Und normal sind mindestens zwei Kinder, die naturgemäß nicht im Rentenalter, sondern dann geboren werden, wenn es zeitgleich um die berufliche Karriere geht.
In diesem Zwiespalt ist es den meisten Frauen nicht möglich, ihrem Kind und der Karriere in gleicher Weise gerecht zu werden,
und sie geben ihrer Rolle als Mutter den Vorrang. Nur dieser Punkt, nämlich die „Benachteiligung“ – in Anführungsstrichen – durch Kinder, kann im öffentlichen Dienst und erst recht in der Justiz heute noch als ein auszugleichender Nachteil bei der Karriere angesehen werden. Nur hier gibt es noch strukturelle Hindernisse, die weiter auszuräumen sind. Ansonsten gibt es in der Justiz keine
Frauen, die allein wegen ihres Geschlechts in irgendeiner Weise benachteiligt sind. Wenn Frauen dieselben Möglichkeiten haben, diese aber nicht wahrnehmen, weil sie sich zum Beispiel die Belastung eines Führungsamtes nicht antun wollen oder weil ihnen anderes wichtiger ist, dann gibt es überhaupt keinen Grund, hier von Staats wegen nachzuhelfen, dann ist das eben so.
Bei der Besetzung von Beförderungsämtern im öffentlichen Dienst und erst recht in der Justiz darf es alleine – und hier scheint ja Übereinstimmung zu bestehen – auf Leistung, Eignung und Befähigung ankommen.
Wenn die Ministerpräsidentin jetzt faktisch das Geschlecht als weiteres Auswahlkriterium hinzufügen will, dann verletzt sie damit den Grundsatz der Gleichberechtigung nach Artikel 3 Grundgesetz. Dies ist entschieden abzulehnen. Insbesondere ist eine bundesweite Ausschreibung mit dem Ziel, den Frauenanteil zu erhöhen, strikt abzulehnen, solange es genügend geeignete Bewerber aus der Justiz in Mecklenburg-Vorpommern gibt. Und so weit unterstützen wir natürlich den Antrag der BMV.
Eine bundesweite Ausschreibung mit dem erklärten Ziel, den Frauenanteil zu erhöhen, widerspräche einer jahrzehntelangen Übung und würde bei den Gerichten mit Sicherheit auf großes Unverständnis stoßen.
Wir hoffen sehr, dass sich der Landtag hier eindeutig für das Prinzip der Bestenauslese positioniert.
Diese hat ohne Ansehen des Geschlechts zu erfolgen, genau so, wie es im bisher praktizierten Besetzungsverfahren geregelt ist.
Es kann nicht sein, dass bei den wenigen Beförderungsstellen in der Justiz gezielt Frauen aus anderen Bundesländern angeworben und damit die eigenen Bediensteten vor den Kopf gestoßen werden.
Es liegt doch auf der Hand, dass bei dem Ansinnen der Ministerpräsidentin die Kompetenz des Bewerbers faktisch zweitrangig würde. Die Forderung nach völliger Gleichstellung gleicht einem Umerziehungsprogramm,
(Martina Tegtmeier, SPD: Da haben Sie wohl was falsch verstanden. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
bei dem die Vorstellungen aus der männlich geprägten Leistungsgesellschaft blind auf die Frauen übertragen werden und diesen eingeredet wird, was für sie wichtig zu sein hat.
Ja, es gibt Frauen, die ganz bewusst ein Beförderungsamt in der Justiz nicht anstreben, weil ihnen die Familie wichtiger ist.
Frau Ministerin, hören Sie sich bei den Frauen in der Justiz an, was diese von dem Gleichstellungsgerede halten! Sie halten davon genauso wenig wie von der Genderdoktrin, nämlich gar nichts.
(Susann Wippermann, SPD: Gibt es nicht. – Zurufe von Rainer Albrecht, SPD, und Martina Tegtmeier, SPD)
Die Frauen im Osten mit DDR-Sozialisierung haben die Gleichberechtigung wesentlich früher als im Westen verinnerlicht.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Reden Sie doch nicht über die Frauen im Osten, davon haben Sie doch überhaupt keine Ahnung!)
und in ihrer Sprache bewahrt. Dasselbe gilt für die Quote, die mit Sicherheit von den meisten Frauen abgelehnt wird. Eine selbstbewusste Frau will nicht in den Geruch kommen, ihr Amt nur wegen ihres Geschlechts erlangt zu haben.
Gleichwohl gibt es in der Justiz strukturelle Hindernisse, die es Frauen mit Kindern, also ganz konkret Müttern, außerordentlich erschweren, in Leitungspositionen zu gelangen.
Wie für jedes Beförderungsamt muss man zunächst eine richterliche Erprobung am Oberlandesgericht absolvieren. Diese dauert in der Regel neun Monate. Das ist schon schwierig genug,
vor allem, wenn man nicht im Raum Rostock lebt und für diese Zeit einen zweiten Wohnsitz begründen muss. Dann muss man aber noch nach dem sogenannten Hasenwinkelkonzept eine zweijährige sogenannte Verwaltungserprobung im Justizministerium absolvieren, meines Wissens in dieser Form einzigartig, nur in M-V. Dafür gibt es keine Notwendigkeit. Wer ein ordentliches Urteil schreiben kann, der kann auch einen Bericht in Verwaltungssachen schreiben. Darüber kann man nicht ernsthaft diskutieren. Der Verwaltungsrichter wird auch nicht in der Verwaltung
oder im Ministerium erprobt und muss sich wie jeder Richter in die konkrete Rechts- oder Verwaltungssache einarbeiten. Die Verfügungstechnik in Verwaltungssachen ist auch nichts grundsätzlich Neues gegenüber den in Rechtssachen vorzunehmenden Verfügungen. Im Übrigen kann man sich an den bereits vorhandenen Akten früherer Vorgänge bei der Einarbeitung orientieren.
Kurzum, der Richter muss bei seinem Beruf in der Lage sein, sich in jedes neue Rechtsgebiet einzuarbeiten. Justizverwaltungssachen sind da nicht etwas ganz anderes. Wenn man dennoch eine gesonderte Erprobung des Richters in Justizverwaltungssachen für sinnvoll hält, so kann die Befähigung dazu vollkommen ausreichend an den Gerichten erlernt und erprobt werden. Hier fallen die Justizverwaltungssachen natürlich genauso an, und zwar in voller Breite und nicht nur auf einem einzelnen Sachgebiet wie in einer Abteilung des Ministeriums.
Die Annahme liegt nicht fern, dass die Abordnungen an das Ministerium auch deshalb erfolgen, weil dort Mitarbeiter fehlen. Dann muss erforderlichenfalls der Stellenplan geändert werden, anstatt dafür Richter abzuordnen, wodurch Lücken an den Gerichten gerissen werden. Zudem ergeben sich Bedenken aus dem Gesichtspunkt der Unabhängigkeit der Justiz, denn es besteht die Befürchtung, dass dem Erprobten eine gewisse bleibende Nähe zum Ministerium vermittelt wird, um nicht zu sagen, dass hier angepasstes Verhalten strukturell gefördert wird.