Protocol of the Session on December 13, 2017

Ja, natürlich!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Also zwei Vorbemerkungen: Erstens, wie man Fan von Glyphosat sein kann,

(Andreas Butzki, SPD: Das hat man gemerkt.)

da muss ich erst mal nachdenken, was das bedeutet.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Beifall Thomas Krüger, SPD – Zurufe von Simone Oldenburg, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Ansonsten …

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE, AfD und Bernhard Wildt, BMV – Andreas Butzki, SPD: Also ich trinke lieber ein Bier als Glyphosat. – Heiterkeit bei Ministerin Stefanie Drese)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind jetzt kurz vorm Ende der Tagesordnung. Es ist ein langer Tag gewesen, trotzdem bitte ich noch um die nötige Disziplin, dass wir auch diesen Tagesordnungspunkt ordnungsgemäß bearbeiten können.

(Heiterkeit bei Ministerin Stefanie Drese: Wir bemühen uns im Rahmen unserer begrenzten Möglichkeiten.)

Eigentlich wollte ich, Frau Aßmann, Ihnen danken, dass Sie zumindest diese Spaßveranstaltung wieder auf den realen, wirklich ernsten Boden zurückgeholt haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Bis Lerche kam. – Ministerin Stefanie Drese: Es war die Nachtigall.)

Natürlich geht es dabei um eine politische Frage. Es geht darum, wie wir in Zukunft Landwirtschaft gestalten wollen. Das ist ganz klar, das ist der Hintergrund, weshalb das auch so eine große Aufregung verursacht hat. Und die Diskussion ist ja nicht neu, die gibt es seit vielen Jahren. Wir bleiben dabei, die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat, vor allen Dingen auch die Rolle, die Deutschland dabei gespielt hat, das ist aus Sicht meiner Partei und Fraktion unverantwortlich.

Die Entscheidung der Kommission sollte ja ursprünglich schon spätestens 2015 gefällt werden. Zähen Widerstand hat es gegeben aus der Zivilgesellschaft, den Umweltverbänden, das ist ganz klar,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

unterschiedliche Bewertungen – unterschiedliche Bewertungen! – und Interpretationen wissenschaftlicher Erkenntnisse.

(Zuruf von Dirk Lerche, AfD)

So eindeutig, wie Sie das hier nämlich darstellen, meine sehr geehrten Herren, ist das alles überhaupt nicht. Klagedrohungen der agrochemischen Lobby, Streit zwischen den Behörden der europäischen Länder und verschiedener UN-Organisationen untereinander – alles das hat dafür gesorgt, dass es mehrere Anläufe für Vermittlungsverfahren gab.

Am Ende steht nun eine Entscheidung, und zwar eine Entscheidung, die weder die Gegner noch die Befürworter dieses Totalherbizids zufriedenstellt. Die Kommission bezeichnet so eine Entscheidung gerne als „typischen Kompromiss“. Ich hoffe eher, dass es der Anfang vom Ende des Einsatzes von Glyphosat ist.

Minister Backhaus betont immer wieder – sinngemäß hat er das auch heute getan –, dass solche Entscheidungen nur wissensbasiert erfolgen dürfen. Aus unserer Sicht war das eben nicht so.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Es wurden neue Erkenntnisse der Forschung nicht berücksichtigt, es wurde nicht geklärt, wie Glyphosat in das Grundwasser oder in die Ostsee gelangt. Dr. Backhaus hat selbst vorhin gesagt, so etwas gehört da einfach nicht hin. Es gibt keine verlässlichen Grenzwerte für die Belastung des menschlichen oder tierischer Organismen. Bisher sind alle Grenzwerte willkürlich gezogen. Es gibt auch keine genauen Erkenntnisse darüber, ob es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Glyphosateinsatz und dem extrem starken Rückgang der Biomasse der Insekten gibt. Und es sind auch nicht alle tatsächlichen oder vermeintlichen Gesundheitsrisiken für den Menschen vollständig geklärt, auch wenn das – wie heute auch wieder – immer anders behauptet wird.

Genau deshalb war die Entscheidung, Glyphosat um weitere fünf Jahre zuzulassen, nicht wissensbasiert. Es war eine politische Entscheidung und es war eine Angstentscheidung,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

geprägt von der Angst vor Klagen von Monsanto und Co, von der Angst vor dem Protest der großen Bauernverbände, aber auch von der Angst vor dem Protest von Millionen Menschen in Deutschland und in der EU. Dann kommt eben so ein Murks heraus.

