Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/3054. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. Dem Antrag zustimmen? –
(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und AfD – Torsten Renz, CDU: Zustimmen! Zustimmen! – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD – Jens-Holger Schneider, AfD: Meine Herren! – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)
Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/3054 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, ansonsten Gegenstimmen aller anderen Fraktionen im Hause abgelehnt.
Vereinbarungsgemäß, meine sehr geehrten Damen und Herren, rufe ich den Zusatztagesordnungspunkt auf: Aussprache gemäß Paragraf 43 Nummer 2 der Geschäftsordnung des Landtages zum Thema „Aufklärung über gewinnorientierte Sondervergütungen von Vorstandsmitgliedern der Universitätsmedizin Rostock“, auf Antrag der Fraktion DIE LINKE.
Aussprache gemäß § 43 Nummer 2 GO LT zum Thema Aufklärung über gewinnorientierte Sondervergütungen von Vorstandsmitgliedern der Universitätsmedizin Rostock
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Es ist eben gesagt worden, dieser Tagesordnungspunkt ist aufgesetzt worden im Wege der Dringlichkeit. Die Mehrheit des Hauses hat auf Dringlichkeit plädiert und dennoch gibt es sehr unterschiedliche Motivationen, diese Debatte hier durchzuführen. Wir als Linksfraktion wollen Aufklärung über gewinnorientierte Sondervergütungen für Vorstandsmitglieder der Universitätsmedizin Rostock. Eine solche ist wichtig, denn es muss ausgeschlossen sein, dass klingende Münzen in den Geldbeuteln verantwortlicher Krankenhauschefs die medizinische Behandlung vertrauensvoller Patientinnen und Patienten beeinträchtigen. Es muss klar sein, Gesundheit darf keine Ware sein.
Die SPD meint, in dem Thema heute und den seit einem Jahr debattierten Geschehnissen um die Unimedizin Rostock – zumindest klang es bei Herrn Schulte am Mittwoch dieser Woche so an – Missverständnisse zu sehen. Es ist nur konsequent, diese dann ausräumen zu wollen. Insofern ist es gut, dass Sie hier auch auf Dringlichkeit votiert hatten. Für die AfD ist es kein dringliches Thema, wie wir erfuhren. Sie folgt nur wiederstrebend dieser Debatte, was nicht wundert, interessiert sie sich doch für die Belange großer Kapitalgesellschaften mehr als für die Nöte und Sorgen der einfachen Menschen.
und die Diskussion wird etwas anderes zeigen, denn ich habe mich vorhin sehr gewundert, um nicht zu sagen, mich trat ein Pferd: Während wir noch zu einem anderen Tagesordnungspunkt diskutierten – wir sehen ja in diesem Rund immer ganz gut, wer was macht, wer mit wem
… sie übergibt ihm eine Rede. Ich denke, das kann doch nicht wahr sein, gehe also zu Herrn Dr. Jess und frage, Herr Dr. Jess, ist das die Rede der Ministerin für nachher, und er sagt Ja. Da bin ich doch sehr verwundert,
weil ich mich frage, was werden wir denn nachher hören. Hören wir von der AfD die Position der Ministerin oder von der Ministerin die Position der AfD?
Also es ist ganz interessant, was hier so abläuft. Ich halte das für hanebüchen, muss ich mal so sagen.
es geht letztendlich um dieses Thema. Sie haben ja schon vorgelegt und haben gesagt, eigentlich sind gewinnorientierte Sondervergütungen von der PDS schon 2001 mit dem Landeshaushaltsgesetz eingefädelt worden. Dazu muss ich Ihnen Folgendes sagen: Also 2001, wenn es um die Wirtschaftlichkeit ging, ist nur nachvollzogen worden, was seit 1972 zu Brandts Zeiten, als das Krankenhausfinanzierungsgesetz des Bundes eingeführt oder beschlossen wurde, festgeschrieben wurde.
Wir haben damals nachvollzogen, und Wirtschaftlichkeit ist im Übrigen nicht die Aufforderung, Gewinn zu machen, Wirtschaftlichkeit ist die Aufforderung, keine Verluste zuzulassen.
Angesichts der von einem Vorstandsmitglied zur Verfügung gestellten Zielvereinbarung, aus der hervorgeht, dass ab Erreichen eines in Geldeinheiten definierten wirtschaftlichen Ziels zusätzliches Geld winkt, ist es gerechtfertigt, bestimmte Praktiken der Vergütung an der Unimedizin Rostock genauer zu hinterfragen. Die erste Frage ist ganz einfach: Gab es bei Erreichen eines finanziellen Ziels für die Vorstandsmitglieder mehr Geld oder nicht? Die Antwort lautet Ja.
