Protocol of the Session on December 13, 2018

Schwerin engagiert sich für die Aufnahme des Schweriner Residenzensembles in die UNESCO-Welterbeliste. Eine Kulturstadt mit Anspruch? Eine Landeshauptstadt mit Bildung? Die Klassiker auf der Bühne – Mozart, Goethe, Schiller – sind nicht nur für Schülerinnen und Schüler wichtig, doch das Repertoire des Staatstheaters ist in Gefahr. Und wenn ich aus dem Haus höre, das Repertoire sei in Bezug auf Schauspiel, Musiktheater und Ballett verloren – verloren! –, dann haben wir ein Problem. Und dieses Problem besteht auch, weil völlig unklar ist, wohin die Reise strukturell eigentlich gehen soll. Ein gemeinsam abgestimmtes künstlerisches Gesamtkonzept fehlt. Beispielsweise weiß niemand, welches Motto welche Sparte in zukünftigen Spielzeiten auszeichnen wird. Das Haus wird verwaltet, so lautet die Kritik der Künstlerinnen und Künstler, und ich kann sie nachvollziehen.

Liebe Frau Ministerin Hesse, unseren Antrag und somit die heutige Aussprache zu vertagen, war und ist nicht nachvollziehbar. Die Lage war schon vor einem Monat dringlich und doch haben Sie eben dieser Dringlichkeit nicht zugestimmt. Heute ist es also soweit, und in den letzten Wochen ist einiges passiert. Mein Kollege Henning Foerster wird dazu etwas sagen, denn er hat als Schweriner Stadtvertreter den Prozess von Beginn an begleitet und sich vor Ort eingebracht.

(Zuruf von Christian Brade, SPD)

An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich bei den engagierten Schweriner Kommunalpolitiker/-innen bedanken, die von Beginn an beherztes Engagement gezeigt haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Schauen wir wieder auf die Landesebene. Wie wurde reagiert? Frau Ministerin hat sich eingebracht und Ge

spräche aufgenommen. Das begrüßen wir. Über die Ergebnisse wird sie nachher sicher informieren. Langfristige und kurzfristige Maßnahmen zur Vertrauensbildung seien notwendig, man habe sich auf einen Plan geeinigt. Die Zeit müsse nun zeigen, ob die in der Presse als Donnerschlag bezeichnete Eskalation am Haus etwas bewirkt, etwas verändert. Grundsätzlich kann man also sagen: Unmut hat sich breitgemacht, Stadt und Land haben reagiert, aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Praxistest steht aus.

Das größte Problem scheint der Führungsstil zu sein, sicher manchmal auch eine Sache des Empfindens, doch unterschätzen darf man die zahlreichen spartenübergreifenden Beschwerden nicht. Ich weiß aus Erfahrung, wie verheerend die Folgen für ein Haus sein können. Im Zweifel entsteht ein Flurschaden, in dessen Folge Künstler/-innen das Haus verlassen oder gar nicht erst kommen. Regisseure bleiben fern, eine bundesweite Rufschädigung ist die Folge. Die Abwanderung von Mitarbeiterinnen gefährdet immer das Niveau eines Theaters.

Liebe Frau Ministerin, das Thema ist keineswegs vom Tisch. Im Anschluss an die Gesprächsrunden, die Sie miterlebt haben, müssen Sie überprüfen, was tatsächlich passiert. Was hat sich beispielsweise jetzt schon verändert? Die Presse ist das eine, aber wie sieht die Realität aus? Hat sich die Gesprächskultur wirklich verbessert oder ist es nicht so, dass der Abbau des Schauspiels sich fortsetzt, obwohl die Konsolidierung ja eigentlich beendet ist? Zugesagte Produktionen kommen nicht, keine der bereits getroffenen Entscheidungen, die kritisiert worden sind, wurden zurückgenommen, vorhandene Stellen werden nicht besetzt.

Gesprächspartner/-innen sagen, was sie sagen in einer Runde, aber am Ende kommt es darauf an, welche Taten Ihren Worten folgen. Sie sollten dringend im Blick behalten, wie sich die Situation am Haus entwickelt. Ich habe die Vermutung, dass das Vertrauen zerstört ist und sich die Zusammenarbeit nicht wieder auf konstruktive Füße stellen lässt. An dieser Stelle möchte ich etwas zur Mediation sagen, das Zauberwort „Mediation“. Alle lieben Mediation, das ist auch schön, aber Mediation ergibt nur dann einen Sinn, wenn auch beide Seiten einen Sinn erkennen und sich auf eine Mediation einlassen. Solche Formate kann man nicht verordnen.

Schaue ich nun auf unseren Antragstext, können Sie eigentlich nur zustimmen. Sie haben begonnen, was wir beantragt haben, Sie haben gesehen, was wir gesehen haben. Es besteht enormer Handlungsbedarf. Es ist gut, dass Gespräche aufgenommen wurden, doch hier ist die Reise noch lange nicht zu Ende. Ich freue mich auf eine gemeinsame Beschlussfassung. Opposition und Regierung zusammen für ein Staatstheater – das wäre doch mal ein starkes Signal. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen und ich eröffne die Aussprache.

Für die Landesregierung hat zunächst ums Wort gebeten die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Frau Hesse, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte abweichen von meinem Redemanuskript, weil ich gerne auf das eingehen möchte, was meine Vorrednerin vorgetragen hat. Ich glaube, das sind wir dem Publikum, was ich ja nicht begrüßen darf, auch sehr schuldig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte zunächst einmal auf den Antrag eingehen und ich stelle mir die Frage: Ist es richtig und gut, dass wir heute hier in diesem Rahmen über die Situation des Mecklenburgischen Staatstheaters sprechen, oder ist es nicht gut? Die Situation ist schwierig, und das nehmen wir als Gesellschafter, das nehmen wir als Landesregierung sehr ernst. Ist es aber deswegen gut, so etwas öffentlich in einem Landtag zu debattieren, wo ich nicht weiß,

(Horst Förster, AfD: Im Zweifel nicht.)

wo ich nicht weiß, ob alle wirklich tief greifende Kenntnisse haben, um das tatsächlich zu bewerten, wie die Situation ist? Ich möchte das auch begründen.

Ich habe mich in den ersten Gesprächen schwer damit getan, ein abschließendes Bild im Kopf zu haben, wie ist denn die Situation. Und ich finde, das ist nur richtig, denn, wenn man etwas beurteilt, muss man sich vorher ein umfassendes Bild machen, und das haben wir getan. Insofern sehe ich mich heute in der Lage, auch öffentlich etwas dazu zu sagen, und insofern kann ich für mich heute nur den Schluss ziehen, dass ich sage, es ist vielleicht doch ganz gut, dass wir heute darüber debattieren, wir einige Standpunkte klarmachen und auch einige Ergebnisse vortragen können.

Ich möchte beginnen mit etwas, was mir persönlich sehr wichtig ist. Das Land, die Landesregierung mit Manuela Schwesig an der Spitze steht zu der Theaterlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

und steht zu unserem Flaggschiff hier in Schwerin und Parchim. Das möchte ich ganz klar betonen. Deswegen haben wir uns als Landesregierung auch auf den Weg gemacht und den Theaterpakt beschlossen. Ich bin der Koalition sehr dankbar und auch denjenigen in der Opposition, die sich positiv geäußert haben, dass man diesen Theaterpakt begrüßt hat, weil es ein richtiger und wichtiger Schritt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Theater, an den Theatern in MecklenburgVorpommern war, weil wir endlich dahin kommen werden, was immer wieder gefordert wurde: mehr Tariftreue. Das ist, glaube ich, das, was wir alle auch brauchen: verlässliche Partner. Dazu gehört auch eine vernünftige Bezahlung.

