Und an die Seite der Fraktion DIE LINKE gerichtet, auch ein bisschen an die BMV/Freie Wähler, möchte ich sagen zu Ihrer Argumentation, ja, das können aber auch andere Amtsgerichte, jetzige Zweigstellen sein, die wieder zu vollwertigen Amtsgerichten aufgewertet werden sollen: Wissen Sie, wie Sie mir vorkommen?! Sie stellen fest, dass es an Bundesstraßen keine Notrufsäulen gibt. Dann kommt ein Angebot, alle vier Kilometer werden welche aufgestellt.
(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Wenn das Angebot mal rechtmäßig wäre, Herr Weber, dann könnte man eventuell mal irgendwie darüber reden oder darüber nachdenken.)
Dann sagen Sie: Nee, das lehnen wir ab, wir wollen nämlich alle zwei Kilometer Notrufsäulen haben. Das ist kleinlich. Anstatt, dass man akzeptiert, dass man erst einmal einen Schritt in die richtige Richtung geht, lehnen Sie diesen Schritt ab, um dann zu sagen, wir wollen die Volllösung oder gar nichts.
und wir bleiben dabei: Wiederherstellung der Amtsgerichte Bergen auf Rügen und Parchim in alter Stärke! Und dazu wird die Landesregierung gebeten, ein entsprechendes Gesetz umzusetzen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/3389. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/3389 bei Zustimmung der Fraktion der AfD, Gegenstimmen der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und Stimmenthaltung der Fraktion Freie Wähler/BMV abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE: Aufbau Ost – Schulen im ländlichen Raum sichern – gleichwertige Lebensverhältnisse im ganzen Land, auf Drucksache 7/3402. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion Freie Wähler/BMV auf Drucksache 7/3460 vor.
Antrag der Fraktion DIE LINKE Aufbau Ost – Schulen im ländlichen Raum sichern – gleichwertige Lebensverhältnisse im ganzen Land – Drucksache 7/3402 –
Ehe Frau Oldenburg beginnt – Sie können schon vorkommen –, habe ich aber noch die Freude, eine neue Besuchergruppe begrüßen zu dürfen. Das sind Bürgerinnen und Bürger aus dem Amt Landhagen und Peene
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Aktuell und mittelfristig ist eine gute Schulbildung durch den bestehenden und langfristig anhaltenden Lehrerkräftemangel im Land grundlegend gefährdet. Bundesweit fehlen seit mehreren Jahren und bis etwa 2033/34 jährlich mehrere Tausende voll ausgebildete Lehrkräfte, was zu einer enormen Konkurrenzsituation führt. Etwa 80 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer verlassen bis 2030 in Mecklenburg-Vorpommern altersbedingt den Schuldienst, was aktuell und in den kommenden Jahren dramatisch wirkt und die Arbeitsbelastung für die noch Tätigen massiv steigert. Derzeit gibt es eine sehr hohe Schwundquote über alle Fächer und Lehramtsstudiengänge hinweg.
Die Gewinnung von angehenden und ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern gelingt nur begrenzt. Selbst die vermehrte Einstellung von Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern löst das Problem quantitativ nicht. Schulen im ländlichen Raum haben enorme Probleme, Lehrerinnen und Lehrer zu gewinnen und zu halten. Die Qualität der Schulbildung mehrerer Jahrgänge von Schülerinnen und Schülern sowie die Gesundheit von Lehrerinnen und Lehrern sind grundlegend gefährdet. Die politische Folge dieser desolaten Lage ist die Kritik an der SPD, die seit mehr als 20 Jahren die Regierung führt, das Finanzministerium leitet und in dieser Zeit vier von fünf Bildungsministern stellt beziehungsweise stellte. An dieser Stelle beende ich mal meine kleine Zitatensammlung aus dem Bildungsantrag vom SPD-Landesparteitag.