Die zweite Frage lautet: Ist es berechtigt, wenn die Linksfraktion von Sondervergütungen spricht oder handelt es sich um den von der Landesregierung gebrauchten Be
griff der variablen Gehaltsbestandteile? Die Antwort lautet: Die Linksfraktion hat recht, denn reguläre variable Gehaltsbestandteile werden von vornherein in die Personalkosten der Jahresplanung eingepreist, denn sie können ja fällig werden, die hier in Rede stehenden Zahlungen jedoch nicht.
Das beweist allein schon die Aussage des Staatssekretärs Schröder in der heutigen „Ostsee-Zeitung“, in der er ausführt: „2017 war die Erwartung zu dem Zeitpunkt bereits erfüllt, als die Vereinbarung geschlossen wurde. Hätten wir wieder 240.000 Euro genommen, wäre kein Anreiz da gewesen, das Ergebnis zu halten.“ Zitatende. Einmal abgesehen davon, dass es nicht um 240.000 Euro, sondern final um ein Plus von 3,6 Millionen eingepreister Summe ging, Millionen ging, wird deutlich, dass es sich um eine zuvor nicht eingepreiste Summe, also um zusätzliche Zahlungen nach gesonderten Kriterien ging. Was ist das anderes als eine Sondervergütung, sehr geehrte Damen und Herren?
Die dritte Frage lautet: Ist es korrekt, von Gewinnorientierung zu sprechen, wo es doch um Jahresüberschüsse gehen müsse? Darauf werde ich noch eingehen, denn der Begriff „Jahresüberschuss“ ist aus der Buchhaltung und streng normiert, während der Begriff „Gewinn“ vom jeweiligen Definitionszweck abhängt.
All das zeigt, wie komplex und brisant zugleich die Geschehnisse an der Universitätsmedizin Rostock geworden sind. Vor einem Jahr beschäftigte den Landtag die schlichte Frage nach einzelnen Nebentätigkeiten von einzelnen Vorständen an der Universitätsmedizin Rostock. Heute geht es um das Handeln von Vorständen in einem System von Gewinnorientierung an der UMR und die Rolle des Aufsichtsrates und der Landesregierung hierbei. Von einem System darf mit Fug und Recht gesprochen werden, weil die Universitätsmedizin Rostock systematisch auf Gewinn gebürstet wurde.
Ursächlich hierfür sind verschiedene Faktoren: eine allgemeine Ökonomisierung des Gesundheitswesens, schwierige Rahmenbedingungen für Unikliniken – da werden wir, denke ich mal, von der Terpe-Kommission noch einiges auf den Tisch bekommen –, individuelle, finanzielle Anreize für Vorstände und weitere Beschäftigte, die vordringlich auf Wirtschaftsdaten, insbesondere Jahresüberschüsse und letztlich auf Gewinne abzielen, und nicht zuletzt eine mangelnde Investitionsfinanzierung der Landesregierung für Krankenhäuser, die es allen Kliniken schwer macht, zumindest eine schwarze Null zu erwirtschaften. Diese Einsicht hat ja jüngst Gesundheitsminister Glawe an dieser Stelle vorgetragen.
Gewinnorientierung, sehr geehrte Damen und Herren, ist nicht per se etwas Schlechtes. Gewinnorientierung im Gesundheitswesen kollidiert jedoch früher oder später mit dem Anspruch, der Patient steht im Mittelpunkt, ein Anspruch, den die Bildungsministerin im August vergangenen Jahres postulierte und den wir immer unterstützt haben. Wenn von Gewinnorientierung die Rede ist, müssen Erlöse von Erträgen, müssen Erträge von Jahresüberschüssen und Jahresüberschüsse von Gewinnen einerseits begrifflich unterschieden und andererseits in einen Zusammenhang gestellt werden.
Erlöse sind Geldbeträge, die im Ergebnis des Erbringens von Produkten und Dienstleistungen eingenommen werden. Erträge sind die Summe aller wirtschaftlichen Leistungen. Jahresüberschüsse sind die sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung ergebende positive Differenz aus Erträgen und Aufwendungen in einer Rechnungsperiode. Gewinn ist das ausgewiesene Ergebnis des Überschusses der Erträge über die Aufwendungen und Erträge. Sie lassen sich vor beziehungsweise nach Steuern ermitteln. Im Übrigen – weil das ja immer so in Abrede gestellt wurde – weist die Bilanz der Universitätsmedizin Rostock selbst den Posten Gewinnrücklagen aus. Wenn behauptet würde, da ginge es nicht um Gewinn, dann könnten ja auch keine Gewinnrücklagen entstanden sein.
