Protocol of the Session on January 30, 2020

(Beifall Dr. Wolfgang Weiß, DIE LINKE)

Und ich sage mal, wenn wir jetzt sagen, eine Messstelle, ein Grundwasserkörper wie die Insel Rügen, einmal rot, der ganze Grundwasserkörper rot, und wir messen im ersten Wasserhorizont, und wenn wir aufgrund so einer Messstelle einen ganzen Grundwasserkörper sterben lassen, ihn rot erklären, dann verstehe ich nicht, warum wir bei den Wasserwerken, wo wir im zweiten und vielleicht sogar aus dem dritten Wasserhorizont Wasser fördern, nur einen kleinen Bereich abgrenzen, der als Schutzzone gemacht wird.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Und das ist das, was jetzt mit Brüssel diskutiert wird. Brüssel wird da wahrscheinlich mitgehen. Es muss jetzt nur noch mit dem BMU, da gucke ich auch in die Richtung des Ministers, unser Bundesumweltministerium in Funktion von Frau Schulze ziert sich da noch ein bisschen, da mitzugehen, aber die Verhandlungen werden geführt. Brüssel würde dem zustimmen, dass wir hier differenzieren können.

Jetzt kommt das Wort „Binnendifferenzierung“. Auch wenn du gesagt hast, hier in Brandenburg und in anderen Ländern, wo es gemacht wird, es wird kritisch gese

hen, zurzeit geht Brüssel da aber mit, sicherlich aufgrund der Bauernproteste, weil die Bauern möchten nicht für Sachen verhaftet werden,

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

wo nicht 100 Prozent nachgewiesen ist, dass sie die Schuldigen sind. Deswegen glaube ich, müssen wir hier jetzt auch in Zukunft anders rangehen. Ich hoffe, dass jetzt hier auch auf Bundesebene eine Lösung gefunden wird, die allen hilft, die aber auch dazu führt, dass wir in Deutschland einheitlich vorgehen bei dem Thema,

(Minister Dr. Till Backhaus: Aha!)

dass nicht jedes Bundesland seinen eigenen Weg geht. Das ist ganz wichtig, um auch keine Wettbewerbsverzerrung zu haben. Und da hilft uns eigentlich nur das Thema Binnendifferenzierung. Das muss zum Gesetz erhoben werden, dass alle Bundesländer das zu machen haben. Da sind wir von der CDU auch dran auf Bundesebene, das mit einzubringen in die Verhandlungen. Ich hoffe, dass wir dann auch dieses Thema gelöst bekommen.

Gerade aktuell heute ist auch wieder ein Schriftverkehr gewesen zwischen Frau Klöckner und Frau Schulze zu diesem Thema, wo sie sich beide noch mal dazu verständigt haben, dass das Thema jetzt auch so in Angriff genommen werden soll.

Ja, noch mal zu Brüssel. Mancher Landwirt sagt ja auch immer, dann müsst ihr in Brüssel härter verhandeln. Der Minister hat es gesagt, die Strafzahlungen stehen an. Wir sind leider aufgrund dieses Zeitverzugs und aufgrund der Klage, die gegen Deutschland eingereicht wurde und die natürlich auch Erfolg gehabt hat, nicht in einer Verhandlungsposition, sondern wir sind in einer Erfüllerposition. Das ist ein ganz großer Unterschied. Wir können mit Brüssel nicht verhandeln, was wir gerne hätten, sondern wir haben eigentlich nur noch zu erfüllen. Das ist eigentlich schade, dass wir da in den letzten Jahren wertvolle Zeit verloren haben.

(Thomas Krüger, SPD: Ja, das Landwirtschaftsministerium hätte da schon mal aktiv werden können.)

Nee, nee, nee, federführend bei dem Thema ist das Bundesumweltministerium. Schiebt nicht immer die Schuld auf andere!

(Thomas Krüger, SPD: Na ja!)

Und wer führt das Bundesumweltministerium schon seit Jahren?

(Thomas Krüger, SPD: Na ja!)

