Auch wenn Sie natürlich hier auf Frieden setzen, das ist immer ein legitimes Ziel, aber insgesamt geht es natürlich auch um die Interessen Mecklenburg-Vorpommerns, um die Interessen der Bürger von Wolgast und um die Interessen des Unternehmens mit seinen Mitarbeitern. – Vielen Dank.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU, AfD, BMV und Patrick Dahlemann, SPD – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)
Liebe Bürger von Mecklenburg und Vorpommern! Wertes Präsidium! Werte Kollegen und liebe Gäste! Natürlich ist die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi zu verurteilen. Das ist ein Drama, vor allem, wenn man sich ein bisschen mehr damit beschäftigt,
Trotzdem möchte ich erst mal bei Ihrem Antrag anfangen: „Der Landtag trauert um den regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi und verurteilt dessen Ermordung auf das Schärfste.“
und erst recht staatsbefohlene Ermordung, nicht nur von Herrn Jamal Khashoggi. Wenn wir jedes Mal, wenn so etwas vorkommt, mit so einem Satz antworten würden, dann könnten wir in jeder Landtagssitzung, in jeder Plenarsitzung eine Liste von staatsbefohlenen Mordtaten erst mal abarbeiten. Richtig ist, wenn es dann weitergeht mit „verurteilt dessen Ermordung auf das Schärfste.“ In der Tat, jeder staatsbefohlene Mord, überhaupt jeder Mord ist zu verurteilen. Da sind wir uns hoffentlich alle einig,
aber nicht besonders der von Herrn Jamal Khashoggi, sondern grundsätzlich jeder. Insofern relativiert das ein bisschen, was Sie da schreiben.
Es geht weiter mit Ihrem Punkt 2. Da steht: „trauert … um die unzähligen Opfer des von Saudi-Arabien geführten Krieges gegen den Jemen“. Bei Ihnen steht „gegen den Jemen.“ Okay, dazu muss man mal sagen, auch das ist ungenau. Saudi-Arabien unterstützt den mehr oder weniger rechtmäßig gewählten Präsidenten von Jemen, gegen einen Aufstand der Huthi-Rebellen, die vom Iran unterstützt werden. Wer da gut und böse ist – ich möchte mit keiner von den Seiten was zu tun haben –, das wissen wir nicht so genau. Insofern verurteilen wir nicht nur den Krieg von Saudi-Arabien gegen Jemen, sondern den Krieg im Jemen und die Einmischung von militärischen Kräften auf beiden Seiten, von Saudi-Arabien und vom Iran.
Dann kommt, dass wir alle Maßnahmen ergreifen, um den Krieg und diese Blockade gegen den Jemen zu beenden. Wenn wir solche Maßnahmen ergreifen können, dann sind wir immer dafür, kriegerische, bewaffnete Konflikte zu beenden oder zu verhindern. Zurzeit – eine Zahl von vorgestern – werden 22 Kriege oder bewaffnete Konflikte weltweit geführt. Also es ist nicht nur einer, sondern da haben wir eine große Aufgabe, diese zu verhindern, einzudämmen und Maßnahmen dagegen zu ergreifen. Richtig ist dann wieder, natürlich wollen wir im Jemen, wie überall, Fluchtursachen bekämpfen. Das hilft den Ländern und das hilft uns, nämlich als Schutz vor all denen, die aus Angst um ihr Leben flüchten und zu uns kommen. Und das spart Geld, weil wir mit den gleichen Mitteln, die wir hier für die Geflüchteten aufwenden, dort zur Bekämpfung von Fluchtursachen ein Vielfaches an Gutem tun können.
Auch das möchte ich mal sagen: Da könnte man dann, um mal vorzugreifen, darüber nachdenken, wenn wir wirklich dazu kommen, dass diese Patrouillenboote nicht in Saudi-Arabien ausgeliefert werden können und dürfen, dann kann man ja darüber nachdenken, jedenfalls die schon gebauten zu einer wie auch immer gearteten Ersatzpflicht der Bundesregierung für das Mittelmehr einzusetzen, um dort Flüchtlinge vor dem Ertrinken zu retten und in sicherere Ankerzentren außerhalb Europas zu bringen.
