Protocol of the Session on September 12, 2018

(Torsten Renz, CDU: Das war also eine Schwachstelle, ja?)

Ja, natürlich.

Und so fehlt in unseren Kollegien jetzt fast eine komplette Lehrergeneration. Das darf man natürlich auch nicht ignorieren.

(Vincent Kokert, CDU: Ja. – Torsten Renz, CDU: Eine große Schwachstelle.)

Die damals im Land ausgebildeten Kolleginnen und Kollegen wanderten ab.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Also gibt es jetzt Probleme oder keine?)

2013 endete dann das Lehrerpersonalkonzept und seitdem gibt es natürlich und gab es vermehrt Einstellungen.

Die zweite große Voraussetzung ist unser Schulnetz. Ich selbst bin Kreistagsmitglied in der Mecklenburgischen

Seenplatte. Herr Kokert, Herr Reinhardt, Herr Koplin und Herr Ritter sind ja auch dort mit drin. In unserem Landkreis haben wir die geringste oder eine der geringsten Einwohnerdichten Deutschlands. Und bei uns im Landkreis erfüllen zahlreiche Schulen nicht die Schülermindeststärken. Trotzdem hat der Landkreis in der mittelfristigen Schulnetzplanung, die natürlich vom Bildungsministerium genehmigt werden musste, alle Schulen in der Planung berücksichtigt. Konsens aller Parteien, denke ich, ist hier im Landtag, dass wir diese Schulen im ländlichen Raum auch erhalten möchten.

Aber ich möchte die Zahl mal hier sagen: So haben 125 Schulen bei uns im Land eine Ausnahmegenehmigung von knapp rund 500 staatlichen Schulen. Kleine Schulen haben Vorteile, aber auch einige Nachteile. Und dazu zählen, wenn wir eine kleine Grundschule haben mit vier Klassen, dann braucht man auch zwingend vier Lehrerinnen und Lehrer. Bei Krankheit, Schulleiterberatung oder Fortbildung wird Schulorganisation natürlich dann sehr schwer. Oft werden nicht alle Fächer von den Kollegen abgebildet. Das heißt, dass man auch wieder Abordnungen durchführen muss.

(Torsten Renz, CDU: In der Grundschule?)

Die Zahl der Aufsichten ist natürlich an so einer kleinen Grundschule auch sehr hoch. Und für die Schulträger, das darf man nicht vergessen, entstehen natürlich auch wesentlich höhere Schülerkostensätze, nämlich, die Schule muss beheizt werden, das Licht und Wasser und so weiter. Ob da nun zehn oder zwanzig Schüler in einer Klasse sind, das macht dann doch schon eine ganze Menge aus.

(Zuruf von Bernhard Wildt, BMV)

Trotzdem steht die SPD zu diesen wichtigen kulturellen Mittelpunkten in den kleineren Orten unseres Bundeslandes und will sie erhalten.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Ich persönlich setze mich sehr stark dafür ein, ob das bei mir im Wahlkreis ist, im Landkreis oder auch im Land. Das heißt aber auch, dass wir kleinere Klassenstärken in den ländlichen Schulen haben und mehr Schüler und Schülerinnen in den größeren Zentren, in den Klassen dort. Und insgesamt, das darf man hier auch nicht vergessen, kostet das wesentlich mehr Geld für unser Land und insbesondere auch große Anstrengungen – wir haben es heute schon mehrfach gehört – bei der Personalgewinnung für die Landschulen. Aus unserer Sicht ist es aber eine sinnvolle Investition in die Zukunft und eine Stärkung des ländlichen Raums.

Und was unternimmt nun die Regierungskoalition, um diese Herausforderung zu stemmen? Zahlreiche Maßnahmen wurden bisher eingereicht oder eingeleitet.

(Torsten Renz, CDU: Eine haben wir noch.)

Ich will nur eins sagen: Als ich 2011 in den Landtag kam, haben wir 760 Millionen Euro für die Schulen ausgegeben. Wenn man jetzt in den Haushalt guckt, sind das über 1 Milliarde Euro. Und wir haben eine ganze Menge zur Verbesserung der Attraktivität des Lehrerberufs getan. Es wurde schon einiges genannt, ich will das jetzt hier nicht alles wiederholen.

