Der Landtag beziehungsweise seine Ausschüsse müssen sich genau überlegen, ob und wem sie eine Bühne für derartige Beschwerden geben wollen. Richtig und ausreichend wäre es gewesen, das Schreiben auf dem üblichen Verwaltungsweg zu bearbeiten, nicht aber, die Beschwerde ohne jede Vorprüfung zum Gegenstand einer Sitzung des Rechtsausschusses zu machen.
Wie gesagt, die Vorwürfe des Gefangenen wurden als eine Mischung von Un- oder Halbwahrheiten beziehungsweise als nicht vermeidbare Einschränkungen entkräftet. Ja, es kam vor, dass die Gefangenen wegen krankheitsbedingter personeller Engpässe den ganzen Tag über eingeschlossen blieben. Das ist aber keineswegs eine Besonderheit von Mecklenburg-Vorpommern, das kommt auch anderswo vor. Es kam auch vor, dass Gefangene nicht arbeiten konnten, weil der dafür zuständige Mitarbeiter erkrankt war.
Was die Personalsituation insgesamt anbelangt, wurde seitens des Ministeriums nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die infolge der Schließung der JVA Neubrandenburg nach Bützow versetzten Beamten ihren Dienst noch nicht alle angetreten haben.
Ja, es gab und gibt wohl einzelne Vorkommnisse, die so nicht sein sollten, für die es aber genau wie für den Stundenausfall an einer Schule nachvollziehbare Erklärungen gibt. Die Ministerin – darauf beziehe ich mich – hat hier heute Punkt für Punkt die Vorwürfe entkräftet und genauso oder teilweise noch weiter hat es der Abteilungsleiter Jesse im Ausschuss getan.
Wir reden so viel von Respekt. Wollten Sie das alles nicht zur Kenntnis nehmen oder was hat Sie geritten, dass Sie das alles völlig infrage stellen und sich wieder eine neue Bühne wünschen und bieten,
(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Wir machen uns einfach unser eigenes Bild und glauben nicht einfach blind, was uns erzählt wird.)
Nein, es ist für mich eine Frage des Respekts, wie man mit solchen Auskünften umgeht. Sie tun so, also ob die Sitzung gar nicht stattgefunden hätte. Sagen Sie doch, das war falsch, da lügt das Ministerium,
Zum Grundsätzlichen: Mein Fraktionsvorsitzender und ich haben kürzlich einen mehrstündigen Besuch in der JVA Waldeck absolviert. Dabei haben wir einen sehr positiven Eindruck eines modernen Strafvollzugs, bei dem der Resozialisierungsgedanke erkennbar nicht zu kurz kommt, mitgenommen. Mich haben insbesondere die angebotenen Arbeitsmöglichkeiten und das Engagement der dort tätigen Mitarbeiter, die ich als engagierte Arbeitspädagogen bezeichnen möchte, sehr beeindruckt. Nebenbei bemerkt würde mancher Handwerker vor Neid erblassen, wenn er die dort vorhandene maschinelle Ausstattung sehen würde.
Auch wenn die Bezeichnung „Gefängnis“ im Zuge einer allgemeinen Begriffskosmetik entsorgt wurde, eine Justizvollzugsanstalt ist eine Haftanstalt, in der Freiheitsstrafen vollstreckt werden. Und um eine solche zu erhalten, muss man sich im Allgemeinen durch die Begehung von mehreren Straftaten über Bewährungsstrafen dahin vorgearbeitet haben. Es ist völlig lebensfremd zu glauben, dass jeder zu einer Freiheitsstrafe Verurteilte resozialisierungsfähig sei.
Mit anderen Worten, die dem Antrag der LINKEN zu entnehmende Vorstellung, aus jedem Strafgefangenen sei, wenn man ihn nur hinreichend therapiere,
(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Lesen Sie sich mal entsprechende Bundesverfassungsgerichtsurteile durch!)
deren Höhe sich nach der Schwere der Tat und der Schuld richtet. Und wie überall, wo der Staat zuständig ist, muss er mit seinen Mitteln haushalten, im Strafvollzug nicht anders als bei der Polizei, im Schulwesen, in der Pflege oder wo auch immer. Überall könnte es besser, aber auch wesentlich schlechter sein. Ich sage das ganz klar und mutmaßlich auch für meine Partei: Straftäter stehen bei mir nicht ganz oben auf der Liste der Prioritäten.
Wenn ich bedenke, mit welchen Problemen sich viele redliche Bürger, die in einfachen Verhältnissen leben, herumschlagen müssen, sollten uns deren Sorgen vielleicht näher sein als die Klagen von Kriminellen. Das heißt nicht, dass uns diese völlig gleichgültig sein sollten. Für sie gelten die Regeln des Strafvollzugs, und diese werden auch angewandt. Das ist notwendig, und das reicht dann auch.
DIE LINKE zeichnet sich allerdings dadurch aus, dass sie eine besondere Empathie für bestimmte Randgruppen hat. Das ist sozusagen ihr Alleinstellungsmerkmal.
Mal sind es die LSBTs in den Flüchtlingsunterkünften, um die wir uns besonders kümmern sollen, mal sind es jetzt die Strafgefangenen. Ich frage mich, ob es nicht wirklich angebrachter wäre, mal über die Rolle von Opfern schwerer Straftaten zu reden
(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Und dafür müssen wir Straftäter nicht resozialisieren, dass man zukünftige Straftaten verhindert?)
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sehr richtig, Herr Kollege Förster!)
Zurück zum Antrag: Die Aufklärung über die angeblichen Missstände ist erfolgt. Es gibt keinen weiteren konkreten Handlungsbedarf. Der Antrag ist zudem so allgemein gefasst, dass damit gar nichts anzufangen ist. Genauso können Sie beantragen, dass alle Schulen umgehend nach modernsten pädagogischen Vorstellungen personell und sachlich auszustatten sind, dass allen Schülern die bestmögliche Bildung vermittelt und insbesondere die Nachteile von Schülern aus bildungsfernen Schichten ausgeglichen werden und zudem noch die Inklusion bestmöglich verwirklicht wird. Dagegen ist nichts zu sagen, aber wo ist das Konkrete?
Werte Abgeordnete von der LINKEN, das, was Sie hier beantragt haben, hat in seiner Allgemeinheit eher das Format eines Wunschzettels als eines konkreten Antrags.