Protocol of the Session on June 21, 2019

Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne Vertreterinnen und Vertreter der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern. Herzlich willkommen!

Das Wort hat jetzt für die Landesregierung der Minister für Inneres und Europa Herr Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! DIE LINKE fordert mit ihrem Dringlichkeitsantrag: „rückhaltlos aufklären, Vertrauen wiederherstellen, Konsequenzen ziehen“.

Ja, lieber Kollege Ritter, genauso ist es. Ich stimme Ihnen einhundertprozentig zu! Und wer Sie in den letzten Tagen erlebt hat, der erlebte einen empörten Peter Ritter. Ich teile vieles nicht von dem, was Sie kundtun, auch hier kundtaten, aber ja, auch ich bin empört, Ihre Kollegen hier im Parlament, wir alle sind empört, viele Menschen auf der Straße, und ich sage Ihnen, auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landespolizei. Die Vorwürfe,

über die nun schon seit Tagen berichtet wird, sind schlichtweg beschämend, und da finden Sie weder bei mir im Ministerium noch in der Landespolizei irgendjemanden, der das beschönigen oder relativieren würde.

Ich entschuldige mich auch im Namen der Landespolizei für diese Vorfälle. Ich entschuldige mich für Mitarbeiter, die unseren Rechtsstaat und das Vertrauen der Bevölkerung mit Füßen getreten haben. Ich entschuldige mich dafür, dass wir die kriminelle Energie der Beschuldigten nicht früher erkannt haben. Parlament, Öffentlichkeit und Medien haben berechtigte Fragen und auch ein Recht auf Antworten.

Meine Damen und Herren, im Innenausschuss wird schon viel und wurde schon viel berichtet, aber ich möchte mich und alle Abgeordneten grob auf den Stand bringen. Die drei Fälle aus dem Bericht des Datenschutzbeauftragten sind bekannt.

Im ersten Fall lud ein Polizeibeamter eine 15-jährige Geschädigte zu einem Fotoshooting ein. Es stellte sich heraus, dass das Shooting – entgegen der öffentlichen Berichterstattung – keinen sexuellen Hintergrund hatte. Der Datenschutzbeauftragte verhängte ein Bußgeld, das Disziplinarverfahren läuft noch. Der Beamte ist mittlerweile nicht mehr im Dienst.

Beim zweiten Fall nahm ein Polizeibeamter privat Kontakt mit einer 13-jährigen Zeugin in einem Strafverfahren auf. Es wurden weder Fotos ausgetauscht, noch kam es zu einem Treffen. Es war auch kein Treffen geplant. Der Chatverlauf ist aber gleichwohl sehr unappetitlich. Nach dem Disziplinarverfahren musste der Beamte ein Bußgeld zahlen. Der Datenschutzbeauftragte verhängte ebenfalls ein Bußgeld, das aber aufgrund eines Formfehlers vom Gericht kassiert wurde. Der Beamte wurde versetzt und steht unter besonderer Beobachtung.

Im dritten Fall berichtete der Datenschutzbeauftragte über einen Polizeibeamten, der Zitat „seine Dienststellung ausgenutzt“ hat, „um ein Strafverfahren gegen seinen Sohn zu verhindern“. Zitatende. Hier sind derzeit noch mal die Unterlagen angefordert worden und wir werden auch dieser Sache nachgehen. Die Medienberichterstattung, dass die Vorwürfe möglicherweise haltlos sind, kann ich daher weder bestätigen noch dementieren. Auch das gehört der Ehrlichkeit halber dazu, dass man das dann dementsprechend sorgfältig aufarbeitet.

In allen drei Fällen sieht die Staatsanwaltschaft auch nach nochmaliger Prüfung keine Hinweise auf strafbare Handlungen. Gleichwohl sind mindestens die ersten beiden Vorwürfe natürlich schlichtweg inakzeptabel. Das werden wir nicht dulden und wir ziehen auch entsprechende Konsequenzen! Auch die Abläufe werden wir optimieren. Wir werden uns dazu in Kürze mit der Justiz, mit dem Landesdatenschutzbeauftragten und mit meinem Haus zusammensetzen. Außerdem habe ich ein internes Berichtswesen angeordnet, das Fehler in der Meldekette bei Disziplinarverstößen weitestgehend ausschließen wird.

