Eine weitere Maßnahme, die kurzfristig Wirkung entfalten soll, ist eine Kampagne zur Gewinnung von pädagogischen Fachkräften in Mecklenburg-Vorpommern. Sie soll Menschen über die Landesgrenzen hinaus ansprechen, die bereits einen Abschluss haben und in MecklenburgVorpommern leben möchten. Sie soll aber auch Interessenten für den Einstieg in den Beruf gewinnen, die in Mecklenburg-Vorpommern sind. Diese Kampagne soll möglichst noch in diesem Jahr beginnen und darauf ausgerichtet werden, bis zu 600 Fachkräfte ins Land zu holen, die den kurzfristigen Bedarf vor allem in diesem und im nächsten Jahr abdecken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stehen vor einem großen Problem. Nun müssen zügig Maßnahmen ergriffen werden, damit das Problem nicht weiter untergeht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Linksfraktion räumt mir in ihrem Antrag bis zum 31. Mai Zeit ein, über die eingeleiteten Maßnahmen im Bereich der Fachkräftesicherung für unsere Kitas zu berichten. Dies ist aus Sicht der Landesregierung zu spät. Ich möchte daher gern heute schon über Maßnahmen des Landes informieren. Ich hoffe, die Linksfraktion ist damit einverstanden und gewillt, mit uns gemeinsam Tempo aufzunehmen.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Deckung des Fachkräftebedarfs und die Neugewinnung von Fachkräften für unsere Kitas sind für die Landesregierung von hoher Bedeutung.
Vor allem das Sozial- sowie das Bildungsministerium sind bei diesem Thema seit einiger Zeit aktiv und in Gesprächen mit allen Akteuren. So waren meine Kollegin Birgit Hesse und ich erst am vergangenen Donnerstag in Rostock, um mit den Trägern unsere Planungen zu besprechen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir brauchen mehr Fachkräfte, da viele qualifizierte Kolleginnen und Kollegen in den nächsten Jahren aus dem Berufsleben scheiden und in ihren wohlverdienten Ruhestand treten. Das ist bei den Kitas nicht anders als in den Schulen, Unternehmen oder bei der Justiz. Diesen geschätzten Fachkräften, vor allem Frauen, gilt zunächst einmal unser Dank, mein Dank für die tolle geleistete Arbeit in den vergangenen Jahrzehnten.
Wir brauchen mehr Fachkräfte auch aufgrund der zurückliegenden Erhöhung der Qualitätsstandards in den Kitas, unter anderem mit der Verbesserung der Fachkraft-KindRelation, und wir brauchen mehr Fachkräfte, da die Zahl der Geburten seit einigen Jahren wieder steigt und über den Prognosen liegt. So hatte Mecklenburg-Vorpommern nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts im Jahr 2015 bundesweit den höchsten Anstieg der Geburtenrate. Das, meine Damen und Herren, ist zuallererst einmal eine sehr positive Nachricht. In unserem Land werden wieder mehr Kinder geboren, die Wachstumsraten sind derzeit überdurchschnittlich. Kein ganz schlechter Vertrauensbeweis junger Eltern für das Kinderland M-V, kein ganz schlechter Vertrauensbeweis für die qualitative und quantitative Entwicklung der Kitas in unserem Land und kein ganz schlechter Vertrauensbeweis für die Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher sowie der sonstigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an unseren Kitas.
Die steigenden Geburtenzahlen zeigen, dass die massiven Investitionen in eine gute Kindertagesförderung richtig und wichtig sind. Die Anzahl der belegten Plätze insgesamt in Mecklenburg-Vorpommern ist vom Jahr 2011 bis zum Jahr 2016 um über 10.000 Plätze deutlich gestiegen. So gab es 2011 rund 96.500 Plätze in Kindertageseinrichtungen und der Kindertagespflege, während es im Jahr 2016 fast 106.600 Plätze waren. Allein diese eindrucksvolle Zahl und diese deutliche Steigerung zeigen die Notwendigkeit von zusätzlichen Fachkräften.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe bereits vor zwei Wochen im Sozialausschuss umfangreich darüber berichtet, wie weit wir mit der Einführung eines praxisorientierten Ausbildungsgangs im frühkindlichen Bereich sind. Diese praxisbezogene Ausbildung ist eine wesentliche Maßnahme der Landesregierung zur Gewinnung von Fachkräften für unsere Kitas. Ich bin gern bereit, hier im Landtag die Eckpunkte nochmals vorzustellen.