Nicht die CDU. Die letzte Bundesumweltministerin war Frau Merkel.

(Thomas Krüger, SPD: Na ja! – Peter Ritter, DIE LINKE: Aber ihr regiert zusammen.)

Seitdem wird es von anderen geführt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ihr regiert doch zusammen in einer Koalition. Da spricht man sich doch aber ab, oder was?)

Ich will noch mal auf die versprochene Modellregion zurückkommen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wasch mich, aber mach mir den Pelz nicht nass!)

Der Minister hat es angesprochen. Wir haben einmal Rügen und Nordwestmecklenburg als hauptrotes Gebiet. Dort ist mit den Landwirten verabredet worden, mit Modellregionen zu arbeiten. Ja, ich weiß von einigen Landwirten, zumindest die Landwirte der Insel Rügen, die haben natürlich auch Kontakt aufgenommen mit der zuständigen Fachabteilung, also mit dem LUNG. Die Verhandlungen sind leider nicht so positiv gelaufen, was mir so berichtet wurde. Da, glaube ich, sollten wir vielleicht auch noch mal nacharbeiten, dass das dann auch, ich sage mal, zum Erfolg führt und wir dann auch in diesen Modellregionen einmal eine andere Vorgehensweise dann vielleicht dort haben werden.

Zu dem Antrag der LINKEN, ich habe es vorhin schon angedeutet, es ist schade, dass wir den so spät behandeln. Es ist ein wichtiger Antrag,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, weil er so spät behandelt wird, können Sie nicht zustimmen?! Das ist ja …)

aber er greift eigentlich auch aufgrund der aktuellen Dynamik dieses Themas, was in den letzten Tagen, eigentlich auch seit der Grünen Woche und in den Tagen danach zeichnet sich jetzt hier eine ganz andere Lösung ab, die unabhängig ist von der Anzahl der Messstellen, ist dieser Antrag etwas zu kurz gegriffen. Wir werden aber weiterhin als Regierungskoalition dieses Thema verfolgen, wir werden es im Agrarausschuss weiterverfolgen und dann vielleicht auch in einer Selbstbefassung im Agrarausschuss noch einmal thematisieren, uns vom Minister berichten lassen, damit wir bei diesem Thema dranbleiben. Wir müssen daher leider den Antrag der LINKEN ablehnen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Ihr seid Helden! Ihr seid Helden! Weil es so spät ist, können wir nicht zustimmen! – Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Aßmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist zugegebenerweise ein sehr undankbarer Posten, wenn man zu dieser Stunde bei der Aufmerksamkeitsspanne, die hier in diesem Raum eben nicht mehr herrscht,

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Thomas Krüger, SPD: Ich passe auf! – Jochen Schulte, SPD: Ich auch. Bei dir immer! – Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

dann hier als vorletzte Rednerin am heutigen Debattentag reden darf. Nichtsdestotrotz ist das Thema eins, was es definitiv wert ist, mit der entsprechenden Ernsthaftigkeit und auch mit Genauigkeit entsprechend hier bedacht zu werden.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE gibt uns die Möglichkeit, auch noch mal zu zeigen, wie vorausschauend die Koalitionspartner schon 2016 bei den Koalitionsverhandlungen waren,

(Jochen Schulte, SPD: Die SPD.)

weil wir nämlich schon 2016 eben unter Federführung der SPD beschlossen hatten, das Grundwassermessstellennetz um 100 weitere Messstellen zu erweitern und auch die bestehenden entsprechend technisch wieder auf den neuen Stand zu bringen. Und von daher ist das, wenn wir auch verfolgt haben, was der Minister hier gesagt hat, auch passiert beziehungsweise kurz vor der Fertigstellung. Woher Sie, Herr Dr. Weiß, oder die Fraktion DIE LINKE nun die Erkenntnis nehmen, dass es auf Garantie nicht erreicht werden wird, das kann ich also an der Stelle nicht nachvollziehen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Da sind wir eher vorsichtig.)