Jetzt zur Situation im Theater in Schwerin: Auch uns Gesellschaftern ist es nicht verborgen geblieben, dass die Situation extrem angespannt ist. Wir haben uns daraufhin – und dafür bin ich dem Aufsichtsrat sehr dankbar – sehr intensiv mit der Situation auseinandergesetzt. Der Aufsichtsrat hat etwas gemacht, was nicht üblich ist für einen Aufsichtsrat. Er hat eine sehr umfassende Anhörung gemacht, wo wirklich auch Stimmen gehört werden konnten. Wir als Gesellschafter sind sogar in die Aufsichtsratssitzung mit reingegangen – ich war bei der letzten Aufsichtsratssitzung mit dabei, und der Landrat aus Ludwigslust-Parchim war sogar bei beiden Sitzungen

mit dabei –, um zu hören, was dort im Aufsichtsrat besprochen wird. Ich fand das sehr konstruktiv, ich fand das richtig, ohne jetzt Details nennen zu dürfen, was im Aufsichtsrat besprochen wurde. Aber ich fand es absolut richtig und gut, dass der Aufsichtsrat sich dieser Aufgabe gestellt hat. Dafür gilt mein ausdrücklicher Dank, dass man sich diese Zeit genommen hat.

(Beifall Rainer Albrecht, SPD)

Ich möchte auch auf Folgendes eingehen, weil es sich bei Frau Kröger so anhörte, wir hätten irgendwelche Gespräche geführt. Das wird den Tatsachen nicht gerecht. Es ging nicht um Gespräche, sondern es waren die Gremien, die sich mit der Situation auseinandergesetzt haben. Das ist ein anderer Punkt, als dass wir uns mal eben so zusammengesetzt und gesprochen haben. Wir haben sehr ernsthaft diskutiert, wir haben sehr ernsthaft diskutiert und dann entsprechend einen Faden aufgenommen. Den möchte ich hier kurz skizzieren.

Ich möchte auch noch mal ganz deutlich sagen, dass wir als Gesellschafter sehr kurzfristig zweimal zusammengekommen sind, um die Situation umfassend zu beraten. Und wir haben auch mit den Intendanten sehr intensiv dazu gesprochen. Was letztendlich in diesen Gesprächen, in diesen Gremienbeteiligungen rausgekommen ist, möchte ich Ihnen ganz kurz skizzieren, damit Sie sehen, dass der Antrag eigentlich jetzt obsolet ist, weil wir schon weiter sind als das, was gefordert wurde.

In diesem Antrag wurde gefordert, dass die Landesregierung ihrer Verantwortung als Hauptgesellschafter in Abstimmung mit den Teilgesellschaftern nachkommen soll, um sowohl mit der Leitung als auch mit den Arbeitnehmervertretungen das Gespräch zu suchen, um vorhandene Probleme auszuräumen. Wir haben mehr gemacht. Wir haben nicht nur das Gespräch gesucht in den Gremien, sondern wir haben einen festen Fahrplan verabredet,

(Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Das habe ich nicht gesagt.)

auch unter Beteiligung des Betriebsratsvorsitzenden, wo ich auch sehr dankbar bin, dass er letztendlich gesagt hat, er versucht mit uns gemeinsam den Weg zu gehen. Das heißt, wir haben jetzt einen Fahrplan verabredet, der fünf Punkte beinhaltet.

Der erste Punkt – der war insbesondere dem Betriebsrat sehr wichtig – ist, dass man jetzt sehr kurzfristig den Generalintendanten und die Geschäftsführung beauftragen muss, zeitnah umsetzbare konkrete Maßnahmen zu benennen, die auch die Situation verbessern sollen. Da werden die Punkte, die Frau Kröger richtigerweise angesprochen hat, Gegenstand dieser Erörterung sein. Und wir haben verabredet, dass bereits erste Maßnahmen in der nächsten Woche beschlossen werden sollen. Das ist Punkt eins.

Punkt zwei ist – und das war etwas, was der Landeshauptstadt Schwerin, was dem Oberbürgermeister wichtig war und diesem Votum oder Vorschlag wir uns gerne angeschlossen haben –, wir möchten eine umfassende Mitarbeiterbefragung durchführen lassen, um noch mal ein umfassendes Bild zu bekommen, wie ist denn nun die Situation am Theater. Diese Mitarbeiterbefragung soll relativ zeitnah erfolgen, nämlich bereits im Januar und im

Februar. Wir werden uns dazu sehr zeitnah externe Unterstützung suchen, die dann hoffentlich von allen Seiten akzeptiert wird, um diese Mitarbeiterbefragung durchzuführen.