Ebenso möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal betonen, dass die Landesregierung zeitnah eine Fach
kräftebedarfsanalyse durchführen wird, um den genauen Fachkräftebedarf zu quantifizieren. DIE LINKE hat die Antwort auf ihre Kleine Anfrage seit einiger Zeit schriftlich, aber da Sie im Antrag erneut davon sprechen, möchte ich dies auch mündlich noch einmal ankündigen: Gemäß der Ziffer 251 der Koalitionsvereinbarung 2016 bis 2021 werden die bestehenden Ausbildungskapazitäten im Hinblick auf den langfristigen Bedarf überprüft und gegebenenfalls angepasst. Die Überprüfung beginnt bei den Kapazitäten der Erzieherausbildung an den öffentlichen beruflichen Schulen.
Sehr geehrte Damen und Herren, nun aber zu den Eckpunkten des neuen Ausbildungsgangs „Staatlich geprüfte Fachkraft für Kindertageseinrichtungen“. Wir werden damit spätestens zum Schuljahr 2018/2019 starten und diesen an den staatlichen Schulen anbieten. Wir setzen aber momentan alles daran, um schon zum Schuljahr 2017/2018 beginnen zu können, an ein oder zwei Standorten oder – sofern genügend Bewerberinnen und Bewerber vorhanden sind – auch an allen fünf Standorten der öffentlichen beruflichen Schulen in Rostock, Güstrow, Stralsund, Neubrandenburg und Schwerin.
Beim schon erwähnten Gespräch, das ich gemeinsam mit der Bildungsministerin mit Trägern der Kitaeinrichtungen geführt habe, ist das Vorhaben dort auf sehr positive Resonanz gestoßen. Uns wurde von verschiedenen Seiten, unter anderem von der der Diakonie, der AWO oder dem ASB, eine große Ausbildungsbereitschaft bestätigt. Das ist ein sehr gutes Signal. Der neue Ausbildungsgang orientiert sich an dem Modellversuch, der in Baden-Württemberg erfolgreich gestartet wurde. Es ist eine verkürzte Ausbildungsdauer von drei Jahren vorgesehen, anders als in der klassischen Erzieherinnen- und Erzieherausbildung, dort sind es in der Regel vier Jahre. Wir wollen eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis mit Blöcken an der Berufsschule und in der Krippe, im Kindergarten oder im Hort. Die Gesamtverantwortung für die Ausbildung liegt bei der Schule. Die ausbildende Schule und der Träger schließen eine Kooperationsvereinbarung, in der die wesentlichen Punkte der Zusammenarbeit geregelt werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, für mich besteht ein großer Vorteil der neuen Ausbildung in der frühzeitigen Bindung der Auszubildenden an die Kita. Wir erhoffen uns damit, dass diese Bindung auch nach Abschluss der Ausbildung bestehen bleibt. Die Kitas sichern sich ihre Fachkräfte von morgen selbst, indem sie sie bereits als Auszubildende anstellen. Dazu gehört auch der Abschluss eines Ausbildungsvertrags zwischen dem Auszubildenden und dem Träger der Kindertageseinrichtung. Die Gestaltung des Ausbildungsvertrags soll durch die Träger erfolgen.
Kommen wir zu einem ganz wichtigen Punkt. So ist zur Steigerung der Attraktivität der Ausbildung vorgesehen, dass die Einrichtungsträger den Auszubildenden von Anfang an eine Ausbildungsvergütung zahlen. Damit die Träger nicht zusätzlich belastet werden, dürfen die Auszubildenden in die Personalkosten einer Kita mit eingerechnet werden. Dies ist der Punkt, für den der rechtliche Rahmen im Kindertagesförderungsgesetz noch im Sommer geschaffen werden muss. Daran arbeiten wir mit Hochdruck.