Meine Damen und Herren, schwer wiegen die Vorwürfe gegen drei aktive Polizeibeamte und einen ehemaligen Polizeibeamten, die am 12. Juni verhaftet wurden. Die Durchsuchung und Ermittlung sind das Ergebnis eines fast zweijährigen Prozesses. Für diesen Prozess gibt es viele Behauptungen und Vorwürfe. Ich denke, es ist hilfreich, das etwas zu ordnen:

Alles fing im Sommer 2017 mit der Durchsuchung des Generalbundesanwaltes im sogenannten Prepper-Ermitt- lungsverfahren an. Es geht dabei um den Vorwurf des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdeten Gewalttat. Beschuldigt im Land sind ein Polizeibeamter, der suspendiert wurde, und ein Rostocker Anwalt. Schon damals wurden unter anderem größere Mengen Munition gefunden. Weitere Durchsuchungen folgten im April 2018. Die Ermittlungen in diesem Verfahren dauern bis heute an und die liegen ausschließlich beim Generalbundesanwalt und dem Bundeskriminalamt. Dort liegen auch die ganzen Unterlagen und das sichergestellte Material. Wir haben darauf grundsätzlich keinen Zugriff. Der GBA will natürlich die Informationshoheit behalten, um die schwerwiegenden Vorwürfe aufzuklären. Für uns ist das trotzdem misslich, gerade im Bereich von Informationspolitik.

Dennoch, auch wir im Land ermitteln seit den ersten Durchsuchungen im August 2017 im Rahmen unserer Möglichkeiten mit Hochdruck, denn uns war allen klar, dass hier möglicherweise etwas im Argen liegen muss. Salopp gesagt, interessiert sich der GBA nur für die ganz schweren Straftaten. Darauf konzentriert er seine Arbeit, aber wir im Land haben natürlich ein großes Interesse daran, auch die anderen Straftaten aufzudecken und zügig zu ahnden.

Das LKA erhielt für eigene Ermittlungen schon im Herbst 2017 Auszüge aus den sichergestellten Unterlagen und Asservaten. Darüber informierten wir auch die Öffentlichkeit. Die Staatsanwaltschaft Schwerin nahm wenig später erste Ermittlungen auf, die sukzessive ausgeweitet wurden. Es ging schon damals unter anderem um Verstöße gegen das Waffenrecht, das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Sprengstoffgesetz.

Zwei Ereignisse waren für die Ermittlung wegweisend, zum einen die angesprochenen GBA-Durchsuchungen im April 2018. Im Folgenden erhielten wir nämlich Chatverläufe, die darauf hindeuteten, dass die Beschuldigten möglicherweise seit 2012 Munition von Behörden entwenden. Damals konkretisierte sich auch der derzeitige Beschuldigtenkreis. Doch der entscheidende Durchbruch kam erst Anfang dieses Jahres. Das LKA stand den Bundesbehörden buchstäblich auf den Füßen, damit diese möglichst alle sichergestellten Daten zur Verfügung stellen. Im Februar dieses Jahres, also im Februar 2019, übersandte das BKA schließlich 2,7 Terabyte Datenmenge, die seitdem mit Hochdruck ausgewertet werden.

Die monatelange akribische Ermittlungsarbeit der Staats- anwaltschaft Schwerin und des LKA führten schließlich zu den Durchsuchungen und Verhaftungen in der vergangenen Woche. Die vier Beschuldigten haben im Spezialeinsatzkommando zusammengearbeitet, von denen zuletzt aber nur noch einer seinen Dienst beim SEK versah. Der zentrale strafrechtliche Vorwurf ist, dass Munition im LKA entwendet wurde, mutmaßlich bei Schießübungen.

Bei den Durchsuchungen wurde tatsächlich Munition in fünfstelliger Anzahl gefunden. Beim weit überwiegenden Teil, etwa 85 bis 90 Prozent, kann aufgrund der Beschaffenheit ein behördlicher Ursprung ausgeschlossen werden. Die anderen 10 bis 15 Prozent werden derzeit noch untersucht. Ich kann Ihnen dazu noch kein abschließendes Ergebnis präsentieren. Es ist offensichtlich schwieriger als gedacht, die Herkunft zu verifizieren. Sehr wahr

scheinlich stammt ein Teil dieser 10 bis 15 Prozent der Munition übrigens von Behörden außerhalb von Mecklenburg-Vorpommern. Aber auch das muss erst noch abschließend untersucht werden.

