Protocol of the Session on April 12, 2019

Besonders kämpferisch ist dabei aber vor allem die Wortwahl. Da wird dann vom „Angriff“ oder einer „Aushöhlung des Arbeitszeitgesetzes“ in Ihrem Antragstext gesprochen. Angriff!

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Liebe Kollegen von der Linkspartei, nicht jeder Versuch einer Änderung oder einer Anpassung ist ein Angriff und nicht jede Überlegung zu einer Änderung ist per se schlecht. Die von Ihnen im Antragstext angesprochene Bundesratsinitiative aus Nordrhein-Westfalen forderte die Bundesregierung auf, das Arbeitszeitgesetz den EUArbeitszeitrichtlinien anzupassen. Ja, und ansonsten wird uns hier immer gepredigt, wie toll doch die EU ist, aber hier soll Deutschland wieder, und Mecklenburg-Vorpommern ganz besonders, einen Sonderweg gehen.

Im Detail sollte es möglich werden, anstelle einer täglichen Arbeitszeit eine wöchentliche Arbeitszeit zu vereinbaren. Auch die Ruhezeitregelungen wollte NordrheinWestfalen anpassen. Demnach können die gesetzlichen elf Stunden Ruhezeit verändert werden, wenn der jeweilige Arbeitnehmer im Gegenzug eine gleich hohe Ausgleichsruhezeit erhält. Die Bundesratsinitiative zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten war vor circa einem Monat Thema im Bundesrat. Bei der Abstimmung am 15. März bekam Nordrhein-Westfalen aber nicht die erforderliche absolute Mehrheit.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Das ist gut so.)

Somit ist das Thema eigentlich gegessen. Dennoch können wir über das Thema gerne noch einmal im Wirtschaftsausschuss sprechen. Einer Überweisung des Antrages in den Wirtschaftsausschuss würden wir zustimmen. Dort hatten wir das Thema zuletzt vor zwei Jahren.

Damals sprach der DEHOGA bei uns vor. Um Ihnen das auch noch einmal klar zu sagen, Sie sprechen nicht für die gesamte Arbeitnehmerschaft hier, wenn Sie starre Arbeitszeiten fordern, Sie sprechen für einen Teil der Arbeitnehmer. Der DEHOGA hat das Anliegen vieler Mitarbeiter seiner Mitgliedsunternehmen damals deutlich beschrieben. Und nein, das ist keine Arbeitgeberfantasie, sondern eine Realität, die Sie zur Kenntnis nehmen sollten. Sehr viele Angestellte können sich zum Beispiel durchaus vorstellen, länger zu arbeiten und dafür einen Tag frei zu bekommen. Viele wollen das sogar gern, wenn sie dadurch mehr Geld verdienen.

Beispielsweise würden viele Saisonkräfte aus Polen gerne ihre 40 Stunden Arbeitszeit in vier Tagen durchknüppeln. So hat man an einem Tag mehr Zeit für die Familie und zahlt eine Übernachtung weniger in der Unterkunft. Aber auch unsere heimischen Pendler, die jeden Tag eine Stunde zur Arbeit fahren, haben kaum Vorteile durch das starre Gesetz. Die Anfahrt zur Arbeit vergütet ihnen niemand zeitlich. Bei flexibler Wochenarbeitszeit könnte sich der Arbeitnehmer eine Fahrt sparen.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Spielen Sie jetzt den Cheflobbyisten des DEHOGA?)

Insgesamt hätte er so Zeit gewonnen, nämlich zwei Stunden Fahrtzeit, die er an einem weiteren Arbeitstag

hätte. Sehr viele Studenten auf 450-Euro-Basis würden gern ihre Aushilfsarbeit an einem Wochenende absolvieren. So haben sie unter der Woche den Kopf frei für das Studium.

Klar ist aber auch, die Akzeptanz einer solchen Wochenarbeitszeit hängt immer vom Menschen ab. Der eine will lieber früh nach Hause und sich täglich ein bisschen um die Familie kümmern, der andere will lieber durcharbeiten und einen ganzen Tag mehr für die Familie haben. Von daher ist es ein sehr schwieriges Thema. Ihre einfache Philosophie hilft unserem Land nicht weiter, dessen Markenkern nun mal auch der Tourismus ist.

Das Land will in der neuen Tourismuskonzeption den Tourismus noch stärker ausbauen, noch mehr Service und Qualität sollen geschaffen werden. Das halten wir von der AfD-Fraktion für einen guten Weg. Mehr Service und Qualität können die Gewinnschraube für Unternehmer, Angestellte und Finanzämter nach oben drehen. So kehren wir wieder zurück zu dem Punkt, wie wir aus dem Wirtschaftskeller in Mecklenburg-Vorpommern rauskommen. Wie schaffen wir mehr Qualität und Service?

(Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Da, liebe Linkspartei, hilft wohl nur gute Leistung in Form einer guten Dienstleistung. Viele Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Gastronomie sind gewillt, diese Leistung zu erbringen, nur sie dürfen es nicht. Hier geht es nicht darum, mehr Leistung in Form von Stunden abzufordern, sondern nur darum, die Leistung anders zu verteilen.

(Thomas Krüger, SPD: Mensch, da hat Ihr Referent Ihnen wieder was aufgeschrieben! – Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Die meisten Unternehmer haben kein Interesse an Schwarzarbeit oder Ärger mit Behörden, also bleibt der Laden zu. Die Küche schließt um 21 Uhr oder die Discolichter gehen früher aus. Kann dies unser Ziel als Landesvertreter sein? Wollen wir Leuten verbieten, Geschäfte zu öffnen und Geld zu verdienen? Ich fürchte, ja, wenn ich mir die politischen Ideen der LINKEN und Gewerkschaften zur Bäderverkaufsordnung oder jetzt zum Arbeitszeitgesetz anhöre.

