Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Kollegen! Damen und Herren! Während wir reden und diskutieren, sind in unserem schönen Mecklenburg-Vorpommern wie jeden Tag Tausende fleißige, aufrechte und engagierte Frauen und Männer unterwegs, um den schwächsten Mitgliedern unserer Gesellschaft – alten Menschen, Pflegebedürftigen, Kranken und Vernachlässigten – zu helfen. Wir nennen das den Wohlfahrtsstaat. Diesen Menschen gilt all unser Dank und Respekt für ihre aufopferungsvolle Arbeit, für ihren Einsatz und ihr Engagement.
Diesen Einsatz für die Schwächeren leisten sie jeden Tag – ehrenamtlich oder angestellt, oftmals für den Mindestlohn, oftmals ohne Tarifvertrag und ohne Betriebsrat, der sich für ihre Interessen einsetzt gegenüber den Arbeitgebern, die sich sozial nennen und dafür reichlich mit Steuergeldern unterstützt werden.
Die in der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege zusammengeschlossenen Landesverbände von AWO, Caritas, Diakonie, DRK, Paritätischer Wohlfahrtsverband und einigen anderen erhalten neben Spenden auch erhebliche Zuwendungen aus Steuermitteln – etwa 140 Millionen Euro seit Beginn der 90er-Jahre. Bei der Aufteilung dieser finanziellen Mittel sind die Verbände einerseits an rechtliche Regelungen gebunden – so weit, so gut –, andererseits bestimmen die Landesverbände in einem internen Abstimmungsprozess allein, wie die vom Land, also vom Steuerzahler, bereitgestellten Geldmittel unter ihnen aufgeteilt werden. Die Maßstäbe und Kriterien, nach denen diese interne Verteilung stattfindet, haben die Spitzenverbände der LIGA – jetzt halten Sie sich bitte fest! –
ganz bewusst seit 20 Jahren nicht offengelegt, nicht gegenüber der Landesregierung, nicht gegenüber dem Landesrechnungshof, nicht gegenüber den Geldgebern und der Bevölkerung. Wir von der AfD fordern im Interesse der Bürger die sofortige Offenlegung.
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Jochen Schulte, SPD: Haben Sie das den Trägern auch schon mal gesagt?)
Der ihm obliegenden Steuerungsfunktion zur Wahrnehmung der im Landesinteresse liegenden sozialstaatlichen Aufgaben kann das Ministerium unter diesen Umständen nicht gerecht werden, denn faktisch bestimmen die Antragsteller durch den intern ausgehandelten Schlüssel, welche Maßnahmen realisiert werden und in welcher Höhe sich die öffentliche Hand daran zu beteiligen hat – eine absurde Umkehrung des Prinzips von Antrag und Bewilligung. Stellen Sie sich einmal vor, ein Hartz-IV-Antragsteller legt die angemessene Höhe seiner Zuwendungen selbst fest und bewilligt diese auch gleich! Wie gesagt, das ist absurd.
Aber damit noch nicht genug: Der offensichtlich notwendigen Kontrolle der Mittelverwendung bei allen Empfängern öffentlicher Gelder durch den Landesrechnungshof setzt die Regierungskoalition ein müdes Vielleicht-könnte-man- ja-prüfen entgegen.
(Torsten Renz, CDU: Nee, nee, nee, nee, nee! – Zurufe von Tilo Gundlack, SPD, und Thomas Krüger, SPD)
Die AfD unterstützt nachdrücklich die Forderung des Landesrechnungshofes nach einem expliziten Prüfungsrecht.
Wohin der fehlende Kontrollwille in Verbindung mit der fehlenden Selbstkontrolle der Wohlfahrtsverbände führt, können wir alle seit Sommer in den Medien verfolgen: eine Vielzahl zweckwidriger Ausgaben, Abrechnungen, Personalausgaben im großen Stil ohne Gegenleistung, ohne vertragliche Grundlage, ohne Bewilligung, rückwirkende Gehaltszahlungen, Sonderzahlungen und Einmalzahlungen für ehemalige Geschäftsführer außerhalb des Bewilligungszeitraums,
(Peter Ritter, DIE LINKE: Also, eine ordentliche Oppositionsfraktion hätte dazu einen Antrag gemacht.)
Finanzierung und Abschreibung, Verpflegung auf internen Veranstaltungen und überhöhte Mieten aus Steuergeldern. Besonders toll trieb und treibt es die AWO, dieser Spross der erstmals so stolzen Sozialdemokratischen Partei, der sich längst zum Problemkind gemausert hat.
