Protocol of the Session on October 25, 2018

Ihre Behandlungsinstrumente bestenfalls veraltet, eher noch vollkommen ungeeignet. Die Weichen für den Arbeitsmarkt in Bund und Land sind richtig gestellt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Christian Brade, SPD)

Um das Wort gebeten hat für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Foerster.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte gleicht vielen der letzten Jahre. Meine Fraktion beschreibt Herausforderungen und macht Vorschläge zu deren Bewältigung, während die Koalitionsfraktionen den Eindruck vermitteln, am Arbeitsmarkt herrsche einfach nur eitel Sonnenschein. Auch wenn mir klar ist, dass ich hier nach den gehörten Reden niemanden bei SPD und CDU davon überzeugen kann, dem Antrag in Gänze zuzustimmen, so will ich doch zu den einzelnen Aussagen hier den Versuch unternehmen, unsere Forderungen aus dem Antrag noch mal zu erklären. Das tut offensichtlich not.

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

Zunächst zum Thema Arbeitsmarktstatistik. Es ging um eine ehrliche Arbeitsmarktstatistik. Da darf ich Ihnen mal

sagen, der Ökonom Heinz-Josef Bontrup hat die derzeitige Herangehensweise in einem Interview mit der „Deutschen Welle“ wörtlich als, Zitat, „Volksverdummung“ bezeichnet, denn die Politik habe, Zitat, „durch mehrere Gesetze die Definition der Arbeitslosen verändert …, dass die Zahlen nicht mehr … die tatsächliche gesellschaftliche Betroffenheit von arbeitslosen Menschen in Deutschland zum Ausdruck“ bringt. Zitatende.

Er hat das auch ähnlich begründet wie ich in meiner Einbringungsrede. In der Statistik, das ist mehrfach gesagt worden, fehlen Ältere über 58, weil diese vermeintlich keine hohe Wahrscheinlichkeit mehr für eine Vermittlung haben. Darüber hinaus werden Arbeitslose, die eine Weiterbildung machen, nicht mitgezählt. Auch wer sich morgens bei der zuständigen Arbeitsagentur krank meldet, gilt nicht mehr als arbeitslos. Ebenso verhält es sich bei denjenigen, die einen sogenannten Ein-Euro-Job ausführen. Und richtig, die Bundesagentur für Arbeit führt all diese Leute als sogenannte „Unterbeschäftigte“, aber genau genommen ist auch dieser Begriff eigentlich falsch oder, sagen wir es anders, er ist irreführend.

Professor Bontrup verweist darauf, dass unterbeschäftigt eigentlich Menschen sind, die Zitat, „zum Beispiel eine 20-Stunden-Woche haben, aber gerne 30 Stunden oder länger … arbeiten würden“. Und er hat noch eine interessante Zahl zu Ihrem permanent und penetrant hier vorgetragenen Jobwunder parat. Er macht nämlich deutlich, dass, Zitat, „das gesamte Arbeitsvolumen in Deutschland“ seit der Wiedervereinigung mit „etwa 60 Milliarden Stunden“ annähernd „konstant geblieben“ ist. Es verteilt sich nur „völlig anders … als früher“, weil die Teilzeitquote gestiegen und die Vollzeitquote zurückgegangen ist. Zitatende.

Interessant ist auch die Antwort auf die Frage, warum sich eigentlich niemand an der aktuellen Statistik stört. Und dazu sagt der Ökonom, Zitat: „Das liegt daran, dass Politik kein Interesse daran hat, dem Volk die Wahrheit zu sagen. Es hört sich“ halt „besser an, wenn ich“ ständig „sagen kann, die Arbeitslosenzahlen gehen zurück und die Erwerbstätigkeit steigt. … Und außerdem will die herrschende Politik“ eigentlich „auch keine Vollbeschäftigung“, denn „das würde nur die Interessen der abhängig Beschäftigten und die Macht der Gewerkschaften stärken. Unterm Strich liegt also … Politikversagen vor.“ Zitatende.

Meine Damen und Herren, heute könnten Sie ein anderes Signal setzen, Sie werden es aber nicht tun, ebenso wie beim nächsten Thema, der Unterfinanzierung der Jobcenter. Die brandenburgische Sozialministerin a. D. Diana Golze begründete im Frühjahr die Bundesratsinitiative ihres eigenen Landes, der sich Berlin, Bremen, Rheinland-Pfalz und Thüringen anschlossen, mit folgenden Worten, ich zitiere auch das: „Die Qualifizierung und Vermittlung von Langzeitarbeitslosen, Alleinerziehenden, älteren Arbeitslosen und Geflüchteten ist eine sehr zeit-, kosten- und arbeitsintensive Aufgabe. Gerade hier setzt der Bund (seit Jahren) den Rotstift an. Die neue Bundesregierung muss beweisen, ob sie bereit ist, dieses traurige Streichkonzert zu beenden und den Jobcentern deutlich mehr Geld für Personal sowie für die Umsetzung von Förderprogrammen zu“ bieten. Zitatende.

