Protocol of the Session on December 12, 2018

(Zurufe von Thomas Krüger, SPD, Jochen Schulte, SPD, und Martina Tegtmeier, SPD)

Also das heißt, diese Konvergenz gibt es noch nicht mal in Deutschland, aber offensichtlich soll es die ja so zwischen Polen und Deutschland in der näheren Zukunft geben. Ich weiß nicht, wie er darauf kommt.

Das Zweite war, dass er dann gesagt hat, als ich ihm gesagt habe, das kann so nicht ganz durchgehen: Na ja, es stünde auch jedem frei, selber niedrigere Lebenshaltungskosten für sich selber in Anspruch zu nehmen, wenn man in der Grenzregion zu Polen lebt. Man könnte

ja zum Beispiel in Polen zum Frisör gehen, dann hätte man auch günstigere Lebenshaltungskosten.

Ich muss ganz ehrlich sagen, als den großen Heilsbringer kann ich hier Herrn Professor Eichenhofer einfach in der Frage nicht sehen. Er wollte sicherlich aus der europäischen Perspektive heraus diese Einheitlichkeit behalten. Das ist ein ehrenhaftes Ansinnen – ich möchte ihn auch nicht irgendwie hier schlecht darstellen –, ein ehrenhaftes Ansinnen, es geht aber an der Lebenswirklichkeit bei uns in Mecklenburg-Vorpommern leider vorbei, denn in Mecklenburg-Vorpommern haben wir ja folgendes Problem. Wir haben einen Durchschnittslohn in Polen, der bei 850 Euro brutto liegt, und natürlich ist es dann, wenn Sie drei Kinder haben

(Martina Tegtmeier, SPD: Wie viele Steuern zahlen die Polen?)

und 600 Euro netto Kindergeld bekommen können als Pole, der in Deutschland lebt und arbeitet und hier voll einkommensteuerpflichtig ist,

(Jörg Heydorn, SPD: Der hat aber auch mehr als 600 Euro.)

dann bedeutet das natürlich, dass er seinen Nettolohn, den er hier in Deutschland bekommt, dramatisch erhöht durch das deutsche Kindergeld, wenn Sie das aus der polnischen Sicht sehen. Deswegen halt das Argument von Herrn Eichenhofer: Ist ja nicht schlimm, Sie können auch in Polen zum Frisör gehen. Es geht aber leider nicht nur um den Frisör, abgesehen davon, dass wir auch die deutschen Frisöre in der Grenzregion durchaus am Leben erhalten wollen. Wir können ja nicht jetzt allen ernsthaft empfehlen, kaufen Sie Ihre Brötchen in Polen, gehen Sie in Polen zum Frisör oder zum Schuster. Das kann auch nicht Ihr Interesse sein, darum kann es Ihnen doch wirklich nicht gehen!

Das heißt, statt reflexartig einfach dieses Thema wegzuboxen und zu sagen, das ist irgendwas Unanständiges, sollten Sie sich mal mit der Situation in der Grenzregion auseinandersetzen.

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Und da ist es so, dass es wirklich auch von Geschäftemachern so ausgenutzt wird, um Löhne zu drücken. Wir haben tatsächlich das Phänomen, dass eben polnische Saisonarbeitskräfte für weniger Geld arbeiten in der Region und damit geködert werden, dass sie ja das hohe Kindergeld bekommen. Das lässt sich nicht wegdiskutieren. Dieses Problem ist tatsächlich da. Und was sagen Sie dann dem entsprechenden deutschen Arbeitnehmer, der nicht einfach seine Kinder in Polen outsourcen kann und sagt, ich ziehe jetzt mit der Familie nach Polen, dann habe ich auch die günstigeren Kosten?!

Es ist eine Unwucht in dem System und Sie können das nicht wegdiskutieren. Man kann darüber diskutieren, wie man das Problem lösen kann, da bin ich ja bei Ihnen, darüber können wir gerne sprechen – ich habe ja auch nicht behauptet, dass unser Antrag nun der perfekte Antrag ist, vielleicht gibt es noch bessere Wege –, aber so zu tun, als gäbe es das Problem gar nicht und als wäre das eine Gemeinheit der CSU, der Freien Wähler und

(Tilo Gundlack, SPD: Der CSU des Nordens!)

meinetwegen auch der AfD, das geht einfach wirklich am Thema vorbei, und das bringt Ihnen ehrlich gesagt keine Punkte. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und Freie Wähler/BMV – Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Finanzausschuss empfiehlt in Ziffer 1 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 7/2938, den Antrag der Fraktion der BMV abzulehnen. Wer der Ziffer 1 der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer 1 der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses bei Zustimmung der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE, Gegenstimmen der Fraktion Freie Wähler/BMV und der AfD-Fraktion und Stimmenthaltung des fraktionslosen Abgeordneten angenommen.

In Ziffer 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Finanzausschuss, einer Entschließung zuzustimmen. Wer der Ziffer 2 der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer 2 der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13: Aussprache gemäß Paragraf 43 Nummer 2 der Geschäftsordnung des Landtages zum Thema „Auf dem Weg zum Radfahrland Mecklenburg-Vorpommern“ auf Antrag der Fraktion der SPD.

Aussprache gemäß § 43 Nummer 2 GO LT zum Thema Auf dem Weg zum Radfahrland Mecklenburg-Vorpommern

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Wir verfahren so. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Brade.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Fahrradfahren ist eine Herzenssache,

(Manfred Dachner, SPD: Ach?!)

nicht nur meine, sondern auch die vieler anderer,

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

denn das Bewusstsein für Fortbewegung hat sich deutlich verändert. Täglich sind in Deutschland circa 28 Millionen Menschen mit dem Fahrrad unterwegs. Fahrradfahren hat eine Geschichte, Fahrradfahren hat eine Tradition, und das schon seit über 200 Jahren. Im letzten Jahr feierten wir dieses Jubiläum.

Die Erfindung des Fahrrads war ein Meilenstein in der Geschichte und erlebt in den letzten Jahren eine Art Renaissance mit stetig wachsender Beliebtheit. Bei Fahrradgeschichte denke ich nicht nur an die technische Entwicklung des Fahrrads, ich denke auch an prägende Persönlichkeiten meiner Jugend wie beispielsweise die Helden der Friedensfahrt, die sogenannte Tour de France des Ostens. Da waren Sportler wie Täve Schur, Uwe Ampler oder Olaf Ludwig.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Einige von Ihnen werden sich an die Helden erinnern, die eine ganz besondere Radbewegung ins Leben gerufen haben, denn als kleiner Junge Friedensfahrer zu werden, das war ein Traum.

Meine Damen und Herren, Fahrradfahren ist Mobilität vom Kindes- bis ins hohe Erwachsenenalter, für Menschen mit und ohne körperliche Beeinträchtigung. Das Fahrrad befördert Personen selbstständig und unabhängig von Bus, Bahn und Auto und in manchen Fällen sogar rascher als diese motorisierten Verkehrsmittel. Schon lange steigen die Bewohner größerer Städte lieber auf das Fahrrad, um schneller und weitaus kostengünstiger von A nach B zu kommen. Das zeigt auch die bundesweite Aktion STADTRADELN. In Parchim zum Beispiel haben mein Team von „Schöner Radeln“ und ich diese Aktion organisiert. Letztlich wurden dabei allein in Parchim mit 562 Aktiven in drei Wochen rund 94.000 Fahrradkilometer für den Klimaschutz gesammelt.

Vor allem wurden kurze Strecken zurückgelegt, wie in einigen Studien auch beschrieben. Das ist der Weg zum Bäcker, das ist – ganz wichtig – der Weg der Kinder zur Schule oder mal die Oma besuchen auf dem kurzen Weg, denn die Studien sagen, die meisten Radkilometer, die sich lohnen, sind die zwischen null und einem Kilometer, mal eben schnell um die Ecke. Das wäre schon ein sinnvoller Beitrag für die Mobilität in unseren Städten. Allein diese Aktion zeigt, Fahrradfahren ist Klimaschutz, denn jeder Fahrradfahrer ist mindestens ein Auto weniger auf unseren Straßen. Er erzeugt keinen Feinstaub, er erzeugt keine Stickoxide.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Er erzeugt auch keinen Lärm und verbraucht keinen Treibstoff.

Fahrradfahren ist Gesundheit, denn es stärkt Geist und Körper. Durch regelmäßiges Radfahren beugen wir vielen Krankheiten vor und damit entlasten wir unser Gesundheitssystem. Gerade der wachsenden Problematik des Übergewichts kann durch die alltägliche Nutzung des Fahrrads entgegengewirkt werden.

(Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

Auch ältere Menschen bleiben länger aktiv.

Ja, Herr Borschke, ich würde es Ihnen auch mal empfehlen.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und AfD – Heiterkeit und Zuruf von Ralf Borschke, Freie Wähler/BMV)

So wie früher mal öfter heutzutage das Fahrrad zu nutzen, das würde Ihre Performance, zumindest die körperliche, deutlich verbessern.

(allgemeine Heiterkeit – Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, AfD und Ralf Borschke, Freie Wähler/BMV – Patrick Dahlemann, SPD: Und nicht so viel im Garten wühlen, sondern Fahrrad fahren!)

Herr Borschke, selbst das E-Bike birgt Präventionspotenzial. Das sagt auch eine Studie des Clinical Journal of Sport Medicine vom Mai 2018. Die Motivation, sich zu bewegen, steigt durch ein E-Bike, gerade bei übergewichtigen und älteren Menschen, Herr Borschke, heißt es da.

(allgemeine Heiterkeit)

Fahrradfahren ist Sport, Training und Wettstreit.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Fahrradfahren als Sportart bietet die Möglichkeit, Ausdauer, Ehrgeiz und Durchhaltevermögen zu entwickeln, Frustrationstoleranz zu üben sowie an eigene körperliche Grenzen zu gehen. So ist Rennradfahren eine schöne Art, eigene Erfolge zu erleben und Stolz zu empfinden.

(Beifall Stephan J. Reuken, AfD)

Ich weiß das aus eigener Erfahrung.