Protocol of the Session on December 10, 2020

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oh! Jetzt hat er was verraten, was noch keiner wissen sollte.)

Ich glaube, das ist auch vernünftig. Ansonsten werbe ich sehr dafür, dass man jetzt keine vorschnellen Schüsse macht, sondern dass man das wirklich jetzt in Ruhe sich mal anschaut, das auswertet mal über die Feiertage, über den Jahreswechsel, was in dem Expertengespräch vorgeschlagen wurde, was machen andere Länder, was kann man davon auch übernehmen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Herrschaftswissen ist das! Herrschaftswissen!)

und sich dann weiter zu verständigen, weil, wie gesagt, ich glaube, es ist wichtig für die Akzeptanz der einzelnen Corona-Maßnahmen, dass sie eine breite Öffentlichkeit haben, dass wir darüber breit diskutieren, auch kontrovers diskutieren. Das, glaube ich, gehört in der Demokratie dazu. Diese Diskussionen sollten wir auch nicht scheuen, egal, von welcher Seite. Und von daher würde ich sehr dafür werben, dass wir das dann, diesen Weg, den ich beschrieben habe, weitergehen, aber heute Ihren Antrag hier ablehnen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Für die Fraktion der AfD hat noch einmal das Wort der Abgeordnete Professor Dr. Weber.

Liebe Landsleute! Wertes Präsidium! Viel ist eigentlich angesichts der Debatte nicht mehr zu sagen. Ich hatte ja gesagt, das ist ein Schritt in die richtige Richtung gewesen, der Beschluss, dass immerhin der Wirtschaftsausschuss unterrichtet wird, aber es bleibt eben nur eine Unterrichtung im Nachhinein. Wir hätten gerne mehr, wir hätten gerne eine Diskussion der Maßnahmen hier im Plenum mit einer entsprechenden Abstimmung, mit einer Zustimmung des Landtagsplenums, wenn und wo das zeitlich möglich ist, und wenn nicht, dann jedenfalls eine Diskussion und Abstimmung im Plenum im Nachhinein.

Das ist deutlich mehr und deutlich anderes als die Information im Wirtschaftsausschuss. Unterrichtung hat immer noch den Beigeschmack, natürlich kann man auch bei einer Unterrichtung diskutieren, aber letztlich nicht mitbestimmen. Und deswegen bleibt es bei der „Vogelfriss-oder-stirb-Politik“. Daran ändert diese Unterrichtung im Wirtschaftsausschuss, so umfänglich und ausführlich sie sein mag, überhaupt nichts. Das ist was grundsätzlich anderes als eine mitbestimmte Handlung, die mit der Zustimmung ihres Landtages getragen ist. Das ist das, was wir haben wollten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich entnehme der Diskussion, dass es zwar bei der CDU auf viel Verständnis stößt. DIE LINKEN sagen, das hatten wir ja auch mal gewollt, aber jetzt sind wir eigentlich mit dem zufrieden, dass wir das wenigstens erreicht haben, was wir jetzt haben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Der Kern meiner Botschaft war, dass wir selber was vorgelegt haben und nicht nur die Landesregierung zum Handeln aufgefordert.)

Und die SPD trägt natürlich alles mit, was die Ministerpräsidentin trägt.

Insofern, viel anderes war nicht zu erwarten. Es war ein Versuch, noch mal daran zu appellieren, dieses Parlament als Parlamentarier so ernst zu nehmen, wie es eigentlich sein sollte,

(Beifall Horst Förster, AfD)

und zu fordern, da, wo es möglich ist – wir fordern ja nichts Unmögliches –, aber da, wo es möglich ist, im Vorhinein Maßnahmen im Parlament zu diskutieren und abstimmen zu lassen, sodass sie von einer Zustimmung des Parlaments des Landtages getragen sind. Wenn das nicht gewollt ist, dann kann ich es nicht ändern. Das hinterfragt so ein bisschen das, was ich mir unter parlamentarischer Arbeit vorgestellt hatte. Aber in vier Jahren Landtag sind diese Illusionen weitgehend geplatzt. Insofern muss ich einfach sagen, es ist eben so schade drum. Und ja, wir werden uns bemühen, durch einen noch besseren Stimmenanteil künftig noch mehr Einfluss für dieses Parlament hier zu gewinnen. – Danke!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD: Ja!)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/5585. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön! Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/5585 bei Zustimmung durch die Fraktion der AfD und beide fraktionslose Abgeordnete, ansonsten Gegenstimmen abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 32: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Schutz vor häuslicher und sexualisierter Gewalt – Istanbul-Konvention konsequent umsetzen, auf Drucksache 7/5597.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Schutz vor häuslicher und sexualisierter Gewalt – Istanbul-Konvention konsequent umsetzen – Drucksache 7/5597 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Im Jahr 2011 hat Deutschland das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die sogenannte Istanbul-Konvention, unterzeichnet. 2017 wurde sie schließlich ratifiziert und seit 1. Februar 2018 ist sie in Deutschland rechtskräftig. Das war aus unserer Sicht, aus Sicht der Linksfraktion, ein wichtiger Schritt, verbunden mit der Zuversicht, eine deutliche Verbesserung für Betroffene von häuslicher und sexualisierter Gewalt zu erreichen und darauf aufzubauen, was an Strukturen bereits vorhanden ist.