Dann kommt der sofortige Exportstopp von Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien. Gut, darüber kann man reden. Und das muss ich Ihnen jetzt wirklich mal zugutehalten, darüber reden Sie schon sehr lange. Sie sind – außer uns, die wir konsequent grundsätzlich, jedenfalls bei den Patrouillenbooten, eine andere Ansicht hatten – die Partei, die sich immer gegen Export von Rüstungsgütern
ausgesprochen hat und gerade auch mit Blick auf Wolgast gegen diesen Bau und den Export von Patrouillenbooten, das ist konsequent. Nur für die anderen muss ich fragen: Warum jetzt? Ich meine, dass Saudi-Arabien in der Liste der zehn demokratiefernsten Länder zu finden ist, das wissen wir seit vielen Jahren, das ist nichts Neues. Dazu hat es der Ermordung von Herrn Khashoggi nicht bedarft. Das war bekannt.
Und dass Saudi-Arabien selbst Kriege führt, jedenfalls an bewaffneten Konflikten im Jemen beteiligt ist, war auch bekannt. Das ist also auch nichts Neues.
Darüber lässt sich trefflich reden, aber nachdem sie jetzt nun mal genehmigt sind – bisher ist genehmigt der Bau von 33 Patrouillenbooten, davon sind 10 bereits ausgeliefert, 2 weitere wurden gebaut und sind auf dem Weg der Auslieferung. 21 weitere sind, wie gesagt, genehmigt und sollen noch gebaut werden. Das sind, je nachdem, ob …
Die Zahlen schwanken ein bisschen. Wenn zwischen vier und sechs Booten im Jahr in Wolgast gebaut werden, dann heißt es, zwischen dreieinhalb und fünf Jahre sichert das die Existenz dieser Werft. Und da kommt jetzt der Punkt, Herr Ritter, den Sie auch angesprochen hatten: doppelter Vertrauensschutz, nämlich einmal für das Unternehmen, die Werft, und für die Arbeitnehmer, die dort arbeiten. Das ist doppelter Vertrauensschutz, was völlig reicht als Vertrauensschutz gegenüber einem Staat wie Saudi-Arabien. Das ist nicht das Relevante, um das wir uns primär kümmern müssen.
Aber vielleicht gibt es noch einen dritten Aspekt für Vertrauensschutz, nämlich die Frage der Verlässlichkeit von Deutschland im internationalen Handel, wie weit Deutschland bereit ist, geschlossene Verträge einzuhalten. Insofern also mein klares Petitum für die Lürssen-Werft: Die Werft in Wolgast ist für Vorpommern-Greifswald, für diese Region, um das mal in der bekannten Bankenrettungssprache zu sagen, systemrelevant.
Wir haben primär und dringend die Aufgabe, dort einen der größten privaten Arbeitgeber zu stützen und zu erhalten, um die Arbeitsplätze zu sichern. Deswegen gilt für mich ganz klar: Diese bereits vorgenehmigten Exporte der Patrouillenboote müssen aufrechterhalten werden. Das ist die Aufgabe der Landesregierung, sich dafür
einzusetzen im Bund, dass das weiter erfolgt, kein Stopp von Rüstungsgütern jetzt und mit Blick auf Wolgast, sondern Erhalt der Arbeitsplätze und Erhalt der Werft.
Natürlich muss man sich daneben bemühen, der Werft andere Wege zu ebnen, andere Wege aufzuzeigen, wie eventuell auch ohne solche Patrouillenboote die Werft ein gedeihliches Auskommen zur Sicherstellung der Arbeitsplätze haben kann. Also es geht ja auch nicht nur um die Werft selbst, sondern es geht ebenfalls um die Arbeitsplätze im Zuliefererbereich und so weiter. Das ist aber sekundär und kommt dazu. Für die nächsten Jahre hat die Werft sich darauf eingestellt, haben die Arbeitnehmer sich darauf eingestellt, und selbst wenn es dann in der Tat vielleicht zu irgendwelchen Ersatzzahlungen kommen sollte, deckt das mit Sicherheit nicht die Zukunftsperspektive dieser Werft ab. Es sichert auch nicht das Vertrauensbedürfnis der Arbeitnehmer.
Aus all diesen Gründen ist für mich ganz klar: Ja, SaudiArabien ist kein Land, dass man auch nur im Entferntesten ein demokratisches Land nennen kann. Da ist sehr viel im Argen. Und ja, Saudi-Arabien führt bewaffnete Konflikte, vielleicht – das wissen wir nicht so genau – auch mit den Patrouillenbooten. In dem Bericht, den Sie angesprochen haben, in „Panorama“ kam ausdrücklich zur Sprache, dass die ihr Navigationssystem abschalten, sobald die Hoheitsgewässer von Saudi-Arabien verlassen werden, vielleicht verlassen werden, sodass es so genau gar niemand weiß, wo die sich im Einzelnen aufhalten.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich denke, die liegen bloß im Hafen rum? Die liegen doch bloß im Hafen rum!)
Es besteht ein erheblicher Verdacht in der Tat, dass sie jedenfalls die Hoheitsgewässer verlassen und damit vielleicht das nicht eingehalten wird, was Saudi-Arabien zugesichert hat, nämlich, dass diese Patrouillenboote nur im Saudischen Hoheitsgebiet eingesetzt werden. Ob sie dann die Hafenblockade im Jemen durchführen oder zum Schutz von Ölbohrstellen oder gegen Piraten eingesetzt werden, das alles wissen wir nicht so genau. Das interessiert mich in dem Zusammenhang aber auch nur sekundär.
Wie gesagt, mich interessiert die Sicherstellung der Arbeitsplätze in der Werft in Wolgast und die Wolgaster Werft in ihrer Funktionsfähigkeit.
Deswegen, glaube ich, müssen wir sicherstellen, dass dieses Land alles dafür tut, dass jedenfalls die bereits vorgenehmigten weiteren 21 Patrouillenboote gebaut und an Saudi-Arabien ausgeliefert werden.
Das ist Politik für unsere Bürger, im wohlverstandenen Interesse unserer Region. Und dann können wir uns, ich hatte es gesagt, in diesen dreieinhalb bis fünf Jahren – das ist eine Perspektive, Zeitperspektive – in der Tat ernsthaft darum bemühen, die Wolgaster Werft von diesen weiteren Rüstungsexporten frei zu machen, sodass
sie eine gedeihliche Existenzgrundlage findet. Aber wer einen Blick auf die Situation der Werften international geworfen hat – und ich denke, das haben fast alle getan –, der weiß, das ist ein schwieriges Terrain. Das wird keinesfalls einfach.
Wir haben einen primären Schutzauftrag für die Wolgaster Beschäftigten, für die Wolgaster Werft und deswegen heißt es, weiter ausliefern, die Verträge einhalten und neben dem parallel dafür sorgen, dass die Werft unabhängig von Patrouillenbooten eine gesicherte Zukunft findet. Das, denke ich, ist unsere Aufgabe.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Situation der Werften spielt für unser Bundesland eine große Rolle. Jeden Tag, wenn wir die Zeitung aufschlagen, können wir verfolgen, wie die Menschen miteifern und genau wissen, was an jedem einzelnen Standort passiert. Die Krise der Werften hat uns alle beschäftigt und die Rettung eines jeden Standortes war ein umso größerer Erfolg. Zweifelsohne ist es leicht, als Politiker in Wismar, in Rostock, in Stralsund an den kleinen Werften bei uns im Land bei den öffentlichen Terminen dabei zu sein, wo es um Kreuzfahrtschiffe, Explorer und Yachten geht, aber ich glaube, es ist mindestens ein genau so großes Bedürfnis und die Pflicht der Landesregierung, sich sehr wohl auch an die Seite der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Wolgaster Werft zu stellen und sich mit ihnen solidarisch zu zeigen.