Dass Agrarminister Schmidt gegen die Regeln der Bundesregierung verstoßen hat, das ist nicht mein Schmerz. Aber die deutsche Zustimmung zu Glyphosat ist trotzdem verbindlich und die angeblich von Christian Schmidt hineinverhandelten Verbesserungen, die sind für mich nicht wirklich erkennbar. Es geht leider nur um rein freiwillige Maßnahmen, Mussbestimmungen gibt es nicht. Insekten oder deren Sterben, das kommt überhaupt nicht vor in diesem ganzen Papier. Dagegen zeigt der Katalog der Nebenabsprachen die Risiken, die mit Glyphosat verbunden sind.

Deutschland hätte der erneuten Zulassung niemals zustimmen dürfen. Wir meinen, sie ist unvereinbar mit dem Vorsorgeprinzip. Das einzig Gute – wenn man überhaupt von etwas Gutem dabei sprechen kann – ist, dass Deutschland die Anwendung einschränken kann, und das muss jetzt geschehen. Wir fordern deshalb die geschäftsführende Bundesregierung auf, umgehend nationale Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Einsatz von Glyphosat auf das absolute Minimum reduzieren und tatsächlich die biologische Vielfalt verpflichtend erhalten.

(Thomas Krüger, SPD: Da sind wir uns einig.)

Wir fordern die Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, dass man glyphosathaltige Unkrautvernichter nicht mehr im Baumarkt kaufen kann und im Haus- und Kleingartenbereich einsetzen darf. Wir fordern ein Verbot der Anwendung von Glyphosat im öffentlichen Raum, egal, ob auf Spielplätzen, in Parks oder auf sonstigen Flächen.

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig!)

Wir fordern ein Verbot des Einsatzes bei der Vorerntebehandlung, Verbote vom Onlinehandel und auch der Onlinewerbung.

(Zuruf von Ralf Borschke, BMV)

Und wir fordern unsere Landesregierung auf, aktiv auf die Bundesregierung einzuwirken, damit solche Einschränkungen umgesetzt werden. Die Möglichkeit besteht schon in dieser Woche. Minister Backhaus ist bereits darauf eingegangen. Am 15.12., also am Freitag, steht auf der Tagesordnung des Bundesrates ein Entschließungsantrag von Thüringen, der genau das eben Aufgezählte auch beinhaltet,

(Minister Dr. Till Backhaus: Der ist nicht populistisch.)

und im Bundestag sind gestern diesbezügliche Anträge behandelt und in den Hauptausschuss überwiesen worden.

Eine weitere Forderung in Richtung Landesregierung habe ich auch noch: Die Forschung zu Alternativen zu Glyphosat und die Entwicklung von neuen Ackerbauverfahren, die einen Einsatz von Glyphosat unnötig machen, müssen dringend intensiviert werden. Natürlich ist uns bekannt, dass gerade in Mecklenburg-Vorpommern auf dem Gebiet eine Menge passiert. Passend zum heutigen Tagesordnungspunkt war dazu kürzlich ein sehr guter Beitrag im „Nordmagazin“ zu sehen, aber aus unserer Sicht muss es schneller gelingen, die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern davon zu überzeugen, dass ein Verzicht auf Glyphosat nicht den Untergang der Landwirtschaft bedeutet.

Kurz gesagt, wir alle und auch die Landesregierung sollten aktiv werden, die Gunst der Stunde für die Gespräche mit der CDU auf Bundesebene zu nutzen. Sorgen Sie mit dafür, dass der Glyphosateinsatz bald der Vergangenheit angehört, zumindest auf das Mindestmaß reduziert wird! – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/1327. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. –

(Peter Ritter, DIE LINKE: Knapp gescheitert.)

Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/1327 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, ansonsten Ablehnung abgelehnt.

(Nikolaus Kramer, AfD: Halt, halt! Nein, es gab einige Enthaltungen.)

Aha, bei einigen Enthaltungen aus der Fraktion der AfD abgelehnt. Am Abstimmungsergebnis ändert das nichts.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Landtages für Donnerstag, den 14. Dezember 2017, 9.00 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.