Welchen Sinn hat es, das notwendige Quorum von einem Drittel auf ein Viertel zu senken? Das Quorum selbst beim Volksentscheid ist überflüssig.
Wir schlagen eine Absenkung der notwendigen Anzahl der Unterschriften für das Volksbegehren und die Abschaffung des Quorums bei Volksentscheiden vor. Für ein Volksbegehren sollen statt derzeit 100.000 nur noch 40.000 Unterstützerunterschriften notwendig sein. Diese Zahl entspricht etwa fünf Prozent der Wählerstimmen der Landtagswahl von 2016. Fünf Prozent der Wählerstimmen benötigt auch eine Partei, um in den Landtag einzuziehen, wo sie dann Gesetzentwürfe einbringen kann. Das Einbringungsquorum von 40.000 Unterschriften erfüllt den Zweck, dass der Landtag sich nur mit Begehren befasst, die einen guten Teil des Volkes mobilisieren. Insofern, glaube ich, besteht ja Einigkeit, dass man nicht von Minderheiten getrieben werden soll, sondern es muss natürlich eine gewisse Hürde bestehen, bevor es zu einem Volksgesetzgebungsverfahren kommen kann. Aber das Zustimmungsquorum beim Volksentscheid erfüllt gar keinen Zweck. Es ist lediglich eine Hürde, eine große dazu. Deshalb wollen wir sie komplett aufheben.
„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“, heißt es in Artikel 20 Absatz 2 des Grundgesetzes, durch „Wahlen und Abstimmungen“. Die Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern sieht Instrumente direkter Demokratie und Bürgerbeteiligung vor, nämlich Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide. Wenn es diese Elemente also laut Verfassung gibt, dann sollten diese auch praktisch vom Volke nutzbar sein. Ich habe es in der Ersten Lesung schon gesagt, die Volksgesetzgebung in Mecklenburg-Vorpommern, die wir nun schon seit über 20 Jahren formal in der Verfassung stehen haben, ist bis heute tot. Es gibt bis heute kein einziges Volksgesetz in Mecklenburg-Vorpommern.
Die Instrumente der direkten Demokratie dürfen auch nicht als Zugeständnis der parlamentarischen Repräsen
tanten an das Volk begriffen werden. Wir hier im Parlament haben die Macht, die Verfassung und das Volksabstimmungsgesetz des Landes dahin gehend anzupassen, dass das Volk von seinem Beteiligungsrecht an der Gesetzgebung auch realistischerweise erfolgreich Gebrauch machen kann. Wir haben es in der Hand, die aktive Beteiligung der Bürger an den demokratischen Prozessen über die Wahlen hinaus zu stärken.
Richtig ist, dass in der vergangenen Wahlperiode die Anzahl der Unterstützerunterschriften gesenkt wurde. Aber was vergessen wurde in der öffentlichen Diskussion, ist, dass in Wahrheit der Zugang zu einem Volksbegehren erschwert wurde, weil gleichzeitig eine Frist von fünf Monaten neu eingeführt wurde.
Und von daher, wenn ich denke, wie lange wir die Unterschriften für den Volksentscheid gegen die Gerichtsstrukturreform gesammelt haben – das war ungefähr ein Jahr –, wie lange das gedauert hat, mit fünf Monaten wird es noch schwieriger.
Herr Krüger, Ihr Einwand ist nicht ganz unrichtig. Es ist durchaus möglich, Fristen zu machen. Das gibt es in anderen Ländern auch. Aber wenn Sie zum Beispiel mal gucken, wenn Sie sich die bayerische Regelung ansehen, dort ist es so – das ist noch eine viel kürzere Frist, nebenbei bemerkt –, dort liegen die Unterschriftenlisten in den Ämtern aus. In allen Ämtern des Landes liegen Unterschriftenlisten aus. Also da muss nicht der Bürger, wie wir es damals gemacht haben, samstags losgehen in die Fußgängerzone und Unterschriften sammeln. Dort beteiligt sich der Staat aktiv und ermöglicht das Sammeln der Unterschriften.