Wenn wir uns aber anschauen, wie es mit den Grundwassermessstellen aussieht, dann müssen wir leider feststellen, dass, selbst, wenn wir das Messstellennetz, das wir jetzt haben, noch weiter verdichten, wir eben immer noch nicht dem Verursacherprinzip, was wir eben in Deutschland haben, gerecht werden können. Also selbst, wenn wir jetzt auf Rügen noch 50 bauen oder auch in Nordwestmecklenburg noch 50 bauen, dann werden wir es nicht schaffen, am Ende den einzelnen Übeltäter, ob jetzt bewusst oder unbewusst, entsprechend dingfest zu machen oder eben zur Verantwortung zu ziehen. Und das ist eben auch das große Kernproblem, was wir bei dieser Geschichte haben.

Die Landwirtschaftsbetriebe arbeiten mit der Natur. Und selbst wenn ich als Landwirt plane, wie viel Ertrag erwarte ich von meiner Fläche, dann dünge ich entsprechend bedarfsgerecht. Sie alle wissen, was in den letzten drei Jahren vorgefallen ist, dass wir mit Hitze zu tun hatten, dass wir mit Frühsommertrockenheit zu tun hatten, dass wir mit Starkregenereignissen zu tun hatten.

(Thomas Krüger, SPD: Das ist das eigentliche Problem.)

Und selbst wenn der Landwirt genau plant, er erntet 90 Dezitonnen Weizen, wenn dann aufgrund von Hitze dann plötzlich nur noch 50 oder 60 runterkommen, der Weizen ist aber auch gedüngt worden im Frühsommer, dann kann der Landwirtschaftsbetrieb gar nichts mehr dagegen tun, und dann wird er, egal, ob wir bei 80 Prozent Stickstoffdüngungsmenge sind oder bei weniger oder bei 100 Prozent, dann wird es immer so sein, dass wir mit zunehmenden Wetterereignissen von Hitze oder

eben auch von Starkregen dazu kommen werden, dass die Landwirtschaftsbetriebe einfach gezwungenermaßen aufgrund der natürlichen Gegebenheiten nicht verhindern können, dass sie entsprechend auch Einträge ins Grund- wasser haben.

Das soll nicht heißen, dass wir nichts dagegen tun müssen. Um Gottes willen! Aber wir müssen einfach bei der ganzen Diskussion auch berücksichtigen, dass wir es hier mit Natur zu tun haben und dass es eben nicht wie bei Rechenschieberei oder bei – ja, ich sage mal – Prozessen, wie sie in einer Fabrik ablaufen, eben alles sehr leicht steuerbar ist, sondern dass es eben entsprechend auch für die Landwirtschaftsbetriebe, die an vielen Stellen großes Interesse daran haben, entsprechend nachhaltig zu wirtschaften, eben sehr schwierig ist.

Wichtig ist, wenn man sich die Grundwasserkörper anguckt auch, dass wir genau in Zukunft wissen müssen, wie alt ist das Wasser, also aus welcher Zeit kommen die Einträge. Wichtig ist, dass wir wissen, wo ist die Anströmrichtung her, also aus welcher Ecke kommt es schon mal, weil am Ende werden wir dem Verursacherprinzip nur gerecht, wenn wir so genau wie möglich wissen, woher die Einträge kommen. Und dann muss der nächste Schritt sein zu gucken, okay, wer ist der Verursacher, ja, aber woher, also aus welchen Gründen ist denn diese Ursache entstanden. Ist es eine natürliche Bedingung gewesen oder auch nicht. Weil wenn natürlich jemand bewusst überdüngt hat, bewusst zu viel Gülle gefahren hat oder, oder, oder, dann muss er natürlich auch finanziell dafür belangt werden. Sind es aber natürliche Ereignisse, die einfach nicht zu verhindern waren, dann können wir darüber reden, okay, wie kann es möglich sein, den Landwirtschaftsbetrieb entsprechend finanziell nicht mehr zu belasten oder entsprechend einzuschränken.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Jochen Schulte, SPD: Genau.)

