Protocol of the Session on June 19, 2019

verfehlte, auf Individualverkehr ausgerichtete Politik nur in eine Broschüre. Und, Herr Minister Backhaus, es reicht auch nicht, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Ich darf Sie mal zitieren: „Wir müssen aber besser werden, zum Beispiel bei der Mobilität und bei alternativen Antrieben.“ Zitatende.

Alles richtig, aber was ist denn in Ihrem Haus? Auch die Landwirtschaft kann, ja, muss viel klimafreundlicher werden und produzieren. Wir LINKE sagen, nicht nur effizienter düngen, sondern deutlich weniger düngen, Rückkehr zu Gewässerrandstreifen, größer als der derzeitige Meter,

(Christoph Grimm, AfD: Sie versteht ja was von Landwirtschaft.)

bodengebundene Landwirtschaft mit nachhaltiger Viehwirtschaft, weniger, aber qualitativ hochwertiger Fleischkonsum durch den Verbraucher,

(Dr. Ralph Weber, AfD: Und nur noch für Reiche, genau.)

Ausweitung und bessere Förderung der Weidetierhaltung, Produzieren für den Wochenmarkt und weniger für den Weltmarkt, weitere Ökologisierung.

Und auch der Kampf gegen den Plastikmüll, der liegt ja bei Ihnen im Haus. Hier habe ich Hoffnung, dass wir im Agrarausschuss was Gutes zustande bekommen, denn auf den Bund brauchen wir nicht zu warten, da geschieht nichts. Bundesumweltministerin Svenja Schulze verweist regelmäßig auf Freiwilligkeit,

(Horst Förster, AfD: Fahren Sie nach Brüssel und erzählen Sie das da!)

und damit haben wir schon oft Schiffbruch erlitten. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Bevor ich für die Landesregierung der Ministerpräsidentin Frau Schwesig das Wort gebe, begrüße ich ganz herzlich auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 11 des ErnstBarlach-Gymnasiums Schönberg. Herzlich willkommen!

Das Wort hat nun für die Landesregierung die Ministerpräsidentin Frau Schwesig.

Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste, vor allem liebe Schülerinnen und Schüler! Passender kann das Publikum nicht sein für die Aktuelle Stunde. Die Fraktion DIE LINKE hat mit dem Thema „Land zum Leben braucht Zukunft – Klimaschutz stärken“ ein wirklich aktuelles Thema aufgerufen, denn es ist ein Thema, was mittlerweile alle Generationen bewegt. Aber man muss schon den Schülerinnen und Schülern der jungen Generation in Mecklenburg-Vorpommern, aber in ganz Deutschland, ja, neidlos das Kompliment machen, sie haben Schwung in diese Debatte gebracht und das ist gut so. Das ist ein tolles Engagement der jungen Leute.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

„Fridays for Future“ hat wichtige Impulse gesetzt und es gibt kaum eine Familie, natürlich auch nicht den politischen Raum, wo nicht das Klimaschutzthema diskutiert wird. Wie halten wir es denn mit der nächsten Urlaubsreise – Bahn, Auto oder Flugzeug? Wie halten wir es mit dem Plastikmüll zu Hause? Zählt nicht wieder der alte DDR-Stoffbeutel in der Tasche anstatt Plastiktüten? Und wie halten wir es damit, dass wir selber, jede und jeder von uns einen Beitrag dafür leisten kann, Umwelt und Natur zu schützen? Aber natürlich braucht es auch große, intensive politische Maßnahmen und dafür ist das Parlament genau der richtige Ort, das zu diskutieren.

Mecklenburg-Vorpommern ist gesegnet mit einer wunderbaren und unberührten Natur. Ich will in Erinnerung rufen, drei Nationalparks von 16 deutschlandweit, drei Biosphärenreservate von 16 deutschlandweit. Wir haben das sauberste Wasser, wir haben die sauberste Luft und den gesündesten Wald in Deutschland und das soll so bleiben – heute und in Zukunft.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und Minister Dr. Till Backhaus)

Einen Moment bitte, Frau Ministerpräsidentin!

Herr Backhaus,

(Minister Dr. Till Backhaus: Oh!)

auch für Sie gilt, kein Applaus von der Regierungsbank.

(allgemeine Heiterkeit – Minister Dr. Till Backhaus: Ich war so emotional.)

Mensch, das kriege ich so selten, Frau Präsidentin.

(allgemeine Heiterkeit)

Da habe ich mich jetzt aber gefreut, dass ich den Nerv unseres Umweltministers,

(Vincent Kokert, CDU: Er hat sich selber beklatscht.)

den Nerv unseres Umweltministers getroffen habe,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Bemerkungen der Präsidentin sind nicht zu kommentieren.)

denn – und da will ich gleich überleiten – ich möchte ihm ganz herzlich danken. Er hat den Vorschlag gemacht, nicht nur mit den jungen Leuten, mit den Schülerinnen und Schülern bei „Fridays for Future“ ins Gespräch zu kommen während der Demos, was wir natürlich gemacht haben, auch die Abgeordneten, sondern sie direkt zu beteiligen über einen Rat für Umwelt und Nachhaltigkeit. Wir haben gemeinsam mit den Vertretern von „Fridays for Future“ beraten, diesen Rat zu gründen. Die Vorbereitungen laufen, die jungen Leute beraten selber, mit welchen Projekten und Themen sie sich dort einbringen wollen. Vielen Dank an unseren Umweltminister für diesen wichtigen Impuls.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Patrick Dahlemann, SPD: Hat er wieder einen Riecher gehabt.)

