Protocol of the Session on July 12, 2017

Gleichzeitig haben wir den Bedarf im Bereich der Hilfen zur Erziehung, also für eine Tätigkeit mit den Altersklassen zwischen 11 und 27 Jahren, sehr wohl erkannt. Für mich war daher zentral in den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner, dass wir trotz der mit der Novellierung verbundenen Deckelung für die Altersgruppen der 0- bis 10-Jährigen eine anschließende Durchlässigkeit ermöglichen. Auf unsere Initiative hin wird es demnach eine Weiterqualifikation zum Staatlich anerkannten Erzieher, zur Staatlich anerkannten Erzieherin für den Bereich der 11- bis 27-Jährigen geben. Hier wird es bis spätestens 2020 – in diesem Jahr ist mit den ersten Absolventen zu rechnen – ein weiterführendes und berufsbegleitendes Modul geben, welches diese Aufstiegsmöglichkeit beinhaltet. Gerade jungen Menschen möchten wir berufliche Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen und zugleich dem Fachkräftemangel im HzE-Bereich entgegenwirken.

Gegenstand der Kritik, meine Damen und Herren, am bisherigen Entwurf war zudem die mangelnde Anschlussfähigkeit. Eine bundesweite Anerkennung der neuen Erzieherausbildung ist für uns von Beginn an besonders wichtig gewesen.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ist sie da?)

Wir möchten keineswegs eine Insellösung schaffen, weshalb wir die Landesregierung auffordern, sich für eine bundesweite Anerkennung des Abschlusses einzusetzen. Ich bin mir sicher, dass wir mit diesem Vorhaben erfolgreich sein werden, da der Fachkräftemangel kein alleiniges Phänomen Mecklenburg-Vorpommerns darstellt und andere Bundesländer wie Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt ähnliche Vorhaben umsetzen.

Klar ist, wer in Mecklenburg-Vorpommern einen Berufsabschluss erwirbt, muss damit auch in anderen Teilen Deutschlands erfolgreich arbeiten können. Wir möchten allerdings mit den Rahmenbedingungen, die wir heute verbessert schaffen werden, unseren Erzieherstandort in Mecklenburg-Vorpommern stärken und die Fachkräfte in der Region behalten. Das geht nur, wenn faire Löhne gezahlt werden und die Erzieherinnen und Erzieher für diesen anspruchsvollen Beruf angemessen vergütet werden. Im Gegensatz zu den LINKEN – da schaue ich mal zu Ihnen, Frau Bernhardt – teile ich die Auffassung, dass es uns mit der neuen Ausbildung und seiner Bezeichnung gelingen wird, für eine vernünftige Entlohnung zu sorgen.

Mit dem Gesetzentwurf wirken wir ausdrücklich darauf hin, dass die Tarifparteien diese Ausbildung zum Staatlich anerkannten Erzieher von 0 bis 10 Jahren als gleichwertig gegenüber der regulären Erzieherausbildung in den Entgeltverhandlungen einstufen. Auch mit Blick auf das vorgesehene Kurrikulum und die Anzahl der Theoriestunden haben wir eine absolute Gleichwertigkeit. Genau genommen ist die Anzahl der theoretischen Stunden für den Bereich 0 bis 10 in der neuen PIAAusbildung sogar höher. In der Praxis, in den Kindereinrichtungen leisten beide Fachkräfte – nicht die „Tanten“ –

(Heiterkeit bei Dirk Friedriszik, SPD, und Torsten Koplin, DIE LINKE)

die gleiche Arbeit. Diese sollte selbstverständlich auch so vergütet werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weiter von großer Bedeutung war für meine Fraktion ein Nachsteuern bei der Anrechnung der Auszubildenden auf den Fachkräfteschlüssel. Wir haben dafür gesorgt, dass diese deutlich flexibilisiert wird.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Geplant ist nunmehr eine Staffelung nach Ausbildungsjahren in den Anteilen 30, 40 und 50 Prozent. Diese Gliederung wird das steigende Qualifikationsniveau der Auszubildenden und den zunehmenden Praxisanteil im Ausbildungsverlauf bei der Fachkraft-Kind-Relation angemessen abbilden.

