Protocol of the Session on September 13, 2018

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass der Ministerpräsidentin die Zustimmung zur Ernennung für bestimmte Beförderungsämter vorbehalten ist, ist nicht nur nicht zu kritisieren und tangiert auch nicht die Unabhängigkeit der Justiz, sondern geht eben auf Artikel 48 unserer Landesverfassung zurück. Nach Artikel 48 der Landesverfassung ernennt die Ministerpräsidentin die Beamten und Richter, stellt die Angestellten und Arbeiter des Landes ein und sie kann diese Befugnis übertragen. Das Recht zur Ernennung und Einstellung beinhaltet auch das Recht zur Beförderung, Höhergruppierung, Entlassung oder Versetzung in den Ruhestand. Diese Befugnis zur Ernennung und Einstellung ist keine bloße Formsache. Darin enthalten ist das Recht zur Personalauswahl, wieder nach dem Prinzip der Bestenauslese, und zur Gestaltung der diese Auswahl regelnden Verfahren.

Die Ministerpräsidentin kann ihre Rechte aus Artikel 48 der Landesverfassung übertragen, allerdings behält sie auch in diesem Fall weiter die volle Verantwortung. Von der Übertragungsmöglichkeit ist durch die Anordnung über die Übertragung personalrechtlicher Befugnisse vom 17. April 2013 Gebrauch gemacht worden. Danach ist der Ministerpräsidentin bei Beamten die Zustimmung zur Ernennung der Besoldungsgruppe B, zu Leitern von obersten Landesbehörden und zur Übertragung leitender Funktionen in einem Ministerium sowie im Bereich der Gerichte und Staatsanwaltschaften zur Ernennung ab der Besoldungsgruppe R3 vorbehalten. Diese Übertragung personalrechtlicher Befugnisse trägt andererseits dem Ressortprinzip aus Artikel 46 Absatz 2 der Landesverfassung Rechnung, wonach jede Ministerin und jeder Minister innerhalb der von der Ministerpräsidentin bestimmten Richtlinie der Regierungspolitik den eigenen Geschäftsbereich selbstständig und in eigener Verantwortung zu leiten hat.

Aber noch einmal: In allen diesen Abschnitten des Verfahrens gelten für alle Beteiligten Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes und Artikel 71 Absatz 1 der Landesverfassung Mecklenburg-Vorpommern, die gebieten, dass der für ein Beförderungsamt am besten geeignete Bewerber beziehungsweise die am besten geeignete Bewerberin ausgewählt wird, und die hierfür die maßgeblichen Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung verbindlich vorgeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit komme ich zur Gleichstellung in der Justiz. Dazu müssen wir uns die Ausgangssituation klarmachen. Anfang der 90erJahre betrug der Frauenanteil bei den Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten nicht mehr als 20 Prozent. Wir sind jetzt auf dem richtigen Weg, diesen Frauenanteil zu erhöhen. In den Eingangsämtern liegen wir gegenwärtig bei 46,9 Prozent. Bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften sind von derzeit 60 besetzten Führungspositionen aktuell 40 mit Männern und 20 mit Frauen besetzt. Der Frauenanteil in Führungsämtern bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften beträgt damit nur ein Drittel.

Ich darf Ihnen im Gegenzug mal die Zahlen aus dem Justizvollzug nennen: Von derzeit zwölf Führungspositionen – davon ist eine gegenwärtig unbesetzt – sind sechs mit Frauen besetzt. Unterrepräsentiert – das ist eine Tatsache – sind Frauen in den absoluten Spitzenpositio

nen der Gerichte und Staatsanwaltschaften. Und hier sind die Ministerpräsidentin und ich uns einig, dass wir gemeinsam mehr Frauen motivieren müssen, sich auf solche Ämter zu bewerben, und vor allem, dass wir durch geeignete Maßnahmen die Voraussetzungen für Frauen in Auswahlverfahren um solche Positionen verbessern müssen. So funktioniert nämlich das Zusammenspiel zwischen Artikel 33 Absatz 2, der Bestenauslese, und Artikel 3 Absatz 2 Grundgesetz, der Gleichberechtigung.

Der in Artikel 3 Absatz 2 verankerte Auftrag an den Staat, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken, erlaubt aber keine pauschale Bevorzugung von Frauen bei Beförderungsentscheidungen ohne Rücksicht auf die bessere Qualifikation anderer Bewerber. Defizite in der Gleichheit der Geschlechter bei der Besetzung von Beförderungsämtern können durch Maßnahmen im Vorfeld von Beförderungsentscheidungen – wie Fördermaßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie – ausgeglichen werden, jüngst auch noch einmal nachzulesen in einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes NordrheinWestfalen vom 21. Februar 2017. Das heißt, sind wir erst einmal im Auswahlverfahren, führt an dem Grundsatz der Bestenauslese kein Weg vorbei. Wollen wir die Chancen von Frauen erhöhen, so müssen wir früher ansetzen, und das tun wir.

