Protocol of the Session on March 8, 2017

Insofern wurde der Name Ernst Moritz Arndt zu einer zutiefst ideologischen und politischen Aussage überhöht. Dies wird deutlich in einer Interviewäußerung des Geografie-Professors Helmut Klüter, der meinte, der Name Ernst Moritz Arndt helfe der AfD. Dies ist der Grund für ihn, für eine Namensablegung zu plädieren.

Meine Dame und Herren, kann es eine größere ideologische Verblendung geben?

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Mit dieser Logik müsste er konsequenterweise auch für die Abwahl der etablierten Parteien werben, denn deren Politik hat zweifelsfrei zur Entstehung der AfD geführt.

Natürlich hätte man so wie 2009/2010 in einer sachlichen akademischen Debatte darüber nachdenken können, ob Universitäten überhaupt einen historischen regionalen Bezug mit ihrem Namen repräsentieren sollten. Diese Frage werden die einen mit Ja und die anderen mit gleicher Selbstverständlichkeit mit Nein beantworten. Doch für eine derartige breite Debatte unter Einbeziehung aller relevanten Partner in der Region hat die Universitätsleitung in ihrer regionalen Fremdheit und akademischen Abgehobenheit offenbar keine Notwendigkeit gesehen.

Nun hat eine kleine Gruppe von Akademikern und Studenten, nämlich der Senat der Ernst-Moritz-ArndtUniversität, nach einem gescheiterten ersten Versuch 2009 die Gunst ihrer Stunde genutzt und 2017 in einer Art Staatsstreich für die Ablegung des Namens plädiert, laut Grundordnung der Ernst-Moritz-Arndt-Universität,

wie wir bereits mehrfach gehört haben, das gute Recht des Senats, wenn alles mit rechten Dingen zugegangen wäre, doch das ist es definitiv nicht. Das haben wir ja bereits ausführlich gehört.

Form- und Verfahrensfehler und akademische Abgehobenheit haben zahlreiche Gegner des Namenbeschlusses in der Region auf den Plan gerufen, wie man an der Reaktion des Volkes und vieler ehemaliger Absolventen der Universität ablesen konnte. Der Senatsbeschluss erwies sich als einsame von der Mehrheit der Bevölkerung, von den Universitätsmitgliedern und -mitarbeitern nicht mitgetragene Entscheidung.

Offensichtlich gibt es für das pommersche Volk triftige Gründe, die regionale Bezogenheit der Ernst-Moritz-ArndtUniversität zu erhalten. Dazu zählt zum Beispiel die Ausstrahlung des Namens Ernst Moritz Arndt gegen Unterdrückung und Diktatur – er war durchaus Orientierungsgeber zu Zeiten der DDR-Diktatur –, zweitens die Zerstörung Pommerns bis auf Vorpommern durch die Folgen des Zweiten Weltkrieges oder das Wiederentdecken der pommerschen Identität und Geschichte nach der deutschen Wiedervereinigung, oder auch das Bekenntnis zu Deutschland und seiner Geschichte mit der Chance zur ehrlichen, verantwortungsbewussten Auseinandersetzung.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang an einen Ihnen sicher bekannten unverdächtigen Roman erinnern namens „Roots“. Der Afroamerikaner Alex Haley zeigt am Protagonisten Kunta Kinte, wie wichtig es sein kann, seine eigenen Wurzeln zu kennen. Auch wir sollten unsere geschichtlichen Wurzeln nicht ausreißen, sondern kennen, und Erkenntnis, vielleicht sogar Weisheit daraus schöpfen.

Leider zeugt der Beschluss des akademischen Senats der Ernst-Moritz-Arndt-Universität nicht von besonderer Weisheit. Ihre Entscheidung, Frau Ministerin Hesse, dem Beschluss des Senats die erforderliche ministerielle Zustimmung, wenn auch nur aus formalen Gründen, zu versagen, vermag ein Indiz dafür zu sein, dass in Ihrem Haus mehr Weisheit vorhanden ist.

(Torsten Renz, CDU: Hä?)

Aber schließlich hatten Sie ja auch in der Region Vorpommern mit Ihrem damaligen Entscheid zum Krankenhaus Wolgast bereits ein erstes Waterloo erlebt. Jetzt haben Sie klugerweise ein weiteres Waterloo mit der Ernst-Moritz-Arndt-Universität vermieden. Das dankt Ihnen heute eine große Mehrheit der vorpommerschen Bevölkerung und der Mitglieder und Mitarbeiter der ErnstMoritz-Arndt-Universität.

(Torsten Renz, CDU: Wollen Sie sich jetzt auf Frau Hesse einschießen, oder was?!)

Wir hoffen, dass der Senat die nun entstandene Rückzugsmöglichkeit nutzt und nicht, wie bereits erwähnt, am 15.03. einen weiteren einsamen Angriff gegen den Namen Ernst Moritz Arndt startet, und wenn, dann höchstens oder wenigstens unter Beteiligung. Eine breite öffentliche Debatte bei der Entscheidungsfindung ist zuzulassen.

Meine Damen und Herren, nicht alle Namen sind Schall und Rauch. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat der Abgeordnete Dirk Stamer für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Politik muss sich zuweilen mit hochemotionalen Themen befassen, so auch in diesem Fall zum Thema der Namensänderung der ErnstMoritz-Arndt-Universität Greifswald.

Einerseits freue ich mich ja über diese rege Anteilnahme landauf, landab, andererseits bin ich auch befremdet über die Hitzigkeit mancher Diskussionen. Man kann und sollte in einer Demokratie unterschiedlicher Meinung sein, aber diese mit friedlichen Mitteln und sachlich fundiert zum Ausdruck bringen. Es ist beispielsweise nicht hinzunehmen, dass sich Studierende und andere Angehörige der Universität Beschimpfungen gefallen lassen mussten.