Neben den Verstößen gegen das Waffenrecht, das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Sprengstoffgesetz geht es für mich aus polizeilicher Sicht natürlich auch um Verstöße gegen die Wohlverhaltenspflicht. Es liegen Chatverläufe vor, die offenbaren, wes Geistes Kind die Chatteilnehmer sind. Dort wird rechtsradikales und rechtsextremistisches Gedankengut deutlich. Konsequenz: Ein Beamter ist bereits seit Februar 2019 vorläufig des Dienstes enthoben. Gleiches wurde nun für die beiden anderen aktiven Beamten in die Wege geleitet. Disziplinarverfahren werden durchgeführt oder eingeleitet. Ziel ist ganz klar, für diese Beamten ist kein Platz in der Landespolizei. Derartiges Verhalten und derartige Umtriebe werden wir, werde ich nicht dulden!

Bekannt ist mittlerweile auch, dass losgelöst von diesen Straf- und Disziplinarverfahren die Beschuldigten über Chats intensiveren Kontakt zu vier weiteren Beamten hatten. Diese Beamten haben wir erst einmal vorläufig aus dem SEK genommen. Hier muss aber in der Tat noch ermittelt werden, ob straf- oder disziplinarrechtliche Verstöße überhaupt vorliegen. Bei einem Beamten wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet und das Verbot des Führens der Dienstgeschäfte ausgesprochen.

Als Reaktion auf die Vorfälle habe ich Sofortmaßnahmen angeordnet. Das Schießen der Spezialeinheiten wurde bereits vollkommen neu organisiert. Es wird bürokratisch und unpraktisch werden. Wichtig ist aber, dass der Diebstahl von Munition weitestgehend ausgeschlossen wird. Außerdem werden wir die Verwendungszeit im SEK grundsätzlich auf zehn Jahre beschränken. Bewerber im Einstellungsverfahren der Landespolizei werden wir noch genauer unter die Lupe nehmen. Dazu gehört auch eine Regelabfrage beim Verfassungsschutz.

In diesem Zusammenhang haben wir auch die Zusammenarbeit mit der Firma „Baltic-Shooters“ und dem Schießplatz Güstrow beendet. Die Verträge wurden gekündigt. Die Firma hatte regelmäßig hochkarätig besetzte Workshops für Spezialeinheiten ausgerichtet. Die Teilnehmer kamen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus anderen Staaten.

Natürlich wurde da auch geschossen. Der NDR berichtete von 40.000 Schuss. Dazu muss man wissen, der Workshop hat sogar 100 oder mehr Teilnehmer, die an drei Tagen schießen. Da kommt man dann auf vielleicht 200, 300, 400 Schuss pro Person am Tag, daher natürlich selbstverständlich auch eine hohe Gesamtmenge. Das gehört dann zum Ausbildungsbild mit dazu. Da muss man dann auch mal darüber reden, wie das entsteht. Wir reden hier von Spezialkräften, die während einer Übung auch mehrere Magazine verschießen, weil das zum Gesamtbild der Ausbildung oder der jeweiligen Maßnahme gehört.

Die Workshops waren international anerkannt und geschätzt, weshalb also auch für mich selbstverständlich war, für so eine Veranstaltung die Schirmherrschaft zu übernehmen. Gut, hinterher ist man immer schlauer, ob man das macht. Wir haben uns entschieden, so, wie wir uns in der Frage jetzt entschieden haben.

Ich möchte auch an der Stelle betonen, dass das LKA höchst professionell und sehr engagiert die Ermittlungen

im Land durchführte. Da die Beamten gegen ihre eigenen Kollegen ermitteln mussten, wurden sie abgeschottet, und es wurden entsprechende Vorsichtsmaßnahmen ergriffen.

Im Ausschuss hieß es ja von der Fraktion DIE LINKE, das werfe ein schlechtes Licht auf das LKA. Ich muss sagen, das Gegenteil ist der Fall. Das ist professionelle Ermittlungsarbeit. So müssen Beamte vorgehen, wenn sie in der eigenen Behörde ermitteln. Es wurde auch kritisiert, dass die Ermittlungen zu lange dauern, aber ich denke, ich habe ansatzweise versucht zu verdeutlichen, dass wir in hohem Maße von den Bundesbehörden abhängig waren. Bei uns wurde nichts liegengelassen, nichts verschleppt und auch nur halbherzig angegangen.

