Protocol of the Session on December 12, 2018

Unabhängig von Betreuungsart und -umfang müssen Eltern sich ab dem zweiten Kind nicht mehr an den Kosten der Kindertagesförderung beteiligen. Das ist eine große familienpolitische Leistung, meine Damen und Herren, und das ist ein enorm wichtiges sozialpolitisches Anliegen. Wir entlasten massiv junge Familien mit mehreren Kindern. Sie sind es, die von dem Gesetz am meisten profitieren.

Ich habe manchmal das Gefühl, dass wir uns dafür entschuldigen sollen. Nein, meine Damen und Herren, im Gegenteil, mit der Verabschiedung des Gesetzes verbessern wir die finanzielle Situation von Tausenden Familien bei uns im Land in erheblichem Maße. Wir entlasten besonders Väter und Mütter, die jeden Tag fleißig zur Arbeit gehen, nicht selten weit pendeln müssen und die oft nur wenig über Sozialtransferleistungsgrenzen verdienen. Gerade für diese Mütter und Väter freue ich mich sehr. Gerade diesen jungen Familien gönne ich diese riesige Kostenentlastung von ganzem Herzen. Gerade für diese fleißigen Menschen habe ich mich starkgemacht. Dazu stehe ich. Sie haben diese Entlastung im wahrsten Sinne des Wortes verdient.

Diese fleißigen Frauen und Männer, die den Spagat der Vereinbarkeit von Familie und Beruf täglich vollbringen, haben für mich oberste Priorität und dafür trage ich auch gern so manchen Konflikt aus. Deshalb bleiben wir auch dran, denn das Beste ist, die Geschwisterkindentlastung ist in Mecklenburg-Vorpommern nur ein Zwischenschritt, die „kleine Beitragsfreiheit“, wie wir sie in unserem Ministerium nennen. Bereits in einem Jahr haben wir dann die komplette elternbeitragsfreie Kita, die „große Beitragsfreiheit“, und zwar vollumfänglich für Krippe, Kindergarten, Tagespflege und Hort und vollständig für die jeweilige Betreuung.

Wir nehmen damit erneut im Kitabereich eine Vorreiterrolle ein,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

denn schauen Sie sich die Regelungen in den einzelnen Bundesländern an: So umfangreich, so ohne Wenn und Aber macht das keiner. Unsere Elternbeitragsfreiheit ist

eine echte Beitragsfreiheit für alle Kitaformen und Betreuungsumfänge.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Es wird oft geklagt, Politik hat keine Visionen mehr, doch wir sind gerade dabei, eine Vision zu verwirklichen,

(Dr. Ralph Weber, AfD: Zwölf Jahre lang!)

und zwar die Vision der komplett beitragsfreien Bildung von Anfang an. Diese Vision wird in Mecklenburg-Vorpommern 2020 Wirklichkeit und dieser Vision kommen wir in wenigen Tagen mit der Geschwisterkindentlastung bereits beträchtlich näher.

(Torsten Renz, CDU: So ist es.)

Sehr geehrte Damen und Herren, dank der guten Haushalts- und Finanzpolitik in den vergangenen 20 Jahren ist die Beitragsfreiheit in Krippe, Kita, Hort und Kindertagespflege seriös und langfristig finanziert. Die Beitragsfreiheit wird über den neuen Doppelhaushalt und die Mittelfristige Finanzplanung abgesichert. Politisch gibt es die klare Zusage der Ministerpräsidentin, des Finanzministers und der Sozialministerin, dass die Kita natürlich auch über 2022 beitragsfrei ist.

(Egbert Liskow, CDU: Und was sagt das Parlament?)

Wir erwarten aber gleichzeitig, dass der Bund seine Zusage, die Länder bei der Kindertagesförderung dauerhaft zu unterstützen, auch einhält und zügig verbindliche Festlegungen über 2022 hinaus trifft.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir alle wissen aus unserem eigenen Umfeld, aber auch aus Studien, wie hoch die Belastung von Eltern durch die Kosten insbesondere für Krippe und Kindergarten sind. In Mecklenburg-Vorpommern gilt das aufgrund der im Bundesvergleich niedrigeren Löhne und Gehälter in ganz besonderem Maße. Bei einem durchschnittlich gewichteten Elternbeitrag für einen Ganztagsplatz abzüglich der derzeitigen Elternentlastung vom Land von bis zu 142 Euro in der Krippe und bis zu 110 Euro im Kindergarten und rund 90 Euro im Hort haben insbesondere Familien mit mehreren Kindern eine schwere finanzielle Bürde zu schultern. Nochmals zur Verdeutlichung: Ohne die bereits umgesetzten Elternentlastungen des Landes zum Beispiel im Krippenbereich würde der durchschnittliche Ganztagskrippenplatz für Eltern gut 290 Euro im Monat kosten. Mit der 150-Euro-Entlastung des Landes sind es jetzt gut 140 Euro.