Die aktuelle Situation hat gezeigt, dass aus meiner Sicht unser Rechtsstaat gut funktioniert. Es ist nicht so, dass wir, wie manche hier im Raum behaupten, in einem rechtsfreien Raum agieren würden. Die Ernst-MoritzArndt-Universität Greifswald wollte ihren Namen in „Universität Greifswald“ ändern. Es hat sich nach der Prüfung durch das zuständige Ministerium gezeigt, dass das Verfahren nicht rechtskonform gewesen ist, da die Befassung durch den engeren Senat fehlte.

Die viel diskutierte Entscheidung des erweiterten Senats war nicht ausreichend. Daher wird das zuständige Ministerium keine Zustimmung zur Änderung der Grundordnung der Universität erteilen. In der öffentlichen Diskussion zu dem Thema fand ich es sehr befremdlich zu hören, dass manche den zwölf gewählten Senatoren der Studierenden, die gegebenenfalls nur wenige Jahre in der Stadt wohnen, das Recht absprechen wollten, über den Namen der Universität mitzubestimmen,

(Torsten Renz, CDU: Aber es ist schon komisch, dass alle zwölf einstimmig abstimmen. Das ist schon ein bisschen komisch, das muss man schon sagen. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

und dieser Gruppe die Verantwortung für die Entscheidung des erweiterten Senats gaben.

Zugereiste Studierende sind keine Menschen zweiter Klasse. Nebenbei bemerkt sind zwei Drittel der zehntausend Studierenden der Universität nicht aus M-V. Sie beispielsweise, Herr Holm, reisten 2016 nach der Landtagswahl an und 2017 nach der Bundestagswahl werden Sie wieder abreisen.

(Vincent Kokert, CDU: Noch hat er nicht gewonnen. Noch hat er nicht gewonnen.)

Trotzdem dürfen Sie hier reden und entscheiden.

(Zurufe von Jochen Schulte, SPD, und Torsten Renz, CDU)

Zum Antrag selbst noch einige Bemerkungen. In Ihrer Pressemitteilung gestern bezeichneten Sie diesen Antrag als „fundiert“. Dem kann ich nicht folgen. Ich halte es nicht für fundiert zu fordern, dass der Landtag eine solche Forderung an den Senat oder Rektoren stellen soll. Dies wäre eine Missachtung der Hochschulautonomie. Es bleibt dabei, die Universitäten in diesem Land dürfen

selbst über ihren Namen befinden, sofern der Name der Stadt im Namen der Universität enthalten ist und das Verfahren rechtskonform ist.

Ich bitte Sie daher, den Antrag abzulehnen. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass nun an der Universität wieder Ruhe einkehrt und sie sich auf die Aufgaben, die sie originär hat, und zwar Lehre und Forschung, wieder konzentrieren kann. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke, Herr Abgeordneter.

Das Wort erhält der Abgeordnete Karsten Kolbe von der Fraktion DIE LINKE.

(Der Abgeordnete Karsten Kolbe beginnt seine Rede bei abgeschaltetem Mikrofon. – Peter Ritter, DIE LINKE: Mikro! – Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Hier wird mit Tricks gearbeitet. – Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Jaja, so ist das manchmal.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin Hesse! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Autonomie der Hochschulen ist für meine Fraktion ein hohes Gut. Das schließt natürlich das Recht auf Selbstbestimmung des Namens durch die Hochschulen mit ein. So ist es gesetzlich geregelt und so wurde es hier heute auch schon mehrfach kundgetan.

Auf der anderen Seite haben wir als LINKE jedoch auch immer betont, dass das Bildungsministerium selbstverständlich prüfen muss, ob das Verfahren rechtlich in Ordnung ist. Das hat das Bildungsministerium getan und die jetzige Entscheidung ist demzufolge auch zu akzeptieren, wenngleich, das will ich nicht verhehlen, die Aussagen der Rektoren, dass die Änderung der Grundordnung in den letzten Jahren auch ohne den Umweg oder den rechtlich richtigen Weg über den engeren Senat zu erfolgen hat, sich nicht bestätigt haben. Da werden wir auch noch mal nachfragen müssen, inwieweit dann das Ministerium der Verpflichtung als Rechtsaufsicht dort nachgegangen ist.

(Torsten Renz, CDU: Anscheinend ungenügend, sonst würden sie das ja nicht alles zugeben.)

Das muss man einfach prüfen.

Was sich mir jedoch nicht erschließt, ist, warum es insgesamt dann doch diese acht Wochen brauchte, um herauszufinden, dass der engere Senat im Vorfeld der Entscheidung des erweiterten Senates nicht getagt hat.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig. – Tilo Gundlack, SPD: Haben Sie der Ministerin nicht zugehört?)

Das muss doch wirklich etwas schneller gehen. Das sind genau diese acht Wochen, Herr Gundlack,

(Tilo Gundlack, SPD: Ja und, wie lange haben sie Zeit, das zu prüfen? Wo steht das?)

in denen sich Studierende und andere Hochschulangehörige

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Gut Ding will Weile haben. – Tilo Gundlack, SPD: Ja, genau, gut Ding will Weile haben. Da hat Herr Ritter recht.)

teilweise heftigsten Auseinandersetzungen ausgesetzt sahen, nur, weil sie eine aus ihrer Sicht demokratische Entscheidung verteidigt haben.

(Torsten Renz, CDU: Was vermuten Sie, woran hat es gelegen?)

Und hier bin ich auch bei Ihnen, Herr Renz, und Ihren Kollegen, denn auch die CDU, glaube ich, muss sich in der Debatte ein Stück weit an die eigene Nase fassen.

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)