Protocol of the Session on September 27, 2017

Dann hat jetzt das Wort für die Fraktion BMV der Fraktionsvorsitzende Herr Wildt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Gäste! Da die Beratungen des Haushaltsentwurfes – und ich möchte gerne wieder auf den Haushaltsentwurf zurückkommen, die Debatte ist ziemlich abgedriftet in der Zwischenzeit – erst in den Ausschüssen detailliert erfolgen werden und es dort noch zu zahlreichen Änderungen kommen wird, kann es aus meiner Sicht heute nur darum gehen, die großen Linien der Finanzplanung bis 2022 und des Doppelhaushaltes 2018 und 2019 zu beleuchten sowie uns schon mal auf einige bevorstehende Diskussionen über Änderungsvorschläge unserer Art einzustimmen.

Die vom Finanzminister vorgelegte Finanzplanung oder die von der Landesregierung insgesamt vorgelegte Finanzplanung verfolgt einige strategische Ziele. Ein großes Oberziel ist es selbstverständlich, ohne neue Schulden, ohne Nettokreditaufnahme auszukommen. Das ist, glaube ich, Konsens im ganzen Parlament, dass wir das möchten. Darüber hinaus sollen aber auch die Schulden weiter abgesenkt werden durch 75 Prozent des Jahresüberschusses und die verbleibenden 25 Prozent wandern in den Strategiefonds.

Grundsätzlich ist auch die BMV-Fraktion der Überzeugung, dass in finanziell guten Zeiten die aufgebauten Schulden der Vergangenheit getilgt werden sollten, denn wann sollte es sonst geschehen, wenn nicht in den guten Zeiten?! Das ist sicherlich solide Finanzpolitik. Allerdings müssen wir auch festhalten, dass konkurrierende Verwendungen der Mittel für die Zukunft größere positive Effekte haben könnten als lediglich die ersparten Zinsen. Wir haben viel über die ersparten Zinsen gesprochen und

wie schön es ist, dass man weniger Zinsen zahlt als in der Vergangenheit. Letzten Endes rechnet man mit 2,5 Prozent. Auf die 10 Milliarden wären das circa 250 Millionen. Aber man muss sich natürlich dann doch fragen, ob das Geld nicht auch anders eingesetzt werden könnte und man damit eine höhere Rendite erzielt.

Zum Beispiel wäre da die Frage, wie hoch die Rendite der Wirtschaftsförderung ist. Das wäre eine Frage direkt an den Wirtschaftsminister. Ich bin sicher, dass die Rendite höher als 2,5 Prozent ist. Das heißt, immer dann, wenn man Geld in Wirtschaftsförderung steckt und damit neue Unternehmen ansiedelt, Arbeitsplätze schafft – und hier schlage ich den Bogen zu Tagesordnungspunkt 1, wir wollen innovative Unternehmen hier im Land ansiedeln –, haben wir am Ende mehr davon als nur die 2,5 Prozent ersparte Zinsen.

Noch mal: Die 2,5 Prozent ersparte Zinsen sind etwas Schönes. Es ist auch etwas Solides und für einen Finanzminister absolut Ehrenhaftes, Zinsen einzusparen, aber für die Landesregierung als Ganzes reicht das nicht aus, sondern wir müssen natürlich daran arbeiten, dass die Wirtschaftskraft des Landes sich erhöht, dass die Einnahmen sich erhöhen. Herr Kokert hat gerade darauf hingewiesen, nur etwa die Hälfte unserer Einnahmen werden aus eigener Kraft erzielt.

Ja, was könnte das sein, Investitionen, die Wirtschaftskraft und Einkommen generieren? Da denken wir, wie gesagt, noch mal an die Unternehmen von heute Morgen mit hoch qualifizierten Arbeitskräften und höheren Löhnen. Wir sehen grundsätzlich die Regelgebundenheit der Überschussverwendung sehr positiv, schlagen aber deshalb vor, einen absoluten Betrag als Deckel zu setzen und weitergehende Beträge in wirtschaftsfördernde Maßnahmen, zum Beispiel auch in Infrastrukturinvestitionen, zu leiten. Hierfür wäre der Strategiefonds zu verwenden. Das heißt nicht immer zwangsweise 75 Prozent, sondern vielleicht deckeln auf, sagen wir mal, 150 Millionen, und wenn der Überschuss höher ist, dann würde sich der Anteil des Strategiefonds entsprechend erhöhen.

