Protocol of the Session on April 26, 2018

Es gab auch die Debatte um die Finanzen. Sie wissen, dass die EU-Fonds 2021 auslaufen, und die finanzielle

Lage von Mecklenburg-Vorpommern steht damit im engen Zusammenhang. Wir haben zum einen das Auslaufen des Solidarpaktes. Da setzen wir uns gerade für eine Fortführung der Finanzen in Deutschland für strukturschwache Regionen ein. Und wir haben auf der anderen Seite das Auslaufen der EU-Fonds. Auch dafür müssen wir uns einsetzen, dass wir weiter Gelder bekommen.

Mecklenburg-Vorpommern ist in der Entwicklung viel besser vorangekommen als sicherlich andere Staaten in Europa, als osteuropäische. Deshalb müssen wir schauen, wie wir eingeordnet werden in die weitere Förderpolitik. Aber für uns ist auch ganz klar, wir haben immer noch Aufholbedarf. Solange es keine gleichwertigen Lebensverhältnisse in Deutschland gibt, solange es immer noch Unterschiede zwischen Ost und West gibt, müssen wir weiter investieren in diesen Aufholprozess mit Mitteln aus der Fortführung eines sogenannten Solidarpaktes für Ost und West, aber auch mit Mitteln aus der Union.

Deshalb war mein Ansatz als Ministerpräsidentin, in den Gesprächen dort deutlich zu machen, dass wir weiter EU-Mittel brauchen, um das Ziel der europäischen Kohäsionspolitik, also den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zu verwirklichen, auch zu erreichen. Das ist eine wichtige Forderung. Diese müssen wir auch deshalb aufmachen, weil man natürlich sagen kann, ihr habt euch gut entwickelt, aber wir deutlich machen müssen, wir brauchen noch weitere Unterstützung.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Eine zweite wichtige Forderung nach weiterer Förderung war auch, dass insbesondere die Fonds und die Regeln der Programme vereinfacht werden müssen. Wir erleben immer wieder, dass die Umsetzung der europäischen Mittel sehr kompliziert ist, und da haben wir uns natürlich für eine Vereinfachung eingesetzt. Uns ist vor allem wichtig, dass wir die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von INTERREG fortsetzen können, weil wir in guter Nachbarschaft, insbesondere mit Polen, unsere Projekte vorantreiben wollen.

An dieser Stelle möchte ich sagen, gestern in der Debatte um Russland, für die ich mich bedanken will, weil ich sie als sehr konstruktiv und klug empfunden habe, gab es so leichte Zwischentöne: Was ist mit Polen, was ist mit Europa? Ich sage ganz klar: Unser Land ist fester Bestandteil von Europa. Wir sind gute Nachbarn für Polen und das steht für mich in keinem Widerspruch zu einer guten Partnerschaft mit Russland. Wir sollten da keine Unterschiede und Gegensätze aufmachen, das gehört für uns zusammen: klarer, fester Bestandteil von Europa und gute Nachbarschaft mit Polen. Wir sind die Europäische Union, wir sind aber auch Brückenbauer zu Russland. Das ist unsere Idee.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Karsten Kolbe, DIE LINKE)

Es ist sehr wichtig, dass wir gerade mit unseren Nachbarn in Polen sozusagen Projekte weiter fortführen können. Wir haben im letzten Jahr mit einem Kulturpreis ein solches Projekt ausgezeichnet. Das zeigt, dass auch gerade Polen für uns ein ganz wichtiger Nachbar ist.

Zweiter Punkt in der Debatte in Brüssel war natürlich die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik. Es ist kein Geheimnis, dass nicht alle 16 Bundesländer die

Agrarpolitik ganz oben auf der ersten Liste haben. Das hat etwas damit zu tun, welches Bundesland man vertritt. Für mich als Ministerpräsidentin dieses Landes war klar, ich werde mich weiter starkmachen dafür, dass auch die Europäische Union die Agrarpolitik weiter gut unterstützt, aus zwei Gründen:

Die Agrarpolitik, die Landwirtschaft und auch die Ernährungswirtschaft sind für uns ganz wichtige Pfeiler in der wirtschaftlichen Entwicklung dieses Landes.