(Torsten Renz, CDU: Doch! Verbeamtung!)

Wir haben,

(Torsten Renz, CDU: Punkt eins!)

wir haben die Erhöhung der Anzahl der Studienplätze in Rostock und Greifswald vorgenommen. Nun kann die Landesregierung nicht irgendwelche Leute dort zwingen, in Rostock zwingend Mathematik und Physik zu studieren. Das ist zwar schade, dass man die Möglichkeit nicht hat, aber das ist ein Riesenproblem. Und 2011 haben wir auch dafür gesorgt, dass es nicht nur einen Referendariatseinstelltermin gibt – erst zwei, jetzt haben wir sogar vier –, sodass wir auch dort die Möglichkeit eröffnet haben. Und Ministerin Hesse hat es schon gesagt, wir haben vorzeitige Ausschreibungen bei den Lehrerstellen. Das ist in keinem Bereich der Landesregierung möglich, im Bildungsbereich ist es möglich. Die Ausschreibungen werden nicht nur zu bestimmten Terminen vorgenommen, sondern über das ganze Jahr.

Bei aller Kritik, berechtigt oder unberechtigt, polemisch oder sachlich, weit über 600 Lehrerinnen und Lehrer wurden in M-V neu eingestellt. Die Zahlen haben wir gehört. Der Unterricht an unseren Schulen ist abgesichert. Und das ist dank aller Beteiligten möglich gewesen. Wir haben uns im Ranking – wir haben im Sommer eine neue Veröffentlichung gehabt – um einen Platz im Bildungswesen von unserem Land auch verbessert, und dafür möchte ich allen noch mal ausdrücklich danken. Das ist Platz 7.

(Bernhard Wildt, BMV: Auf welchen Platz denn?)

Die SPD-Fraktion setzt sich auch weiterhin für den Dialog aller Beteiligten ein. Ich bin überzeugt, dass wir die Herausforderungen bewältigen. Der Schulstart ist gelungen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Ums Wort gebeten hat für die Fraktion der CDU der Fraktionsvorsitzende Herr Kokert.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will mal versuchen, nicht aus Sicht der Lehrer die Schule hier zu thematisieren. Wenn Sie heute die Debatte verfolgt haben, kommt es mir immer so vor, dass wir Schule nur noch für Lehrer machen. Ich will mal sagen, für meine Fraktion steht fest, wir machen die Schule für die Schüler. Vielleicht können wir in dieser Debatte das auch ein bisschen weiter herausarbeiten, dass es zwar richtig ist, dass wir Lehrer brauchen und auch haben, da haben wir in der Vergangenheit vieles getan. Wenn DIE LINKE uns dort Patentrezepte liefern könnte, wie wir mehr junge Abiturienten davon überzeugen könnten, Lehrerinnen und Lehrer zu werden, dann immer her damit! Das sind Sie bisher leider auch in dieser Runde schuldig geblieben.

Und ich will mal in die Runde sagen, weil ich ja Zeitzeuge bin, wie schwer wir uns mit der Debatte um die Lehrer

verbeamtung getan haben. Da will ich jetzt gar kein politisches Klein-Klein machen, aber ich glaube, das war der Ministerpräsident Sellering, der die glorreiche Idee irgendwann hatte, den Brodkorb und den Kokert in ein Büro einzusperren und zu sagen, ihr kriegt 50 Millionen und dann kommt mal wieder raus und sagt uns, was ist das Beste, damit anzufangen. Das haben wir gemacht.

Mal von dieser Stelle, ich glaube, im Herzen ist er immer Bildungsminister geblieben, einen herzlichen Gruß an Mathias Brodkorb. Ich habe gehört, er liegt im Krankenhaus. Ich sende ihm natürlich von hier die besten Genesungswünsche. Da er mir gerade eine SMS geschrieben hat, scheint er die Landtagsdebatte zu verfolgen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, AfD, DIE LINKE und BMV)

Also, lieber Mathias, alles Gute!

Aber zurück zu den Schulen. Ich finde, wir sollten uns auch selber mal sagen, ja, zur Politik gehört dazu, dass wir die Realitäten anerkennen.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Genau so siehts aus.)