Auch mit der Kritik zur Informationspolitik des Ministeriums und der Sicherheitsbehörden tue ich mich schwer. Ich verstehe den Wunsch, frühzeitig informiert zu werden. Als Abgeordneter möchte man selbst aktiv werden, selbst aufklären und nicht monatelang auf irgendwelche Ermittlungen warten, von denen man im Zweifelsfall noch nicht mal etwas weiß, aber Staatsanwalt und Polizei unterliegen Zwängen. Die Ermittlungsarbeit darf gerade bei schwerwiegenden Vorwürfen nicht gefährdet werden.

Hinzu kommt, im übergeordneten Verfahren liegt die Sachleitungsbefugnis ausschließlich beim Generalbundesanwalt. Darauf hat selbst mein Kollege Ritter noch vor Kurzem im Ausschuss Mitglieder der AfD-Fraktion hingewiesen. Die Innenpolitiker aber wissen, dass der GBA seine Informationen nur sehr ungern teilt. Und wenn er das doch tut, dürfen die Unterrichteten darüber nicht berichten. Wir haben das auch mehrfach schwarz auf weiß bekommen.

Angesichts dieser Umstände muss natürlich auch verständlich sein oder sollte verständlich sein, dass wir einen Bericht der Prepper-Kommission nicht veröffentlichen konnten, denn entweder steht nichts Interessantes drin oder wir schreiben all die interessanten Fakten rein, die wir gerade ermitteln, dürfen den Bericht dann aber nicht zur Verfügung stellen.

Ich kann den Unmut, insbesondere bei meinem Kollegen Ritter, verstehen. Er ist bei dem Thema mit viel Herzblut dabei und er hat stets hartnäckig nachgefragt, aber ich muss die Zuständigkeiten in unserem föderalen Rechtsstaat respektieren. Ich kann nicht so, wie du und ich das wollen. Mein Spielraum ist überschaubar, aber ich habe ihn stets ausgeschöpft.

Aber ich möchte einen Vorschlag unterbreiten, ich habe ja mit dem einen oder anderen schon gesprochen, wie wir zumindest in diesem Konflikt, in dem Ermittlungsverfahren und vielleicht auch in Zukunft bei der einen oder anderen Sache zukünftig auflösen können. Ich biete an, dass wir in Abstimmung mit dem Landtag ein Gremium mit entsprechender Geheimhaltungsstufe, reduzierter Teilnehmerzahl einrichten, um umfänglicher zum Sachverhalt berichten zu können, ohne Protokoll, ohne die Landtagsverwaltung, ohne die Referenten, nur das Ministerium und ein Abgeordneter pro Fraktion.

Auch in diesem Verfahren würden wir längst nicht alles vorlegen können. Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft sind selbstverständlich tabu, zum Geheimnisverrat darf es nicht kommen, aber einen Einblick in die interne Lagefortschreibung kann ich mir beispielsweise durchaus

vorstellen. Ich denke, das würde auch die Abgeordnetenarbeit erleichtern beziehungsweise das Verständnis für bestimmte Dinge.

Meine Damen, meine Herren, gerade bei den Ausführungen große Aufmerksamkeit erfährt derzeit auch eine Befragung von 29 Zeugen durch das BKA. Ich erläutere gern die Hintergründe. Bei den Durchsuchungen im Sommer 2017 fanden die Ermittler umfangreiche Materialsammlungen, die im Wesentlichen aus öffentlich zugänglichen Quellen stammten. Ich will gar nicht ins Detail gehen, darüber wurde schon in den Medien viel berichtet. Auch das Innenministerium informierte im Rahmen seiner Möglichkeit wiederholt die Öffentlichkeit, so zum Beispiel im September 2017 und im Dezember 2018.

