Protocol of the Session on January 24, 2018

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Da kann man nichts erreichen, Mensch!)

Eingetreten ist nichts von dem, was die SPD im Jahr 2016 noch großspurig angekündigt hat. Die 50-Euro-Elternentlastung ist de facto keine Entlastung. Also versuchen Sie nicht, die Leute weiter für dumm zu verkaufen!

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Die Kindertagesförderung in Mecklenburg-Vorpommern ist insgesamt unterfinanziert. Das hat viele Ursachen. Es ist zum einen die Festsetzung der Grundförderung nach Paragraf 18 KiföG M-V auf Grundlage der Belegungszahlen mit dem Stichtag 1. März des Vorjahres. Das sind stets weniger Kinder, als dann im darauffolgenden Jahr tatsächlich vorhanden sind, zum Glück, weil die Geburtenrate immer weiter steigt. Das zum einen.

Zum anderen gibt es kein Korrektiv der Berechnung und so führt diese Zahlengrundlage zwangsläufig zu unzureichenden Zuschüssen des Landes, der örtlichen Träger und der öffentlichen Jugendhilfe. Wer das dann ausbaden muss, wissen wir, das sind die Wohnsitzgemeinden und die Eltern, und eben auch darauf sind die Kostensteigerungen bei den Kitas zurückzuführen. Es sind nicht nur die Erzieherbeiträge, sondern auch die unzureichende Finanzierung im Kitasystem.

Des Weiteren kommt hinzu, dass die Dynamisierung von zwei Prozent der Pro-Kopf-Grundförderung jährlich zu gering bemessen ist – der Landesregierung, möchte ich dazusagen –, um die Kostensteigerung abzufangen. Weitere Mittel, unter anderem für Qualitätsverbesserung und die Verbesserung der Fachkraft-Kind-Relation, reichen nicht, um die tatsächlichen Bedarfe finanziell ausreichend zu untersetzen. Der Städte- und Gemeindetag weist in seiner aktuellen Stellungnahme darauf hin, dass das Kindertagesförderungsgesetz in seiner derzeitigen Form zu viel Geld in der Bürokratie versickern lässt. Das Geld könnte durch sinnvolle Umstrukturierung direkt den Kindern zugutekommen, und genau das fordern wir mit unserem Antrag.

Weiter heißt es bei der Stellungnahme des Städte- und Gemeindetages: „Man sollte ehrlich sein und mit dem Wort ‚Entlastung‘ der Eltern keine Erwartungen wecken, die dann enttäuscht werden.“ Zitatende. Eine Warnung spricht er aus: Sollten ab 2019 die Restmittel des ehemaligen Betreuungsgeldes wegfallen, fehlt auch dieses Geld in den Kitas, und dann haben auch hier die Eltern und Gemeinden noch stärker in die Tasche zu greifen.

Anstatt hier nachzusteuern, stellen Sie sich jedes Mal hierher und erzählen die ewige Mär von den steigenden Millionen, die Sie in das Kitasystem seit 2007 gegeben haben. So konnten wir es heute auch wieder von Frau Friemann-Jennert hören.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Die vielen Millionen hören sich erst mal gut an und sind wirklich ein Beitrag.

(Zuruf von Maika Friemann-Jennert, CDU)

Dabei vergessen Sie aber zu sagen, dass die Kinderzahlen seitdem erfreulicherweise gestiegen sind

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

und die Elternbeiträge prozentual deutlich mehr erhöht wurden als die Landesmittel. Dabei vergessen Sie auch zu sagen, dass nachweislich mehrere Studien, die Sie in den Wind schlagen, einschließlich Bundesstatistiken, Mecklenburg-Vorpommern bescheinigen, dass die Elternbeiträge bei uns im Bundesland mit die höchsten bundesweit sind

(Beifall Marc Reinhardt, CDU: Weltweit!)

und die öffentlichen Mittel mit die geringsten bundesweit. Machen wir das mal an Zahlen fest: Laut der Studie der Bertelsmann Stiftung zum frühkindlichen Bildungssystem in Deutschland aus dem Jahr 2017 hat Mecklenburg-Vorpommern mit 3.958 Euro Investitionen pro unter 6-jährigem Kind

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

die geringsten Grundmittel von Land und Kommunen für die Kindertagesförderung ausgegeben. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 4.778 Euro, das Maximum beträgt 6.186 Euro. Wieso steuern Sie hier nicht nach?

Nein, meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, das ist aus unserer Sicht kein verantwortungsbewusster Umgang mit der Kitaförderung. Deshalb fordern wir mit unserem Antrag die Überarbeitung und Umstellung des Finanzierungssystems,

(Marc Reinhardt, CDU: Abgelehnt!)

die Probleme habe ich Ihnen dargestellt. Das Land muss weitaus mehr Verantwortung bei der Finanzierung der Kindertagesförderung übernehmen und endlich seiner Kostenbeobachtungspflicht nachkommen, damit es gar nicht mehr geht, dass die Kosten in überirdische Höhen abgleiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, an der Stelle möchte ich noch einen Ausblick auf weitere düstere Vorhaben geben.

(Marc Reinhardt, CDU: Düstere?!)