Die Artikel der Konvention beinhalten Maßnahmen zur Prävention, Intervention, Unterstützung. So ist aber unter anderem eines der übergeordneten Ziele der Konvention eine Infrastruktur, die flächendeckend, niedrigschwellig, barrierefrei und umfänglich Beratung, Unterstützung und Schutz für alle Betroffenen bietet. Auf Grundlage der 81 Artikel lassen sich Handlungserfordernisse auf allen Ebenen ableiten zum Schutz von Betroffenen und zur Beseitigung struktureller Ursachen von Gewalt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit nunmehr drei Jahren ist die Konvention in Deutschland, so auch in Mecklenburg-Vorpommern, rechtskräftig. Bereits zum dritten Mal reicht die Linksfraktion in dieser Legislaturperiode einen Antrag zur Umsetzung der Konvention ein, denn in Mecklenburg-Vorpommern scheint die Umsetzung aus unserer Sicht noch nicht im erforderlichen Maß vorangeschritten. Das bestätigte mir erst kürzlich ein Gespräch mit Vertreterinnen des Vereins MiR, die mir berichteten, dass sie sich das erste Mal durch Gewalt traumatisiert sahen und das zweite Mal durch die Institutionen des Staates. Und hier sehen wir dringenden Handlungsbedarf.

In unserem Bundesland gibt es seit Jahren ein gut ausgebautes Netz an Hilfe- und Unterstützungseinrichtungen, insbesondere für gewaltbetroffene Frauen und Mädchen. Die Mitarbeitenden tragen erheblich dazu bei, das System aufrechtzuerhalten, und doch hapert es nach wie vor an den altbekannten Themen wie Ausfinanzierung, Barrierefreiheit und der zielgruppenorientierten Ausrichtung.

Die Defizite zeigt die Praxis auf. So muss vor Ort immer wieder improvisiert werden. Wir hören von Vorgängen wie dem, dass eine Frauenhausmitarbeiterin zur Aufnahme einer von häuslicher Gewalt betroffenen Frau im Rollstuhl erst Kontakte in ihrem Umfeld aktivieren musste, um den Einlass ins Schutzhaus über Treppen und die Mobilität im Haus realisieren zu können und der Frau in Not überhaupt helfen zu können. Wir finden, so etwas darf nicht vorkommen, meine Damen und Herren, nicht im 21. Jahrhundert und nicht in einer Gesellschaft, in der die UN-Behindertenrechtskonvention und das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt rechtsgültig sind.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

DIE LINKE hat vielfach Initiativen auch hier im Landtag eingereicht. Unsere Forderungen nach zielgruppenspezifischen Angeboten und einem niedrigschwelligen Zugang zu Beratungseinrichtungen und Schutzunterkünften für Menschen mit Behinderung, eine bessere Ausfinanzierung, mehr Personalstellen in den Beratungsstellen wurden seitens SPD und CDU leider regelmäßig vom Tisch gewischt.

Und Sie kennen uns, sehr geehrte Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, wir hören nicht auf, die Themen zu setzen, so lange, bis sich in diesem Land etwas bewegt. Es reicht eben nicht, wenn eines von neun Frauenhäusern barrierefrei ist. Es ist nicht hinzunehmen, dass die Beschäftigten in den Beratungsstellen, in den Frauenhäusern noch immer nicht den angemessenen Lohn bekommen, den sie verdienen, und mit der Not, dass frei werdende Stellen eben aus diesen Gründen monatelang nicht besetzt werden können, alleingelassen werden. Es ist nach Jahrzehnten des bekannten Bedarfs und der immer wieder geäußerten Forderung, dass pädagogischpsychologische Fachkräfte in Frauenhäusern für die qualifizierte Betreuung der mit betroffenen Kinder eingesetzt werden müssen, so gut wie gar nichts passiert. Wir finden, das ist ein Armutszeugnis für das Kinderland Mecklenburg-Vorpommern. Nach unserer Kenntnis gibt es mittlerweile nur ein Frauenhaus, wo überhaupt spezifische Angebote für Kinder gemacht werden, und das ist Rostock.