Zuletzt berichtete Staatssekretär Lenz im Januar 2019 umfangreich im Innenausschuss. Er informierte über die angesprochene Materialsammlung, dazu gehören Kundendateien von einem Versandhaus mit Tausenden Namen und andere Loseblattsammlungen. Aus diesem Wust filterte die Generalbundesanwaltschaft Materialien zu 27 Personen heraus. Erst im Laufe der Ermittlungen kamen zwei weitere hinzu, sodass es nun 29 sind. Was war bei diesen Personen anders? Das Besondere ist, dass auf den Unterlagen zu diesen 29 Personen handschriftlich Meldedaten ergänzt wurden. Das ist auffällig und deswegen konzentriert sich der GBA auf diese Personen. So viel zur Entstehung der 27 beziehungsweise 29 Personen.

Aber allein der Umstand, dass der GBA fast zwei Jahre mit der Zeugenbefragung wartete, zeigt doch, dass keine Gefahr für die Zeugen besteht. Das Bundeskriminalamt ist in seiner Einschätzung eindeutig. Ich zitiere: „Die in den Medien kolportierte Existenz einer sogenannten Todesliste lässt sich gegenwärtig nicht verifizieren. Das reine Sammeln von Informationen zu politisch Andersdenkenden ist im Bereich der politisch motivierten Kriminalität nicht unüblich und geht in der Regel nicht mit einer unmittelbaren Gefährdungslage einher.“ Zitatende.

Kleine Anmerkung von mir dazu: Das Sammeln von Informationen wird ja nicht zuletzt auch in den extremistischen Szenen im großen Stil praktiziert, da würde ich genauso wenig von Todeslisten sprechen.

Aber weiter im Text: „Dem Bundeskriminalamt liegen aktuell keine Erkenntnisse dazu vor, dass sie im Zusammenhang mit konkreten Anschlagsplanungen stehen. In der Gesamtschau betrachtet wird bei momentanem Erkenntnisstand ein schädigendes Ereignis zum Nachteil der in den Unterlagen enthaltenen Personen, Parteien und Institutionen sowie Objekte des in Rede stehenden Personenkreises als ausgeschlossen beziehungsweise eher ausgeschlossen betrachtet.“ Zitatende. Das BKA hat in dieser Woche uns noch mal explizit bestätigt, dass sich an dieser Einschätzung bis zum heutigen Tag nichts geändert hat. Die Experten des Landeskriminalamtes sind der gleichen Auffassung.

Das ist das, was ist. Es ist das, was wir in der Hand haben. Mit dieser Information kann ich als Innenminister doch nicht in die Öffentlichkeit gehen und von Todeslisten sprechen. Und genauso schwer fällt es mir, das LKA anzuweisen, die 29 Personen zu informieren, obwohl doch noch gar keine Gefährdung vorliegt. Man könnte mir dann zu Recht – vielleicht nicht von Ihnen – vorwerfen, Panik zu schüren.

Ich sage es mal andersherum: Wenn BKA und LKA den kleinsten Hinweis darauf gehabt hätten, dass diese Personen in Gefahr sind, wären diese nicht nur informiert worden, sondern es wären natürlich auch dementsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen worden. Ja, was denn sonst?! Das BKA wird jedem Zeugen nun die von mir erwähnte Gefährdungsbewertung vorstellen und erläutern, warum er oder sie Zeuge in dem Verfahren ist und warum sie erst jetzt informiert werden. Ich kann gut verstehen, dass das die Betroffenen beunruhigt. Ich sage dazu, das Landeskriminalamt und auch die örtlichen Polizeidienststellen stehen als Ansprechpartner selbstverständlich zur Verfügung, so ist es auch zu dem Verfahren mit den Bundesbehörden abgesprochen. Und genau so ist es auch, dass uns die Ermittlungsergebnisse zeitnah zur Verfügung gestellt werden. Angesichts dieser Tatsache, dass wir auf diesen Informationsfluss angewiesen sind, ist das aus meiner Sicht ein ganz wichtiges Signal.

Meine Damen und Herren, die Vorfälle beim SEK müssen Folgen haben, organisatorisch, strukturell und selbstverständlich auch personell. Die gesamte Landespolizei weiß, dass sich etwas ändern muss. Ich habe eine externe Beratergruppe beauftragt, die Spezialeinheiten des Landeskriminalamtes gründlich zu untersuchen. Es soll ermittelt werden, ob Angehörige der Spezialeinheiten Mitglieder rechtsextremistischer Gruppierungen sind oder sich in entsprechenden Netzwerken betätigen. Das Gleiche gilt für die Reichsbürgerszene und das PrepperMilieu. Ein Schwerpunkt soll außerdem auf das Thema „Innere Führung“ gelegt werden.

