Sehr geehrter Herr Wildt, im Ziel, was Ihren Gesetzentwurf betrifft, liegen wir gar nicht so weit auseinander. Die Ministerin hat ja schon einiges dazu gesagt. Ich halte ihn in der Formulierung auch für nicht ganz glücklich, aber auch wir teilen die Auffassung, dass die Rechtsauffassung des Landkreises Vorpommern-Rügen durchaus nicht die richtige ist. Das habe ich ja an dieser Stelle schon mehrfach betont. Es gibt andere Landkreise, wie zum Beispiel auch unseren Kreis, die Mecklenburgische Seenplatte, die das anders machen, jetzt sogar weitergehend noch die 2- und 4-Kilometer-Begrenzung am Montag abgeschafft haben und dort in kommunaler Selbstverwaltung doch auch einiges verbessernd auf den Weg bringen.
Ich sehe es genauso: Wir stehen vor einer großen Schulgesetznovelle und ich glaube nicht, dass wir jetzt so ein Parallelverfahren, was es ja dann praktisch sein würde, nach der Sommerpause auf den Weg bringen werden. Wir als CDU-Fraktion werden uns in dieser Schulgesetznovelle für eine Änderung einsetzen. Der Bürger
beauftragte hatte aus unserer Sicht einen sehr klugen Formulierungsvorschlag gemacht, der in unterschiedlicher Weise eigentlich auch von vielen hier geteilt wird. Das werden wir mit aufnehmen. Bis dahin hat aus meiner Sicht auch der Landkreis Vorpommern-Rügen jetzt ja nach wie vor die Möglichkeit, zu einer anderen Auffassung zu kommen und das vor Ort anders zu lösen. Wir halten es aber für richtig, mit der großen Schulgesetznovelle, die nach der Sommerpause kommen wird, dieses Thema mit abzuräumen und jetzt kein einzelnes Parallelverfahren zu machen. Deshalb werden wir auch der Überweisung heute nicht zustimmen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! So wie eine Schwalbe noch keinen Sommer macht, machen zwei halbe Anträge
Aus unserer Sicht liegen uns zwei halbe Anträge beziehungsweise ein Gesetzentwurf vor. Ich kann nicht mal sagen, dass der eine die Hinfahrt ist und der andere die Rückfahrt. Ich habe überlegt, was für ein Bild passen würde, und da fiel mir wirklich Otto Waalkes ein. Das ist, als wenn man mit zwei halben Broilern zum Tierarzt geht und fragt, ob da noch was zu machen ist. Das passt hier beides hinten und vorne nicht zusammen. Ich möchte das gerne ausführen und wir haben uns auch Mühe gemacht und versucht, das zu verstehen. Ich möchte Sie bitten, einfach zu überlegen, ob wir vielleicht Ihnen jetzt ein paar Hinweise geben können, was insgesamt nicht richtig ist.
Sie schlagen vor, dass das Schulgesetz dahin gehend überarbeitet wird, dass alle Schülerinnen und Schüler nicht mehr nur an der eingerichteten Schülerbeförderung teilnehmen können, sondern auch am gesamten öffentlichen Personennahverkehr. Das ist das zusammengefasst. Der Hintergrund, wurde hier schon gesagt, ist das halbgewalkte Handeln des Innenministeriums, aber auch die Duldung dieser Untätigkeit durch das Bildungsministerium. Alle Landkreise haben eine Schülerbeförderung einzurichten, Punkt. Das haben fünf Landkreise getan. Der sechste Landkreis, Vorpommern-Rügen, ist bockig, der denkt nicht daran, hier eine einzurichten. Und somit ist das nicht ganz richtig, was Herr Dr. Jess gesagt hat, es geht nicht nur um örtlich zuständige und örtlich unzuständige Schulen, es geht darum, dass dieser Landkreis keine Schülerbeförderung eingerichtet hat.