Uns als CDU war es hierbei wichtig, dass die angehenden Fachkräfte erst Fachkräfte werden und diese Tatsache berücksichtigt wird. Im ersten Ausbildungsjahr darf die Anrechnung auf den Personalpool somit nicht in einem solchen Umfang geschehen, der womöglich die pädagogische Qualität beeinträchtigt. Durch diesen Schritt tragen wir zur Qualitätssicherung bei und verhindern gleichzeitig, dass sich die Elternbeiträge durch die Einführung der neuen Ausbildung erhöhen. Zusätzlich dürfen die angehenden Fachkräfte in den ersten beiden Ausbildungsjahren nicht mit einer eigenverantwortlichen Tätigkeit in einer Gruppe betraut werden.

Eine weitere Forderung, meine Damen und Herren, die wir in den Verhandlungen durchsetzen konnten, betrifft die Honorierung der Mentoren während der Praxisanleitung der Auszubildenden. Wer junge Menschen neben seiner regulären Tätigkeit zusätzlich ausbildet, muss auch etwas davon haben.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Was denn?)

In dem Paragrafen 11a des KiföG treffen wir eine verbindliche Regelung, nach der die Träger der Kindereinrichtungen verpflichtet sind, den Mentoren eine zeitliche oder finanzielle Abgeltung für ihre Ausbildertätigkeit zu gewährleisten. Dadurch sichern wir die Ausbildungsqualität in den Kindereinrichtungen unseres Landes, die ein elementarer Garant für das Gelingen der neuen Ausbildung ist. Da die Anrechnung der Auszubildenden über den gesamten Zeitraum mit durchschnittlich 40 Prozent auch im neuen Entwurf gewahrt bleibt, ergibt sich hieraus ein finanzieller Spielraum. Dieser Rahmen bildet die finanzielle Grundlage für die Honorierung der angehenden Fachkräfte. Auch stand für mich außer Frage, dass wir bei der Qualitätssicherung im Zuge des erweiterten Fachkräftekatalogs eine Verbesserung erzielen müssen.

Dieser Aspekt wurde sehr zahlreich in Gesprächen mit Verbänden oder Gewerkschaften, Stellungnahmen oder in der Anhörung im Landtag thematisiert. Wir haben nunmehr durchgesetzt, Maßnahmen zur Qualitätssicherung verbindlich im Gesetzentwurf festzuschreiben. Für bestimmte Fachkräfte aus dem erweiterten Fachkräftekatalog, zum Beispiel die viel zitierten Tanz- und Musikpädagogen, Ergo- oder Physiotherapeuten, müssen eine kindheitspädagogische Grundqualifizierung im Umfang von mindestens 250 Stunden sowie ein Praktikum im Umfang von acht Wochen nachgewiesen werden. Diese Fort- und Weiterbildungen müssen vor dem ersten Arbeitstag in einer Kindertageseinrichtung nachgewiesen werden.

Dieser Aspekt stellt nochmals heraus, wie fachlich höchst bedeutsam es ist, das hohe Niveau der pädagogischen Qualifizierung unserer Kindertageseinrichtungen mit einem erweiterten Fachkräftekatalog zu sichern. Von einem Qualitätsabbau im Zusammenhang mit dem neuen KiföG kann also nicht die Rede sein. Im Gegenteil, durch die geschilderte Regelung sichern wir die Qualität und erweitern zugleich den Fachkräftekatalog. Multiprofessionelle Teams erweitern die Fachlichkeit, die Professionalität, unterstützen die vielfältigen Konzepte der Einrichtungen und leisten zudem einen Beitrag zu den vielschichtigen Anforderungen an den heutigen Erzieherberuf.

Einen Hinweis möchte ich an dieser Stelle außerdem geben: Warten Sie doch erst einmal unvoreingenommen den Verlauf der Ausbildung ab, bevor Sie wieder das Haar in der Suppe suchen!

(Heiterkeit bei Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: So viele Haare kann ich gar nicht finden.)

Wir selbst haben in der Koalition in den Entschließungsantrag aufgenommen, eine Evaluierung durchzuführen. Erst danach wird sich feststellen lassen, in welchen Bereichen weiterhin Änderungsbedarf besteht.

Die Teilnahme an der neuen Erzieherausbildung ist nach wie vor freiwillig. Niemand wird zu seinem Glück gezwungen. Die Stadt Ludwigslust beispielsweise wird das tun.

Mit Befremden habe ich aber zur Kenntnis genommen, wie Schwerins Oberbürgermeister den größten örtlichen Kitaträger – die Kita gGmbH – verpflichtet hat, die neue Ausbildung in den Einrichtungen anzubieten.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Pistole auf die Brust gesetzt. – Zurufe von Thomas Krüger, SPD, und Torsten Renz, CDU)

Abgesehen davon bin ich fest davon überzeugt, dass der neu eingeschlagene Bildungsweg mit einer vergüteten und dualen Orientierung einen erfolgreichen Beitrag zur Fachkräftesituation in diesem Land leisten wird, weshalb ich jeden einzelnen, jeden potenziellen Träger ermutigen möchte, eine Teilnahme zu ermöglichen.