Wir müssen aber auch ehrlich sein bei der Klimadebatte. Wir haben auch Spannungsfelder. Ein Spannungsfeld konnte man heute direkt vor dem Landtag sehen. Es gibt viele Menschen, die sagen, es muss viel mehr passieren beim Thema „erneuerbarer Energien“. Mehr Windkraft, sagen vor allem die Menschen, die in den Städten leben, aber diejenigen, die im ländlichen Raum leben, wo das Windrad direkt vor dem Haus aufgestellt wird,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Genau.)

die haben Probleme damit, die demonstrieren dagegen und sind dagegen. Und ich finde, man muss ehrlich sagen, dass das Klimathema nicht ein einfaches Thema ist, sondern dass es in der Bevölkerung ein Spannungsfeld gibt, zum Beispiel auch beim Thema Windkraft.

(Thomas Krüger, SPD: Genau.)

Zur Ehrlichkeit gehört auch, dass sich die Leute Sorgen machen, wie wird es zukünftig sein mit den Arbeitsplätzen, auch insbesondere in Industriebereichen, in energieintensiven Industriebereichen, wie wird es sein, wer wird den Preis bezahlen, das ganze Thema CO2-Bepreisung. Deshalb sollte man nicht nur hier stehen und sagen, das ist ein tolles Thema und das ist alles leicht und easy, sondern wir müssen auch ehrlich sagen, es wird auf alle die Diskussion zukommen,

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Niemand hat das gesagt, Frau Schwesig.)

wo müssen wir verzichten und wie finanzieren wir auch zukünftig den Klimaschutz. Das gehört zur Ehrlichkeit der Debatte dazu.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Das sind ja ganz neue Themen.)

Wir in Mecklenburg-Vorpommern können einen wichtigen Beitrag leisten. Und wir sind zum Beispiel Vorreiter in Deutschland beim Ausbau der erneuerbaren Energien.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das sind wir nicht mehr.)

Schon jetzt erzeugen wir mehr erneuerbare Energien, als wir selber brauchen.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Wir verschenken das dann, genau, und dafür zahlen wir die höchsten Strompreise in der Welt.)

Wir erzeugen 173 Prozent des Bedarfes mit 2.000 Windkraftanlagen. Vor wenigen Wochen haben wir vor Rügen den größten Offshorewindpark in der Ostsee eröffnet. Ich sage hier ganz klar, wir schaffen es, unsere eigenen Bedarfe zu erzeugen, sogar mehr. Was wir jetzt brauchen in Deutschland, sind die Netzleitungen. Die Blockade, insbesondere im Süden, gegen den Netzausbau muss jetzt fallen und die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass wir auch die erneuerbaren Energien in ganz

Deutschland nutzen können. Das muss das gemeinsame Ziel sein.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Wir haben eine energiepolitische Konzeption inklusive „Aktionsplan Klimaschutz“ erarbeitet, eine Landesenergie- und Klimaschutzagentur gegründet und – ich durfte es letztens gerade besuchen mit Andreas Butzki – das Landesenergiezentrum in Neustrelitz, was eben auch gerade die Türen öffnet für junge Menschen, für Familien, sich diesem Thema zu widmen.

Zweites Beispiel Landwirtschaft: Auch hier gilt es, den Spagat zu schaffen zwischen einer ökologischen und auch naturbewussten Landwirtschaft und natürlich auch der ausreichenden und bezahlbaren Produktion von Lebensmitteln. Ich will Beispiele nennen:

Erstens. Das Land fördert, dass die Landwirte ihre Dünger emissionsarm ausbringen, und vermindert damit die Emission um mindestens 60 Prozent.

Zweitens. Wir mindern die Stickstoffemission durch Weidehaltung und helfen dabei, Treibhausgase zu reduzieren, und wir verändern und unterstützen auch die baulichen Veränderungen in Ställen.

Weiteres Beispiel neben der Landwirtschaft: der Wald. Wir haben seit 1998 jedes Jahr im Schnitt 800 Hektar Wald von Nadel- zu Mischwald umgebaut. Das ist wichtig, denn Mischwälder können den Klimawandel besser bestehen. Schon 75 Prozent haben wir dafür. Auch Bodenschutz ist Klimaschutz. Ein paar Zahlen dazu:

Erstens. Böden speichern fünfmal so viel Kohlenstoff wie die Vegetation. Und in den Böden der Welt sind mehr als doppelt so viele Treibhausgase gebunden wie in der Atmosphäre und in der gesamten Vegetation der Erde zusammen. Deshalb ist die Renaturierung von Mooren und Feuchtgebieten der wichtigste Beitrag des Landes zur Bindung von Treibhausgasen und hier sind wir Vorreiter. Mit MoorFutures kann sich auch jede und jeder daran beteiligen. Wir sind gerade bei diesem Thema weltweit Vorreiter und viele Länder übernehmen die MoorFutures. Vielen Dank auch hier an unseren Umweltminister.