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Dort arbeiten viele Menschen und wir wollen, dass sie weiter ihre Arbeit haben und dass sie vor allem gute Arbeit haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das ist wichtig für unser Land.

Sie alle wissen, im Agrarbereich wird viel finanziert von der Europäischen Union und natürlich steht jetzt die Europäische Union vor einer großen Herausforderung. Mit dem Brexit müssen wir damit rechnen, dass wir Einnahmeausfälle von ungefähr 10 Milliarden Euro haben werden. Also fragen sich natürlich alle, wo die sozusagen kompensiert werden. Wird es mehr Geld geben von den Nationalstaaten oder wird in Bereichen gekürzt?

Hier droht eben auch, dass der Bereich der Agrarpolitik eine Kürzung erfahren soll, von bis zu zehn Prozent ist die Rede. Ich habe in Brüssel ganz deutlich gemacht beim Kommissionspräsidenten und beim Kommissar Herrn Oettinger, wir möchten nicht, dass im Agrarbereich die Mittel gekürzt werden. Die Landwirtschaft ist für uns ein wichtiger Wirtschaftszweig, aber sie ist mehr als nur ein Wirtschaftszweig. Das habe ich in den letzten Monaten meiner Amtszeit erfahren durch die Erntebereisung, durch viele Besuche bei Bauern. Es sind nicht nur die Betriebe in den ländlichen Räumen, die Arbeitsplätze schaffen und sichern, die landwirtschaftlichen Unternehmen sorgen auch für das Leben in unseren Dörfern, und das ist genauso wichtig.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Bernhard Wildt, BMV)

Wer immer davon redet, dass wir die ländlichen Räume erhalten müssen, dass wir dort das Leben lebenswert machen müssen, der muss auch bereit sein, die Landwirtschaft, die Agrarwirtschaft gut zu unterstützen, denn erst durch diese Betätigung haben wir wirtschaftliches, aber auch soziales und kulturelles Leben in unseren Dörfern. Deswegen hat das einen wichtigen Stellenwert für mich eingenommen bei diesen Besuchen.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wir werden weiter im Gespräch bleiben. Ich habe auch deutlich gemacht, dass das Thema Digitalisierung für unser Bundesland ein großes Zukunftsthema ist, dass es nicht nur wichtig ist, dass die Europäische Union die Förderung vom Ausbau der Digitalisierung nicht beschränken darf, wie das zum Teil ist, sondern wir den Anschluss ans Internet als Daseinsvorsorge sehen und es möglich sein muss, mit Förderprogrammen des Bundes und des Landes für gute Internetanschlüsse überall zu sorgen. Dass wir da keine Förderhemmnisse bekommen durch die Europäische Union, das war auch für mich ein wichtiger

politischer Punkt, denn die Frage des Anschlusses an die Digitalisierung ist auch eine Frage insbesondere der ländlichen Räume, des lebenswerten Arbeitens in ländlichen Räumen, damit Jugendliche nicht wegziehen, weil sie keinen Internetanschluss haben, aber damit vor allem nicht Unternehmen weggehen, weil sie keinen Internetanschluss haben. Deswegen ist die Versorgung von Breitbandausbau, von Glasfasernetz für uns ein wichtiges Thema und durch die Bundes- und Landesförderung muss sie überall möglich sein. Das habe ich auch deutlich gemacht.

In diesem Zusammenhang habe ich den Kommissar Herrn Oettinger eingeladen zur Kabinettsklausur, die wir erstmalig durchführen werden, und zwar im Mai dieses Jahres. Die Kabinettklausur wird unter dem großen Thema Digitalisierung stehen. Ich freue mich sehr, dass Herr Oettinger zugesagt hat, dass er zu unserer Kabinettsklausur kommen wird. Da wollen wir natürlich vor allem über dieses Thema „Entwicklung von Mecklenburg-Vorpommern“, insbesondere im Bereich der Digitalisierung, sprechen, aber ich bin sicher, dass auch die Frage der Ausstattung der Fonds bei diesem Besuch eine Rolle spielen wird.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, zum Abschluss möchte ich noch einmal sagen, dieser Besuch stand im Fokus „Stärkung der Europäischen Union“, aber vor allem der Finanzierungsmöglichkeiten für die Zukunft unseres Landes. Wir werden weiterhin auf europäische Gelder angewiesen sein, das haben wir deutlich gemacht. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch eine gute Lösung finden werden.