Wann kann ich schon mal sagen, alles, was die SPD sagt, stimmt, alles ist richtig, was in diesem Antrag analysiert wird, alles ist richtig, was dieser Antrag beschreibt? Das ist die Realität. Ich kann wirklich nicht behaupten – und das würden Sie ja meiner Fraktion vorwerfen, wenn wir diese Zustandsbeschreibung abgegeben hätten, dass wir das Land schlechtreden –, ich kann nicht behaupten, dass die SPD das Land schlechtredet, nein, denn es ist im Bereich der Bildung wirklich schlecht. Und das gilt es zu ändern!
Sehr geehrte Damen und Herren, nicht nur die Kirche muss im Dorf gelassen werden, sondern auch die Schulen gehören ins Dorf. Mecklenburg-Vorpommern ist bis auf einige wenige Großstädte und größere Städte vor allem eins: ländlicher Raum. Wir möchten die Schulen auf dem Lande erhalten und stärken – die in den großen Städten sind derzeit nicht gefährdet –, denn wo Schulen sind, ist Entwicklung, dort siedeln sich Familien an, ist der Arzt auch nicht weit entfernt, und sicher kommt hier auch der eine oder andere Unternehmer, denn an Schulstandorten ist die Wahrscheinlichkeit nicht allzu gering, dass hier wenigstens ein halbwegs anständiger Breitbandausbau existiert.
Regionen, in denen die Schulen geschlossen wurden, vereinsamen. Dort fährt kaum noch ein Bus oder eine Bahn, weil ja auch keine Schüler mehr in die Schule gefahren werden müssen. Um Schulstandorte zu erhalten, müssen wir endlich die Bedingungen anpassen, die zu einer Schulerhaltung notwendig sind. Ein Punkt davon
ist, dass wir die Schülermindestzahlen für die Eingangsklassen an Grundschulen und an Regionalen Schulen unbedingt senken müssen. Derzeit muss eine Schule am Einfachstandort 20 Schüler in die 1. Klasse einschulen und an der Regionalen Schule müssen es 36 Schülerinnen und Schüler in der 5. Klasse sein. Diese Zahlen stammen aus einer Zeit, da hatten wir fast das Dreifache an Schülerinnen und Schülern.
Jährlich unterschreiten circa 70 Schulen diese Eingangszahlen, was eigentlich laut Gesetz dazu führt, dass die Schulen, wenn sie zweimal in Folge diese Eingangszahlen nicht erreichen, geschlossen werden müssen. So lernen zum Beispiel 15 Kinder in der 1. Klasse in Gagern, 9 in Görmin, 8 in Kröslin, 13 in Mölln. Die 5. Jahrgangsstufe besuchen in Spantekow 35 Schüler, in Zingst 28, 26 in Feldberg, 15 in Malliß und 28 in Jördenstorf. Wenn wir also nicht wollen, dass diese Schulen schließen – einige hätten nach derzeitigem Recht längst geschlossen werden müssen –, dann schlagen wir eben vor, nicht weiter das Recht zu umgehen und Ängste entstehen zu lassen, sondern das Recht so anzupassen, dass diese Schulen erhalten bleiben.
Aber nicht nur an diesen Zahlen müssen wir etwas ändern, sondern auch an der Größe von Klassen insgesamt. Schülerinnen und Schüler brauchen ein Lernumfeld, in dem es ihnen möglich ist, dem Unterricht zu folgen, und in dem es Lehrkräften möglich ist, alle Schülerinnen und Schüler gleichermaßen zu fördern. Deshalb muss ein sogenannter Klassenteiler eingeführt werden. Gerade im inklusiven Unterricht, den wir ja gar nicht neu einführen, sondern bereits seit vielen Jahren praktizieren, sind Klassengrößen von mehr als 25 Schülerinnen und Schülern nicht nur eine Zumutung für die Lehrkraft, sondern auch für die Kinder und die Jugendlichen.