Um die Bewerbungschancen von Frauen zu erhöhen, werden diese gezielt angesprochen und aufgefordert, eine Rechts- und Verwaltungserprobung bei einem Obergericht, der Generalstaatsanwaltschaft oder im Justizministerium zu absolvieren. Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden dabei seit geraumer Zeit weitreichende Möglichkeiten von familiengerechter Teilzeit und Telearbeit gewährt, sodass auch eine wohnortferne Ableistung eher in Betracht kommt. Und dabei haben wir durchaus Erfolge zu verzeichnen. Im Justizministerium begannen in den Jahren 2017 und 2018 jeweils fünf Erprobungen, in jeweils drei Fällen handelt es sich um Frauen. Und das Justizministerium ist bestrebt, weitere Führungspositionen mit Frauen zu besetzen. Deswegen werden wir diesen Ansatz weiterverfolgen.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU)

Und nun, meine Damen und Herren, zu dem Antrag der BMV-Fraktion. Zur Überschrift des Antrages habe ich bereits das Erforderliche gesagt. Was dort gefordert ist, tun wir, nicht nur, weil wir dazu gesetzlich verpflichtet sind, sondern auch, weil wir davon überzeugt sind, dass es zum Besten der Justiz ist. Soweit der Antrag im Text fordert, von bundesweiten Ausschreibungen Abstand zu nehmen, will ich Ihnen Folgendes sagen: Aus personalwirtschaftlichen Gründen sind die Ausschreibungen der Beförderungsämter für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte seit etwa Mitte der 90er-Jahre in der Regel auf Bedienstete des Landes Mecklenburg-Vorpommern beschränkt. Aufgrund der unorganischen Altersstruktur, die sich aus dem Aufbau der Justiz nach der Wiedervereinigung natürlich ergab, bestehen im Vergleich zu anderen Bundesländern nur beschränkte Beförderungsmöglichkeiten.

Die Besetzung von Beförderungsämtern mit Landesbediensteten – aufgrund des Anforderungsprofils in der Regel aus der Justiz des Landes – eröffnet jedenfalls im

Nachzug Beförderungsperspektiven und verhilft so auch dem Personalentwicklungskonzept für Gerichte und Staatsanwaltschaften zur Durchsetzung, indem qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern, die die erforderliche Rechts- und Verwaltungserprobung absolviert haben, die Möglichkeit eingeräumt wird, sich um frei gewordene Planstellen zu bewerben.

(Unruhe bei Torsten Renz, CDU, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Beförderungen sind ein wesentliches Instrument, um die Motivation der Richterinnen und Richter – darauf haben Sie zu Recht hingewiesen –, auch der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zu fördern. Sie bieten einen Anreiz, die bisherigen Leistungen nicht nur beizubehalten, sondern weiter zu steigern. Und die allermeisten meiner Kolleginnen und Kollegen in den anderen Bundesländern sehen das ebenso.

Genau diesen von mir genannten Aspekt der Motivation, sich für eine berufliche Entwicklung zu engagieren, haben kürzlich sowohl der Hauptstaatsanwaltsrat als auch der Hauptrichterrat mir gegenüber in Schreiben nachdrücklich unterstrichen. Beispielhaft sei nur ein Satz aus dem Schreiben des Hauptstaatsanwalts zitiert: „Für die noch nicht erprobten und am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn stehenden Kolleginnen und Kollegen entfiele jede Motivation für ein berufliches Fortkommen, da spätestens ab der Besetzung einer R3-Stelle mit einem unüberschaubaren Bewerberkreis zu rechnen wäre.“

Allerdings, meine Damen und Herren, so sehr ich die bisherige Verfahrensweise für sinnvoll halte, so wenig halte ich davon, die Landesregierung hinsichtlich eines Verzichts auf bundesweite Ausschreibung binden zu wollen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es durchaus einzelne Fälle geben kann, in denen eine bundesweite Ausschreibung sachgerecht sein kann. Dies kann, um nur ein Beispiel zu nennen, beispielsweise dann der Fall sein, wenn es um eine Verwendung geht, bei der landesintern keine hinreichende Bewerbungslage erreicht werden kann. Im Übrigen versteht es sich von selbst, dass bei einer bundesweiten Ausschreibung – darauf sei an dieser Stelle ausdrücklich hingewiesen – keineswegs gesagt ist, dass dies zur Besetzung der Position mit einer Frau führt. Wegen der durch das Grundgesetz geforderten Bestenauslese kann es selbstverständlich ebenso gut sein, dass ein männlicher Bewerber in dem Auswahlverfahren erfolgreich ist.