Ich bin sehr dafür, dass wir auch die Kritik, die an den eingerichteten Messstellen kommt, dass wir die ernst nehmen und dass das LUNG da für größtmögliche Transparenz sorgt. Natürlich sind es nur einige wenige der Messstellen, die, so wie es in vorangegangenen Redebeiträgen genannt wurde, eben an Orten sind, wo man sagt, ja, das war mal ein alter Platz, wo mit Mist und Gülle eben dann Dünger erzeugt wurde oder mit Stroh und Gülle Mist erzeugt wurde, oder es waren Stellen, um alte Deponiekörper zu überwachen. Aber das sind ja, wenn man ehrlich ist, auch nur einzelne Punkte. Da muss man aufklären, da muss man auch gucken, dass das LUNG da wirklich größtmögliche Transparenz schafft. Aber das ist jetzt nicht die überwiegende Mehrheit dieser 381 Messstellen, die wir in Mecklenburg-Vorpommern haben.

Nichtsdestotrotz ist es eben wichtig, dass wir bei den Messstellen, die wir haben, entsprechend auch noch mehr Daten bekommen, und zwar nicht nur, was Nitrat und Phosphor angeht und das Alter des Wassers, sondern auch, was ist mit Pflanzenschutzmitteln. Da wird das nächste Problem auf uns zurollen. Ich habe das in der vergangenen Rede schon mal gesagt, als es darum ging, wie die Probleme sein werden bei Grundstückseigentümern, die zersiedelt sind, die ihr Brauchwasser aus eben den Brunnen auf den Grundstücken ziehen müssen, weil nämlich die zunehmend ja das Problem haben, dass sie eben belastetes Wasser ziehen müssen, und man auch da gucken muss, wo kommen die Belastungen her.

Wichtig ist, dass wir bei der Binnendifferenzierung, das hat Holger Kliewe ja eben auch gerade noch einmal gesagt, dass wir da einheitlich bundesweit vorgehen. Das war ein Fehler der Vergangenheit, dass man sowohl innerdeutsch als auch europäisch, als diese ganzen Messstellennetze eingesetzt worden sind, nicht einheitlich vorgegangen ist. Es gibt immer viele Vorteile, wenn man so ein föderales System hat, wie wir es haben. Aber es gibt eben auch bei solchen Stellen, wenn es um Wettbewerbsverzerrung geht oder um Verzerrung von Daten, entsprechend viele Nachteile. Und da kann man nur aus der Vergangenheit lernen.

Ich bin immer kein Fan davon, sich jetzt zurückzulehnen und zu sagen, ja, hätten wir mal früher. Und wir können das jetzt alle bedauern, am Ende ist es so, dass wir jetzt aus der Situation das Richtige machen müssen, dass wir dafür sorgen müssen, dass an den Messstellen, wo wir wirklich Probleme haben, dass dort was dagegen getan wird. Und da ist es zugegebenermaßen ehrlich gesagt völlig egal, ob ich ein Belastungsnetz melde und sage, ich kümmere mich dann um 100 Prozent meiner Messstellen, oder ich habe eben ein komplettes und es sind meinetwegen nur 15 Prozent, weil am Ende ist es doch so, dass die Zahl der Messstellen, wo was auftritt, die bleibt doch die gleiche. Wir müssen dort, wo es zur Belastung kommt, müssen wir etwas tun, und dort, wo eben keine Belastungen entstehen, müssen wir dafür sorgen, dass unsere Landwirtschaftsbetriebe entsprechend ihrem Wirtschaften nicht mehr eingeschränkt werden, denn sonst können wir hier in Mecklenburg-Vorpommern, in Deutschland, in Europa nicht entsprechend vernünftig wirtschaften. Und dann wird jeder von uns sich irgendwann damit begnügen müssen, dass wir immer mehr Importware in unseren Kühlschränken finden.

Ich habe noch eine Bemerkung zu Herrn Borschke. Herr Borschke, Sie haben gesagt, 0,4 Messstellen auf 1.000 Hektar wären das Maß in Deutschland.

(Ralf Borschke, AfD: Sie haben wieder nicht zugehört!)