Weil Jahresüberschüsse der betriebswirtschaftliche Ausweis von Gewinnen sind, stimmt es nicht, dass es an der UMR mit den besagten Zielvereinbarungen lediglich um eine Ertragsorientierung, sondern vielmehr eindeutig um eine Gewinnorientierung ging und geht. Von einer nachhaltigen Gewinnorientierung ist aufgrund der bekannt gewordenen Zielvereinbarung an der UMR auch deshalb zu sprechen, weil mit eben diesen Zielvereinbarungen ein Mechanismus in Gang gesetzt wurde, der auf immer neue und immer höhere Zuschüsse zielt. Nun war heute zwar zu lesen, dass dies nur für 2017 gegolten hat, den Beweis, dass es 2018 aber nicht so war, haben wir nicht vorliegen.
Ich will kurz erklären, warum ich oder warum wir zu dieser Aussage, dass es ein Mechanismus ist, der in Gang gesetzt wurde, kommen. Der Durchschnitt des Jahresüberschusses der vergangenen vier Jahre und der geplanten zwei Folgejahre wird zur Basis für die wirtschaftliche Zielstellung mit den jeweiligen Vorstandsmitgliedern genommen. Die Zielstellung gilt dann als erfüllt, wenn der so ermittelte Jahresüberschuss um mindestens 240.101 Euro bis maximal 3.619.127 Euro überboten wird. Wird die Zielstellung erfüllt, gibt es 50 bis 100 Prozent einer in Aussicht gestellten Sondervergütung. Dass die betreffenden Vorstandsmitglieder ehrgeizig alles daransetzen, das Ziel zu erreichen, liegt in der Natur der Sache. Mit jeder Zielerfüllung steigt so der Durchschnittswert, der wiederum die Basis für die nächste Zielvereinbarung darstellt.
Was ist das anderes als ein Mechanismus der Gewinnmaximierung? Eben das wurde in Interviews bestritten durch die Ministerin im August 2018 und durch den Staatssekretär im Juli 2018 im Fernsehen. Eine Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage vom 17. August 2018 offenbart die mit der veröffentlichten Zielvereinbarung bekannt gewordene Praxis gewinnorientierter Sondervergütungen nicht, weil immer so getan wird, dann hätten wir ja alles wissen müssen. Sie räumen neben der Tatsache, dass es funktional inhaltliche Zielstellungen gab, auch ein, dass es wirtschaftliche Zielstellungen gab. Es wird aber nicht näher definiert, welche.
Dieser Zielstellung im Kontext der Antwort auf die Kleine Anfrage ist zu entnehmen, dass die Zielstellung allein nicht darin bestand, ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen. Dass im Nachgang, was uns jetzt hier zusammenführt zu diesem Tagesordnungspunkt, aber ein ganz anderes Prozedere in Gang gesetzt war, war damals schon bekannt, denn ausweislich dieser Veröffentlichung ist die Unterschrift am 31.03.2017 gesetzt worden. Noch im August 2018 liest sich das aber – Sie können es alles
Sehr geehrte Damen und Herren, alle vor uns liegenden Erkenntnisse offenbaren, dass es an der Spitze der Universitätsmedizin Rostock hinsichtlich der Wirtschaftsergebnisse immer und vordergründig um die Erhöhung des sogenannten Case Mix ging, also letzten Endes um eine Fallzahlsteigerung, ohne die Personalkapazitäten anzupassen, weil dann der Gewinn steigt – Erlös steigt, Kosten bleiben gleich. Folgerichtig wurde auf die Erhöhung der einträglichen Fälle bei gleichzeitigem Abbau der Personalkosten und der Personalkostenquote gedrungen.
Unsere Erkenntnisse weisen auch darauf hin, dass es sowohl innerhalb als auch außerhalb der Universitätsmedizin Rostock Kritik am Fehlen eines schlüssigen, außertariflichen Vergütungskonzeptes gab. Weiterhin ist für uns erkennbar, dass in den Jahresplänen jeweils eine schwarze Null ausgewiesen wurde, wohl wissend, dass die Jahresergebnisse über die Jahre hinweg jeweils ein Plus von 1,5 Millionen bis über 8 Millionen Euro auswiesen. Unrealistische Planungen sind somit Methode geworden, um nicht offiziell gegen die Zielvereinbarung zwischen dem Land und den Universitäten zu verstoßen.