Und drittens. Es soll eine Führungskräfteentwicklung geben, auch mit externer Unterstützung, um zu schauen, wie kann man die Führungsebene insbesondere in Fragen der Kommunikation noch weiter stärken, denn – das sage ich an dieser Stelle auch sehr deutlich – ich persönlich halte nichts von einer Kommunikation über die Presse, von einer Kommunikation über Aushänge und von einer Kommunikation über Schreiben, die irgendwo im Briefkasten landen. Das ist eindeutig etwas, was verbessert werden muss. Das haben die Gesellschafter auch sehr deutlich formuliert, dass es wichtig ist. Das ist in jedem Unternehmen so, es ist in jeder Gesellschaft so. Es steht und fällt mit einer guten Kommunikation. Davon erhoffen wir uns, dass das auch in Zukunft einfach besser läuft.

(Beifall Jochen Schulte, SPD)

Und, meine Damen und Herren, was für uns das Wichtigste ist – daran werden wir alle gemeinsam arbeiten müssen, und das ist auch mein Appell in diese Runde, insofern ist es, glaube ich, gut, dass wir heute darüber doch noch mal debattieren können, ich habe mich jetzt selbst davon überzeugt in meiner Rede, dass ich es richtig finde –, ich glaube, es ist einfach total wichtig,

(Jochen Schulte, SPD: Die Rede ist halt gut, Birgit.)

und darauf möchte ich auch wirklich die Kernbotschaft reduzieren, dass wir eines erzielen müssen: Es muss wieder mehr Vertrauen herrschen am Theater, es muss eine Kultur der Wertschätzung herrschen und es muss eine Kultur der gegenseitigen Kommunikation wiedererweckt werden. Das sind aus meiner Sicht die Grundlagen, um wieder dahinzukommen, wo wir eigentlich hinwollen, nämlich, dass sich unser Theater, unser Mecklenburgisches Staatstheater wieder auf das konzentrieren kann, wofür dieses Theater steht, nämlich für die Freude am Theater.

Ich glaube, das ist das, was wir alle möchten, und das sollte unser gemeinsames Ziel sein. Dafür steht diese Landesregierung, dafür steht der Aufsichtsrat, dafür stehen die Gesellschafter. Und ich möchte abschließend einfach sagen, dass wir vier Gesellschafter uns in die Hand versprochen haben, gemeinsam mit dem Theater wieder dahinzukommen: Freude am Theater. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Frau Ministerin, ehe Sie das Pult verlassen, gestatten Sie eine Nachfrage …

Gerne.

… der Abgeordneten?

Ja.

Bitte.

Vielen Dank.

Frau Ministerin, Sie führten eben aus, dass Sie die Kommunikation über Briefe und Aushänge schwierig finden. Aber meinen Sie nicht auch, dass gerade ein Theater, auch blickend auf die Geschichte und die besondere Rolle von Theaterhäusern in der Menschheitsgeschichte, dass gerade ein Theater sich das Recht herausnehmen sollte, wenn es Probleme und Missstände gibt, diese auch offensiv anzugehen, sie öffentlich zu kommunizieren, vor allem in Bezug auf die Künstlerinnen und Künstler? Ist nicht gerade an einem Theater offene und transparente Kommunikation wichtig?

Also offene und transparente Kommunikation ist immer wichtig. Das, finde ich, schließt aber ein Stück weit auch Kommunikation über Aushänge aus. Aber was mir wichtig ist, ist, wenn es Probleme gibt, muss man natürlich Möglichkeiten suchen, um sich Gehör zu verschaffen. Wenn das nur über Aushänge geht, ist es so. Was ich gefordert habe, ist der Blick nach vorne, dass es eigentlich gar nicht dazu kommen muss, dass man über Aushänge kommuniziert, sondern dass es ein Klima gibt, in dem man das vermeiden kann und einfach Face to Face reden kann, weil ich glaube immer, dass das der bessere Weg ist, als über Aushänge zu kommunizieren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Keine weiteren Fragen.

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Kröger.