Protocol of the Session on April 26, 2018

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Dafür wird er übrigens bezahlt.)

Nein, nein! Dafür wird er nicht bezahlt, sondern er wird auch dafür bezahlt, dass er unsere Demokratie, unsere Freiheit schützt. Das heißt, er arbeitet nicht gegen die Bürger, Herr Kokert, sondern er arbeitet für uns, für uns als Bürger.

(Vincent Kokert, CDU: Das macht er auch, ja.)

Deswegen sollte er durchaus deutlicher hervorgehoben werden, stärker in der Öffentlichkeit stehen und auch Präventionsarbeit und Aufklärung betreiben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist doch ein Trugschluss, dass das mit einem Landesamt anders wird.)

Dann haben wir als Nächstes den Punkt der soliden Kommunikation im neuen Verfassungsschutzverbund. Der frühere Bundesinnenminister de Maizière hatte sich eine stärkere Zentralisierung und Zusammenarbeit der Landesverfassungsschutzbehörden gewünscht und diese angeregt, gerade weil die länderübergreifende Zusammenarbeit noch verbesserungswürdig ist. Die Vermutung liegt nahe, dass 16 Landesämter, die etwas unabhängiger von ihrer jeweiligen Landesregierung arbeiten, leichter unter der Führung eines Bundesamtes kooperieren als 16 Abteilungen, die in ihren jeweiligen Innenministerien fest integriert sind.

Ich komme noch mal auf den Punkt „Sichtbarkeit für die Bürger“. Da geht es nicht nur darum, Prävention zu betreiben, sondern auch das Sicherheitsgefühl der Bürger zu verstärken. Wir haben jetzt verschiedene Diskussionen darüber geführt, dass dieses Sicherheitsgefühl der Bürger gesunken ist, teilweise entgegen den Tatsachen, die wir aus den Statistiken ablesen können, und dass gerade deshalb versucht wird, das Sicherheitsgefühl wieder zu stärken, zum Beispiel durch eine stärkere Präsenz der Polizei. In Bayern wird zum Beispiel die berittene Polizeistaffel wieder eingeführt, einfach, damit man die Polizei klarer und sichtbarer wahrnimmt.

Das Gleiche gilt auch für den Verfassungsschutz.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Der soll auch eine berittene Abteilung kriegen, oder was?!)

Der Verfassungsschutz muss sichtbar sein als Behörde, die uns schützt. Sie schützt die Verfassung und damit uns. Deswegen braucht sich der Verfassungsschutz nicht zu verstecken, sondern er ist ganz klar sichtbar.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Der Verfassungsschutz ist sichtbar?! Okay!)

Das führt zu einem höheren Selbstbewusstsein der Mitarbeiter und zu einer erhöhten Wertschätzung der Mitarbeiter. Das sollte schließlich auch die Personalanwerbung, das Recruiting und die gezielte Ausbildung neuen Personals erleichtern, denn heute ist es tatsächlich so, dass viel zu viel Personal aus dem Polizeidienst in den Verfassungsschutz wechselt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Woher wissen Sie das denn?)

Nach Auffassung von Professor Wolff ist der Anteil der ehemaligen Polizeibeamten im Verfassungsschutz viel zu hoch, um eine gesellschaftlich-analytische Aufgabe wahrnehmen zu können.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hier bei uns im Land, oder wo?)

Das sehen Sie auf Seite 820 in der Bundestagsdrucksache 17/14600.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wie ist das bei uns im Land?)

Zu möglichen Bedenken möchte ich feststellen, dass selbstverständlich auch ein eigenständiges Landesamt für Verfassungsschutz auf mehreren Ebenen und durch verschiedenste Institutionen kontrolliert wird. Das reicht von der Verwaltungskontrolle über die parlamentarische und gerichtliche Kontrolle bis hin zur Kontrolle durch die Öffentlichkeit.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass wir mit unserem Antrag das Ziel verfolgen, den Verfassungsschutz als sichtbares und deutlich unabhängigeres Landesamt aufzuwerten und ihn als akzeptierten Partner und Dienstleister in der Mitte unserer Gesellschaft noch besser zu etablieren. Der Verfassungsschutz führt kein Eigenleben und dient keinem Selbstzweck, sondern er schützt unser aller Freiheit und die demokratische Verfasstheit unseres Staates. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter.

Die AfD-Fraktion hat beantragt, eine Unterbrechung der Sitzung vorzunehmen, bis weitere Mitglieder der Landesregierung hier im Saal Platz genommen haben. Ich bitte darum, dass man das gegebenenfalls an die Kollegen weitergibt.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Also, unsere Minister sind alle da. – Dr. Ralph Weber, AfD: Unsere auch.)

Okay, jetzt sind hier wieder drei Minister. Das heißt, wir setzen die Sitzung fort.

Verlässt er den Saal wieder? Verlassen Sie den Saal wieder, Herr Minister?

(Mathias Brodkorb, SPD: Ich wollte mich gerade hinsetzen mit Ihrer Erlaubnis.)

