Protocol of the Session on March 8, 2017

Der Generalbundesanwalt hat in einem Brief an die Justizminister beziehungsweise -ministerinnen der Länder um personelle Unterstützung gebeten. Dabei geht es um das Entsenden von Staatsanwälten und Richtern an die Bundesanwaltschaft. Mit ihrem Angebot laut Ihrer Begründung, Herr Professor Weber, würde die AfD nicht nur den Generalbundesanwalt in Verlegenheit bringen, nein,

sie würde auch unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten mit diesem Ausflug nach Karlsruhe keinen großen Gefallen tun.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, drei Anmerkungen zu dem vorliegenden Antrag. Erstens die Zahl 555: Während das CDU-Wahlprogramm die Anzahl der Polizeireviere mit 15 zusätzlichen Polizistinnen und Polizisten multiplizierte und somit zumindest ein logisch tragfähiges Ergebnis erzielte,

(Torsten Renz, CDU: Endlich sagt das mal einer! – Heiterkeit bei Rainer Albrecht, SPD)

verzichtet die AfD ganz auf diese Logik. 555 neue Stellen entsprechen vielmehr dem durch Problemlagen entstandenen Bedarf. Das ist AfD-messerscharf berechnet, aber nicht mehr logisch.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU)

Der Antrag spricht nämlich von einer Auswahl von Problemlagen. Es ist also alles noch viel schlimmer und die 555 sind bestenfalls ein Eröffnungsangebot. Das sicherheitspolitische Wettrennen wäre eröffnet. Meine Fraktion nimmt daran nicht teil, aber auch nicht an der Rechenakrobatik der Koalition.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit unseres Staates soll mit 555 neuen Polizeistellen zurückgewonnen werden, denn, so der AfD-Antrag, die Sicherheit unserer Bürger sei nicht verhandelbar. Dem möchte ich selbstverständlich deutlich widersprechen. Absolute Sicherheit gibt es nicht. Deshalb sind Umfang und konkrete Maßnahmen auf dem Gebiet der Sicherheit immer – immer! – Ergebnis politischer Verhandlungen und politischer Entscheidungen zwischen Koalitionspartnern, zwischen Koalition und Opposition, aber selbst innerhalb der Fraktionen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch deshalb ist für meine Fraktion die Frage nach Kriminalitätsursachen und deren Bekämpfung von zentraler Bedeutung. Niemand wird bekanntlich als Straftäter, Gefährder oder Störer geboren. Deshalb entspricht es auch nicht unserem Sicherheitsverständnis, immer nur und immer wieder nach mehr Polizistinnen und Polizisten zu rufen. Das allein schafft nur Scheinsicherheit. Es geht auch um mehr Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, es geht um mehr Lehrerinnen und Lehrer, mehr Erzieherinnen und Erzieher, um mehr Prävention, Bildung und Erziehung.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Manfred Dachner, SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine zweite Anmerkung gilt dem Gutachten zum Personalbedarf der Landespolizei. Das Gutachten hat den Landtag überraschend pünktlich nach der Landtagswahl erreicht. Vielen Dank an die Landesregierung dafür, aber das ist vergossene Milch. Der AfD-Antrag verweist zu Recht auf Aussagen des Gutachtens, wonach die Personalstruktur einen wesentlichen Belastungsfaktor darstellt. Das ist nicht neu, aber richtig. Andere Aussagen des Gutachtens werden durch die AfD nicht erwähnt, da sie die Forderung nach 555 neuen Stellen gerade nicht stützen würden beziehungsweise ganz andere Maßnahmen einfordern. Der Kollege Dachner hat darauf hingewiesen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei allen politischen Differenzen dürfte doch bei allen Zahlenspielen eines fachlich völlig klar sein: Eine entscheidende praktische Stellschraube für Fragen des Personals in der Polizei in unserem Land befindet sich in Güstrow, in der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege. Hier gilt es, unverzüglich die Dozentenknappheit zu überwinden, den Einstellungsdienst personell zu stärken, öffentliche Werbemaßnahmen für die Landespolizei zu intensivieren und den Platzmangel an der Schule zu beseitigen.

(Beifall Jörg Kröger, AfD)

Das sind die aktuellen Herausforderungen, vor denen wir stehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfDFraktion – Herr Kröger hat applaudiert und Herr Kramer hat genickt –, zu all dem steht im Antrag der AfD keine Silbe, ganz im Gegenteil.

Und auch das gehört zu den Fakten: 25. Januar dieses Jahres, Antrag meiner Fraktion, Nachtragshaushalt 2017, 19 zusätzliche Dozentenstellen für die Polizeiausbildung in Güstrow.

(Torsten Renz, CDU: Jaja, das war ein bunter Strauß.)

Der Kollege Wildt von der AfD hat festgestellt – Kollege Renz, es geht jetzt ausnahmsweise mal nicht um Sie –, der Kollege Wildt von der AfD hat festgestellt, dass dieser Antrag in der Tat hauptsächlich weitere unbefristete Personalkosten veranlassen wird und deshalb abzulehnen sei. Heute fordert die AfD 555 zusätzliche Polizeistellen, aber wie wir da hinkommen – kein Wort dazu. Nein, im Gegenteil, den Weg dahin hat die AfD-Fraktion abgelehnt. Der Kollege Lerche von der AfD wurde dann ganz offenherzig, ich zitiere: „Herr Ritter, für bürgernahe Polizei ist die AfD immer zu haben. Da sind wir voll bei Ihnen. Allerdings waren wir nicht Mitglied im letzten Innenausschuss und auch nicht in den letzten Innenausschüssen und haben davon keine Ahnung.“ Zitatende.

(Torsten Renz, CDU: Das hat er gesagt?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das will ich an dieser Stelle mal nicht kommentieren. Wer aber bereits bei 19 Stellen finanzpolitische Gewissensbisse bekommt, der sollte von der Zahl 555 völlig die Finger lassen, denn das ist unglaubwürdig, liebe Kollegen von der AfD-Fraktion.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, meine letzte Anmerkung gilt dem Punkt 5 der Begründung, ich zitiere: „Nur wenn der Staat seine Entschlossenheit und Stärke öffentlich zur Schau stellen kann, wird eine Beruhigung der Bevölkerung dauerhaft erreichbar sein.“ Öffentliche und persönliche Sicherheit ist keine Zurschaustellung, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das klingt mir allerdings mehr nach Polizeistaat und Friedhofsruhe und nicht nach vernünftiger Sicherheitspolitik. Jede Polizeibeamtin und jeder Polizeibeamte muss vielmehr beim Wechsel von der Ausbildung in die Praxis einen Grundstock an Kenntnissen und Fähigkeiten im Konfliktmanagement besitzen, Stichpunkt „Deeskalation“. Hier behauptet der AfD-Antrag genau das Gegenteil und muss auch deshalb abgelehnt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, statt einer Zustimmung zu dem vorliegenden AfD-Antrag, der vieles und nichts sagt und vor allen Dingen nichts Richtiges, werbe ich erneut für die von der GdP seit Langem geforderte überfraktionelle und durch Fachleute untersetzte Arbeitsgruppe zur Entwicklung zukunftsfähiger Strukturen bei unserer Landespolizei. Was uns bei der Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit des Brandschutzes in MecklenburgVorpommern gelungen ist, sollte uns bei der Sicherstellung der öffentlichen und persönlichen Sicherheit unserer Landespolizei genauso gelingen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter.

Für die CDU-Fraktion hat das Wort Frau von Allwörden.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag soll wohl die von allen Seiten geforderte Präzisierung des 5-Punkte-Sicherheitsprogramms der AfD sein, aber der große Wurf ist weder Ihr Phrasenprogramm noch dieser Antrag, den Sie uns heute vorlegen.

555 neue Polizeidienststellen – eine Forderung der CDU aus dem Wahlkampf. Das soll es sein? Das ist Ihre Ausgestaltung Ihres Programmes? So wollen Sie sich also von der CDU abgrenzen? Es ist allgemein bekannt, dass sich die CDU in der Vergangenheit immer für mehr Polizisten im Land starkgemacht hat und in dem Bereich auch einige Erfolge erzielen konnte. Der Minister hat es in seiner Rede im Januar ganz genau aufgeschlüsselt, der Finanzminister hat es gerade für den Innenminister in seiner Rede wunderschön vorgerechnet und es wirklich sehr präzise dargestellt. Danke dafür, Herr Minister Brodkorb!

Dennoch wiederhole ich das, da man es gar nicht oft genug ausführen kann. Ich rechne es also noch mal vor, einfach, weil es so schön ist. Das Personalkonzept für die Polizei sah eine Reduzierung auf etwa 5.500 Polizeistellen bis zum Jahr 2020 vor. Der Koalitionsvertrag der 6. Wahlperiode sieht auch noch ein Festhalten an diesem Personalkonzept vor, dennoch konnte das Personalkonzept auf Bestreben der CDU in der letzten Legislatur bei einem Stand von etwa 5.800 Stellen ausgesetzt werden. Es wurden 100 neue Stellen geschaffen. Diese wurden insbesondere mit Spezialisten wie Islamwissenschaftlern und IT-Spezialisten besetzt. Zusätzlich haben wir die Ausbildungskapazitäten um 100 Stellen erhöhen können, um den Nachwuchsbedarf decken zu können – eine wichtige Investition für die zukünftige Sicherheit. Und wir konnten für diese Legislatur beim Koalitionspartner eine aktive Stärkung der Präsenz in der Fläche erreichen.

Die derzeitige Sicherheitslage benötigt mehr Polizisten. Diesem Argument konnte sich auch unser Koalitionspartner nicht verstellen. Der wollte zwar auch mehr Polizisten auf die Straße bringen, aber dies sollte aus dem vorhandenen beziehungsweise angestrebten Personalpool von 5.800 Polizisten realisiert werden. Das können Sie gerne im Wahlprogramm der SPD nachlesen. Aber unseren guten Argumenten konnte sich die SPD dann doch nicht versperren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Den Kompromiss haben wir im aktuellen Koalitionsvertrag stehen. Es werden 150 Stellen umstrukturiert, sodass diese Stellen der Präsenz in der Fläche zugutekommen, und es werden 150 neue Stellen geschaffen.

(Manfred Dachner, SPD: Bringen Sie mal erst Ihr Haus in Ordnung, das Innenministerium! Dann können wir weiterreden.)

Ich gehe mal davon aus, dass die SPD nicht bestreiten möchte, dass die CDU da gewaltig ihre Finger im Spiel hat.

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir können festhalten, das Personalkonzept ist ausgesetzt, und zwar aufgrund der Sicherheitslage. Wir konnten zur Entlastung unserer Polizisten einen Stellenzuwachs generieren. Dazu hat die AfD nicht mal ansatzweise einen Beitrag geleistet, im Gegenteil, mir stellt sich mittlerweile vor jedem Landtag die Frage, inwieweit denn diesmal das Wahlprogramm der CDU abgeschrieben werden würde

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD)

und als Antrag der AfD im Landtag erscheint.

Sie möchten das doch jetzt nicht dementieren, nehme ich mal an?!

(Holger Arppe, AfD: Doch!)

Liebe Abgeordnete der AfD, wir wissen, dass unser Wahlprogramm gut war.

(Enrico Komning, AfD: Sie setzen es nur nicht durch!)

Wir wissen auch, dass unsere Ideen und Vorschläge der richtige Weg sind.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Und wir sind dankbar, dass Sie das bei der ganzen Polemik aus Ihren Reihen wenigstens anerkennen.

(Torsten Renz, CDU: So ist es.)

Das zeigen Sie uns ja auch deutlich durch das Fehlen eigener Ideen und durch Ihr permanentes Abschreiben. Nur müssen Sie das endlich auch mal zugeben!

(Manfred Dachner, SPD: So geht das nicht. Man darf sich nicht von der LINKEN provozieren lassen.)

Gehen Sie nach draußen und sagen Sie, ja, die CDU steht für innere Sicherheit, ja, die Vorschläge der CDU sind das, was unser Land weiter voranbringt!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Tilo Gundlack, SPD: Oi, oi, oi! – Torsten Renz, CDU: Sehr gut!)

Werden Sie endlich ehrlich!