenn der Ausschussvorsitzende die Beschlussfassung des Innenausschusses eingebracht hätte und dabei die Ergebnisse, …

(Zuruf von Daniel Peters, CDU)

Ja, ich kritisiere das ja nicht, ich sage ja nur, es wäre sinnvoll gewesen,