Die AWO handelt nach eigenen Worten fachlich kompetent, innovativ und verlässlich, mit ehrenamtlichem Engagement und professionellen Dienstleistungen für die sozial gerechte Gesellschaft.
Dabei setzt sie sich nachhaltig für den sorgsamen Umgang mit vorhandenen Ressourcen ein. Diesen Anspruch erfüllen ganz sicher die schon erwähnten Mitarbeiter im täglichen Einsatz. Die Führungsebene der AWO ähnelt allerdings eher einem finsteren Mafiaclan. Ein Geschäftsführer mit 180.000 Euro Jahresgehalt und ein ehemaliger Vorstand, der gleichzeitig als Angestellter in neun Jahren insgesamt 700.000 Euro ohne Gegenleistung verdient hat – die beiden unterschreiben sich ihre Arbeitsverträge gegenseitig. Eine neue Geschäftsführerin, als Finanzchefin jahrelang die rechte Hand der beiden, hat von alldem nichts bemerkt. Um diese ehemalige Prokuristin auf ihre neue Rolle als Geschäftsführerin vorzubereiten, leistet sich die AWO für knapp zwei Jahre eine Beraterin – jetzt hört zu! – mit einem Tagessatz von 1.000 Euro. Ein Landesvorstand, der mit allen Beteiligten seit Jahrzehnten persönlich und eng verbunden ist, hat ebenfalls nichts bemerkt.
Und dann noch die fast schon üblichen Auswüchse von Korruption und Selbstbedienung: Ein Vorstandsmitglied entscheidet darüber, ob seine private Apotheke alle AWOEinrichtungen mit Medikamenten beliefern darf, ein Vorstandsmitglied sorgt dafür, dass sein privates Ingenieurbüro in Bauvorhaben der AWO involviert ist, ein Vorstandsmitglied erledigt mit seinen privaten Unternehmen die gesamte EDV-Dienstleistung seines Regionalverbandes. Selbstverständlich sind auch enge Familienmitglieder entweder direkt bei der AWO angestellt oder werden über die privaten Unternehmen mit Aufträgen versorgt. Und die andere Seite: Mitarbeiter verdienen den Tagessatz der Beraterin von 1.000 Euro in einem Monat. Sie berichten von einem Arbeitsklima, das gekennzeichnet ist
von Willkür, Drohung und Manipulation, und natürlich würde die Einführung von Betriebsrat und Mindestlohn die finanziellen Möglichkeiten des Wohlfahrtsverbandes sprengen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Die Worte „Korruptionssumpf“, „Beutegemeinschaft“, „Selbstbedienungsmentalität“ und „Schweigekartell“ treffen den Nagel hier auf den Kopf.
Und etwas anderes kommt noch hinzu, der rote Genossenfilz: Multifunktionär Rudolf Borchert ist ein altgedienter Genosse und Netzwerker in der Partei der AWO,
Götz-Peter Lohmann, 700.000-Euro-Genosse und lange Zeit Mitglied des Bundestages, bekommt sein Ruhekissen mit Büro natürlich bei der AWO, die ehemalige Landtagsabgeordnete Dagmar Kaselitz wird neue Vorstandschefin der AWO Müritz
und gleichzeitig von den Genossen zur Integrationsbeauftragten der Landesregierung gemacht. Ebenfalls nicht mehr im Landtag vertreten ist Heinz Müller und wird mit dem Posten des Datenschutzbeauftragten versorgt.
Erkennen Sie ein bisschen die Linie, wo das immer hinging und wo es auch die letzten beiden Legislaturperioden hinging? Auch die nächste Generation steht schon bereit.
Das politische Ziehkind von Borchert für den Landtag und die AWO, Frau Julitz, hat pflichtgemäß und vielleicht etwas fahrlässig ihre Hand für ihren Vorgänger in das berühmte Feuer gelegt und damit gezeigt, dass sie das Motto der Genossen schon verinnerlicht hat. Man kennt sich, man nützt sich, man deckt sich.
Die Geschäftsführer einiger Wohlfahrtsverbände und Sozialunternehmen kassieren höhere Gehälter als die
Kanzlerin und erhalten zudem noch riesige Pensionsansprüche, zum großen Teil von unseren Steuergeldern finanziert.
Insofern danken wir der Fraktion DIE LINKE für ihren Versuch, die unhaltbaren Zustände in einigen Sozialverbänden anzugehen. Aber bitte bedenken Sie, allein mit besser prüfen und unterstützen ist es nicht getan!
(Jochen Schulte, SPD: Was macht denn jetzt eigentlich die AfD konkret? – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
In diesem Sinne möchte ich Ihnen ein Zitat von Albert Einstein mit auf den Weg geben, auch ganz besonders Ihnen:
„Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“