Die Gegenfinanzierung für die Kindertagesstättenförderung aus den ersparten Zinsausgaben, so, wie Sie das planen, wäre damit trotzdem möglich. Fraglich ist aber, ob das sinnvoll ist. Möchten wir wirklich die Kindertagesstättenversorgung, die kostenlose Kita, davon abhängig machen, dass wir Zinsen sparen? Warum eigentlich? Warum hängt der kostenlose Kitaplatz davon ab, dass wir Zinsen einsparen? Das könnten wir bei jeder beliebigen Ausgabe so organisieren und könnten sagen, gut, wenn wir weniger Zinsen zahlen, dann werden die Schulen repariert oder dann werden Straßen gebaut. Das tun wir ja auch nicht. Es gibt bestimmte Maßnahmen und wir setzen Prioritäten. Es ist die Aufgabe der Regierung, Prioritäten zu setzen, die knappen Mittel entsprechend zuzuteilen und zu verwenden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Warum sollten die Kindertagesstättenplätze in der Priorität so weit unten sein, dass wir erstens Jahrzehnte darauf warten und zweitens sie dann auch noch davon abhängen, dass die Zinsausgaben gesenkt werden können?

Im Übrigen ist es so, dass der Jahresüberschuss selbst gar keine Plangröße der Haushalte ist. Wir reden jetzt

zwar über diese Strategie, aber diese Haushalte werden natürlich mit null geplant. Es wird logischerweise gar kein Jahresüberschuss eingeplant. In den Detailberatungen werden wir von der BMV genau darauf achten, an welchen Stellen die Puffer vorhanden sein könnten, aus denen der Jahresabschluss resultiert, sozusagen die indirekte Planung des Überschusses. Das ist auch ein ganz wichtiger Punkt. Wir möchten natürlich nicht, dass Puffer versteckt werden, damit der Kontrolle des Parlaments entzogen werden und man einfach darauf vertrauen kann, dass am Ende etwas übrigbleibt. Dann ist es im Gutdünken der Regierung, wie dieses Geld eingesetzt wird, zumindest in dem Strategiefonds.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Ein drittes strategisches Ziel ist, dass bis 2020 die eigenfinanzierten Investitionsausgaben mindestens den analogen Ausgaben vergleichbarer westdeutscher Bundesländer entsprechen sollen. Der Zielwert beträgt acht Prozent. Dieses Ziel trägt die BMV-Fraktion grundsätzlich mit. Ein höherer Wert wäre zwar sehr sinnvoll, ist aber aus heutiger Sicht unrealistisch, solange keine Nettoneuverschuldung zugelassen werden soll – und das will ja keiner – und die Überschüsse in diesem hohen Maße zur Tilgung genutzt werden. Man kann das Geld nur einmal ausgeben. Wenn wir die Kredite tilgen, dann können wir nicht gleichzeitig die Investitionsquote noch deutlicher erhöhen. Das ist genau die Diskussion, die wir führen werden und führen sollten, nicht nur in den Ausschüssen, sondern auch hier im Landtag selbst. Es geht immer darum, wie setzen wir die Prioritäten – Investitionen oder Schuldentilgung.

Kritisch werden wir in den Beratungen die Rücklagen betrachten. Auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass Herr Brodkorb dunkle Keller mit Spardosen hat, müssen wir natürlich noch mal genau nachvollziehen, wie die Rücklagen berechnet werden.

(Tilo Gundlack, SPD: Er hat aber Rotwein im Keller!)

Man kann da – das hat ja auch der Landesrechnungshof schon festgestellt und schon wertvolle Hinweise gegeben – durchaus die Risiken auch etwas anders beurteilen. Jeder, der schon mal einen Jahresabschluss aufgestellt hat für ein größeres Unternehmen, weiß, er schätzt Risiken ein, macht das auch gemeinsam mit den Wirtschaftsprüfern. Da gibt es immer einen gewissen Ermessensspielraum und ich habe den Eindruck, so, wie ich Herrn Brodkorb auch mittlerweile kennengelernt habe, dass er sehr vorsichtig an die Dinge herangeht, was ja kein Nachteil für ihn ist, aber für die Regierung in der Summe vielleicht doch kritisch zu sehen ist, sodass man schauen kann, ob da nicht Puffer noch vorhanden sind. Eine Abwägung von Chancen aus Investitionen einerseits und Risiken, die mit Rücklagen abzudecken sind, andererseits sollte deswegen offensiver erfolgen. Allerdings muss es sich auch um Investitionen handeln, die mit einer Wirtschaftlichkeitsberechnung zu einem positiven Einnahmeeffekt in der Zukunft führen.

Sie merken daran, ich bin sehr unternehmerisch geprägt. Ich möchte das Geld nicht einfach für irgendwas ausgeben, dann ist es nämlich weg, sondern wenn man investiert, dann muss man sich tatsächlich darüber im Klaren sein, welche Resultate haben wir daraus in der Zukunft, können wir dann mit Mehreinnahmen auf der Steuerseite

zum Beispiel rechnen. Vor diesem Hintergrund sind wir auch dafür, dass alle Wirtschaftsförderungsprogramme des Wirtschaftsministeriums deutlicher nachgehalten werden. Wir möchten einfach wissen, welche Effekte kommen tatsächlich aus diesen Förderungen, wie hoch sind die Mitnahmeeffekte und die Streueffekte.

Der Sicherheitsabschlag von schrittweise 200 Millionen Euro auf den Steuereinnahmeprognosen wurde schon angesprochen. Das Risiko von Steuerausfällen, sei es aus konjunkturellen Gründen oder aufgrund einer Steuerreform, ist objektiv natürlich vorhanden. Daher muss bei den Einnahmen mit einem Puffer gerechnet werden. Das ist also gar keine Ermessensfrage, sondern man muss diesen Puffer bilden. Allerdings erschienen mir 200 Millionen Euro tatsächlich auch sehr reichlich bemessen, da insbesondere die Steuerreform, die solch hohe Einnahmeverluste mit sich brächte, mit Einnahmerückgängen von 20 Milliarden Euro für den Gesamtstaat kaum vorstellbar beziehungsweise finanzierbar wäre. Ein Risikoabschlag von 100 Millionen Euro würde daher ausreichen und zusätzliche Mittel insbesondere für weitere Investitionen freimachen.

Dann gibt es eine allgemeine Haushaltsrücklage, die 500 Millionen Euro nicht unterschreiten soll. Auch hier wäre die Frage: Warum reichen die vorhandenen 450 Millionen Euro nicht aus, warum müssen es tatsächlich noch höhere Rücklagen sein? Ansonsten ist das Prinzip der Haushaltskonsolidierung akzeptabel. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Danke, Herr Abgeordneter.

Ums Wort gebeten hat der Finanzminister Herr Brodkorb.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Finanzministerium sowie die anderen Ministerien hatten die ehrenvolle Aufgabe, Ihnen einen aus meiner Sicht hochsoliden Haushalt in finanzpolitisch ausgezeichnetem Umfeld vorlegen zu können. Es gibt mehr Geld für Kitas, es gibt mehr Geld für Polizei, es gibt mehr Geld für Kommunen und vor allem, wir stellen mit diesem Haushalt die Weichen für eine langfristige Zukunft des Landes Mecklenburg-Vorpommern, und das ist aus meiner Sicht das Bedeutungsvollste an diesem Haushalt. Wir schaffen es, die heute schon hohen Investitionsquoten, die wir mithilfe der Mittel aus der EU und vom Bund auf hohem Niveau halten, nach Lage der Dinge auf Dauer zu stabilisieren und damit diesem Land Investitionstätigkeiten auf einem Spitzenniveau zu ermöglichen, so, wie das heute beispielsweise in Ländern wie Bayern der Fall ist.

