Ich möchte auch noch einen Satz zu Herrn Ritter sagen. Herr Ritter, Sie haben die Tatsache, dass die Gemeinden Beiträge erheben, damit in Verbindung gebracht, dass die Finanzausstattung wohl nicht ganz stimmen könnte. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, weil ich habe vorhin aus dem Artikel 28 Grundgesetz in Teilen zitiert. Darin steht aber nicht nur, dass „den Gemeinden das Recht gewährleistet sein (muß), alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigner Verantwortung zu regeln“, sondern darin steht genauso, dass „die Gewährleistung der Selbstverwaltung auch die Grundlagen der finanziellen
Eigenverantwortung (umfaßt)“. Das bedeutet, dass eine Gemeinde erst mal dazu angehalten ist, die Dinge, die sie in ihrem örtlichen Wirkungskreis auf den Weg bringt, auch selbst gegenzufinanzieren.
Und noch einmal zu den Steuern: Das, was unsere Gemeinden an Ausstattung erhalten, das ist aus Steuern. Wenn man sich das Steuersystem anguckt, vom Bund, auf Land, auf Gemeinden, dann ist das ein bestimmter Kreislauf, und man kann das nicht einfach so undifferenziert betrachten. Wir haben unser System und wenn Gemeinden irgendwas machen wollen, dann schreiben sie eine Rechnung und reichen das beim Land oder beim Bund oder sonst wo ein. Das funktioniert nicht. Man muss entweder das System insgesamt verändern oder aber man muss sich innerhalb des Systems regelkonform verhalten. Man kann das nicht alles durcheinanderbringen und vermengen. So funktioniert es auch nicht. – Vielen Dank.
Seitens der Fraktion der AfD ist gemäß Paragraf 50 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung beantragt worden, diesen Gesetzentwurf an den Ausschuss für Inneres und Europa zu überweisen und gemäß Paragraf 47 unserer Geschäftsordnung eine Dritte Lesung vorzusehen.
Ich lasse nun über diesen Geschäftsordnungsantrag abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, die Überweisung an den Ausschuss für Inneres und Europa vorzusehen sowie gemäß Paragraf 47 unserer Geschäftsordnung die Dritte Lesung durchzuführen, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Geschäftsordnungsantrag der Fraktion der AfD, die Überweisung an den Ausschuss für Inneres und Europa vorzusehen sowie eine Dritte Lesung gemäß Paragraf 47 unserer Geschäftsordnung durchzuführen, bei Zustimmung der Fraktion der AfD und ansonsten Gegenstimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt.
Die Fraktion der AfD hat gemäß Paragraf 91 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung zur Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/398
Meine Damen und Herren, wir beginnen mit der Abstimmung. Dazu werden Sie hier vom Präsidium namentlich aufgerufen und gebeten, vom Platz aus Ihre Stimme mit Ja, Nein oder Enthaltung abzugeben. Damit Ihr Votum korrekt erfasst werden kann, bitte ich Sie, sich nach Aufruf, wenn möglich, von Ihrem Platz zu erheben und Ihre Stimme laut und vernehmlich abzugeben. Darüber hinaus bitte ich alle im Saal Anwesenden, während des Abstimmungsvorganges von störenden Gesprächen Abstand zu nehmen.
(Die Abgeordneten Dr. Till Backhaus, Mathias Brodkorb, Birgit Hesse und Thomas de Jesus Fernandes werden nachträglich zur Stimmabgabe aufgerufen.)
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat und das noch tun möchte? – Das ist nicht der Fall.
Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen, und unterbreche die Sitzung für zwei Minuten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung. An der Abstimmung haben insgesamt 58 Abgeordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 14 Abgeordnete, mit Nein stimmten 44 Abgeordnete. Es enthielt sich niemand der Stimme. Damit ist der Gesetzentwurf der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/398 abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktion der AfD – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern und des Volksabstimmungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern – Absenkung Quorum Volksbegehren; Abschaffung Quorum Volksentscheid, auf Drucksache 7/539.