Wenn wir nun aber alle Gesetze ändern würden, weil irgendein Ministerium nicht handelt oder nicht richtig handelt, dann kommen wir aus den Gesetzesänderungen nicht wieder heraus. Dann müssten wir das Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst ändern, weil weder die Brandverhütungsschauen noch die Schuluntersuchungen, noch die Hygieneuntersuchungen regelmäßig
durchgeführt werden – obwohl gesetzlich vorgeschrieben. Dann müssten wir auch das Lehrerbildungsgesetz ändern, weil nicht alle Anforderungen an die Berufsschullehrerausbildung umgesetzt werden, weil nicht alle Fächer als Beifächer studiert werden können – obwohl gesetzlich vorgeschrieben. Das ist unserer Meinung nach der falsche Weg, der führt nicht zur örtlich zuständigen Schule, der führt nirgendwohin, einfach nur ins Chaos.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir wollen, dass das Ministerium handelt, da sind wir uns einig, und dass geltendes Recht umgesetzt wird, denn das Verwaltungsgericht – und das ist auch noch mal für die AfD vielleicht von Interesse – urteilte ja am 7. Juli 2015, dass für den Landkreis Vorpommern-Rügen die im öffentlichen Personennahverkehr integrierte Schülerbeförderung als Schülerbeförderung im Sinne des Schulgesetzes anzusehen ist. Das heißt also, Schülerbeförderung ist Schülerbeförderung und nichts anderes, und das heißt auch für diesen Landkreis kostenlose Beförderung, wenigstens erst einmal bis zur örtlich zuständigen Schule. Das ist dort aber nicht gegeben. Somit ist also die Regelung im Schulgesetz zwar ungerecht, mehrfach ungerecht sogar, aber eine Ungleichbehandlung und damit eine Rechtswidrigkeit, wie es der Antrag vorsieht, sehen wir als nicht gegeben. Rechtswidrig ist einerseits aus unserer Sicht das Agieren des Landrates – des ehemaligen –
Dass der vorliegende Gesetzentwurf nicht ausreichend, ich nenne es mal, „gereift“ ist, sieht man auch daran, dass Sie etwas begründen, was Sie gar nicht beantragen. Sie begründen nämlich die Ungleichbehandlung damit, dass die generelle Kostenerstattung beziehungsweise die kostenfreie Fahrt auch zur örtlich nicht zuständigen Schule zu erfolgen hat, Sie vergessen aber, das zu beantragen. Sie haben es begründet, aber nicht beantragt. Stattdessen versuchen Sie, mit Ihrem Antrag eine nicht vorhandene Ungleichheit erst herbeizureden. Sie würden sie durch diese Gesetzesänderung erst schaffen. Ich rede wirklich nicht von Ungerechtigkeiten – die gibt es, davon wimmelt es nur so im Paragrafen 113 –, aber von der Ungleichheit.
Würden wir jetzt Ihrer Gesetzesänderung zustimmen, würde die irrige Rechtsauffassung des Landkreises Vorpommern-Rügen Gesetz werden und alle anderen hätten das Nachsehen. Können dann alle Kinder fahren, egal wie weit ihre Schule vom Wohnort entfernt ist? Bekommen alle die Aufwendungen erstattet, auch wenn keine Schülerbeförderung eingerichtet ist? Welche Aufwendungen werden erstattet? Gilt die Gesetzesänderung dann auch für Grundschüler oder, wie Sie in Ihrem morgigen Antrag formuliert haben, nur für Jugendliche von der 1. bis zur 12. Klasse? Aus unserer Sicht verschlechtert Ihre Gesetzesänderung den ohnehin ungerechten Zustand in der Schülerbeförderung. Deswegen steigt meine Fraktion an diesem Punkt aus und wir stimmen weder Ihrer Gesetzesänderung zu noch einer Überweisung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute einen Post gelesen von der BMV: „Konstruktiv, vielfältig, bürgernah“ oder, wie der Innenminister sagte, die Show wird gemacht, und die Show geht weiter, auch bei diesem Antrag.
Wir haben über die Schülerbeförderung in den letzten Landtagswochen sehr oft diskutiert, morgen diskutieren wir auch dazu. In fast allen Landkreisen gibt es vernünftige Lösungen. Herr Reinhardt hat es gesagt, Herr Ritter auch am Montag. Im Landkreis MSE haben wir eine vernünftige Lösung noch erweitert. Ich denke, das ist eine gute Lösung. Die Verantwortlichen nehmen ihre Verantwortung da auch sehr wohl wahr. Mit dem Wechsel des Landrates in Vorpommern-Rügen, denke ich, wird es auch da eine vernünftige Lösung geben, weil Herr Kerth sich dazu schon mehrfach positiv geäußert hat.
Wir werden aber selbst hier diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Sie wissen, die Ministerin hat es auch gesagt, es gibt eine große Schulgesetznovelle, und in diesem Zusammenhang können Sie Ihre ganzen Vorschläge einbringen. Es wird im Zuge dieser Änderung des Schulgesetzes eine Verbandsbeteiligung geben, es wird eine Anhörung geben, die Fraktionen werden Möglichkeiten haben, ihre Vorschläge einzuarbeiten, es wird im Bildungsausschuss beraten, im Landtag darüber abgestimmt werden.
Deshalb, Herr Wildt, ziehen Sie den Gesetzentwurf zurück, beteiligen Sie sich aktiv im Rahmen der Schulgesetznovelle! Die SPD-Fraktion lehnt natürlich diesen Gesetzentwurf ab. – Danke.
Leider, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, leider hat niemand aus meinem Landkreis zu diesem Thema gesprochen, denn da wäre wahrscheinlich das Verständnis für das Problem etwas größer gewesen.
weil Sie ganz offensichtlich das Problem gar nicht verstanden haben. Die Ungerechtigkeit im Landkreis Vorpommern-Rügen ist wahrscheinlich so perfide, dass da gar keiner darauf kommt und man das gar nicht nachvollziehen kann. Es geht nicht darum, irgendwelche Mehrkosten zu übernehmen, weil jemand sich freiwillig entschieden hat, eine örtlich nicht zuständige Schule zu besuchen.
Wir haben im Paragrafen 113 des Schulgesetzes ganz klar die Regelung drin, dass die Schülerbeförderung auch die Kinder mitzunehmen hat, kostenfrei, die nicht zu der örtlich zuständigen Schule fahren, sondern zu einer örtlich nicht zuständigen Schule, wenn das auf dem Weg liegt – eine Mitnahme, es geht ganz klassisch um die Mitnahme.
Ich hatte eben schon mal dieses Beispiel genannt: Kinder, die von Mönchgut losfahren, das eine Kind geht in Bergen zum Gymnasium, das nächste Kind geht in Sellin zur Gesamtschule, gymnasialer Zweig, also absolut miteinander vergleichbar. Das Gymnasium in Bergen ist die örtlich zuständige Schule, die Fahrkarte wird selbstverständlich bezahlt. Das sind 30 Kilometer oder über 30 Kilometer. Das andere Kind geht nur, …
… das andere Kind geht in Sellin zur Schule, 12 Kilometer, bekommt diese Fahrkarte nicht bezahlt. Es kostet 96 Euro im Monat. Und das ist eine schreiende Ungerechtigkeit. Es geht nicht darum, Mehrkosten zu übernehmen, Frau Hesse, es geht nicht darum, dass Eltern irgendetwas für sich verlangen, was ihnen nicht zusteht, sondern es geht ganz klar einfach nur um die Mitnahme, und das ist im Schulgesetz heute schon so geregelt.
So gesehen hat Frau Oldenburg zwar recht, es steht schon so im Gesetz drin und es ist einfach eine rechtswidrige Auslegung des Landkreises, trotzdem beruft sich aber der Landkreis ja auf das Schulgesetz. Das dürfen Sie dabei nicht vergessen, Frau Oldenburg. Er beruft sich auf das Schulgesetz und sagt, da steht ja nur, wenn ich eine Schülerbeförderung eingerichtet habe, und das habe ich gar nicht, haben auch andere Landkreise nicht, weil sie benutzen den öffentlichen Personennahverkehr. Und somit ziehen sie sich mit dieser Haarspalterei aus ihrer ganz normalen gesetzlichen Pflicht heraus und sagen, ich nehme jetzt die Kinder nicht mit, die sollen das extra bezahlen, wir haben keinen Schulbus. An den Bushaltestellen steht aber „Schulbus“ dran. Das hat Herr Crone auch immer sehr schön fotografiert, können Sie in seinem Bericht nachschauen.
Es gibt eine Unmenge von Anträgen, von Petitionen, genau zu diesem Thema, sowohl im Petitionsausschuss als auch beim Bürgerbeauftragten. Es gibt unzählige Fälle dazu. Es ist leider so, dass die Landesregierung sich weigert, über Jahre hinweg, diesen Zustand abzustellen, und immer wieder wird man nur vertröstet, haben Sie doch Vertrauen, es gibt eine Novelle und wir überlegen noch mal. Jetzt wird man verwiesen auf den neuen Landrat, der das eventuell abändert. Es wäre eine Kleinigkeit, das einfach sicherzustellen mit Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs – der im Übrigen weitgehend nur für die Schüler eingerichtet ist, das kommt noch dazu! Versuchen Sie mal, andere Leute in diesen Bussen zu finden! Morgens, wenn die Kinder zur Schule fahren, sind dort nur Schulkinder drin, und zwar nur Schulkinder. Da sind überhaupt keine anderen Fahrgäste. Trotzdem gilt es eben nicht als Schülerbeförderung und deswegen braucht man die Kinder nicht mitzunehmen, die den gleichen Schulweg haben und sogar noch früher aussteigen müssen. Und das Beispiel Mönchgut/Bergen ist nur eines von vielen. Ich kann Ihnen ganz viele auflisten. Auch
Kinder, die von Altefähr nach Stralsund fahren – das ist der wesentlich kürze Schulweg –, das kriegen sie nicht bezahlt,
wenn sie nach Bergen fahren, und das ist dann wesentlich weiter und teurer, bekommen sie die Fahrkarte bezahlt.
Die CDU braucht sich überhaupt nicht zu wundern, dass ihr Landrat die Wahl bei der Landratswahl verloren hat. Das ist genau auf diesen Punkt zurückzuführen und auf gar nichts anderes.
Die Unstimmigkeit auf der Insel Rügen war gewaltig deswegen, und zwar nicht nur bei den betroffenen Eltern, sondern auch in der gesamten Nachbarschaft und bei den Menschen, die das mitbekommen haben, weil es einfach eine schreiende Ungerechtigkeit ist, die man aufgrund einer Spitzfindigkeit dort abgeleitet hat. Der Landratskandidat der SPD hat das noch schnell genug erkannt. Obwohl er das im Kreistag seinerzeit mitgetragen hat, hat er das dann noch erkannt und bei der Wahl in den letzten zwei Minuten – oder in den zwei letzten Wochen, genau genommen – umgesteuert. Er hat gesagt, ja, ich verspreche das jetzt, bei mir wird es besser.
Sie müssen einfach verstehen, dass nach dieser jahrelangen Erfahrung der Bürger unsere Geduld am Ende ist, dass wir da kein Vertrauen mehr aufbringen, dass das eventuell die Landesregierung dann, egal welcher Minister, irgendwie mal regeln möchte, sondern dass wir da Klarheit wollen, und diese Klarheit wollen wir jetzt. Deswegen werde ich den Gesetzentwurf selbstverständlich nicht zurückziehen. Und wenn dann doch wieder was schiefgehen sollte, können wir sicherlich wenigstens an diese Plenarsitzung heute erinnern. – Herzlichen Dank.