Die Bürger wählen uns ja nicht, weil sie Entscheidungen über komplexe Themen lieber anderen überlassen. Die AfD geht von mündigen Wählern aus, die in der Lage sind, sich auch zu vermeintlich sehr komplexen Themen eine Meinung zu bilden. Für die Herabsenkung des Einbringungsquorums und die Abschaffung des Zustimmungsquorums zu stimmen, bedeutet, dem Volk in Angelegenheiten, die es selbst als besonders wichtig erachtet, die Möglichkeit zur unmittelbaren Mitwirkung an der Gesetzgebung einzuräumen.
Frau Justizministerin hat in ihrer Stellungnahme in der Ersten Lesung zum Gesetz verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet. Sie berief sich auf ein Urteil des Staatsgerichtshofs Bremen aus dem Jahr 2000, das genau den Inhalt unseres Gesetzentwurfs treffen solle. Hierzu stellen sich mehrere Fragen. Die erste: Welche Bindungswirkung hat ein Urteil aus Bremen für Mecklenburg-Vorpommern? Es hat keine Bindungswirkung. Und das Urteil kritisiert auch nur die Kumulation von erheblicher Reduzierung der Unterschriften für das Volksbegehren und den Wegfall des Quorums beim Volksentscheid. Dazwischen gibt es viel Spielraum. Warum nutzen wir den nicht? Warum haben wir Mecklenburger und Vorpommern weniger Rechte als die Schweizer zum Beispiel? Dort gibt es ebenfalls kein Zustimmungsquorum für einen Volksentscheid.
Aber auch in Deutschland gibt es Bundesländer, die das Quorum schon längst abgeschafft haben im Volksentscheid, und das ist kein komplett anderes politisches System.
Wir haben Bayern, Hessen und Sachsen, dort gibt es kein Quorum mehr beim Volksentscheid. Warum haben wir Mecklenburger und Vorpommern weniger Rechte als die Bayern, die Hessen und die Sachsen?
Wie gesagt, man muss aber das Gesamte sehen, man muss auch das Volksbegehren und den Volksentscheid immer gemeinsam beurteilen.
Soll es dann nur noch an der Anzahl der Unterstützerunterschriften für das Volksbegehren scheitern? Wenn Sie sagen, 40.000 ist Ihnen zu wenig, warum kann man dann nicht im Ausschuss beraten und sich da auf eine Zahl einigen?
Wieso stimmen SPD und CDU nicht einmal einer Verweisung in die Ausschüsse zu? Ist es nicht das Wesen der Demokratie, dass man Kompromisse finden muss? Und für Detailberatungen sind nun mal die Ausschüsse zuständig.
Tatsache ist nach wie vor, ich sagte es schon, dass die Volksgesetzgebung in Mecklenburg-Vorpommern tot ist. Die Buchstaben unserer Verfassung sind nicht mit Leben erfüllt. Von einer Abwärtsspirale bei den Voraussetzungen der Volksgesetzgebung zu sprechen, halte ich deshalb für fernliegend. Ich bitte daher nochmals die übrigen Landtagsfraktionen, wenigstens zunächst einer Überweisung in den Rechtsausschuss, die ich hiermit beantrage, zuzustimmen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete! Sehr verehrte Gäste! Im Rahmen der Ersten Lesung habe ich bereits deutlich gemacht, warum die SPD-Fraktion den vorliegenden Gesetzentwurf nicht mitträgt. Dies gründet sich neben dessen inhaltlicher Ausgestaltung auch auf rechtliche Gesichtspunkte sowie die Herangehensweise der AfD-Fraktion zu einer Änderung unserer Landesverfassung.
Laut Gesetzentwurf soll das Unterstützerquorum bei Volksbegehren auf 40.000 gesenkt werden. Dies entspricht lediglich rund drei Prozent der Wahlberechtigten
bei der letzten Landtagswahl. Mit einem Unterstützungsquorum von nur drei Prozent hätte MecklenburgVorpommern das niedrigste Quorum aller Bundesländer. Dies für sich genommen wirft schon die Frage auf, ob man dann noch von einem Volksbegehren reden kann. Hinzu kommt, dass das bestehende Zustimmungsquorum bei Volksentscheiden nicht nur gesenkt, sondern gänzlich entfallen soll. Beides zusammengenommen – ein Unterstützerquorum bei Volksbegehren von nur drei Prozent und die komplette Abschaffung des Zustimmungsquorums bei Volksentscheiden – würde es noch mehr begünstigen, dass eine kleine Gruppe von Aktivisten ein Gesetz allein infolge der Nichtbeteiligung der großen Mehrheit zustande bringt.
Damen und Herren, gerade mit Blick auf das Demokratieprinzip gibt es verfassungsgerichtliche Entscheidungen, die derart niedrige Quoren bei Volksbegehren – zumal, wenn bei abschließenden Volksentscheiden keinerlei Quorum besteht – als unzulässig ansehen. Der Sinn von Hürden bei Volksbegehren ist es, den demokratischen Grundsatz zu verwirklichen, dass ein politischer Gestaltungswille, der keinen größeren Rückhalt im Volk hat, von der Gesetzgebung ausgeschlossen ist. Ein Quorum macht Volksgesetzgebung nicht etwa unmöglich, sondern verleiht ihr erst die unabdingbare demokratische Legitimation.
Damen und Herren Abgeordnete, ungeachtet dessen ist es der AfD-Fraktion offensichtlich selber nicht ernst mit der Änderung unserer Landesverfassung, sonst hätte sie den Gesetzentwurf nicht im Alleingang in den Landtag eingebracht. Eine Verfassung sollte auf einer breiten Legitimationsbasis geändert werden. Um eine Verfassungsänderung auf den Weg zu bringen, müssen die politischen Kräfte im Vorfeld aufeinander zugehen und sich verständigen. Dies hat die AfD-Fraktion bewusst unterlassen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir debattieren heute in Zweiter Lesung einen Gesetzentwurf der AfD, der die Absenkung des Quorums für Volksbegehren und die Aufhebung des Quorums der Volksentscheide zum Inhalt hat. Entgegen den Koalitionsfraktionen sind wir der Auffassung, dass die direkte Demokratie hierzulande durchaus noch ausbaufähig ist und Verbesserungen vertragen könnte. Aus unserer Sicht stehen die direkte und die parlamentarische Demokratie gleichberechtigt nebeneinander, und diese Gleichberechtigung haben wir in Mecklenburg-Vorpommern noch nicht erreicht.
Entsprechend hätten wir es für sinnvoll erachtet, den Gesetzentwurf in die Ausschüsse zu überweisen, deshalb hatten wir in Erster Lesung dem auch zugestimmt, um ihn dort zu beraten und eventuell etwas Vernünftiges aus ihm zu machen. Diese Möglichkeiten hatten wir leider nicht. Aus diesem Grund werden wir den Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung ablehnen.
Erstens, die Quorensenkung für die Volksbegehren. Sie wollen das Quorum für die Volksbegehren auf 40.000 absenken, und zwar gekoppelt an die Anzahl der Wählerinnen und Wähler der letzten Landtagswahl. Sie wollen damit ein flexibles Kriterium schaffen, bei dem die Nichtwähler über die Höhe des Quorums entscheiden. Das kann natürlich so nicht richtig sein. Sie haben da in Ihrer Überlegung zwei Denkfehler aus unserer Sicht. Erstens vergleichen Sie das Volksbegehren mit einer Landtagswahl. Das ist nicht ganz korrekt, da es bei dem Volksbegehren um ein Gesetz geht. Sie müssen deshalb aus unserer Sicht als Vergleich nicht die Landtagswahl heranziehen, sondern des Gesetzgebungsverfahren hier im Landtag. Ihr zweiter Denkfehler ist, diese fünf Prozent auf die Wählerinnen und Wähler der letzten Landtagswahl zu beziehen. Entscheidend ist auch hier das parlamentarische Verfahren aus unserer Sicht. Im Gesetzgebungsverfahren des Landtages beziehen sich vier Abgeordnete, also knapp fünf Prozent, auf die Mitglieder des Landtages und nicht auf die anwesenden Mitglieder des Landtages. Richtig wäre also eine Absenkung des Quorums auf fünf Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung, also auf 65.000 oder 70.000, nicht auf 40.000.