Okay, das ist ja auch nur eine Frage. Alles okay.

Dann hat jetzt ums Wort gebeten der Minister für Inneres und Europa. Herr Minister, Sie haben das Wort.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir müssen die Justizministerin mal auszeichnen für ihre dauerhafte Teilnahme.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen von der BMV, Verfassungsschutz ist in der Tat Demokratieschutz. Im Gegensatz zu früheren Inlandsgeheimdiensten in unserer Geschichte dient der Verfassungsschutz unter anderem dem Schutz der freiheitlich demokratischen Grundordnung, kennt ein klares Trennungsgebot zwischen Polizei und Verfassungsschutz, dient keiner Partei und hat gesetzlich klar geregelte Aufgaben und Befugnisse. Das stelle ich meinen Ausführungen erst einmal ganz grundsätzlich voran. Es gibt in der Gesellschaft durchaus Gruppierungen, die das anders sehen.

Mit Ihrem Antrag unterscheiden Sie sich wohltuend von diesen Gruppierungen. Das übergeordnete Ziel Ihres Antrages passt also, denn mit Ihrem Antrag werfen Sie die Frage auf, wie man den Verfassungsschutz im Sinne des Schutzes der Demokratie und der inneren Sicherheit so aufstellen kann, dass er als gestärkt betrachtet wird. Das kann ich als Minister grundsätzlich nur begrüßen, weil gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Verfassungsschutzverbund der Bundesrepublik Deutschland als Gesamteinheit das in vielen Fällen nicht so verdient haben, wie oftmals in den letzten Jahren mit ihnen umgegangen worden ist. Das schließt nicht aus, dass auch viele Fehler in den Behörden begangen worden sind, selbstverständlich, aber manchmal hatte man den Eindruck, dass wir hier über Sippenhaft geredet haben. Insofern begrüße ich so was.

Bei der Frage des Wie gehen allerdings unsere Meinungen grundsätzlich auseinander. Sie wollen ein eigenständiges Landesamt für Verfassungsschutz. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit der bisherigen Abteilungslösung, also der Eingliederung des Verfassungsschutzes in die Abteilungen des Innenministeriums, am besten fahren. Aber ich kenne Sie nun schon ein bisschen und Sie schreiben es am Ende in Ihrem Antrag ja selbst: Sie wollen mit dem vorliegenden Antrag erst einmal nur einen Anstoß für eine Diskussion erreichen um eine bestmögliche Sicherheitsarchitektur in Mecklenburg-Vorpommern. Das ist ein Ansatz, der durchaus legitim ist und den ich auch unterstütze. Das haben Sie mit dem vorliegenden Antrag grundsätzlich schon mal getan.

Ich hoffe, dass ich Sie mit den Argumenten überzeugen kann, warum die bisherige Abteilungsansiedlung die bessere Organisationsform für uns als Bundesland Mecklenburg-Vorpommern ist, weil es immer noch ein Unterschied ist, ob wir über Nordrhein-Westfalen reden oder ob wir über Bayern reden oder ob wir eben über Mecklenburg-Vorpommern reden oder Brandenburg. Das ist natürlich eine Gesamtstruktur. Wie groß ist mein Apparat? Welche Felder bediene ich? Wie viele Einwohner habe ich? Das sind alles Dinge, die dabei zu berücksichtigen sind.

In Deutschland bilden das Bundesamt für Verfassungsschutz und die 16 Landesbehörden für Verfassungsschutz den sogenannten Verfassungsschutzverbund. Unter Federführung des Bundesamtes für Verfassungsschutz arbeiten Verfassungsschutzbehörden in den Ländern bundesweit zum Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Man mag sich manchmal schon fragen, warum manche Organisationsformen so kompliziert sein müssen, aber so was erklärt sich oft einfach aus der Geschichte – das haben Sie ja kurz erwähnt –, so auch beim Verfassungsschutz, wo durch diese föderale Organisationsform seinerzeit eine unangemessene Machtzusammenstellung beim Inlandsnachrichtendienst verhindert werden sollte.

Politologen sprechen dabei gerne von Pfadabhängigkeiten. Ich nenne das eine gewachsene, eine bewährte Sicherheitsarchitektur, zumal die einzelnen Landesbehörden für Verfassungsschutz heute unter anderem auch die Eigenständigkeit der Länder betonen. Und da – das sei mir erlaubt – bleiben wir in der jetzigen Diskussion, auch wenn wir gerade dabei sind zu sagen, man muss bestimmte Aufgaben delegieren können an andere, die bessere Voraussetzungen und bessere Möglichkeiten haben. Aber natürlich müssen wir auch eigenständige Möglichkeiten haben.

Ich nenne mal den viel genannten Ort Jamel als ein Beispiel. Der würde in einem großen Verbund in Berlin wenig bis gar keine Rolle spielen, während man bei lokalen Einrichtungen, bei lokalen Institutionen ganz anders mit solchen Themen umgehen kann.