Gesetzentwurf der Fraktion der AfD Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Mecklenburg- Vorpommern und des Volksabstimmungs- gesetzes Mecklenburg-Vorpommern – Absenkung Quorum Volksbegehren; Abschaffung Quorum Volksentscheid (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 7/539 –
In der 12. Sitzung des Landtages am 17. Mai 2017 ist die Überweisung des Gesetzentwurfes in die Ausschüsse abgelehnt worden. Gemäß Paragraf 48 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages wird der Gesetzentwurf spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung auf die Tagesordnung gesetzt.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor zwei Wochen, am 29. Juni 2017, veröffentlichte die „Schweriner Volkszeitung“ ein Interview mit der zu dem Zeitpunkt noch designierten Ministerpräsidentin Frau Schwesig. Dort stellte der Journalist fest, ich zitiere: „Die Regierung vermittelte … den Eindruck, an den“ Bürgern „vorbeizuregieren“, Zitatende. Und er fragte Frau Schwesig, ich zitiere weiter, „was setzen Sie dem entgegen?“. Die nunmehrige Ministerpräsidentin antwortete, dass es um das Thema Bürgerbeteiligung gehe, wörtlich, ich zitiere: „Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger stärker einbeziehen.“ Zitatende.
aber mit einem gravierenden Unterschied: Was die Koalition möchte, sind Bürgerbefragungen. Bürgerbefragungen sind unverbindliche Aktionen. Man befragt die Bürger und ist daran nicht gebunden. Wofür wir uns einsetzen, sind verbindliche Volksentscheide.
Wir haben einen konkreten Vorschlag. Immer wieder müssen wir uns ja die Vorhaltungen der SPD und CDU anhören, dass wir keine Konzepte haben.
Den können Sie zumindest zur Beratung erst mal annehmen. Wir haben diesen konkreten Vorschlag ausgearbeitet, wie man die direkte Demokratie im Land stärken kann. Man muss eigentlich nicht sagen „stärken kann“, sondern „überhaupt erst zum Leben erwecken kann“.
Der Gesetzentwurf hat zum Ziel, die Hürden für Volksbegehren und -entscheide in unserem Land zu senken. Dass neben Parlamentsgesetzen auch Volksgesetze verabschiedet werden können, steht in unserer Landesverfassung festgeschrieben, aber derzeit müssen die Bürger ein langwieriges Verfahren durchlaufen und große Hürden überwinden, wenn sie ein Gesetz erlassen wollen.
Die erste große Hürde ist das Volksbegehren. Mindestens 100.000 Wahlberechtigte müssen es durch ihre Unterschrift unterstützen. Das sind etwa 7,5 Prozent der Wahlberechtigten, die ihren Willen aktiv kundtun müssen. Ist das Volksbegehren erfolgreich und wird es vom Landtag abgelehnt, führt das zum Volksentscheid.
Und nun kommt die zweite große Hürde zum Tragen, denn beim Volksentscheid reicht es nicht aus, wenn die Mehrheit der Abstimmenden zustimmt, nein, es muss mindestens ein Viertel aller Wahlberechtigten zustimmen.
Seit Inkrafttreten der Landesverfassung im Jahr 1994 war erst ein einziges Volksbegehren erfolgreich, nämlich im Jahr 2015, das gegen die Gerichtsstrukturreform. Der Landtag lehnte es bekanntlich ab und es kam zum Volksentscheid. Hier sprachen sich 83 Prozent der Abstimmenden für den Volksentscheid aus. Dennoch scheiterte der Volksentscheid, weil die Wahlbeteiligung weniger als ein Viertel betrug. Zum damaligen Zeitpunkt hätte sogar ein Drittel aller Wahlberechtigten zustimmen müssen.
Die Hürden für eine Volksgesetzgebung sind auch nach den Gesetzesänderungen in der vergangenen Wahlperiode zu hoch. Das war ja das Argument der Regierungsparteien, dass sie gesagt haben, wir haben gerade in der letzten Legislaturperiode eine gewisse Senkung der Hürden vorgenommen, und deshalb wolle man da nicht weiter ran.
Welchen Sinn hat es, das notwendige Quorum von einem Drittel auf ein Viertel zu senken? Das Quorum selbst beim Volksentscheid ist überflüssig.