Ich möchte aber auch diesen Bericht nutzen, um noch einmal deutlich zu machen, dass Europa für uns viel mehr ist als die Frage, wie viel Geld wir bekommen. Wir leben in einem vereinten Europa. Ich habe gestern deutlich gemacht, dass diese Debatte hier im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern gar nicht möglich wäre, wenn wir nicht dieses vereinte Europa hätten.

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Dieses Europa ist für mich wirklich ein Glücksfall. Das Wichtigste an Europa ist, dass es gesichert hat, dass wir in den letzten Jahrzehnten in Frieden leben konnten.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BMV)

Gerade meine Generation kennt es nicht anders, zum Glück, aber steht in großer Verantwortung dafür, dazu beizutragen, dass wir uns dieses Friedens- und Freiheitsprojekt Europa erhalten und nicht schlechtreden und schon gar nicht kaputtmachen lassen. Das will ich ganz deutlich den Herren der AfD sagen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Vincent Kokert, CDU)

Wir leben im Alltag dieses gemeinsame Europa, insbesondere mit unserer Metropolregion Stettin. Hier haben wir enge Kontakte zwischen Schulen in Kunst und Kultur, ganz konkret im Alltag, wo polnische Familien in Löcknitz, Rentner aus Pasewalk mit Abo für die Konzerte in der modernen Philharmonie in Stettin leben. Das gibt es

schon längst. Das ist nicht irgendetwas, was man erst erfinden muss.

Dieser Zusammenhalt der Region spiegelt die Werte, für die Europa steht, wider, Werte, denen alle in Europa und in Deutschland sehr viel verdanken. Deshalb werden wir weiter dafür sorgen als Landesregierung, dass es diesen Zusammenhalt in unserem Land mit unseren Nachbarn in Europa geben wird und wir auch als MecklenburgVorpommern unseren Beitrag dafür leisten, dass Europa ein Projekt von Frieden und Freiheit bleibt, von Zusammenhalt und Zuversicht, von Solidarität und Gerechtigkeit, und nicht von Spaltung, Hass und Unfrieden. Das ist das gemeinsame Ziel. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Karsten Kolbe, DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Lerche.

Sehr geehrtes Präsidium! Werte Abgeordnete! Liebe Landsleute! In diesem Parlament gibt es, wenn es um die EU geht, nicht um Europa, zwei Lager: die EU-Fanatiker und die EU-Kritiker.

(Thomas Krüger, SPD: Fanatiker?! – Vincent Kokert, CDU: Unsinn!)

Wir von der AfD-Fraktion gehören zu den Letzteren, den EU-Kritikern.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Ablehnern, Ablehnern! Das steht in euerm Wahlprogramm drin.)

Wir wollen, dass die EU auf die Funktionalität der ehemaligen EWG zurückgestutzt wird, damit mit dem Steuergeld der Bürger der Bundesrepublik Deutschland innerhalb Deutschlands Regionen gefördert und regionale Entwicklung betrieben werden kann.

(Thomas Krüger, SPD: Germany first, stimmts?)

Es benötigt keinen Umweg über Brüssel. Die ABM für deutsche Beamte in Brüssel können wir uns dann sparen.

Wie Staatssekretär Rudolph schon auf dem Unternehmertreffen in Ludwigslust verkündete, jeder Schritt von uns für Bürokratieabbau hier wird von der EU konterkariert und es entstehen immer neue bürokratische Hürden für unsere Wirtschaft und auch für die Fördermöglichkeiten aus den Strukturfonds.

(Harry Glawe, CDU: Das hat er so nicht gesagt.)

Statt für EFRE stehen wir für DFRE, statt für ESF für DSF.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Harry Glawe, CDU: Das hat er so nicht gesagt. – Heiterkeit und Zuruf von Bernhard Wildt, BMV)

Nein, den Deutschen Sozialfonds. Wir sind für ein einiges Europa der Vaterländer. Einen europäischen Zentralstaat oder eine Ländervereinigung von Europa lehnen wir ab.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)