Und die Realitäten, die wir anerkannt haben – schon, Frau Oldenburg, vor zehn Jahren –, die waren, dass wir einen dramatischen Lehrermangel haben werden in der Zukunft. Was haben wir den Lehrern in diesem Land alles zugemutet!

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Richtig!)

Ich will jetzt gar nicht anfangen, davon zu erzählen, dass Sie da als Rot-Rot genauso toleriert haben,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja.)

wie wir hinterher in der Großen Koalition. Aber ich glaube, es ist beispiellos gewesen in der Zeit nach der Wiedervereinigung, dass man jemandem im öffentlichen Dienst gesagt hat, pass mal auf, hier liegt der eine Vertrag, da liegt der andere Vertrag, das ist deine Kündigung und entweder, du unterschreibst hier, kriegst nur noch die Hälfte des Geldes und unterrichtest nur noch die Hälfte der Stunden. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, welchen jungen Mann, welcher jungen Frau wollen Sie denn so was vorschlagen, wenn Sie da so schon starten?

Und ich sage mal ein weiteres Beispiel. Wir haben uns gegenseitig auch als Politik immer überboten. Wenn wir irgendwo Beifall erheischen wollten, haben wir gesagt, ja, du musst eigentlich nur einen schlechten Witz über Lehrer machen, da kriegst du überall Beifall. Das hat sich bis heute ein bisschen durchgetragen. Das Lehrerbild ist nach wie vor in der Öffentlichkeit kein besonders gutes

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Genau.)

und wir als Politik haben – jedenfalls auch – eine Mitschuld daran, dass wir immer wieder, wenn es um Lehrer geht, das thematisieren und eher schlechtreden. Deshalb können wir uns eigentlich freuen, dass wir überhaupt so viele Seiteneinsteiger, die ja immerhin auch einen Hochschulabschluss haben, finden, die sagen, ich kann mir das gut vorstellen. Denn wenn Sie in den Schulen unter

wegs sind, ist es ja nun nicht so, dass sie da in Rosen gebettet werden und das ein Zuckerschlecken ist. Also ich habe wirklich die höchste Anerkennung für das, was die Lehrerinnen und Lehrer jeden Tag leisten.

Aber trotzdem lassen Sie uns zukünftig auch den Fokus darauf legen, wir machen Schule als Land für die Schülerinnen und Schüler. Und da darf ich Ihnen mal als betroffener Vater sagen, da erlebst du schon so einige Dinge. Das ist schon ganz erstaunlich. Auch ich wundere mich über den einen oder anderen Unterrichtsausfall. Ich wundere mich über das eine oder andere, welche Fächer regelmäßig ausfallen, leider meistens Mathe, Physik, Deutsch. Da scheinen wir die größten Probleme zu haben und die muss man auch mal klar und deutlich benennen. Aber wir sollten immer gleich hinten anfügen, wie lösen wir denn die Probleme.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Richtig!)

Da haben wir uns als Land natürlich auf den Weg gemacht und haben gesagt, wie lösen wir die Probleme. Attraktivität des Lehrerberufs, das steht, finde ich, ganz oben. Wenn wir das nicht schaffen in der Konkurrenz zu den anderen Studiengängen, dann werden wir schlicht und ergreifend keine jungen Lehrerinnen und Lehrer finden. Und wenn wir bereits in der Schule anfangen, dass die Schüler schon mit nach Hause nehmen, also das Schlimmste, was du eigentlich werden kannst, ist Lehrer,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ganz genau.)

dann hast du ein Riesenproblem. Ich sage Ihnen das selber, zwei meiner großen Jungs sind auf dem Gymnasium und ich habe versucht, unseren Großen so ein bisschen da hinzuschieben, weil ich einerseits sage, als verbeamteter Lehrer, so schlecht ist das Leben, glaube ich, auch nicht. Das dürfen wir auch mal offen und ehrlich hier sagen. Es gibt Leute, die haben da durchaus Jobs, die auch anspruchsvoll sind, für eine geringere Vergütung, für eine geringere Sicherheit. Ich finde auch, wir müssen das Wehklagen nicht immer nachsingen, dass es allen Lehrern hier im Land verdammt schlecht geht. Mittlerweile geht es ihnen gut und die, die wir jetzt neu verbeamten, die stehen im Bundesvergleich jedenfalls nicht schlecht da.