(Dirk Lerche, AfD: Das kann Demokratie aber nur auf kleinster Ebene schaffen. – Glocke der Vizepräsidentin)
Ganz konkret schlagen wir vor, das Parlament endlich über ein Initiativrecht für Gesetze verfügen zu lassen.
(Horst Förster, AfD: Es muss erst mal demokratisch werden. – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)
Und auch eine institutionelle Aufwertung des Ausschusses der Regionen – der Kollege Gundlack wurde ja heute schon erwähnt – hin zu einer zweiten Parlamentskammer mit echten Befugnissen können wir uns sehr gut vorstellen.
Mehr Demokratie wagen, heißt aber auch, Nein zu sagen zu privaten Schiedsgerichten in Handelsabkommen. Es kann doch nicht ernsthaft sein, dass Unternehmen damit beginnen, Staaten zu verklagen, weil sie ihre Gewinnerwartungen bedroht sehen. Das kann es doch nun wirklich nicht sein, meine Damen und Herren.
(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Christoph Grimm, AfD – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)
Wenn wir über demokratische Reformen reden, müssen wir natürlich auch über Elemente direkter Demokratie reden. Also, nur um das klarzumachen: keine Befragung von oben, wie das hier im Haus diskutiert wurde, sondern echte, direkte Demokratie. Und dort haben wir mit dem Instrument der Europäischen Bürgerinitiative ja schon ein wirkungsvolles Instrument, was wir weiter ausbauen und verbessern wollen. Ich erinnere nur an die erfolgreiche Initiative „Wasser ist ein Menschenrecht!“, die das Thema der Privatisierung von Wasser damals auch ganz oben auf die politische Agenda gesetzt hat. Sehr vernünftig!
Gleichzeitig haben wir aber immer deutlich gemacht – das gehört auch zur Wahrheit dazu –, dass wir uns nicht damit zufriedengeben, dass die EU vorrangig eine Wirtschafts- und Währungsunion sein soll, sondern die EU nur dann Zukunft haben wird, wenn es ihr gelingt, die großen Ungerechtigkeiten, die zwischen dem Norden und dem Süden, ja, auch zwischen Ost und West, die großen Unterschiede zwischen Arm und Reich erfolgreich zu bekämpfen.
Soziale Wohlfahrt und die Schaffung und Erhaltung von gut bezahlten Arbeitsplätzen müssen endlich ins Zentrum der europäischen Debatte gerückt werden,
Entsprechend haben wir für die Landtagssitzung auch unseren Antrag „Gemeinsame soziale Standards für alle Europäerinnen und Europäer“ vorgelegt. Dort können wir dann ja ganz konkret besprechen, wie wir zu mehr sozialer Gerechtigkeit kommen. Ich muss sagen – ich mag es überhört haben –, ich habe vonseiten der SPD und auch von der Ministerpräsidentin in ihren Reden bei aller Wertschätzung leider das Wort „sozial“ nicht ein einziges Mal gehört.
(Torsten Renz, CDU: Das ist doch Ihr Part oder nicht?! – Peter Ritter, DIE LINKE: Richtig erkannt, Herr Renz! Richtig erkannt! – Zurufe von Thomas Krüger, SPD, und Jochen Schulte, SPD)
An dieser Stelle möchte ich aber auch noch auf den zentralen Begriff Ihrer Aktuellen Stunde eingehen,
nämlich das Thema Frieden. Es heißt immer: Ist die EU ein Friedensprojekt? Das wird man immer wieder gefragt. Und ja, natürlich ist sie das. Fast 75 Jahre Frieden zwischen den Mitgliedsstaaten auf dem Kontinent, der über viele Jahrhunderte schreckliche Verwüstungen erlebt hat, die im Zweiten Weltkrieg – Herr Krüger hat es angesprochen –, die im Zweiten Weltkrieg mit dem industriellen Massenmord der Nazis seinen zivilisatorischen Tiefpunkt gefunden hat, sind Beleg dafür, dass die europäische Integration eben doch ein wesentlicher Pfeiler für Frieden zwischen den Staaten in Europa ist.
Mit dem harten Brexit und der Ziehung von Grenzzäunen zwischen Irland und Nordirland droht ein längst überwundener Konflikt wieder aufzubrechen. Der Autobombenanschlag wurde erwähnt und auch die Gefahr, dass sich daraus Schlimmeres entwickeln könnte. Aber wir brauchen gar nicht in die Ferne zu schweifen, denn, wenn wir über Frieden reden, müssen wir auch über Abrüstung, wir müssen über Konventionen und wir müssen über das Verbot von Rüstungsexporten sprechen.
Von den zehn größten Rüstungsexporteuren schwerer Waffen in der Welt sind fünf Mitgliedsstaaten der EU. Und ja, meine Damen und Herren, jede Waffe findet ihren Krieg – egal, ob es der deutsche Panzer ist, den die Türkei in Syrien einsetzt oder auch die Patrouillenboote, die bei uns im Land gebaut wurden und die SaudiArabien im Krieg gegen den Jemen eingesetzt hat.
Es muss endlich Schluss damit sein, dass deutsche und europäische Rüstungskonzerne an den Kriegen auf dieser Welt verdienen! Wir brauchen keinen Verteidigungsfonds zur Aufrüstung der EU
(Dr. Ralph Weber, AfD: In Wolgast wird man das wohl sehr genau zur Kenntnis nehmen. – Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)
Stattdessen brauchen wir endlich eine Politik, die das Zivile in den Mittelpunkt des Handelns stellt,
(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig! Das Zivile! Auch in Wolgast.)
Wann gelingt es denn endlich, die immer noch frostigen Beziehungen zu Russland endlich aufzutauen? Sind die schwachen Reaktionen der Bundesregierung auf die Drohungen des US-Botschafter Grenell – das ist hier heute schon gefallen – an Firmen, die an Nord Stream 2 beteiligt sind, ein geeignetes Mittel? Trägt es zur Entspannung bei, dass in der südlichen Ostsee, also direkt vor unserer eigenen Haustür, zwei Kriegsschiffe der USNavy unterwegs sind, um die nationalen Interessen der USA zu verteidigen?
Was wir brauchen, ist endlich eine Abkehr von der Konfrontation und dem Drehen an der Sanktionsspirale.
Für meine Fraktion ist klar: Wir sagen Ja zur europäischen Integration, wir sagen Ja zur EU, aber wir brauchen dringend Reformen für eine demokratischere, sozialere und friedlichere Union, denn Wohlstand, meine Damen und Herren, misst sich am Ende nicht an den Aktienwerten oder den Umsätzen von DAX-Unternehmen. – Vielen Dank.