Das alles ist aus unserer Sicht nicht zufriedenstellend, und deshalb stellen wir heute unseren Antrag. Wir wollen ein Maßnahmenprogramm, das die koordinierte und die zielgerichtete Umsetzung der Istanbul-Konvention mit Wirkung auf Landesebene und auf kommunaler Ebene wegweisend gestaltet. Das Maßnahmenprogramm soll zusammen mit den Akteuren und Akteurinnen im Bereich Gewaltschutz, Prävention und dem Hilfesystem bis Ende März 2021 vorgelegt werden, damit wir dann im April im Landtag darüber reden können und es dann noch im zweiten Quartal in die zielgerichtete Umsetzung gehen kann, dies noch in dieser Legislaturperiode, und aus unserer Sicht ist dies noch vor den Wahlen zum neuen Landtag notwendig. Auch müssen die Maßnahmen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention der Folgejahre in den Beratungen zum Doppelhaushalt, die im Herbst 2021 stattfinden, berücksichtigt werden. Sie müssen also dann bereits feststehen.

Mit einer Resolution zur Istanbul-Konvention wandten sich im September 2020 die 16 Landesfrauenräte an die Öffentlichkeit und damit auch an die Politikerinnen und Politiker in den Kommunen, in den Ländern und im Bund. Sie verweisen darin auf die bereits mit Inkrafttreten der Konvention geforderte effektive und koordinierte Vorgehensweise zur Prävention und Bekämpfung von geschlechterspezifischer Gewalt und mahnen an, dass es diese bis heute nicht gibt. Vielerorts sei die IstanbulKonvention auch nach Jahren noch unbekannt. Lediglich im sozialen Sektor sei sie teilweise ins Bewusstsein vorgedrungen. In Ressorts wie der Justiz, der Polizei sowie Bildungsbehörden wird sie jedoch noch nicht als Aufgabe oder als Auftrag anerkannt. Vielmehr wird abgewartet, ignoriert und weiter verwiesen, so zum Beispiel auf die GREVIO-Kommission der unabhängigen Expertengruppe des Europarates für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Berichte davon werden abgewartet, aber keine politischen Strategien vor Ort in Gang gesetzt.

Kurzum, auch die Landesfrauenräte attestieren erneut nur die mangelhaften Fortschritte bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention. Angesichts dessen bekräftigte die Konferenz der Landesfrauenräte im September 2020 die Forderung nach einer konsequenten Umsetzung der Istanbul-Konvention im Bund, in den Ländern und in den Kommunen. So forderte sie die Einrichtung unabhängiger Monitoringstellen im Bund und in den Ländern, Koordinierungsstellen in den Ländern und Kommunen und den effektiven Schutz von gewaltbetroffenen Frauen durch die Strafverfolgungs- und Justizbehörden. Das bedeutet, dass Gewalt gegen Frauen als Menschenrechtsverletzung und eine Form der Diskriminierung nach Artikel 3 des Grundgesetzes auch in der deutschen Rechtsprechung endlich und konsequent als solche gehandhabt werden muss.

Das Beratungs- und Hilfenetz Mecklenburg-Vorpommern, bestehend aus über 30 Einrichtungen, hat sich im Zuge des Inkrafttretens der Konvention darangemacht, eine Auswertung des Vorhandenen und einen Maßnahmenkatalog zur Umsetzung der Istanbul-Konvention zu erarbeiten. Dieser Maßnahmenkatalog wurde im August 2019 veröffentlicht. Ziel der umfassenden Aufstellung ist, dass die Landesregierung endlich zum Handeln bewegt wird. Und genau das wollen wir heute auch mit unserem Antrag.

In dem Katalog sind ganz klare Forderungen formuliert, die da wären:

1. Schaffung angemessener personeller Ressourcen,

2. leistungsgerechte Vergütung und Schaffung attrakti

ver Arbeitsplätze zur Gewinnung und Bindung professioneller Arbeitskräfte,

3. flächendeckende qualifizierte Täterinnen-und-Täter

4. der niedrigschwellige Zugang,

5. die Kostenübernahme von Sprachmittlung,

6. die barrierefreien Angebote des Hilfesystems,

7. Männer, Jungen und Menschen ohne Geschlechter

zugehörigkeit sind ebenfalls als Betroffene zu berücksichtigen,

8. die Sensibilisierung der Gesellschaft,

9. die Finanzierung der Kinder- und Jugendberaterinnen

und -berater in den Frauenhäusern

und letztendlich

10. die interdisziplinäre Zusammenarbeit stärken, denn

die Umsetzung ist eine Querschnittsaufgabe.

Die qualifizierten und umfassenden Empfehlungen der Expertinnen und Experten sind bei der Erstellung des Maßnahmenprogramms zu nutzen. Sie sind natürlich mit einzubeziehen, das habe ich bereits vorhin gesagt. Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank!