Meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, so recht scheint Ihnen selbst nicht ganz klar zu sein, wie das gehen soll. Und mit dieser Unsicherheit liegen Sie aus meiner Sicht ganz richtig. Sie verweisen in Ihrer Begründung auf einen Gesetzentwurf des Bundesrates aus dem Herbst 2015, der in den Bundestag – als das entscheidende Verfassungsorgan dafür – eingebracht, jedoch dort auch zuletzt vor wenigen Tagen noch nicht abschließend beraten wurde. Der Entwurf zielt auf eine vollständige Gleichstellung der Lebenspartnerschaften durch die Öffnung der Ehe ab. Mittels einer Ergänzung des Paragrafen 1353 Bürgerliches Gesetzbuch soll klargestellt werden, dass auch gleichgeschlechtliche Personen eine Ehe eingehen können.
Auf dieses Vorhaben, was Sie in der Begründung Ihres Antrages selbst ausführen, hat sich die Große Koalition auf Bundesebene allerdings nicht verständigt. So ist das
eben in Koalitionen. Sie bestehen aus unterschiedlichen Parteien und bei aller erfolgreichen Arbeit im Übrigen kommt es vor, dass Koalitionspartner bezüglich einzelner Fragen und Vorhaben unterschiedlicher Ansicht sind. Das ist nichts Besonderes.
Wäre es anders, so würde es sich wahrscheinlich um eine Partei handeln und nicht um zwei Parteien. Wenn man sich auf ein Vorhaben nicht verständigt, dann steht es in der Legislaturperiode nicht auf der Agenda der Koalition und der sie tragenden Fraktionen. Das ist Ihnen ja auch nicht neu, wie Sie gerade sagten, Herr Ritter.
Genauso liegt es hier. Die Sache braucht noch Zeit. Das hat nicht zuletzt auch die Debatte im Deutschen Bundestag gezeigt.
Wir wissen alle, dass die Legislaturperiode des Bundestages nur noch wenige Monate dauert, und es ist überhaupt nicht zu sehen – und das ist das Entscheidende für die Landesregierung –, wie sich auf Bundesebene noch eine Situation ergeben sollte, die eine Stellungnahme dieser Landesregierung in dieser Frage erfordert. Schon aus dem Grunde geht Ihr Antrag formal ins Leere und ist abzulehnen.
Ich will Ihnen aber auch meine Auffassung zur BGBÄnderung nicht vorenthalten. Vergleichbare Gesetzesinitiativen auf Bundesebene zur Einführung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare scheiterten bislang an der Zustimmung des Bundestages, und das nicht ohne Grund. Zunächst ist festzustellen, dass die gewissermaßen im Wege einer Kleinstoperation vorgeschlagene Regelung im BGB an der im Grundgesetz in Artikel 6 Absatz 1 verankerten Werteentscheidung zugunsten eines privilegierten Instituts – der Ehe – vorbeigeht. Ehe, und damit meinen Verfassungsgesetzgeber und in der Folge der Entscheidung auch das Bundesverfassungsgericht, ist eben die besondere Lebensform des Zusammenlebens von Mann und Frau, die unter besonderem Schutz steht.
In Bezug auf eingetragene Lebenspartnerschaften kann dies alleine eine Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen, da haben Sie durchaus recht. Aber diese Werteentscheidung des Grundgesetzes bildet die sogenannte sachliche Differenzierungsgrundlage, dass erlaubt ist, die Ehe als klassisches Modell wechselseitiger Beistands- und Verantwortungsgemeinschaft gegenüber anderen Lebensgemeinschaften besserzustellen.
Mit dem Schlagwort „Ehe für alle“ soll nun die Ehe mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft Kraft einfachen Gesetzes gleichgesetzt werden. Das ist aus meiner Sicht verfassungsrechtlich bedenklich, denn das Vorhaben lässt außer Acht, dass nach eben der Wertung des Grundgesetzes die Ehe als Grundlage für Familien, in denen Kinder bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen, eine herausgehobene Stellung einnimmt.
Der in Rede stehende Gesetzentwurf, der im Bundestag beraten wird, setzt sich einfach über die offene Frage
hinweg, ob die Werteordnung des Artikels 6 nicht mit – wenn, dann überhaupt – einer Zweidrittelmehrheit durch ein verfassungsänderndes Gesetz notwendig wäre. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf darauf hingewiesen, dass auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften Werte leben, die grundlegend für unsere Gesellschaft sind.
Mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz besteht seit 2001 für gleichgeschlechtliche Verbindungen ein selbstständiges Rechtsinstitut neben der klassischen Ehe. Das ermöglicht sowohl Angleichung, aber auch Differenzierung. So wurden mittlerweile zahlreiche Anpassungen vorgenommen. Eine Öffnung der Ehe für Paare gleichen Geschlechts würde nach derzeitiger Einschätzung eine Änderung des Grundgesetzes erfordern. Der Bundestag ist sich offenbar der Tragweite der Weichenstellung durchaus bewusst.
Meine Damen und Herren, wir sind gut beraten, uns dessen auch bewusst zu sein. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Ziel des Antrages ist klar. Ich gehe davon aus, dass alle hier anwesenden Personen – okay, die AfD hier noch nicht – wissen, was Unterschriften unter Koalitionsverträgen bedeuten.
Nun gut, mit diesem Antrag haben Sie auf jeden Fall eines unserer Herzthemen getroffen und dabei nicht nur mir, aber vor allem mir, weil ich heute hier reden muss, schwere Stunden bereitet, und das aus gutem Grund.
Die Öffnung der Ehe ist längst überfällig. Es ist nicht erklärbar, erst recht gibt es keine rationalen Gründe dafür,
Komische Bauchgefühle gehören übrigens nicht zu rationalen Gründen, die kann man beim Arzt behandeln lassen. Wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung übernehmen, dann sollen sie auch eine Ehe eingehen können. Dabei spielt das Geschlecht überhaupt gar keine Rolle.
Niemand hat sich ausgesucht, wen er oder wen sie liebt. Warum sollte dies bestraft werden? Die SPD kämpft seit vielen Jahren gegen diese Ungleichbehandlung. Ich kann Ihnen versichern, das werden wir auch weiterhin tun. Auch dafür kämpfen wir um Mehrheiten im Bund.
(Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD: Genau, der Schulz-Zug rollt! – Zuruf aus dem Plenum: Damit sieht es schlecht aus gerade! – Torsten Renz, CDU: Schwerpunktsetzung im Bundestag! – Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)
Bei der Deutschen Bahn fällt regelmäßig die Klimaanlage aus und alle kommen ins Schwitzen, aber sie kommen trotzdem ans Ziel, auch wenn es schwitzend ist.
Bereits 2001 hat die SPD-geführte Bundesregierung das Lebenspartnerschaftsgesetz verabschiedet. Das dazugehörige Ergänzungsgesetz mit wichtigen rechtlichen Verbesserungen wurde auch schon dort durch die fehlenden Stimmen der Union im Bundesrat verhindert. Alle weiteren Schritte gelangen immer gegen den Willen der CDU/CSU, entweder durchgesetzt von der SPD oder aber durch das Bundesverfassungsgericht, um Ungleichbehandlung zu beseitigen.
Erklärungsversuche, wie wir sie hier immer mal wieder hören, sind schlichtweg Ausreden. Weder das Grundgesetz noch die Bibel stellen dabei eine wirkliche Begründung dar. Was ist denn an der Ehe für alle gefährlich? Heiraten deswegen weniger heterosexuelle Menschen? Was würde sich für heterosexuelle Paare ändern? Nichts!
Und dann wieder die Bibel. Man sollte schon unterscheiden können zwischen der Ehe als zivilrechtliche Institution und der Ehe, wie wir sie aus dem Kirchenrecht kennen.
Nicht jede Ehe wird vor Gott geschlossen. Zudem hat sich die Bedeutung um das Verständnis der Ehe ständig verändert im Laufe der Zeit. Die Ehe als bürgerliches Ideal kennen wir erst seit dem 18. Jahrhundert. Zuvor ging es lange Zeit vor allem um Statussicherung oder Friedenssicherung.
Ich weiß auch ehrlich nicht, wovor die Union Angst hat. Die Schleswig-Holstein-CDU hat mit der „Ehe für alle“ die Wahl gewonnen.
Die Menschen sind doch schon längst viel weiter. Aus einer Umfrage aus diesem Jahr geht hervor, dass bereits heute 83 Prozent der Menschen für die Ehe für alle sind.
Wir würden gerne weiter gehen. Auch das Adoptionsrecht gehört zu unseren Forderungen. Warum sollten Menschen, die sich ganz bewusst für Kinder entscheiden, diesen keine Familie geben können? Jeder, der vielleicht selber oder in seiner Familie oder im Bekanntenkreis die Erfahrung vom unerfüllten Kinderwunsch gemacht hat, weiß, wie hart das für eine Beziehung ist. Warum sollte das bei homosexuellen Paaren anders sein?
Die Natur sieht auch nicht vor, dass Eltern nicht in der Lage sind, ihre Kinder zu erziehen, oder bei Unfällen ums Leben kommen.