Die Beratergruppe besteht aus drei Experten. Der erste ist Heinz Fromm. Er war Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, er war Staatssekretär in Hessen, er ist ein integrer Fachmann auf dem Gebiet des Extremismus und insbesondere in der Bekämpfung des Rechtsextremismus. Der zweite ist Friedrich Eichele, ehemaliger Präsident der Direktion der Bundesbereitschaftspolizei und vor allen Dingen über viele Jahre Kommandeur der GSG 9. Er weiß, wie die Angehörigen von Spezialeinheiten ticken. Der dritte im Bund ist Dr. Manfred Murck. Er ist Soziologe und der ehemalige Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes und Polizeilehrer. Er ist ausgewiesener Experte zum Thema „Innere Führung“. Ich danke den drei Experten ausdrücklich für die Bereitschaft, kurzfristig diese wichtige Aufgabe zu übernehmen. Die Gruppe wird noch personelle Unterstützung erfahren. Außerdem sage ich zu, dass sie bei ihren Untersuchungen alle Freiheiten genießen und von allen Beteiligten voll und ganz unterstützt wird.

Die Beratergruppe soll ihre Ergebnisse und Empfehlungen bis zum 31. Oktober vorlegen. Dabei soll dargelegt werden, ob diese auch auf andere Organisationseinheiten der Landespolizei übertragen werden können. Selbstverständlich werde ich hierzu regelmäßig auch den Innenausschuss informieren. Doch unabhängig von der Arbeit der Beratergruppe weiß die Landespolizei, dass sie ihre Hausaufgaben zu machen hat. Wir wissen, überall in der Gesellschaft gibt es mehr oder weniger verbreitet Probleme mit extremistischen Tendenzen, aber das ist nicht der Anspruch der Landespolizei, diese Tendenzen in der eigenen Organisation hinzunehmen. Die Landespolizei und ihre Führungskräfte und auch ich bekennen uns zu unserer Verantwortung. Die Polizeibeamten auf den Besucherrängen wollen heute stellvertretend für ihre Kollegen im Land ein Zeichen setzen. Wir wollen und

wir werden rechtsextremistische Tendenzen, Strukturen oder Netzwerke in unserer Landespolizei nicht dulden. Wir werden entschlossen jedem Hinweis nachgehen und wir werden alles daransetzen, dass so etwas nicht wieder vorkommt.

Ich habe die Polizeiführung gefragt, ob es nicht ein gutes Signal wäre, wenn sich die Beamten bei der Debatte zeigen würden. Ich habe offene Türen eingerannt. Die Beamten wollen sich den Bürgerinnen und Bürgern hier im Landtag zeigen, sie wollen für Vertrauen werben. Ja, sie wollen sich mit den Abgeordneten solidarisieren in dem Wunsch, alles zu unternehmen, damit der GBA nicht wieder gegen Mitarbeiter der Landespolizei ermitteln muss. Die Ermittlungen und die Vorfälle rund um das SEK sind für die Landespolizei eine Zäsur und ich bin überzeugt, dass sie aus dem bereits gegründeten Aufarbeitungsprozess gestärkt hervorgehen wird. Die Landespolizei hat schon einmal bewiesen, dass sie aus den Geschehnissen die notwenigen Schlüsse ziehen kann, und das wird ihr hier auch gelingen.

Ich bitte Sie daher um Ihr Vertrauen für die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die tadellose Arbeit leisten, die jeden Tag ihren Kopf für uns hinhalten, die vorbehaltlich für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten und die es nicht verdient haben, mit Extremisten, radikalen Reichsbürgern oder sonst wem in einem Topf geschmissen zu werden. Geben Sie der Landespolizei die Chance, ein Klima der Offenheit, der Transparenz überall in der Landespolizei zu schaffen, das undemokratischen Elementen keinen Raum mehr lassen wird! Das ist unser Anspruch und da bitte ich auch um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Minister hat seine Redezeit um fünf Minuten überschritten. Nach unserer Geschäftsordnung steht diese den nicht an der Regierung beteiligten Fraktionen zusätzlich zur Verfügung.

Ich rufe auf für die Fraktion der AfD den Abgeordneten Horst Förster.