Sehr geehrte Damen und Herren, wie schon erwähnt, wir sind über die Ausgestaltung des Ausbildungsgangs im Gespräch und im engen Austausch mit den Kommunen und den Einrichtungsträgern. Diese enge Kommunikation und Verzahnung ist mir sehr wichtig, damit wir das Berufsbild des Erziehers beziehungsweise der Erzieherin so attraktiv gestalten, dass viele junge Menschen diesen tollen und eminent wichtigen Beruf ergreifen.
Sehr geehrte Damen und Herren, neben der Etablierung dieses neuen Ausbildungsgangs im frühkindlichen Bereich gibt es natürlich noch weitere Überlegungen, welche Maßnahmen zur Deckung des Fachkräftebedarfs ergriffen werden können. So könnten zum Beispiel die Fachkräfte durch multiprofessionelle Teams gestärkt werden. Ich kann mir etwa Teams aus Erziehungsfachkräften, Profilergänzungskräften – also zum Beispiel Logopäden, Musik- oder Sportpädagogen – und Assistenzkräften sehr gut vorstellen. Diese gewährleisten unterschiedliche Sichtweisen und Kompetenzen. Auch Personen, die die erste Staatsprüfung für das Lehramt im Primar- oder Sekundarbereich I abgelegt haben, sind als Fachkräfte in Kitas gut denkbar.
Auch dafür brauchen wir entsprechende Änderungen im KiföG und die Unterstützung der Landtagsfraktionen. Ich kündige das schon mal an.
Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sehen, wir haben eine Reihe von konkreten Maßnahmen und Ideen für die Personalausstattung in unseren Kitas entwickelt. Die Einführung des praxisorientierten Ausbildungsgangs steht, wie ich Ihnen dargelegt habe, unmittelbar bevor. Des Antrags der Linksfraktion bedarf es daher nicht. Über Ihre Unterstützung bei diesen von mir skizzierten Vorhaben würde ich mich aber sehr freuen.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss noch kurz auf einen anderen Punkt des Antrags der Linksfraktion eingehen. So fordert die Fraktion DIE LINKE in ihrer Ziffer II. 1 b) die Landesregierung auf, „die Studienplatzkapazitäten im Bachelorstudiengang ,Early Education – Bildung und Erziehung im Kindesalter‘ an der Hochschule Neubrandenburg mittels Änderung der Teilzielvereinbarung zwischen dem Land und der Hochschule Neubrandenburg unverzüglich entsprechend den Bedarfen zu erhöhen“. Die Hochschule Neubrandenburg bietet seit dem Studienjahr 2005/2006 den grundständigen Studiengang „Early Education – Bildung und Erziehung im Kindesalter“ und seit 2008 den berufsbegleitenden Bachelorstudiengang „Early Education“ an.