Zweitens. Für die Quorenabschaffung liefern Sie keine richtige Begründung. Dass andere Bundesländer es machen, das ist für mich keine ausreichende Begründung, sondern da hätte man tatsächlich im Ausschuss noch mal tiefer diskutieren müssen.
Drittens. Die flankierenden Maßnahmen im Volksabstimmungsgesetz fehlen in Ihrem Gesetzentwurf völlig. Im Zuge des Volksbegehrens und des Volksentscheides zur Gerichtsstrukturreform haben wir uns damals sehr intensiv damit befasst. Hätten Sie einen Blick in die Parlamentsdatenbank geworfen, wüssten Sie das. Da ging es etwa um die Verpflichtung der Regierung zu einer Informationskampagne, eine ausreichende Kostenerstattung für das Volksbegehren oder Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Entscheidungen der Landeswahlleitung. Eigentlich sind das die Dinge, über die man zuerst nachdenken sollte, wenn man es mit der direkten Demokratie ernst meinen wollte.
Meine Damen und Herren der AfD, lassen Sie mich Ihnen abschließend noch einen Rat geben: Wenn Sie ein so wichtiges Thema wie Demokratie anfassen, machen Sie es richtig! Wir hatten gesagt, woran es aus unserer Sicht scheitert. Der Gesetzentwurf wirkt, als hätten Sie einfach die entsprechenden Forderungen aus Ihrem Wahlprogramm herauskopiert und dann „Gesetzentwurf“ darübergeschrieben, und fertig ist es. Am Ende steht da ein Gesetzentwurf, dem selbst der glühendste Verfechter der direkten Demokratie nicht zustimmen könnte.
Also entweder ist Ihnen das Thema völlig egal oder Sie haben es nur abgearbeitet, weil es halt im Wahlprogramm steht. Deshalb nochmals: Wir lehnen es ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte es mir jetzt einfach machen und auf meine Rede aus der Ersten Lesung verweisen. Aber da wir ja sicherlich den einen oder anderen Zuschauer hier im Saal und auch im Internet haben, der die Debatte damals nicht verfolgt hat, möchte ich gerne mal die Argumente nennen und auch die Argumente nennen, warum wir damals wie heute keiner Überweisung zustimmen.
Ich denke, die Verfassung ist ein hohes Gut, und der Vorredner von der SPD ist darauf eingegangen, wie das in der vergangenen Wahlperiode gelaufen ist. Ich glaube, kein Thema wurde so intensiv beraten und zunächst mal intern beraten. Soweit ich das von unserem Fraktionsvorsitzenden weiß, gab es da sehr, sehr viele Runden und Gespräche, auch mit der Opposition, mit dem Kollegen Holter als dem Fraktionsvorsitzenden, mit Jürgen Suhr damals von den GRÜNEN. Da wurde sehr intensiv erst mal intern gesprochen.
In der Tat, den Schuh müssen Sie sich hier anziehen an der Stelle: Wenn Sie es ernst gemeint hätten, dann wären Sie auf die anderen Fraktionen zugegangen und hätten dort mal ausgelotet, ob es da Interesse gibt, an dem Thema was zu machen. Das haben Sie nicht gemacht, Sie haben den Antrag hier eingebracht. Das ist Ihr gutes Recht, das will Ihnen gar keiner absprechen, aber Sie wussten natürlich auch, dass das wenig Erfolg haben kann.