Wir machen also bereits viel, und das aus guten Gründen, da die Kosten natürlich auch steigen, zum Beispiel für bessere Gehälter für Erzieherinnen und Erzieher. Das ist politisch gewollt. Ich freue mich, wenn die Träger, wie ich von der AWO beispielsweise höre, in den kommenden Jahren deutliche Lohnsteigerungen durch Einführung tariflicher Strukturen vereinbaren.

(Torsten Renz, CDU: Das ist genau das richtige Beispiel. – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Wie auf Mallorca! – Zuruf von Minister Harry Glawe)

Ich würde mich noch mehr freuen, wenn da alle Kreisverbände mitziehen und die Prioritäten auch richtig setzen, Frau Oldenburg, das zu Ihrer Zwischenfrage.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja, genau.)

Ich möchte klar in Richtung unserer Erzieherinnen und Erzieher betonen, das Land wird seiner Verantwortung für eine angemessene Bezahlung auch gerecht. Unser Ziel ist beides, elternbeitragsfreie Kitas und gute Löhne für unser Fachpersonal. Das ist eine wichtige Botschaft an die Erzieherinnen und Erzieher. In Richtung Kommunen und Träger sage ich: Lassen Sie uns gemeinsam für höhere Löhne in diesem Bereich sorgen!

Diesen kurzen, aber wichtigen Exkurs mussten Sie mir jetzt bitte einmal gestatten, meine Damen und Herren.

Zurück zu unserer Elternentlastung. Zuletzt hat die Studie „ElternZOOM“ gezeigt, bis zu einem Viertel ihres Einkommens müssen Eltern in Mecklenburg-Vorpommern für Kitabeiträge und Zusatzgebühren aufbringen. Das korrigieren wir im nächsten Jahr für Geschwisterkinder und werden ab 2020 in die komplette Beitragsfreiheit einsteigen.

Sehr geehrte Damen und Herren, über 20.800 Kinder im Land werden von der Geschwisterkindregelung erfasst. Die „kleine Beitragsfreiheit“ entfaltet also bereits im kommenden Jahr große Wirkung. Ich bin überzeugt davon, dass von Mecklenburg-Vorpommern ein Signal für die gesamte Bundesrepublik ausgeht. Wir haben allen Grund, unseren Weg zur kompletten und vollumfänglichen Elternbeitragsfreiheit gemeinsam selbstbewusst zu betreten und damit in der Gesellschaft auch ein dauerhaftes Bewusstsein dafür zu verankern. Bildung von Anfang an muss kostenfrei sein. Das ist die beste Voraussetzung für ein chancengerechtes Aufwachsen unserer Kinder unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Lassen Sie uns in 10 oder 15 Jahren Bilanz ziehen!

(Torsten Renz, CDU: Oh Gott!)

Ich bin optimistisch, dass uns bis dahin viele auf diesem Weg gefolgt sind. Vielleicht werden wir uns dann fragen, warum wir damals so viel Kraft aufwenden mussten, um dieses große Anliegen umzusetzen, das doch eigentlich selbstverständlich sein sollte.

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie uns einmal zurückblicken: Vor 15 Jahren verkündete meine damalige Amtsvorgängerin nicht ohne Stolz, dass das Land seine Ausgaben für die Kindertagesförderung von 66 Millionen Euro im Jahr 1998 auf rund 76 Millionen Euro im Jahr 2003 gesteigert hatte. Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, liegen schon im Jahr 2018 bei Gesamtausgaben für die Kindertagesförderung des Landes von rund 270 Millionen Euro, und das ohne die Elternentlastungen der nächsten beiden Jahre. Mit rund 30 Millionen Euro wird die Geschwisterkindregelung im nächsten Jahr zu Buche schlagen, dann haben wir eine Vervierfachung der Mittel gegenüber 2003, dem Start des Kindertagesförderungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern.

Noch einmal gesteigert wird das Engagement dann zum 01.01.2020 für die vollständige Elternbeitragsfreiheit. Das allein zeigt, welchen Stellenwert wir diesem Thema in den letzten Jahren beigemessen haben. Ich nenne diese Zahlen auch, um zu verdeutlichen, wir haben uns seit

längerer Zeit auf den Weg für bessere Kitas gemacht. Ohne eine klare Schwerpunktsetzung für die Kindertagesförderung und die Elternbeitragsreduzierung wäre diese Entwicklung nicht möglich gewesen. Um es klar zu sagen, wir brauchen das dauerhafte Engagement des Bundes für nachhaltige Verbesserungen, aber wir selbst investieren bereits seit vielen Jahren in eine gute Kindertagesförderung in unserem Land. Das zu den Vorwürfen, wir würden nur nach Berlin schauen.

Noch einmal möchte zurückblicken auf das Jahr 2003. Damals hatten wir rund 7.000 Erzieherinnen und Erzieher, rund 70.000 Kinder wurden in den Kindertagesstätten des Landes betreut. Zum 01.03.2018 ist die Anzahl der in den rund 1.100 Einrichtungen des Landes betreuten Kinder auf fast 110.000 angestiegen, und es waren rund 12.000 Fachkräfte tätig. Bei allen Diskussionen, die wir im Rahmen der Beratungen zu diesem Gesetz geführt haben und die wir in den nächsten Monaten bei der Beratung des Änderungsgesetzes zur Einführung der vollständigen Elternbeitragsfreiheit weiterhin führen werden, sollten wir uns diese Zahlen noch einmal vor Augen führen. Sie machen deutlich, dass das System der Kindertagesförderung in Mecklenburg-Vorpommern eine nachhaltige und äußerst dynamische Entwicklung durchlaufen hat und durchläuft.

Dass dieser stetige Aufwuchs und die steigenden Ansprüche an die Kindertagesbetreuung und -förderung eine fortdauernde Herausforderung darstellen, steht doch völlig außer Zweifel. Ich möchte angesichts der Anstrengungen der letzten Jahre ganz zuvorderst all denjenigen danken, die in Kindertageseinrichtungen des Landes mit so viel Engagement und Herz für die Kinder arbeiten.

Sehr geehrte Damen und Herren, für mich bedeutet aus kinder-, jugend- und bildungspolitischer Sicht die beitragsfreie Kita auch einen erheblichen Qualitätsfortschritt. Wenn alle Kinder unabhängig von ihrer Herkunft den gleichen Zugang zu frühkindlicher Bildung und Förderung haben, dann ist das auch ein Beitrag zur Chancengerechtigkeit. Diese Chancengerechtigkeit gilt es zu verteidigen, damit alle Kinder ein qualitativ hochwertiges frühkindliches Bildungsangebot wahrnehmen können.

Die Beratungen zu diesem Gesetz haben gezeigt, dass nicht alle Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner im Land unsere Prioritätensetzung teilen. Das ist sicher auch ihrem Engagement und ihrem speziellen Blickwinkel geschuldet. Noch einmal möchte ich sagen, ich bedanke mich für dieses Engagement und halte es für wichtig, dass wir bei der Weiterentwicklung der Kindertagesförderung in Mecklenburg-Vorpommern nicht stehenbleiben. Der Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen weist insoweit den Weg. Ich freue mich über diese Unterstützung gerade mit Blick auf die vor uns liegenden umfangreichen Beratungen zum neuen Landesdoppelhaushalt. Wir müssen für die Zukunft auch andere Merkmale als die Chancengerechtigkeit in den Blick nehmen. Bei der Diskussion der Novelle zur Elternbeitragsfreiheit werden wir sicher Gelegenheit haben, darüber intensiver, als dieses im Rahmen der heute vor uns liegenden Novelle möglich ist, zu diskutieren.

Sehr geehrte Damen und Herren, aus vielen Gesprächen in den letzten Wochen weiß ich, dass nicht nur die Eltern im Land unseren heutigen Beschluss herbeisehnen. Seit vielen Wochen arbeiten auch die Kitaträger und Kindertagespflegepersonen im gesamten Land sowie die Mitar

beiterinnen und Mitarbeiter in den Jugendämtern mit viel Engagement und Herzblut an der verwaltungsseitigen Umsetzung der Geschwisterkindentlastung. Mein besonderer Dank gilt ihnen für gute Vorbereitung und konstruktive Kooperation. Die Jugendämter sind auch erste Ansprechpartner für persönliche Fragen und Anliegen. Mein Ministerium wird die Umsetzung des Gesetzes mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit begleiten. Dazu gehört eine sofortige Information von Kindertageseinrichtungen und Eltern. Wir beantworten in den nächsten Tagen auf unserer Internetseite die am häufigsten gestellten Fragen bei der Umsetzung und wir werden pünktlich zum Start der Geschwisterkindregelung ab Anfang Januar eine telefonische Hotline anbieten. Ich glaube, dass wir trotz des engen Zeitkorridors auf die Umsetzung der Novelle gut vorbereitet sind.

Ganz wichtig ist, Eltern von Geschwisterkindern in der Kindertagesförderung müssen keinen Antrag stellen. Das wird alles so laufen wie bei der 50-Euro-Entlastung. Die Opposition wird den Untergang prognostizieren, die Realität wird eine andere sein und trotzdem werden sich die gesetzlichen Neuerungen erst einruckeln müssen. Ich werbe dafür, allen Beteiligten etwas Zeit und einen Vertrauensvorschuss zu geben. Auch wenn im Januar noch einmal Beiträge abgebucht werden sollten, alle berechtigten Eltern werden die betreffenden Beiträge rückwirkend erhalten. Haben Sie Verständnis dafür, dass es bei der Ermittlung aller Geschwisterkinder und der jeweiligen Entlastungsbeiträge an der einen oder anderen Stelle zunächst zu kurzfristigen Verzögerungen im Erstattungsverfahren kommen kann. Sie erhalten aber die Entlastungen in jedem Fall für jeden Monat, in dem sie anspruchsberechtigt waren. Wir werden das Geschehen intensiv beobachten und uns mit unseren Partnerinnen und Partnern auf kommunaler Seite austauschen.

Beenden möchte ich meine Ausführungen mit einem Kommentar eines jungen Familienvaters in einem NDRBeitrag zur Einführung der Geschwisterkindregelung. Der junge Vater mit dem Namen Malte schrieb, Zitat: „Wir haben drei Kinder, zwei in der Kita und bald das dritte Kind in der Krippe. Wir freuen uns darauf, nur noch für ein Kind zu zahlen, dann können wir uns als Familie mal wieder etwas mehr leisten, zum Beispiel ein neues Fahrrad für den Großen oder eine Woche mehr Urlaub zusammen.“ – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Na hoffentlich ist Malte dann noch bei seiner Familie!)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Die Ministerin hat die angemeldete Redezeit um vier Minuten überschritten. Damit stehen nach Paragraf 85 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung diese Minuten den nicht an der Regierung beteiligten Fraktionen zusätzlich zur Verfügung.

Ich rufe auf für die Fraktion der AfD den Abgeordneten Herrn de Jesus Fernandes.

(Christian Brade, SPD: Der Familienexperte.)

Sehr geehrtes Präsidium! Werte Abgeordnete!

Sehr geehrter Herr Brade, auch Homosexuelle haben Familie. Sie gehen aus der Familie hervor, das wissen Sie doch, also bitte nicht solche abfälligen Bemerkungen! Das passt überhaupt nicht zu Ihrer Partei, denke ich, oder?

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Also ich will das vielleicht mal als Vorwort bewerten, aber ursprünglich fängt man eigentlich immer mit der Begrüßung des Präsidiums an.

(allgemeine Unruhe – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Hat er!)

Haben Sie gemacht? Super! Dann habe ich das nicht gehört. Dann war ich jetzt so überrascht.

Wir haben kurze Ausführungen gehört von Herrn Koplin zu dem Vorgehen mit diesem Gesetzentwurf, wie er auf den Weg gebracht wurde. Wir hatten zwei Anhörungen zu dieser KiföGÄnderung. In der ersten ging es ums Zähneputzen. Damals bestand große Einmütigkeit, dass wir das übernehmen. Frau Drese verkündete noch am selben Tag, dass sie das in ihren Gesetzentwurf aufnehmen wird, wir brauchen uns darüber keine Gedanken zu machen. Dem war aber nicht so, das möchte ich hier noch mal erwähnen. Wir mussten einen Änderungsantrag schreiben. Unsere Änderungsanträge gingen übrigens fristgerecht ein im Sozialausschuss. Wir wurden mit Tischvorlagen konfrontiert von allen anderen Fraktionen, die sich beim Kopieren reichlich an unseren Anträgen bedient hatten. Also bringt die Arbeit der Opposition ja doch was,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

sodass jetzt endlich das Zähneputzen aufgrund unseres Vorstoßes da noch drinsteht. Dafür vielen Dank.