An dieser Stelle möchten wir zurück zu dem, was es in unserem Bundesland wirklich guterweise einmal gegeben hat: Als die Schülerzahlen noch wesentlich höher waren, galt ein Klassenteiler von 29, das hieß, der 29. Schüler teilte die Klasse. Es konnte eine weitere gebildet werden. Und wenn das Land diese Maßnahme einführen würde, würden wir die Unterrichtsbedingungen verbessern und natürlich auch die Arbeitsbedingungen für die Lehrerinnen und Lehrer.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen aber nicht nur kleinere allgemeinbildende Schule erhalten, wir müssen auch Berufsschulen wieder stärken, die vor einigen Jahren zu Außenstellen degradiert worden sind. Die Berufsausbildung in unserem Land ist eine Katastrophe. Wir haben weniger staatliche Berufsschulen als Schulen in freier Trägerschaft. Das Land hat sich aus ganzen Berufsausbildungen verabschiedet. Es ist also kein Wunder, dass wir keine Fachkräfte haben, wir bilden sie ja gar nicht mehr aus. Nein, wir schicken sie in andere Bundesländer und wundern uns, dass sie nicht zurückkommen. Weite Wege, riesige Klassen, gravierender Unterrichtsausfall, viel zu wenige Lehrkräfte und nur ein Viertel aller Berufe wird überhaupt noch in MecklenburgVorpommern ausgebildet.
Von dieser stark gekürzten Ausbildung gibt es derzeit für 70 Berufe nur noch einen einzigen Ausbildungsstandort in Mecklenburg-Vorpommern. Diese sogenannten Landesfachklassen führen dann dazu, dass weite Wege
entstehen, Fahrt- und Übernachtungskosten anfallen, und das Land glaubt auch noch, mit irgendwelchen kleinen Zuschüssen hier seine Schuldigkeit getan zu haben. Nein, nicht einmal ein Prozent der Berufsschülerinnen und Berufsschüler erhält derzeit diesen Zuschuss. Das ist kein Lockmittel, das ist einfach eine Abschreckung.
Wir brauchen wieder alle Berufsschulen als vollwertige Standorte. Und wir müssen Ausbildungsgänge wieder einführen, in denen der Fachkräftebedarf am höchsten ist. Jeder Schüler und jede Auszubildende soll zu seiner Schule und zu seiner Ausbildung kostenlos kommen. Bildung – das haben wir gestern gerade gehabt – muss kostenlos sein, und da meinen wir auch den Weg dorthin.
Sehr geehrte Damen und Herren, aber nicht nur die Kinder und Jugendlichen sollen kostenlos zur Schule und zur Berufsschule, sondern auch ihre künftigen Lehrerinnen und Lehrer. Sie müssen vom Land die Fahrtkosten erstattet bekommen, um entweder ihren Vorbereitungsdienst im ländlichen Raum zu machen oder ihre Praktika ebenfalls im ländlichen Raum zu absolvieren. Wie will ich junge Menschen überzeugen, auf dem Land zu arbeiten, wenn sie dafür auch noch zusätzliche Ausgaben gegenüber denen haben, die in den größeren Städten bleiben wollen? Wenn man dahin geht, wo die Not am größten ist, dann muss man nicht noch draufzahlen.
Und allein, wenn ich mir jetzt junge Studierende in einen Bus lade und mit ihnen mal über Land fahre, davon gewinne ich höchstwahrscheinlich vielleicht einen oder zwei, die im ländlichen Raum arbeiten, aber auch das bezweifle ich. Der ländliche Raum ist doch kein Freilichtmuseum, wo ich mit dem Bus hinfahre, einmal rumlaufe und wieder nach Hause fahre. Das ist der falsche Weg.
(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Torsten Renz, CDU: Wir haben ja auch Gespräche mit den Bürgermeistern.)
Es ist keine Zeit für Modellregionen, es ist keine Zeit zu prüfen, es ist einfach an der Zeit zu handeln!
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 150 Minuten vorzusehen. Ich kann Widerspruch nicht erkennen, weder hören noch sehen, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Frau Hesse, Sie haben das Wort.
Liebe Frau Oldenburg, ich freue mich wirklich sehr, dass Sie diesen Antrag gestellt haben und dass Sie bereits zum zweiten Mal sagen, dass Sie unseren Landesparteitag und unseren gefassten Beschluss gut finden.
(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja, ich möchte nur, dass Sie das alles umsetzen. Das ist mein größter Wunsch, Frau Hesse.)
Vielen Dank dafür! Und vielen Dank dafür, dass Sie auch wirklich anerkennen, dass wir einen sehr guten Beschluss gefasst haben.