Die Einrichtung beider Studiengänge war Gegenstand von Teilzielvereinbarungen in den Jahren 2004 und 2008 zwischen dem Land und der Hochschule Neubrandenburg. Diese Teilzielvereinbarungen sind 2008 beziehungsweise 2010 außer Kraft getreten. Eine Änderung kommt schon deswegen nicht mehr in Betracht. Der grundständige Studiengang „Early Education – Bildung und Erziehung im Kindesalter“ ist nach erfolgreicher Evaluation durch die Hochschule Neubrandenburg bereits im Jahr 2008 verstetigt worden und gehört seit dem Abschluss der Zielvereinbarungen 2016 bis 2020 zum festen Studienangebot der Hochschule Neubran
Auch der berufsbegleitende Studiengang „Early Education“ ist Gegenstand der laufenden Zielvereinbarungen mit der Hochschule Neubrandenburg und soll durch die Hochschule verstetigt werden. Planmäßig werden hier aktuell 24 Studienanfängerinnen und Studienanfänger pro Kohorte aufgenommen. Eine Erweiterung über die oben genannten Planzahlen hinaus wird von der Hochschule bislang nicht angestrebt. Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die beiden Bachelorstudiengänge eingeführt wurden, um sich für Leitungs- und Spezialfunktionen in Kindertagesstätten zu qualifizieren. Das geschieht an der Hochschule Neubrandenburg. Der Antrag ist somit auch aus diesem Grund abzulehnen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass es mir heute möglich ist, hier auf eine Tatsache besonders deutlich hinzuweisen: Ja, bei uns im Land werden wieder mehr Kinder geboren, und zwar deutlich mehr Kinder, als es noch vor wenigen Jahren prognostiziert wurde. Noch in der 4. Landesprognose zur Bevölkerungsentwicklung in MecklenburgVorpommern bis 2030 wurde bei der mittleren Variante davon ausgegangen, dass im Jahr 2015 lediglich 10.944 Kinder geboren werden. Tatsächlich ist seitens des Statistischen Landesamtes zu entnehmen, dass im Jahr 2015 13.298 Kinder in Mecklenburg-Vorpommern geboren wurden. Das ist eine Abweichung von immerhin 20 Prozent.
Dies ist ein deutlicher Beleg für die zukunftsgestaltende Politik unter Beteiligung auch der CDU in der Landesregierung. Es ist außerdem ein Grund zur Freude und belegt eindeutig, dass unser Land nicht nur für die Verwaltung eines Bevölkerungsrückganges aufgestellt werden muss, sondern durch aktive Gestaltung der Rahmenbedingungen auch positive Entwicklungsakzente setzen kann.
Genau zu solchen positiven Entwicklungsakzenten gehört es, dass jetzt auf dieses Plus an Kindern reagiert werden muss. Neben einem Mehrbedarf an Betreuungs- und Schulplätzen in einigen Gebieten gehört dazu auch, den Fachkräftebedarf an Lehrern und pädagogischem Fachpersonal zu decken. Dieser Herausforderung stellt sich die Landesregierung bereits. Gerade im Bereich der frühkindlichen Bildung gehört dazu zweifelsfrei ebenso die Aufgabe, geeignete Maßnahmen zur Sicherung des Fachkräftebedarfs zu ergreifen, also günstige Rahmenbedingungen zu schaffen, um die in einigen Jahren altersbedingt ausscheidenden pädagogischen Fachkräfte ersetzen und gegebenenfalls vorhandene Mehrbedarfe abdecken zu können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE, ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, die Landesregierung ist auf diese Idee auch ohne Ihren
(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Weil wir das schon seit 2011 einfordern, Frau Friemann-Jennert, und weil die Probleme immer größer werden, deshalb!)
Schauen Sie doch bitte einmal in den Koalitionsvertrag. Darin sind schon fast alle Punkte Ihres heutigen Antrages enthalten.
Beispielsweise möchte ich an dieser Stelle auf die Ziffern 251 und 252 des Koa-Vertrages verweisen. Darin heißt es: „Auch das Land muss seine Verantwortung wahrnehmen, ausreichend attraktive Ausbildungsangebote zu unterbreiten. Daher werden die bestehenden Ausbildungskapazitäten im Hinblick auf den langfristigen Bedarf überprüft und gegebenenfalls angepasst.“
(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE Da kann ich nicht mehr ruhig bleiben. – Zuruf von Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)
„Die Überprüfung beginnt bei den Kapazitäten der Erzieherausbildung an öffentlichen beruflichen Schulen.“
In Ziffer 252 heißt es: „Die Koalitionspartner werden einen nach dem Grundprinzip der dualen Ausbildung orientierten Ausbildungsgang mit Auszubildendenvergütung ,Kindheitspädagogik für 0- bis 10-Jährige‘ spätestens zum Schuljahr 2018/2019 etablieren.“ Über einen vorzeitigen Beginn hat Frau Drese eben schon berichtet.