Protocol of the Session on March 13, 2019

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute wünsche ich mir mal, dass der ländliche Raum diese Debatte bisher nicht verfolgt hat, denn ich habe mich eigentlich darauf gefreut und habe gedacht, endlich reden wir auch mal über ländliche Räume. Das Thema der AfD war „Heimat im Wandel – Alternative für ländliche Räume“.

Herr Professor Weber, was Sie uns geboten haben, war ein Dackelspaziergang im Baden der späten 60er-Jahre. So hat mein Großvater mal vom Krieg gesprochen.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Manchmal würde ich mir wünschen, Sie wären einfach in Baden geblieben, denn die Realität in MecklenburgVorpommern ist eine völlig andere. Das dürfen Sie dann auch mal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE)

Wenn ich mir unsere ländlichen Räume vorstelle, dann haben Sie natürlich in einer Bewertung recht, da kann man vieles noch besser machen. Aber vielleicht müssen wir auch wenigstens darüber reden dürfen, was wir alles schon als Problem erkannt haben und was wir in der

Vergangenheit abgestellt haben oder noch abstellen müssen.

Herr Professor Weber, Sie haben nicht eine einzige Alternative vorgelegt, wie Sie sich die ländlichen Räume vorstellen, nicht eine einzige.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Sie haben nicht zugehört.)

Sie haben von einem Spaziergang in Baden gesprochen.

(Horst Förster, AfD: Sie haben nicht zugehört, Herr Kokert. – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Sie haben nicht eine einzige Alternative vorgelegt, was Sie eigentlich für Konzepte für die ländlichen Räume haben. Ich habe jedenfalls keine gehört. Ich habe Ihnen ganz angestrengt zugehört, ich habe nur Ihren Spaziergang im Kopf,

(Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

und dann hat die Präsidentin dieses Schauspiel auch irgendwann unterbrochen, weil der Spaziergang sich zu lange hingezogen hat.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Und, meine Damen und Herren, wenn wir über das sprechen, was wir allein in den letzten Monaten auch für den ländlichen Raum auf den Weg gebracht haben, dann lassen Sie sich das bitte noch mal auf der Zunge zergehen. Das ist ja nichts Selbstverständliches und regnet nicht einfach vom Himmel. Das können wir auch deswegen leisten, weil wir in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine positive Haushaltsentwicklung hatten in Mecklenburg-Vorpommern. Wir hatten Bundesländer, die uns bei unserer Entwicklung unterstützt haben und wir sind im Jahr 30 des Falls der Berliner Mauer.

Deshalb darf man auch mal den Kolleginnen und Kollegen in den westdeutschen Bundesländern, die uns immer mit viel Geld unterstützt haben, zurufen, ja, meine Damen und Herren, dafür sind wir Ihnen auch sehr dankbar. Und wir legen das Geld gut an, auch in unseren ländlichen Räumen, denn die ländlichen Räume in Mecklenburg-Vorpommern sind die Zukunft in diesem Land. Und ich wehre mich einfach dagegen, dass wir immer so tun, ländlicher Raum ist sofort konkret ein Problem. Ich sage Ihnen, ich wohne in einem Dorf, da wohnen 26, Herr Professor Weber. Davon sind wir 6.

(Peter Ritter, DIE LINKE: He!)

Ich habe da kein Rathaus, ich habe da keinen Bäcker, ich habe auch keinen Fleischer da. Das können Sie sich vorstellen, bei 26 Leuten lohnt sich das nicht, da lohnt sich nicht mal das Rathaus. Also ich weiß sehr genau, wo die Probleme im ländlichen Raum sind.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Ich finde schon – und das hat in den letzten Jahren zugenommen –, es gibt Gott sei Dank viele junge Familien, die sich ganz bewusst für den ländlichen Raum entscheiden. Ich sage Ihnen, die wollen gar keine Struktur wie in einer großen Stadt.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Nö.)

Die entscheiden für sich und ihre Kinder,

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

wir fühlen uns im ländlichen Raum mit all dem, was wir auch manchmal kritisieren, wohl.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Glauben Sie doch nicht, dass junge Menschen nicht wissen, mein Gott, da fährt kein Bus mehr oder ich muss organisieren, wie meine Kinder in die Schule kommen. Das ist so. Das müssen wir auch klar und deutlich sagen, das werden wir nicht für jede kleine Splittersiedlung in Mecklenburg-Vorpommern umsetzen können. So fair muss man miteinander sein.