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, aber zwei Zahlen sollten Sie sich dennoch noch einmal auf der Zunge zergehen lassen:

(Torsten Renz, CDU: Sehr gerne!)

Mehr als 90 Prozent, Herr Renz, aller Jobcenter sind finanziell so schlecht ausgestattet, dass sie notgedrungen Eingliederungsmittel für Arbeitslose zur Finanzierung ihres Personals umschichten, und das hat Folgen, denn ein Leistungsberechtigter wurde 2016 mit durchschnittlich 780 Euro mit 40 Prozent weniger Geld bei der Eingliederung in Arbeit unterstützt als noch 2010. Und da sind wir dann bei den Folgen für den Einzelnen.

Das dritte Thema waren die Sanktionen. Wir haben gesagt, die im SGB II festgelegten Regelsätze stellen das Existenzminimum dar. Schon damit ist es übrigens für viele Menschen schwer, über die Runden zu kommen. Glauben Sie nicht? Dann empfehle ich Ihnen einmal einen Blick in „Die Zeit“. „Die Zeit“ hat im Frühjahr HartzIV-Empfängerinnen und -Empfänger befragt und lässt diese dann auch einmal selbst zu Wort kommen. Eine Betroffene schreibt dazu Folgendes, Zitat: „Viele glauben, dass man mit 416 € doch auskommen sollte. Davon gehen aber noch Strom, Telefon, TV, Versicherungen, Fahrkarte und andere Dinge ab.“ Am Ende „bleiben (mir) ungefähr 200 € für Essen, Trinken, Medikamente, Bekleidung und alles, was man im Haushalt braucht.“ Zitatende.

„Die Zeit“ macht in dem Artikel sehr deutlich, dass sie diese Angaben natürlich nicht im Detail nachprüfen kann, sie stellt allerdings fest, dass sich die Angaben aller Zusendungen bis ins Detail ähneln, denn immer gelte, und auch das zitiere ich: „Es darf nicht Unvorhergesehenes passieren. Wenn die Waschmaschine kaputtgeht, gibt es kein Erspartes, um eine neue zu kaufen.“ Zitatende.

Sanktionen reduzieren dieses Existenzminimum, was an sich schon nicht nachvollziehbar ist. Wie bürokratisch sie sind, habe ich bereits ausgeführt, und ständig davon bedroht zu sein, macht aber auch etwas mit den Betroffenen. Ich bin mir sicher, dazu werden wir auf dem Erwerbslosenparlament etwas hören. Dass für Sie alle Personen, die sanktioniert werden, Herr Lerche, quasi asoziale Personen sind, das ist schon starker Tobak.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Erinnert an alte Zeiten!)

Das Teilhabechancengesetz auf der Bundesebene, das habe ich gesagt, ist auch aus unserer Sicht ein Schritt nach vorn. Die Frage ist, ob man es nicht noch weiter qualifizieren kann. Herr Eifler, wir bejahen das, und auch, wenn es sich um ein Einspruchsgesetz handelt, gibt es ja noch etwaige Möglichkeiten, wenn Sie sich damit mal beschäftigen möchten. So könnte der Bundesrat ja den Vermittlungsausschuss anrufen, um die aus unserer Sicht wichtigen Anregungen und auch die verschiedenster Arbeitsmarktakteure noch im Gesetz zu verankern.

Also es ist keineswegs so, dass das Thema im Grunde schon erledigt ist. Und worum es da geht, habe ich versucht, in der Einbringung deutlich zu machen, und zwar zum einen um den Lohnkostenzuschuss im neuen Instrument nach Paragraf 16i. Der sollte sich nämlich – und hier haben ja zumindest zwei Fraktionen in dem Punkt Zustimmung signalisiert – am Tariflohn orientieren, um eben nicht Gefahr zu laufen, dass tarifgebundene Unter

nehmen letztlich benachteiligt werden, weil sie draufzahlen müssen und in der Konsequenz möglicherweise dann ganz auf die Einstellung von Langzeitarbeitslosen verzichten.

Wir haben gesagt, die Teilnahme an Maßnahmen sollte freiwillig sein, und der Kreis der potenziell zu fördernden Teilnehmer sollte deutlich erweitert werden. Das klang ja in verschiedenen Redebeiträgen hier auch an. Sieben Jahre sind natürlich schon ein Brett. Die Fördersätze sollten mit Blick auf die eigentlich erwünschte Beteiligung von Kommunen und Unternehmen noch einmal überprüft werden.

Zu guter Letzt, ich habe auch etwas gesagt zum Land. Da muss ich feststellen, so wirklich ergiebig waren die Ausführungen zu den Themen Bürgerarbeit und auch erst recht zum Thema „Runder Tisch – Soziale Hilfeprojekte“ nicht. Zum runden Tisch haben Sie quasi gar nichts gesagt. Bleibt die Frage: Hat denn ein weiterer runder Tisch stattgefunden, ja oder nein?

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Na sicherlich nicht.)

Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Das hätte ich dann doch gerne hier gehört. Wenn nein, warum eigentlich nicht?

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Das interessiert ihn nicht sonderlich.)

Denn in der letzten Debatte

(Glocke der Vizepräsidentin)

hatte eigentlich niemand hier den Eindruck vermittelt, dass das nun sozusagen gänzlich unnötig sei. Deswegen können wir diese Punkte nach dieser mageren Berichterstattung seitens des Wirtschaftsministers natürlich auch nicht für erledigt erklären, sondern wir werden in den kommenden Wochen von den uns zur Verfügung stehenden parlamentarischen Instrumenten Gebrauch machen, um da noch mehr Licht ins Dunkel zu bringen.

(Marc Reinhardt, CDU: Sehr schön!)

Eines möchte ich zum Abschluss auch noch mal deutlich sagen: Wir machen das ja alles nicht, um hier Oppositionsfolklore zu veranstalten, sondern wir wollen, dass Arbeitslose, insbesondere Langzeitarbeitslose, Hilfe bei der Überwindung ihrer Situation erhalten. Wir wissen, dass wir trotz der beschriebenen Entwicklung am Arbeitsmarkt wohl leider auch in Zukunft Angebote wie die Tafeln, Kleiderkammern, Sozialkaufhäuser oder Möbelbörsen benötigen werden. Deswegen noch mal der Appell: Stimmen Sie dem Antrag zu! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

(Andreas Butzki, SPD: Schade!)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2676. Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, in Ziffer II.1 die Spiegelstriche einzeln abzustimmen. Daher werden wir die Ziffern I und II Nummer 2 ebenfalls einzeln zur Abstimmung stellen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Wer der Ziffer I des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2676 zustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer I des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2676 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, einer Enthaltung aus der Fraktion der AfD, ansonsten Ablehnung aller anderen Abgeordneten des Hauses abgelehnt.

Wer in Ziffer II.1 dem ersten Spiegelstrich einschließlich des Einleitungssatzes zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist in Ziffer II.1 der erste Spiegelstrich einschließlich des Einleitungssatzes bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, einigen Stimmen aus der Fraktion der AfD, einer Stimmenthaltung aus der Fraktion der AfD, ansonsten Gegenstimmen aller weiteren Abgeordneten des Hauses abgelehnt.

Wer in Ziffer II.1 dem zweiten Spiegelstrich einschließlich des Einleitungssatzes zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist in Ziffer II.1 der zweite Spiegelstrich einschließlich des Einleitungssatzes bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, ansonsten Gegenstimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt.

Wer in Ziffer II.1 dem dritten Spiegelstrich einschließlich des Einleitungssatzes zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? –

(Torsten Renz, CDU: Gleiches Stimmverhalten!)

Ich danke für die Unterstützung! Damit ist in Ziffer II.1 der dritte Spiegelstrich einschließlich des Einschlei …,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Einschleimsatzes von Herrn Renz! – allgemeine Heiterkeit)

einschließlich des Einleitungssatzes bei gleichem Stimmverhalten abgelehnt.

Wer in Ziffer II.1 dem vierten Spiegelstrich einschließlich des Einleitungssatzes zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist in Ziffer II.1 der vierte Spiegelstrich einschließlich des Einleitungssatzes bei gleichem Stimmverhalten abgelehnt.

Wer in Ziffer II.1 dem fünften Spiegelstrich einschließlich des Einleitungssatzes zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist in Ziffer II.1 der fünfte Spiegelstrich einschließlich des Einleitungssatzes bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, der SPD, der CDU, der BMV, einer Stimmenthaltung der Fraktion der AfD, ansonsten Ablehnung der Fraktion der AfD angenommen.

Wer in Ziffer II.2 des Antrages der Fraktion DIE LINKE … Wer, Entschuldigung, noch mal: Wer der Ziffer II.2 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2676 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer II.2 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2676 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, ansonsten Ablehnung aller anderen Fraktionen abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrages der Fraktion der AfD – Förderung der Freien Wohlfahrtspflege in Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 7/2673, in Verbindung mit der Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Transparenz bei der Förderung der Freien Wohlfahrt herstellen, auf Drucksache 7/2677.

Antrag der Fraktion der AfD Förderung der Freien Wohlfahrtspflege in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 7/2673 –

Antrag der Fraktion DIE LINKE Transparenz bei der Förderung der Freien Wohlfahrt herstellen – Drucksache 7/2677 –

Das Wort zur Begründung des Antrages der AfD hat der Abgeordnete de Jesus Fernandes für die Fraktion der AfD.