Im Jahr 2019 soll die weitere Beitragsentlastung für Geschwisterkinder in Kraft treten.

(Patrick Dahlemann, SPD: Düstere Vorhaben?!)

So, wie es derzeit aussieht, sollen bei der Geschwisterentlastung so wie auch bereits bei der 50-Euro-Entlastung

Hortkinder ausgeschlossen werden. Wie genau das ablaufen und funktionieren soll, wissen die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen nach anderthalb Jahren, seitdem sie im Amt sind, selber nicht genau.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Wenn die Geschwisterregelung tatsächlich kommt, betrifft diese Regelung nur wenige Kinder für einen denkbar knappen Zeitraum. Ich zeige Ihnen die Regelung an einem fiktiven Beispiel mal auf: Die kleine Mia ist gerade zwei Jahre alt geworden und geht ab sofort in die Krippe. Ihre Schwester Anna ist vier Jahre alt und im Kindergarten. Bis Anna sechs Jahre alt ist und eingeschult wird, vergehen zwei Jahre, in denen die Eltern Anspruch auf die hälftige Entlastung der Elternbeiträge für Mia in der Krippe haben. Nach den zwei Jahren läuft die Geschwisterentlastung aus, da nur noch Mia in der Betreuung ist. Bekommt die Familie dann noch Zuwachs durch ein drittes Kind, setzt die hälftige Entlastung für das Letztgeborene in der Krippe oder der Kindertagespflege ein, solange Mia in der Kindertagesbetreuung, aber noch nicht in der Schule ist. Von der vollen Entlastung werden die Eltern aber nichts mehr haben, da die Älteste bereits aus der Kindertagesförderung in Kindertagespflege, Krippe und Kindergarten raus ist.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Die Eltern von Mia, Anna und Hans haben also nur circa zweimal zwei Jahre eine hälftige Gebührenentlastung. In den Genuss der kompletten Beitragsfreiheit für das dritte Kind kommen die Eltern gar nicht erst, und das, obwohl sie ihre drei Kinder in einem kurzen und üblichen Altersabstand von zwei bis drei Jahren bekommen haben.

So viel zur Praxistauglichkeit und Familienfreundlichkeit der Regelung, die die Landesregierung sich für die Elternentlastung ausgedacht hat! Weder die 50-Euro-Entlastung noch die Entlastung für die Geschwisterkinder ist ausgereift,

(Thomas Krüger, SPD: Sie haben nicht zugehört.)

und diese Geschwisterregelung bringt noch mehr Bürokratie mit sich. Schon den Sachverhalt zu erklären, ist schwierig. Stellen Sie sich bitte die Abrechnung der Träger, Gemeinden und der Landkreise vor! Es ist einfach nur ein Bürokratiewahnsinn.

(Thomas Krüger, SPD: Diesen Bürokratie- wahnsinn nennen andere Entlastung. – Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, schon jetzt verschlingt die Bürokratie allein zur Berechnung der Elternbeitragsübernahme im Landkreis Vorpommern-Greifswald 2016 beispielsweise 840.000 Euro, denn mit der Berechnung dieser Hilfen sind knapp 14 Vollbeschäftigte beauftragt. Rechnen Sie das auf acht Landkreise und kreisfreie Städte hoch: Bürokratiekosten allein in den Landkreisen und kreisfreien Städten von circa 8 Millionen Euro! Hinzu kommen die Verwaltungskosten in den Gemeinden und bei den Trägern. Wir finden, wir sollten nicht die Bürokratie mit Millionen finanzieren, sondern das direkt den Kindern in der Kindertagesbetreuung zukommen lassen. Ich fordere die Landesregierung deshalb auf, nachzubessern und die Eltern nicht länger an der Nase herumzuführen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Noch zwei Dinge, weil Sie von der AfD sagten, Sie widersprechen sich, wenn Sie die kostenfreie Kita einführen wollen und in Punkt 2 die schrittweise kostenfreie Kita wollen. Wenn Sie uns in den Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt 2018/2019 zugehört haben, haben Sie mitbekommen, dass wir natürlich auch hier einen Stufenplan vorsehen. Die 3- bis 6-Jährigen hatten wir mit unseren Anträgen zur Kostenfreiheit sozusagen beauflagt. Das sollte der erste Schritt sein, den wir gehen wollten. Die Finanzierungsquellen hatten wir dort dargestellt. Ich bin es leid, das jetzt noch mal hier darzustellen,

(Marc Reinhardt, CDU: Weil Sie es gar nicht wissen.)

Sie alle waren bei den Haushaltsberatungen dabei. Insofern haben wir unsere Forderungen auch mit Zahlen belegt.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt noch ums Wort gebeten der Abgeordnete Heydorn.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Kollegin Bernhardt ist hier nach vorne gegangen und hat gesagt, es würde der SPD doch mal guttun, im Bund in die Opposition zu gehen. Das hat mir zu denken gegeben, weil...

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Aber das haben Sie doch selber gewollt!)

Ja, ich nicht. Das werde ich Ihnen gleich erläutern.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das stimmt. Wenn man noch weiter abschmieren will, dann muss man nicht.)

Das heißt, wer so redet,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)