Aber auch ein weiterer Punkt in Ihrem Antragstext ist stark unternehmerfeindlich. Nun behauptet DIE LINKE, dass die Ausnahmeregelung gemäß Paragraf 15 Absatz 1 Nummer 2 Arbeitszeitgesetz ausgeweitet werden könnte auf Betriebe, die das ganze Jahr über geöffnet haben.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Das meinen wir nicht, das ist so.)

Dies ist allerdings in keiner Weise eine Neuerung. Die rechtlichen Bestimmungen haben sich nicht geändert. Es war seit jeher so möglich.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Die Definition der Saisonarbeit hat sich geändert.)

Das Land hat lediglich Hinweise formuliert, welche Betriebe konkret eine solche Ausnahmegenehmigung erhalten können. So hat doch jedes Unternehmen das Recht, sich als Saisonbetrieb registrieren zu lassen, wenn es übermäßig von der Saison abhängig ist.

In Ihrem Begründungstext beziehen Sie sich auf die Antwort zu Ihrer Kleinen Anfrage auf Drucksache 7/2995. Aber da steht es doch schwarz auf weiß: An den Kriterien zu einer Entscheidung, ob ein Betrieb ein Saisonbetrieb ist oder nicht, „hat sich nichts geändert“. Im Übrigen wurde dort auch die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten im Hotel- und Gaststättengewerbe beantwortet. Nach Zahlen des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern beträgt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit maximal 40,6 Stunden in der Gastronomie, zumindest im zweiten Quartal 2018 bei Männern. In anderen Quartalen ist für viele die Wochenarbeitszeit unter 40 Stunden. Ob jetzt diese durchschnittliche Erhöhung um 0,6 Stunden im zweiten Jahresquartal zu Stress und psychischen Erkrankungen führt, vermag ich nicht zu beurteilen.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Dazu sage ich Ihnen noch was. – Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Vielleicht sind es aber andere Faktoren wie eben beispielsweise die Inflexibilität der Wochenarbeitszeit oder aber die Pendlerei und die Tatsache, dass viele Arbeitnehmer aus dem Ausland fern von der Heimat arbeiten, die zu Stress und psychischer Belastung bei den Arbeitnehmern führen. Mit Klassenkampfrhetorik wird gegen das Unternehmertum nun zu Felde gezogen. Das ist nicht zielführend.

(Vincent Kokert, CDU: Dass Sie überhaupt von Rhetorik reden hier. – Henning Foerster, DIE LINKE: Das erzählen Sie immer.)

Vielmehr sollten wir uns alle gemeinsam an einen Tisch setzen und eine Lösung finden. Um das auf Landesebene zu klären, sollten wir das Thema noch mal im Ausschuss explizit besprechen. Mit dem DEHOGA, den IHKs, den Gewerkschaften und Arbeitnehmern sollten wir diskutieren, was das Beste für das Land ist.

Insbesondere bei dem hohen Fachkräftebedarf in der Gastro- und Hotelbranche muss man eine vernünftige Lösung finden. Ich persönlich denke nicht, dass die Arbeitgeber den Fachkräften das Leben schwer machen und Lehrlinge vergraulen wollen. Das können die sich gar nicht leisten und dazu sind sie zu sehr von Menschen abhängig. Und eben um den Menschen direkt dreht es sich auch bei meiner Fraktion. Wir wollen das Beste für die Menschen.

(Heiterkeit bei Henning Foerster, DIE LINKE: Natürlich.)

Einer Erhöhung der Wochenarbeitszeit steht meine AfDFraktion auch skeptisch gegenüber, aber bei einer Änderung der Wochenarbeitszeit zugunsten der Arbeitnehmer auf einer – ich betone – Freiwilligkeit, sehen wir zumindest Klärungsbedarf.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Kennen Sie die tatsächlichen Verhältnisse in der Branche?)

Deshalb würden wir einer Überweisung Ihres Antrages in den Wirtschaftsausschuss zustimmen, allein, um uns dem Thema zu widmen. Vielleicht kommt es dann bei den Abgeordneten zu einem flexibleren Denken, um unser Land im Tourismus- und Gaststättenwesen anzu

packen und unsere gesamtwirtschaftliche Lage zu verbessern, denn Potenziale nicht abzuschöpfen, kann sich unser Land nicht leisten.

Ich habe Bekannte in Schwerin, die fahren jedes Jahr im Winter, in der Wintersaison nach Österreich,

(Vincent Kokert, CDU: Oi!)

um dort 80 Stunden in der Woche zu arbeiten. Das finden die gut, weil sie damit einen dicken Haufen Geld nach Hause bringen. Und umgekehrt,

(Thomas Krüger, SPD: Die Frage ist doch, warum man dort pro Stunde mehr Geld verdient als bei uns.)

umgekehrt gibt es auch Kellner hier in Schwerin, die nehmen zwei und drei Beschäftigungsverhältnisse an, auch, um Geld zu verdienen, einfach nur, um Geld zu verdienen,

(Tilo Gundlack, SPD: Ja, weil es mit einem zu wenig gibt. – Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

und schaffen dann auch mit mal die 60- bis 80-StundenWoche.

(allgemeine Unruhe)

Nein, dem einen reichen 3.000 Euro im Monat und der andere möchte gern 6.000 oder 9.000 verdienen. Das ist der Unterschied.

(Tilo Gundlack, SPD: Wer verdient denn bitte 3.000 Euro in der Gastronomie?)

Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD –

Können Sie mir mal den

Tarifvertrag zeigen? – Thomas Krüger, SPD:

Das ist doch hanebüchen, was Sie erzählen. –

3.000 Euro,

davon träumen die Leute. Was erzählen