Aber eines sage ich auch: Wir nehmen jetzt sogar Landesgeld in die Hand, um endlich darüber zu reden, was ist denn eigentlich Daseinsvorsorge der Zukunft. Da haben wir Strom und Wasser, darüber haben wir mal gesprochen. Ich werde nicht müde, das zu sagen: Dazu wird in der Zukunft, ob uns das gefällt oder nicht, auch der Mobilfunk gehören. Das wird so kommen, schon vor 5G. Die Leute fragen jetzt schon permanent danach, was macht ihr denn nun endlich mit diesen Funklöchern. Wir haben lange auf den Bund gewartet, wir haben wirklich all unsere politischen Möglichkeiten ausgeschöpft, um dafür zu sorgen, dass auf der Bundesebene erkannt wird, ländliche Räume kosten nun mal, jedenfalls bei der Technologie, mehr Geld.

Meine Damen und Herren, ich sage heute mit einiger Ernüchterung, da können wir machen, was wir wollen, da nicken die und wiegen den Kopf und sagen, na ja, gut, lasst die mal toben in Mecklenburg-Vorpommern, damit sollen die alleine klarkommen. Dann nehmen wir unser Schicksal halt allein in die Hand. Dann nehmen wir 50 Millionen in die Hand und bauen davon 1.000 Mobilfunkantennen. Und, meine Damen und Herren, das wird für die Bürgerinnen und Bürger, die im ländlichen Raum wohnen, eine deutliche Erleichterung sein, denn in der Zukunft wird natürlich ganz viel über diese Technologie abzuwickeln sein. Wir reden über Telemedizin. Das wird alles nur funktionieren, wenn wir Mobilfunk haben. Das ist das erste Beispiel, das direkt im ländlichen Raum wirkt, denn wir haben kaum Funklöcher in den Städten. Da gibt es auch ein paar, in Gebäuden vor allem, aber die meisten Funklöcher sind im ländlichen Raum. 50 Millionen dafür.

Herr Professor Weber, Sie haben dankenswerterweise die Feuerwehren angesprochen. Ich habe schon hier vom Pult aus mehrfach gesagt, es gibt nur noch zwei Gesichter des Staates, die wir im ländlichen Raum haben: Das ist der ehrenamtliche Bürgermeister und das ist die Feuerwehr. Das sind die letzten Gesichter des Staates. Daran können sich die Bürger noch festhalten und sagen, das ist der Staat, und solange die noch hier sind, hat uns der Staat nicht vergessen. Und da haben wir ein Defizit. Deswegen sagen wir, wir nehmen noch mal 50 Millionen Euro in die Hand und statten die Feuerwehren besser aus, weil unsere Kameradinnen und Kameraden die beste Ausstattung verdient haben, die es derzeit mit Geld zu kaufen gibt.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und Dr. Ralph Weber, AfD)

Dann bin ich ein bisschen traurig darüber, dass wir überhaupt nicht darüber reden, worüber wir uns jetzt wirklich zehn Jahre im Streit mit der kommunalen Ebene auseinandergesetzt haben. Ich bin ein bisschen traurig, dass der Gesetzgeber für sich sagt, drei Tage lang debattieren wir über ganz viele wichtige Themen, aber über 150 Millionen Euro als Investitionsprogramm für die kommunale Ebene, darüber redet man in diesem Parlament überhaupt nicht. Was da für Mätzchen zwischen SPD und LINKEN stattgefunden haben, das ist mir am Ende erst mal völlig egal. Ich sage nur, ich bedauere zutiefst, dass wir nicht auch im Landtag mal deutlich machen können, was mit 150 Millionen Euro auf der kommunalen Ebene in der Zukunft gehoben werden kann.

Das sind doch die Themen, die unsere Bürgermeister, unsere Gemeindevertreter immer wieder an uns herantragen und sagen, Leute, ich habe nach Abzug Amtsumlage/Kreisumlage nicht mal mehr einen ausgeglichenen Haushalt, wo soll ich in meiner Gemeindevertretung dann noch irgendetwas beschließen. Dieses Investitionsprogramm wird dazu führen, dass wir, völlig losgelöst von der finanziellen Situation der Gemeinde, endlich mal wieder einen Spielplatz bauen können, wir können Radwege sanieren, wir können eine Straßenbeleuchtung instand setzen. Das macht was mit den ländlichen Räumen.

Meine Damen und Herren, wir sind auf dem Weg zu den Kommunalwahlen. Ich hoffe, Sie waren auch stärkstens unterwegs – nee, das hoffe ich bei Ihnen nicht, aber viele andere waren unterwegs –,

(Heiterkeit und Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

haben geworben dafür und haben gesagt, bitte tretet wieder an für die Gemeindevertretung, tretet wieder an als ehrenamtliche Bürgermeister, kümmert euch weiter, setzt euch ein. Deshalb müssen wir natürlich als Land auch das klare Signal senden, der ländliche Raum ist uns nicht egal, sondern wir betrachten den ländlichen Raum in diesem Land als die Zukunftsregion.

Alles, worüber wir reden – da können wir bei der regenerativen Energie anfangen und können beim Mobilfunk aufhören –, sind Themen, die sich im ländlichen Raum widerspiegeln werden. Wir werden als Politik darauf reagieren müssen. Deshalb hätte ich mir heute schon gewünscht, Herr Professor Weber, dass Sie wenigstens einen kleinen Funken von den Konzepten, die Sie anscheinend nicht haben, hier auf den Tisch legen und sagen, das ist unser Modell vom ländlichen Raum. Sie können doch hier nicht solchen argentinischen Rundumschlag machen und am Ende nicht ein einziges Konzept bieten.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Das ist kein argentinischer Rundumschlag.)

Wissen Sie, es ist so, in der Aktuellen Stunde soll man frei reden. Das haben Sie gemacht, aber manchmal hilft natürlich ein grobes Konzept dabei, wenigstens irgendetwas Inhaltliches hier zu bringen. Deshalb schlage ich Ihnen vor, nehmen Sie nächstes Mal eine vorgefertigte Rede und lesen Sie die vor! Ihre Referenten haben sich viel Mühe gegeben. Ich habe mal in Ihrem Wahlprogramm geguckt, das sollten Sie häufiger tun. Ich glaube, Sie wissen manchmal nicht, was da drinsteht.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Danke für den Nachhilfeunterricht!)

Hier die Kurzfassung: Sie fordern in Ihrem Wahlprogramm eine bessere Infrastruktur, schnelles Internet, bessere Gesundheitsversorgung, gute Busanbindungen, Ortszentren mit Einkaufsmöglichkeit, den ländlichen Raum für Unternehmer attraktiver zu machen, zur Investition anregen, Steuervorteile schaffen, Hochgeschwindigkeitsnetz. Herr Professor Weber, nichts von dem haben Sie uns heute hier gesagt.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Doch! Dann haben Sie nicht zugehört. – Heiterkeit und Zuruf von Christoph Grimm, AfD)

Also bitte stehlen Sie doch zukünftig diesem Parlament nicht die Zeit, sondern legen Sie die Konzepte auf den Tisch, die Sie haben! Ich befürchte nur, Sie lesen nicht mal Ihre eigenen Papiere.

(Zuruf und Heiterkeit bei Jens-Holger Schneider, AfD)

Ihnen geht es einfach nur darum, uns hier mit irgendwelchen Dackelspaziergängen auf den Keks zu gehen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, ach, wissen Sie, Sie haben 110 Anträge in diesem Landtag gestellt. Wir haben sie uns alle mal angesehen. Wissen Sie, wie viele Anträge für den ländlichen Raum dabei waren, wo man das explizit rauslesen kann? Ein einziger.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Nein!)

Ja, ein einziger. Da haben Sie sich mit einer Steuerreform beschäftigt, wie Unternehmen, die sich im ländlichen Raum ansiedeln, steuerlich entlastet werden. Das ist gar nicht so ein schlechter Beitrag. Sie haben sich aber nicht mal getraut, das hier beschließen zu lassen oder überhaupt zur Abstimmung zu stellen. Sie waren so mutig und haben gesagt – das war noch Herr Holm –, liebe Landesregierung, berichten Sie doch mal darüber, was für eine Wirkung das in Mecklenburg-Vorpommern entfalten würde. Toll! Mutig!

Also, lieber Herr Professor Weber, wenn Sie wirklich Konzepte für den ländlichen Raum haben,

(Zuruf vonseiten der Fraktion der SPD: Hätten!)