Genau dies, ein hohes Maß an Investitionen, an solidem Gesamtumfeld, ist die Voraussetzung dafür, dass dieses Land Mecklenburg-Vorpommern weiterhin die Chance hat auf so etwas wie einen Angleichungsprozess OstWest. Wenn man will, dass in diesem Land die Löhne steigen, dass es Arbeitsplätze gibt, dann muss es Investitionen geben, denn nur dadurch entsteht Wirtschaftswachstum, und nur Wirtschaftswachstum kann steigende Löhne und eine Zunahme von Arbeitsplätzen garantieren. Oder sportlich ausgedrückt: Wenn man einen Wettlauf gewinnen will, muss man schneller sein als sein Konkurrent, also als sein Sportpartner, und in diesem

Sinne heißt das, finanziell entsprechende Vorsorge zu treffen.

Es ist zunächst einmal ein hochsolider Haushalt in ausgezeichneter finanzpolitischer Rahmenlage und ich möchte, da das keine Selbstverständlichkeit ist, am Beginn meiner Rede zunächst einmal einen Dank aussprechen an die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, ob Unternehmer oder Arbeitnehmer, denn diejenigen sind es, die den wirtschaftlichen Reichtum erarbeiten.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BMV)

Wir haben die Ehre und die Aufgabe, einen Teil dieser Mittel, die in Steuern zu uns, in den Staat, kommen, zu verwalten im Interesse des Gemeinwohls, aber es sind die Bürgerinnen und Bürger, die dieses Geld erwirtschaften, es ist nicht unser Geld. Der Respekt vor den Wählerinnen und Wählern, glaube ich, gebietet es, sich das immer klarzumachen.

Ich möchte zweitens ausdrücklich in besonderer Weise meinen Vorgängerinnen Frau Keler und Frau Polzin danken, denn das, womit wir es heute zu tun haben, ist nur möglich, weil es Vorarbeiten gegeben hat über viele Jahre, die bis heute nachwirken. Ich schließe in diesen Dank ausdrücklich auch alle Kolleginnen und Kollegen der Landtagsverwaltung ein sowie die Abgeordneten, die in den vergangenen Legislaturperioden dafür Sorge getragen haben, dass es diesen Kurs überhaupt gibt. Ohne diese Grundsatzentscheidungen würden wir heute nicht so dastehen und hätten diesen Haushalt nicht präsentieren können.

Da der Fraktionsvorsitzende Kokert bereits die Linksfraktion gelobt hat, möchte ich das ausdrücklich auch tun.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Was?! – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Er hat die Linksfraktion gelobt dafür, dass sie mitgeholfen hat, Geld für den Plenarsaal auszugeben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach so! Das ist okay, ausdrücklich.)

Ich möchte mich diesem Lob anschließen und ein bisschen auch in die parlamentarische Debatte einsteigen, denn, auch wenn das in diesem Hause nicht alle gerne hören, die Tatsache, dass das Land sich heute das leisten kann, was es sich leistet – mehr Geld für Kita, mehr Geld für Kommunen, mehr Geld für Polizei –, ist eine Gemeinschaftsleistung verschiedener Parteien in diesem Lande. Die Sanierung des Haushaltes hier in Mecklenburg-Vorpommern geht zurück auf die rot-rote Koalition von 2002 bis 2006,

(Thomas Krüger, SPD: Das ist wahr. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

wo die entscheidenden Weichen dafür gestellt wurden, dass wir heute da stehen, wo wir stehen,

(Thomas Krüger, SPD: Das auch ist wahr.)

und dieser Kurs wurde dann konsequent fortgesetzt in der Großen Koalition. Insofern haben hier drei Parteien

beziehungsweise drei Fraktionen historischen Anteil an der heutigen Lage.

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Geschichtsklitterung. – Zuruf von Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)

Umso erstaunter, lieber Herr Kokert, bin ich darüber, wie die Linksfraktion sich von diesem Kurs der Vernunft verabschiedet hat.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Hätte die Linksfraktion bereits in der rot-roten Fraktion, der auch ich angehören durfte, diesen Kurs vertreten, den sie heute vertritt, dann wäre unser Bundesland Mecklenburg-Vorpommern pleite. So einfach ist das.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Thomas Krüger, SPD: Richtig. – Peter Ritter, DIE LINKE: Hätten Sie das mitgemacht?)

Und deswegen, sehr geehrter Herr,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hätten Sie das mitgemacht?)

und deswegen, sehr geehrter Herr Ritter,