Meine Damen und Herren, laut Grundgesetz muss jedes Bundesland zwar Verfassungsschutzbehörden einrichten, in welcher Organisationsform die Länder das tun, entscheiden sie selbst. Die zwei grundsätzlichen Organisationsformen, die dafür infrage kommen, haben wir eingangs beschrieben. Aus meiner langjährigen Erfahrung als Innenminister des Landes aber auch als Sprecher der unionsgeführten Länder in der IMK kann ich nur sagen, das Abteilungsmodell hat sich in den Ländern, die es bisher betrieben haben, ganz klar als bessere Lösung bewiesen. Das gilt sowohl für die Rolle des Verfassungsschutzes in den bundesweiten Gremien als auch für die Zusammenarbeit hier bei uns im Land.

Was die Zusammenarbeit im Land selbst angeht: Die unmittelbare Unterstellung unter die Hausleitung kann einen verzerrungsfreien Informationsaustausch gewährleisten und Nachfragen können schnell, unmittelbar und gezielt gestellt werden. Das spart Zeit, begünstigt Entscheidungen und reduziert Stress für alle Beteiligten. Außerdem geht es eben nicht nur um die Kommunikation mit der Hausleitung im Ministerium, sondern auch um den Austausch auf Augenhöhe mit den anderen Abteilungen des Ministeriums. Es war mir ein großes Anliegen zu Dienstbeginn, dafür Sorge zu tragen, dass man trotz

Trennungsgebot natürlich gemeinsam die Aufgabe hat, die Sicherheit zu gewährleisten.

Da kann ich Ihnen relativ klar sagen, wenn wir ein eigenständiges Amt hätten, würde das im Umgang mit der Kommunikation mit anderen Abteilungen mit Sicherheit anders umgehen, als das zur heutigen Zeit der Fall ist, gerade wenn man kleinere Behörden hat. Ämter haben, egal wo und worüber wir reden, immer den Hang zu einer gewissen Eigendynamik, zu einer gewissen Entwicklung. Das ist kein Vorwurf, das ist einfach grundsätzlich in den Entwicklungen so. Deswegen glaube ich eben auch, dass es richtig ist, dass wir diese Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf Augenhöhe nutzen.

Besonders wichtig für die Arbeit ist natürlich der Austausch mit der Polizei, dem Ausländerbereich ebenso wie mit den Waffen,- Versammlungs- und kommunalrechtlichen Referaten, denn all das sind Referate oder Abteilungen, mit denen Schnittmengen sind. Und da man sich hier als Mitarbeiter im selben Haus teilweise bis auf die Sachbearbeitungsebene kennt, können gerade Sachverhalte mit übergreifender Zuständigkeit wie bei Abschiebefällen oder beim Waffenentzug bei Extremisten viel direkter bearbeitet werden, als das ansonsten der Fall wäre, und nicht jedes Mal muss erst ein Vorgang gefertigt werden, auf dem im Zweifelsfall der Minister seinen grünen Kringel macht, bevor nichts weitergeht, sondern die Arbeitsweise kann dementsprechend vorangetrieben werden, natürlich immer in dem Fall unter Wahrung des Trennungsgebotes. Das ist grundsätzlich Voraussetzung. Das gilt auch für die Leitungsebene, wo allein die regelmäßigen Bürobesprechungen und Besprechungen eine unbürokratische und zeitnahe Abstimmung bei wichtigen Ereignissen möglich machen.

Außerdem wird dem Verfassungsschutz mit Blick auf den NSU ja immer wieder vorgeworfen, er hätte Dinge bewusst manipuliert oder besser noch, er stecke irgendwie mit den Attentätern unter einem Hut, je nachdem, welches Argument gerade passt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und ist es nicht so?)

Hinter diesen Vorwürfen steht die absurde Prämisse, der Verfassungsschutz führe ein Eigenleben und sei unfähig, Probleme ganzheitlich anzugehen. Ich sage es noch mal wie vorhin: Ja, es sind Fehler gemacht worden in Deutschland, es sind viele Fehler gemacht worden, aber man kann das nicht pauschalisieren für die Arbeit des gesamten Verfassungsschutzverbundes in der Bundesrepublik Deutschland, weil er in anderen Fällen auch dafür Sorge getragen hat, dass viele schlimme Ereignisse verhindert werden konnten.

Wir können diesem Vorwurf nur begegnen, wenn der Verfassungsschutz als Abteilung im Ministerium angesiedelt ist. Eine eigenständige Behörde wäre Wasser auf die Mühlen derer, die es nicht so gut mit dem Verfassungsschutz meinen.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Die BMV meint es nicht so gut mit dem Verfassungsschutz.)

Außerdem unterliegt der Verfassungsschutz als Abteilung im Innenministerium doch mit der Hausspitze noch einer weiteren und direkten politischen Kontrollinstanz. Das sollte im Sinne der Transparenz, in unser aller Inte

resse sein, soweit das im Rahmen der Aktivitäten des Verfassungsschutzes möglich ist.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oh, Leute, Leute, Leute!)