Meine Damen und Herren, ich darf an dieser Stelle zusammenfassen: Um die Unabhängigkeit der Justiz in diesem Land muss sich niemand Sorgen machen. Hinsichtlich der Gleichstellung sind wir auf einem guten Weg, den wir, die Ministerpräsidentin und ich, engagiert weiterverfolgen werden. Der Antrag der BMV ist aus meiner Sicht abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Die Justizministerin hat ihre angemeldete Redezeit um 5 Minuten und 18 Sekunden überschritten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das darf sie. Das macht sie ja selten genug.)

Natürlich darf sie das.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr gut! Sehr gut!)

Ich mache nur darauf aufmerksam, dass diese Redezeit gegebenenfalls den nicht an der Regierung beteiligten Fraktionen zur Verfügung steht.

Allerdings ist mir aufgefallen, dass ich die Aussprache noch gar nicht eröffnet hatte. Das möchte ich hiermit nachholen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dann müssen wir das ja noch mal hören jetzt. – Zurufe von Andreas Butzki, SPD, und Torsten Renz, CDU)

Genau, genau.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Dann kommen wir nämlich auf zehn Minuten.)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine verbundene Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Die Aussprache habe ich ja faktisch schon eröffnet mit der Rede der Ministerin.

Jetzt hat das Wort für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Förster.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Ich möchte mich dem Thema Gleichstellung nähern,

(Marc Reinhardt, CDU: Juristisch.)

mit dem Bemühen, undogmatisch und möglichst lebensnah diese Problematik anzusprechen.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Gleichberechtigung ist nicht dasselbe wie Gleichstellung. Durch die in der Verfassung verankerte Gleichberechtigung wird Chancengleichheit gewährt. Die Gleichstellung strebt darüber hinaus eine zahlenmäßige Ergebnisgleichheit an. Wo diese nicht besteht und Frauen unterrepräsentiert sind, wird ein Problem gesehen und soll nachgeholfen werden, notfalls mit einer Quotenregelung.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das Problem sieht man an Ihrer Fraktion. – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Dies gilt allerdings nicht für alle Bereiche. Ungleichheiten, die sich aus der unbestreitbaren biologischen Verschiedenheit ergeben, werden im Allgemeinen nicht problematisiert. Ich denke dabei an Berufe, die mit starken körperlichen Anstrengungen verbunden sind, oder an soziale Berufe, in denen überwiegend Frauen tätig sind. Bisher hat sich noch niemand darüber aufgeregt, dass bei der Feuerwehr oder einer Kampfeinheit der Bundeswehr Frauen unterrepräsentiert sind. Ein Problem wird eher in gehobenen Berufen und im öffentlichen Dienst gesehen. Die Landesverfassung hat hier in Artikel 13 besonders öffentlich-rechtliche Beratungs- und Beschlussorgane im Visier.

Sieht man genauer hin, so gibt es auf den verschiedenen Ebenen in der Tat mehr Ungleichheiten als Paritäten.

Das gilt auch für die Justiz: auf den Geschäftsstellen mehr Frauen als Männer, im Rechtspfleger- und Richterbereich mehr oder weniger Gleichstand, wenn nicht sogar mehr Frauen, jedenfalls bei den Rechtspflegern, auf den Leitungsposten mehr Männer. Woran liegt das? Mit Sicherheit nicht an einer rechtlichen Benachteiligung oder Diskriminierung oder gar an mangelnder Kompetenz der Frauen. Es liegt im Wesentlichen an den naturgegebenen Unterschieden der Geschlechter.

(Heiterkeit bei Martina Tegtmeier, SPD: Nee!)

Frauen und Männer unterscheiden sich physisch und psychisch voneinander,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach was?!)

sie haben unterschiedliche Stärken und Schwächen.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Kann ich mal sehen?)

Sie haben meist auch unterschiedliche Interessen, Herr Ritter.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Ministerin Stefanie Drese: Was ist das denn für eine absurde Wissenschaft?)

Und sie haben auch unterschiedliche Sichtweisen bei dem, was für sie wichtig ist.

(Martina Tegtmeier, SPD: Ach so?!)

Vor allem gibt es einen gravierenden Unterschied: Es sind allein die Frauen, die Kinder bekommen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist 17. Jahrhundert, was Sie erzählen.)

Und normal...

Ich wüsste nicht, das im 17. Jahrhundert nicht die Frauen die Kinder bekommen haben.