(Thomas Krüger, SPD: Das hat der Oberbürgermeister auch getan!)

Die Anmeldezahlen sind vielversprechend, derzeit über 80, ich habe jetzt gehört, schon 100. Mit den Änderungen am Gesetzentwurf, zu denen ich um Ihre Zustimmung bitten möchte, sind wir nach meiner Ansicht sehr gut aufgestellt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Christian Brade, SPD)

Danke, Frau Abgeordnete.

Das Wort hat Herr Brade für die Fraktion der SPD.

(Torsten Renz, CDU: Das kann doch nicht sein, jetzt muss erst Links kommen.)

Entschuldigung, Herr Brade.

(Torsten Renz, CDU: Bitte erst die Opposition! – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Ich habe Frau Bernhardt übersehen. Sie steht auch auf der Liste. Das kann ich überhaupt nicht wiedergutmachen.

(Torsten Renz, CDU: Doch! – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Heute Abend beim Sommerfest, Frau Präsidentin! – Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD: Genau. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Ich weiß, aber Frau Bernhardt hat trotzdem das Wort jetzt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Frau Friemann-Jennert, wir suchen nicht das Haar in der Suppe. Da ist eine ganze Perücke drin, die brauchen wir nicht groß zu suchen.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, AfD und CDU – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Aber ich möchte gern mit einem Zitat beginnen: „Die Qualität öffentlich verantworteter Bildung, Erziehung und Betreuung bestimmt wesentlich die Zukunft Deutschlands.“ So beginnt das gemeinsame Communiqué von Bund, Ländern und Kommunen zur Verbesserung der Qualität in den Kitas aus dem Jahr 2014, was sowohl die

damalige Bundesfamilienministerin und heutige Ministerpräsidentin Frau Schwesig als auch die damalige Sozialministerin Mecklenburg-Vorpommerns verabschiedet haben. Es geht um Qualitätsverbesserungen im Kitabereich, die auch in Mecklenburg-Vorpommern dringend notwendig wären, auch wenn heute versucht wurde, uns etwas anderes weiszumachen. Bundesweit haben wir mit die schlechteste Fachkraft-Kind-Relation, eine Senkung 2013 im Kindergartenbereich von 1 : 16 auf 1 : 15, auf der sich heute noch ausgeruht wird.

(Torsten Renz, CDU: Auf 1 : 18 sind wir gekommen zu Beginn der Legislaturperiode.)

Kaum Zeit der Erzieherinnen und Erzieher für Vor- und Nachbereitung, Fachkräftemangel, hohe Teilzeitbeschäftigung in den Kitas – das ist die Situation in den Kitas in Mecklenburg-Vorpommern,

(Manfred Dachner, SPD: Ja, Sie können maßlos übertreiben. Das konnten Sie schon immer gut.)

der Erzieherinnen und Erzieher tagtäglich ausgesetzt sind, die wirklich mit Herz alles geben, um dem Bildungsauftrag in den Kindertagesstätten gerecht zu werden.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Jetzt reden Sie das Land aber schlecht.)

Doch anstatt diese Rahmenbedingungen zu verbessern, so, wie man in dem Communiqué von 2014 richtigerweise erkannt hat, liegt uns ein Gesetzentwurf vor, der einen Qualitätsabbau schafft, die Menschen vor Ort noch weiter belasten und die Zukunft Deutschlands nicht zum Besseren wenden wird.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Die Zukunft Deutschlands?!)

Sie brauchen sich nicht als die vermeintlichen Retter im Kampf gegen den Fachkräftemangel im Bereich der Kitas aufzuspielen, werte Koalitionsfraktionen. Erst das Kind sehenden Auges in den Brunnen fallen lassen, um es dann mit deutlichen Blessuren wieder herauszuholen, ist keine Heldentat, meine sehr geehrten Damen und Herren von SPD und CDU.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Torsten Renz, CDU: Sondern?)

Der Fachkraftmangel ist längst da. Beim Kommunalen Sozialverband wurden allein in den letzten Monaten dieses Jahres 155 Ausnahmegenehmigungen erteilt,

(Thomas Krüger, SPD: Deswegen reagieren wir.)